20. nachSonntag nach Trinitatis

Gnade, Barmherzigkeit, Friede
von Gott, dem Vater
und von dem HERRN Jesus Christus
sei mit euch.
Amen.

6 Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm. Denn Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich. Ihre Glut ist feurig und eine Flamme des HERRN,
7 sodaß auch viele Wasser die Liebe nicht auslöschen und Ströme sie nicht ertränken können. Wenn einer alles Gut in seinem Hause um die Liebe geben wollte, so könnte das alles nicht genügen.

Hoheslied Salomo 8, 6-7

Gebet: HERR, Dein Wort sei meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege. Amen.

Liebe Gemeinde!
Manchmal muß man erst schlucken.
Zum Beispiel, wenn man etwas sehr Persönliches gehört hat, gleichviel, ob es einen selbst betrifft, oder nicht.
Worte, die die ganze Person meinen oder erfassen.
Worte zwischen Eltern und Kindern – die sind so sehr für einander gedacht und gemeint. Wenn ich sie aus Versehen höre, fühle ich eine Scheu, wie vor etwas, was heilig ist.
Ähnlich, und erst recht ist es bei Worten zwischen Liebenden. Diese Worte sind ganz und gar an Personen und Situationen gebunden, und als Außenstehender wäre man am liebsten weit weg. Denn man ist nicht gemeint, die Worte gehören einem nicht.
Ganz anders ist es, wenn man gemeint ist. Da öffnet sich der ganze Mensch für die Sprache, die MICH meint. In jedem Wort ist die Liebe, die Person und die Antwort drin.
Unser Predigttext spricht diese Sprache. Es ist die Sprache der Liebe.
Das Hohelied Salomos ist das geheimnisvollste Buch des Alten Testaments, wenn nicht der ganzen Bibel.
Eine Braut und ein Bräutigam sprechen, oder singen, und rufen, tauschen miteinander Worte der Liebe. Sehr intensiv, sehr poetisch, sehr persönlich.
Da kann Verlegenheit entstehen. Scheu. Geht uns das etwas an? Wie können wir gemeint sein?
In unserem Predigttext sind Worte der Braut für ihren Bräutigam. Ihre Sprache ist erfüllt, getragen und durchdrungen von der Liebe des Bräutigams, der sich ganz für sie entschieden hat. Mit großer Liebe, die nur sie meint, gehört er ihr mit allem, was er ist und hat. Die Braut erkennt, daß wirklich sie und niemand anderes gemeint ist, und nimmt diese Liebe an und aus diesem Geliebtwerden findet sie Worte, die antworten. Worte voller Freude, voller Ernst, voller Bejahung, voller Vertrauen – eben voller Liebe.
Diese Worte, die über 3000 Jahre alt sind, sprechen zu uns. Sie sprechen zu uns als Mann, und als Frau. Mag sein, daß es eine Verlegenheit ist, daß Gottes Wort diese glühende Sprache in sich hat. Gott will, daß diese Sprache nicht verstummt. Die Sprache zwischen Braut und Bräutigam. Eine Welt, die sich von dieser Sprache verabschiedet – sei es durch Spott, oder durch Stolz, oder aus Verzweiflung – eine solche Welt zeigt, daß Gott nicht mehr in ihr ist.
Der Prophet Jeremia sagt uns mehrfach: Wo Gott zürnt, wo Gott den Menschen sich selbst überläßt, da verstummt die Stimme des Bräutigams und der Braut. (Jeremia 7, 34) Nur Gott gibt diese Stimme, und Gott kann sie nehmen. Und wenn man sich umschaut, oder umhört, dann muß man sagen: Gott zürnt. Das große „Ja“ fürs Leben wird immer weniger gegeben und angenommen, es wird weniger gehalten, und vor allem: Das große „Ja“ wird immer weniger gefördert, weniger unterstützt, weniger geehrt, und weniger als Gottes himmlische und lebensnotwendige Gabe geehrt. Es wird mehr angezweifelt, für überflüssig gehalten.
Was kann man tun? Lassen wir diese wirklich intensiven Worte zu uns kommen und lassen wir sie sagen, was sie sagen. Sie kommen von Gott, sie sind wahr, und sie werden wahr bleiben, und nichts in uns, auch nichts aus unserer Zeit kann ihrer Bedeutung irgendwas wegnehmen.
Die Braut sagt zu ihrem Mann: „Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm.“ Ein Siegel sagt viel: Es ist persönlich, es ist bindend, es kennzeichnet, alle müssen es anerkennen. Ein Siegel ist eindeutig und exklusiv. Wenn eine Tür versiegelt ist, dann heißt das: Nur befugte, autorisierte Personen dürfen da durch. Ein Siegel zeigt: Wer das anrührt hat es mit mir zu tun.
Diese Worte sind eine Antwort der Braut auf die Liebe des Bräutigams. Sie ist so frei, das zu sagen, weil sie Gewißheit hat. Sie willigt in die Liebe ein, die ihr entgegenkommt. „Lege mich wie ein Siegel auf deinen Arm und auf dein Herz.“ Bekenne dich zu mir – vor Himmel und Erde, vor Vergangenheit und Zukunft, vor jedem Mann und vor jede Frau: Bekenne dich zu mir!
Diese Sprache kommt von Gott. Wo Gott ist, wo wir Menschen Gott wirklich Gott sein lassen, da kommt auch diese Sprache.
Der Arm steht für Kraft, für Willen für Gestaltung.
Das Herz steht für Gedanken und Gefühle, für die Seele.
Der Bräutigam und die Braut wollen nicht mehr sein ohne einander. Das ist das Siegel.
Und zu diesem Willen gehört, daß jeder es sehen, wissen, anerkennen und unterstützen muß. Wer Gott kennt, der erkennt, daß Gott selbst dort am Werk ist, und daß nur ein Feind Gottes dareintappt.
Die Braut spricht weiter: „Denn Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich.“ Das sind Worte, da muß man schlucken, nicht wahr? Liebe und Tod in einem Satz. Natürlich denkt man an das Eheversprechen: „Bis daß der Tod euch scheide.“ Die Liebe fordert das ganze Leben und gibt das ganze Leben. Stark, wie der Tod. Unheimlich. Größer als ich, mit einem eigenen Gesetz. Die Liebe läßt mich erfahren: Ich gehöre mir nicht selbst. Mein Körper, mein Herz, meine Seele wird einer Macht unterworfen. Augen, Ohren, Gedanken, Leib und Seele werden mobilisiert, Leidenschaft ergreift den Menschen, erfüllt von einem andern, der einmalig ist, und den andern meint.

Liebe Gemeinde. Da ist der Punkt erreicht, wo du sagst: Paßt es jetzt, daß ich das höre?
Es gibt viele Gründe, bei diesen Worten lieber ganz unauffällig davonzuschleichen.

  1. Du schleichst davon, weil du anerkennst, das sind exklusive Worte, die nur in diese spezielle Zweisamkeit gehören. Sie meinen dich nicht, und deshalb kann paßt es einfach nicht, die Worte auf sich zu beziehen. Diskretion. Es ist gut, wenn wir das üben. Neugier hält niemals, was sie verspricht. Es gibt kein Wissen ohne Verantwortung. Neugier leugnet das, und wird verlieren.
  2. Du schleichst davon, weil diese Worte dich daran erinnern, daß du vor Gott ein Bräutigam oder eine Braut sein sollst. Daß dein Leib und deine Seele nicht dir selbst gehören, sondern mobilisiert werden sollen, ganz außer sich, bei einem anderen Menschen zu sein. Und du hast Zweifel daran, ob du das schaffst. Lieber nicht daran erinnert werden. Zweifel.
  3. Du schleichst davon, weil diese Worte dich anklagen. Mißtrauen oder sogar Verachtung gegen das andere Geschlecht. Scheitern. Schuld. Bitterkeit. Erinnerung daran, daß du nicht alles gegeben hast. Daß Du nicht ganz bei einem Menschen gewesen bist. Oder, daß du nicht verzeihen kannst.
    Das ist schwer und kann auf der Seele brennen.
    Oder diese Sprache erinnert dich daran, daß du aufgegeben hast.
    Liebe Gemeinde! Man hört diese Sprache, und muß schlucken.
    Es ist Sprache, die Gott gibt und Gott will.
    Wer zu Gott kommt, der kommt an dieser Sprache nicht vorbei. Er wird sie hören. Sie wird sie hören.
    Diese Sprache macht ganz deutlich: Der Gott der Bibel ist der Gott von männlich und weiblich. Gottes Sprache ist eine Sprache die JA sagt zum Mann, JA zur Frau und JA zu dem Ja vpn einem Mann und einer Frau zueinander. Ohne männlich und weiblich kann Gottes Sprache nicht verstanden werden und verliert ihren Sinn und ihre Bedeutung.
    Sie erinnert uns an das Paradies, und daß wir nicht mehr im Paradies sind. Das hält kein Mensch aus: An das Paradies erinnert werden, und zugleich schmerzlich spüren: Wir sind da raus.
    Doch das ist nicht das Ziel dieser Sprache. Uns zeigen, daß wir es nicht schaffen, und dann damit allein lassen. So ist Gott nicht.
    Es ist Gottes Zorn, daß die Sprache des Bräutigams und der Braut so angegriffen, attackiert, so geschwächt und so in Frage gestellt ist. Gott ändert sich nicht. Gottes Antwort ist nicht: Dann lassen wir es eben mit Bräutigam und Braut. Dann gucken wir mal, ob etwas anderes vielleicht besser funktioniert. Nein. Mann und Frau, und die Liebe zwischen ihnen ist göttlich. Sie ist nicht einer Entwicklung oder einem so genannten Fortschritt unterworfen. Sie ist nur näher an Gott, oder weiter weg von Gott, oder ohne Gott.
    Gottes Antwort sieht anders aus.
    Der Prophet Jeremia sagt: Wenn Gott aufhört, zu zürnen, und Seine Gnade und Seinen Segen wieder schenkt, dann kommt diese Sprache zurück. (Jeremia 33,11). Aber wann ? Aber wie? Aber wo?
    Wann wie und wo heilt Gott Mann und Frau, daß sie diese Liebessprache nicht nur ertragen können, sondern hören und wissen, daß sie gemeint sind? Nicht nur aushalten sondern sogar mitsprechen können? Wir sind dazu geschaffen, wir sind so geschaffen, daß das unsere Sprache werden soll. Die Worte warten auf dich und auf mich!
    Aber wie, aber wann, aber wo?
    Im Neuen Testament haben wir Johannes den Täufer. Er sagt, wer Jesus ist: Er ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt. Jesus ist Gotts Sohn.
    Und noch etwas: Als Jesus die Kirche anfängt, durch die Taufe, gehen Leute und sagen zu Johannes dem Täufer: „Meister, der, der bei dir war jenseits des Jordans, von dem du Zeugnis ablegtest – Er tauft (durch seine Jünger) und jedermann kommt zu ihm.
    Johannes antwortet und sprach: „Ein Mensch kann nichts nehmen, außer, es wird ihm vom Himmel gegeben. … Wer die Braut hat, der ist der Bräutigam. Der Freund aber des Bräutigams steht und freut sich hoch über des Bräutigams Stimme. Diese meine Freude ist jetzt erfüllt.“ (Johannes 3, 26-30). Johannes sagt, wer Jesus ist: Er ist DER Bräutigam. Und die Kirche, die durch den Glauben an ihn sich sammelt, ist seine Braut. So rettet Gott diese Sprache, daß sie niemals mehr verstummen soll. Auch nicht aufgelöst werden soll, verdünnt werden soll, sondern daß die Liebe stark bleiben soll, wie der Tod, und unwiderstehlich wie das Totenreich und brennen soll ohne gelöscht zu werden. Gott wird selber Bräutigam, damit diese Liebe bei uns ist und uns erreicht.
    Der Apostel Paulus bestätigt das voll und ganz. Als er von Mann und Frau in der Ehe lehrt, schreibt er: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und hat sich selbst für sie dahingegeben, um sie zu heiligen.
    Dies Geheimnis ist groß; ich deute es aber auf Christus und die Gemeinde. Darum auch ihr: ein jeder habe lieb seine Frau wie sich selbst; die Frau aber ehre den Mann.“ (Epheser 5, 25-26. 32-33). Jesus hat alles getan, um seine Gemeinde zu gewinnen. Die Kirche ist die Braut Jesu Christi. Er hat sich selbst für sie dahin gegeben – seinen ganzen Leib, und seine ganze Seele für seine Braut mobilisiert und eingesetzt.
    Und er hat das Wort erfüllt: Liebe ist stark wie der Tod. Denn er ist aus Liebe gestorben. Er hat sich aus Liebe geopfert.
    Da hat Gott die Sprache zwischen Braut und Bräutigam gerettet für alle Zeit. Hier bekommt jeder Mensch die Liebe, die er braucht und nötig hat. Das wird sich nicht ändern. Das letzte Buch der Bibel, die Offenbarung des Johannes, die uns Gottes Zukunft zeigt, sagt uns ganz am Ende, im letzten Kapitel: „Der Heilige Geist und die Braut – also die Kirche – sprechen zu Jesus, die Bräutigam: Komm! Und wer es höret – das sind wir, jeder mit seinen Grenzen – der spreche mit: Komm, Herr Jesu, als Bringer der Liebe! – Und, so hören wir direkt danach: Und wen dürstet nach Liebe, der komme und nehme das Wasser des Lebens umsonst, geschenkt.“ (Offenbarung 22,17).
    Der Glaube spricht diese Worte nach: Jesus, Du Sohn Gottes. Du bist vom Himmel gekommen, bist Mensch geworden, und hast das Verlorene gesucht. Die Liebe hat dich zu uns, zu mir getrieben, damit auch ich große Liebe erfahre. Lege mich wie ein Siegel auf deinen Arm und dein Herz. Laß mich erfahren, daß Du wirklich mich meinst.
    Das ist das Ende der Verlegenheit. Hier sollen wir dazukommen und nicht heimlich davonschleichen.
    Der Heilige Geist ist der Geist dieser Worte. Er tut nichts anderes, als uns zu zeigen, wie Jesus die Sprache der Liebe rettet, erneuert, und zu uns bringt.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft,
der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Erntedank

Gnade, Barmherzigkeit, Friede
von Gott, dem Vater,
und von dem HERRN Jesus Christus!


7 Der HERR, dein Gott, führt dich in ein gutes Land, ein Land, darin Bäche und Brunnen und Seen sind, die an den Bergen und in den Auen fließen,
8 ein Land, darin Weizen, Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und Granatäpfel wachsen, ein Land, darin es Ölbäume und Honig gibt,
9 ein Land, wo du Brot genug zu essen hast, wo dir nichts mangelt, ein Land, in dessen Steinen Eisen ist, wo du Kupfererz aus den Bergen haust.
10 Und wenn du gegessen hast und satt bist, sollst du den HERRN, deinen Gott, loben für das gute Land, das er dir gegeben hat.
11 So hüte dich nun davor, den HERRN, deinen Gott, zu vergessen, sodaß du seine Gebote und seine Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, nicht hältst.
12 Wenn du nun gegessen hast und satt bist und schöne Häuser erbaust und darin wohnst
13 und deine Rinder und Schafe und Silber und Gold und alles, was du hast, sich mehrt,
14 dann hüte dich, daß dein Herz sich nicht überhebt und du den HERRN, deinen Gott, vergißt, der dich aus Ägyptenland geführt hat, aus der Knechtschaft,
15 und dich geleitet hat durch die große und furchtbare Wüste, wo feurige Schlangen und Skorpione und lauter Dürre und kein Wasser war, und ließ dir Wasser aus dem harten Felsen hervorgehen
16 und speiste dich mit Manna in der Wüste, von dem deine Väter nichts gewußt haben, auf daß er dich demütigte und versuchte, damit er dir hernach wohltäte.
17 Du könntest sonst sagen in deinem Herzen: Meine Kräfte und meiner Hände Stärke haben mir diesen Reichtum gewonnen.
18 Sondern gedenke an den HERRN, deinen Gott; denn er ist’s, der dir Kräfte gibt, Reichtum zu gewinnen, auf daß er hielte seinen Bund, den er deinen Vätern geschworen hat, so wie es heute ist.

Mose 8, 7-18

HERR, Dein Wort sei unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Bitte segne Dein Wort jetzt an uns. Amen.

Liebe Gemeinde!
Ich bin dankbar, daß der heutige Predigttext über das Danken handelt.
Oft wird zum Erntedank nicht über das Danken gesprochen, sondern über das Teilen, oder über das Abgeben, wenn nicht gar von der Pflicht zum schlechten Gewissen, weil es einem angeblich so unverdient gut geht.

Doch ist es notwendig, beim Dank stehen zu bleiben.
Es gibt die Redensart: „Ich kann nicht genug danken!“
Manchmal ist sie nicht ernstgemeint. Oft wird sie nicht ernstgenommen, sondern belächelt.

Doch es ist eine Wahrheit.
Der Dank ist nach oben offen. Richtiger Dank hat es in sich, daß er sich übertreffen will. Richtiger Dank ist bescheiden, weil er erkennt, daß der Dank immer kleiner ausfällt als die Gabe, kleiner ist als die Liebe, die in der Gabe steckt.
Der Dank ist nach oben offen – weil er zu Gott offen ist.

Ich bin dankbar, daß der Predigttext also wirklich vom Dank handelt. Es ist gar nicht so einfach, einfach beim Dank stehen zu bleiben, und nicht zu denken: Gut. Dank erledigt – und was jetzt? Erst nach dem Danken geht es doch erst richtig los!
Nein. Mit dem Dank geht es richtig los.

Mose spricht mit Israel. Das Volk Israel hat 40 Jahre Wanderung in der Wüste hinter sich. 40 Jahre her hatte Gott Sein Volk aus der demütigenden Knechtschaft in Ägypten befreit. Nach vielen Gefahren und Entbehrungen in der Wüste: Hunger, Durst, Krieg, war Israel am Ziel: Das Heilige, von Gott verheißene, das gelobte Land lag von ihnen.
Ein herrliches, reiches, fruchtbares Land: „Der HERR, dein Gott, führt dich in ein gutes Land, ein Land, darin Bäche und Brunnen und Seen sind, die an den Bergen und in den Auen fließen, ein Land, darin Weizen, Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und Granatäpfel wachsen, ein Land, darin es Ölbäume und Honig gibt, ein Land, wo du Brot genug zu essen hast, wo dir nichts mangelt, ein Land, in dessen Steinen Eisen ist, wo du Kupfererz aus den Bergen haust.“
Als erstes WASSER! – Nach 40 Jahren in der Wüste: Keine Sorge um das Wasser. Wasser, so notwendig – so sehr ein Geschenk, es kommt vom Himmel, strömt vom Gebirge ins Tal, strömt unter der Erde über Betten von Felsen. Erreicht den Menschen trinkbar und nützlich zum Waschen und vieles mehr. Wasser ist Leben, Leben ist eine Gnade, und Gott hat Seine Freundlichkeit und Weisheit im Wasser verborgen.
Seinem Volk Israel hat der HERR schon mit Wundern versorgt. Wasser kam aus dem harten Felsen, als Mose mit einem Stab darauf schlug. Das war nicht ein Zauberstab, sondern Gott hatte den Befehlt gegeben. Das ist was anderes, als Zauber.

„Ein Land, darin Weizen, Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und Granatäpfel wachsen, ein Land, darin es Ölbäume und Honig gibt“ – so ganz anders, als die Wüste! Immer Vorräte vorsichtig einteilen, immer mit Sorge Ausschau halten, wo es wieder was Eßbares gibt. Immer Sorge! Und oft Eintönigkeit – nichts Frisches. Mehr Überleben als Leben.
Doch hatte Gott der HERR schon in der Wüste Sein Volk von oben, aus Seiner Überlegenheit geholfen „und speiste dich mit Manna in der Wüste, von dem deine Väter nichts gewußt haben.“

In der Wüste gab es immer wieder Gefahren: „und dich geleitet hat durch die große und furchtbare Wüste, wo feurige Schlangen und Skorpione.“ Dazu auch Kriege mit feindseligen, brutalen Völkern.
Ein schwerer Weg, doch Gott war dabei. – Wäre Gott nicht dabeigewesen, dann wäre Israel mehrfach in der Wüste geblieben. Verdurstet, verhungert, vergiftet, von Feinden vernichtet.
Aber nein! Ein Wunder nach dem anderen – Gottes Begleitung hatte es möglich gemacht. Gott hatte den Himmel geöffnet und auf der Erde geholfen. – Versteht ihr jetzt, warum der Dank nach Oben offen ist? – Er ist eine Antwort auf den geöffneten Himmel, von dem aus Gott alles geschenkt hat.
Danken heißt: Klar machen, daß die Ehre Gott gehört. Danken ist klarmachen, wer hier der Geber ist. Wer dankt macht klar: Es ist angekommen. Das Wasser ist angekommen, die Speise ist angekommen, der Schutz ist angekommen. Von wo? Von ganz ganz oben. Der Dank sieht die Liebe des Absenders, die frischen Tautropfen des Wunders, den Sternenstaub des Himmels an dem, was er vor sich hat und sein Herz wird so groß wie der Himmel und weit wie der Weg – aus Gottes Liebe bis hinunter auf unseren Tisch. Das Paket kommt an und man staunt: Eine Briefmarke vom Himmel ist drauf. Und meine Adresse.

Israel steht an der Grenze. Hinter ihm die Wüste, vor ihm das gelobte Land.
Hinter ihm auf dem Weg durch die Wüste, hat Gott Israel an die Grenze geführt. Mose sagt ganz klar: „auf daß er dich demütigte und versuchte, damit er dir hernach wohltäte.“
„Demütigte und versuchte.“ Israel mußte erfahren: Ich bin nicht Gott. Ich bin nicht Herr der Lage, ich bestimme nicht den Weg. Ich kann mein Leben nicht machen, auch nicht erhalten.
Die schweren Erfahrungen führen an die Grenze: Ich tu es nicht, Gott muß es tun. Und wenn Gott es tut, dann kommt es vom Himmel zu mir.
Dann weiß ich erst, was Wasser ist, wenn nach der Dürre Regen kommt.
Dann weiß ich erst wirklich, was Licht ist, wenn Gott nach der finsteren Nacht die Sonne aufgehen läßt.
Dann entdecke ich ganz taufrisch und neu, was ein Gruß ist, wenn die Einsamkeit mich zum Boden gedrückt hat.
Das ist die Grenze.
Denn du sollst endlich den Sternenstaub auf Gottes Gaben sehen, den Glanz. Das tägliche Brot kommt vom Bäcker, vom Acker, von der Erde. Ja. Aber das alles ist unter dem Himmel, und es kommt vom Himmel.
Unser Gesangbuch lehrt uns zu sagen: „Es geht durch unsere Hände, kommt aber her von Gott.“
„Auf daß er dich demütigte und versuchte, damit er dir hernach wohltäte.“ Demütigte und versuchte. Gott verbirgt sich, damit wir ihn suchen. Er wird sich finden lassen. Die Versuchung ist, zu sagen: Gott verbirgt sich, also gibt es Ihn nicht. Also suche ich nicht.
Aber ohne Gott gäbe es dich nicht. Du mußt ihn suchen. Er will sich finden lassen und er wird es.
Wenn in der Wüste ein Wunder geschieht, dann ist deutlich: Ich bin nicht Gott. Gott muß es tun, Gott hat es getan.
Da ist der Dank klar: Gott, es ist angekommen! Ich lebe weiter, dank Gott.

Nun spricht Mose von der neuen Situation. Nicht die Wüste, sondern das fruchtbare, gesegnete Land.
Weniger Sorge, mehr Segen. Weniger Gefahr und Kampf, dafür mehr Tätigkeit und Aufbau.
Weniger Entbehrung und Mangel, mehr Erfüllung und Zufriedenheit.
Was soll jetzt nicht passieren?
„So hüte dich nun davor, den HERRN, deinen Gott, zu vergessen, sodaß du seine Gebote und seine Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, nicht hältst.“
Ist es nicht erschreckend: Gott meint es gut mit dem Menschen, und der Mensch vergißt Gott. Und wenn der Mensch Gott vergißt, dann hört das Danken auf. Dann bleibt die Ehre am Menschen hängen. Dann ist der lange Weg von Oben, vom Himmel, von Gott, zu uns ausgeblendet. Dann reichen die Gedanken nur noch bis zum nächsten Essen, oder nächsten Erfolg – oder zum nächsten Mangel, zum nächsten Mißerfolg.
Die Gedanken werden klein, das Herz wird eng, die Seele ist nicht mehr nach oben offen. Gott vergessen. Irgendwie ist das möglich. Aber es ist schrecklich.
Mose gibt mit auf den Weg:
„Wenn du nun gegessen hast und satt bist und schöne Häuser erbaust und darin wohnst und deine Rinder und Schafe und Silber und Gold und alles, was du hast, sich mehrt, dann hüte dich, daß dein Herz sich nicht überhebt und du den HERRN, deinen Gott, vergißt,“ .
Das alles kommt von Himmel, von Gott, bei uns an. Hüte dich, daß dein Herz sich nicht überhebt. Das Herz überschätzt sich. Es denkt zu groß von sich selbst. Nun soll das, was vom Himmel kommt, von unten kommen.
Das ist Gutes ohne Gott. Die Liebe, die Gott reingetan hat, kommt nicht mehr an. Aber ohne Liebe kann der Mensch nicht leben. Das Herz überhebt sich, und traut sich zu, ungetragen von Gottes Liebe zu leben. Obwohl Gott so groß ist, kann unser kleines Herz ihn vergessen.
So weit darf es nicht kommen. Darum Danken. Danken ist eine Aufgabe. Sie kann geübt werden. Diese Übung ist Teil davon, daß der Dank nach oben offen ist.

Wer Gott vergessen hat, hat nur noch sich selbst. Undankbarkeit macht dich allein, einsam. Man ist dann dazu verdammt, sich selbst glücklich zu machen, und wenn man unglücklich ist, ist man alleine schuld.
Doch Mose spricht zu Israel, und wir hören besser zu:
„Du könntest sonst sagen in deinem Herzen: Meine Kräfte und meiner Hände Stärke haben mir diesen Reichtum gewonnen.
Sondern gedenke an den HERRN, deinen Gott; denn er ist’s, der dir Kräfte gibt, Reichtum zu gewinnen, auf daß er hielte seinen Bund, den er deinen Vätern geschworen hat, so wie es heute ist.“
Wer dankt, ist nicht allein. Besser noch: Wer Gott dankt, zeigt, daß er von Anfang an nicht allein war.
Es ist alles Gabe. Und Gottes Liebe ist in der Gabe. Unser Herz, unsere Kräfte und die Stärke unserer Hände kann diese Liebe nicht ersetzen – nein, es ist ja umgekehrt: Gott hat uns das alles gegeben. Aus Liebe. Wer dankt, der hat Gottes Liebe.
Und wer Gottes Liebe hat, der kann nicht von Sorgen, von Neid, von Geiz, von Gier gefangen sein.
Mehr Dank ergibt weniger Sorge, weniger Neid, weniger Geiz, weniger Gier. Aber nur dann, wenn wir wirklich beim Dank stehen bleiben, damit er sich nach oben öffnet.
Die Psalmen und unser Gesangbuch gehen uns da voran. Sie helfen.

Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

15. Sonntag nach Trinitatis

Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, dem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus. Amen.

5, 25 Wenn wir im Geist leben, so laßt uns auch im Geist wandeln.
26 Laßt uns nicht nach eitler Ehre trachten, einander nicht herausfordern und beneiden.
6, 1 Liebe Brüder, wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr, die ihr geistlich seid; und sieh auf dich selbst, daß du nicht auch versucht werdest.
2 Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.
3 Denn wenn jemand meint, er sei etwas, obwohl er doch nichts ist, der betrügt sich selbst.
4 Ein jeder aber prüfe sein eigenes Werk; und dann wird er seinen Ruhm bei sich selbst haben und nicht gegenüber einem andern.
5 Denn ein jeder wird seine eigene Last tragen.
6 Wer aber unterrichtet wird im Wort, der gebe dem, der ihn unterrichtet, Anteil an allem Guten.
7 Irret euch nicht! Gott läßt sich nicht spotten. Denn
was der Mensch sät, das wird er ernten.
8 Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten.
9 Laßt uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht nachlassen.
10 Darum, solange wir noch Zeit haben, laßt uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.

Galater 5, 25 – 6, 10

Lieber himmlischer Vater, Du willst durch dein Wort große Dinge tun. Segen nun Reden und Hören. Amen.

Liebe Gemeinde!
Wie sieht ein Leben aus, das von Gott bestimmt ist?
Davon spricht Paulus, wenn er sagt:
„Wenn wir im Geist leben, so laßt uns auch im Geist wandeln.“
Leben und Wandeln.
Im Geist leben heißt: In Gottes Anfang leben. Die Bibel sagt uns: Jesus Christus ist der Anfänger des Glaubens (Hebräer 12,2:“ Laßt uns aufsehen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens.“). Im Geist leben heißt: Gott hat mit mir angefangen, Gott fängt mit mir an, und Gott wird mit mir anfangen. Dieser Anfang im Namen Jesu ist immer in Reichweite: Die Taufe ist DER Anfang, die ganze Bibel ist voller Worte die im Menschen das anfangen, was Gott will, und was ewig sein wird. Gott ist dann dein Gott, wenn Er der Anfang von allem in deinem Leben ist.
Gut. Das ist eine Idee davon: Im Geist leben.
Und im Geist wandeln? Wandeln ist Schritte gehen, die in diesem Anfang bleiben. Das ist alles! Im Geist wandeln heißt: Gottes Anfang mit dir nicht verlassen.
Wie sieht das aber aus?
Wenn der Apostel Paulus an seine Gemeinden Briefe schreibt, dann fängt er immer mit dem Anfang Gottes an: Er lehrt den Anfang, den Jesus gemacht hat – mit der Menschwerdung, mit dem Kreuz und mit der Auferstehung. Man nennt das Lehre, oder Dogma.
Und dann ruft Paulus die Gemeinde in bestimmten Bereichen des Lebens zum Anfang Gottes zurück, wo es nötig ist. Das nennt man Tun und Lassen, oder auch Ethik.
Lehren schafft das Leben im Geist.
Rufen bringt zurück zum Leben im Geist.
Denn wenn Gott etwas anfängt, dann ist völlig klar, daß auch etwas aufhört, und aufhören muß.
Davon hören wir jetzt:
„Laßt uns nicht nach eitler Ehre trachten, einander nicht herausfordern und beneiden.“
Eitle Ehre. Das ist das Ergebnis von Vergleichen zwischen Menschen. Einer ist schöner als der andere. Einer ist erfolgreicher. Einer ist nicht so reich. Einer ist beliebt, der andere nicht so sehr. Bei uns Menschen ist das so: Wer reicher, oder schöner oder beliebter ist, der hat bei Menschen Ehre.
Paulus sagt: Selbstgefühl aus Vergleichen ist hohl. Ich bin weniger, weil andere etwas sind oder haben, was ich nicht bin, oder habe. Was mir fehlt, sagt mir, wer ich bin. So irgendwie funktioniert das doch, oder?
Paulus ruft zurück: Liebe Leute, wer so denkt oder fühlt, der hat Gottes Anfang mit ihm schon verlassen. Der ist sozusagen über Bord!
Zurück zum Leben im Geist!
Warum? Wer nach eitler Ehre trachtet, der ist wie die Ziege im Märchen – nachdem sie wunderbar gefressen hat, sagt sie am Ende: Ich sprang nur über Gräbelein und fand kein einzig Blättelein. – Wer sich durch Vergleiche mit Menschen bestimmen und treiben läßt, der tut so, als hätte Gott nicht mit ihm angefangen. Als hätte Gott nicht gesagt: „Du bist mein Kind. Ich will alles für dich sein.“ Gottes Anfang mit uns ist, daß er uns seine Liebe schenkt. Im Evangelium erreicht uns Liebe. Wer geliebt ist, staunt darüber, daß er etwas Besonderes ist. Da kann er nicht sagen: Weil der mehr Geld hat, als ich, darum bin ich nichts! – Oder sagen: Weil die weniger beliebt ist als ich, bin ich etwas.
Dieses Vergleichen hat zwei Symptome: „einander herausfordern und beneiden.“ – Wer hat, der ist arrogant und reibt es dem anderen unter die Nase. Wer nicht hat, ist neidisch.
Wo Gott anfängt, da hört das auf: Einander herausfordern, also provozieren, das heißt: Ich beweise dir, daß du weniger, schwächer, ärmer, oder was auch immer bist. Jesus hat das nicht getan. Wo Jesus bestimmt, da hört das auf. Es hat keine Zukunft mehr.
Aber auch der Neid nicht. Der Neid ist ein allgegenwärtiges Gift. Der Neid und Gott können nicht gleichzeitig an einem Ort sein. Wo Gott ist, verdampft jeder Neid. Spürst du ihn gerade? Dann spürst du ihn weil er weiß, daß sein Ende gekommen ist. Denn Gott ist hier, der einen neuen Anfang gemacht hat. Ja, gerade auch für dich.
Wie sieht es aus, wenn Gottes Anfang mich weiterträgt, daß ich ohne Neid und Provokation bin?
„Liebe Brüder, wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr, die ihr geistlich seid; und sieh auf dich selbst, daß du nicht auch versucht werdest.“
Die Worte zeichnen uns die Spur des Geistes vor:
„Wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird …“ – Also nicht so: „Der böse XY, von dem ichs immer schon erwartet habe, hat mich nicht enttäuscht! Er hat absichtlich gesündigt!“ – Sondern so: „Eine Verfehlung ist über den XY gekommen, wie schrecklich! Das muß etwas geschehen!“
Mit sanftmütigem Geist soll das wieder eingerenkt werden.
In Matthäus 18 sagt Jesus uns, wie: Zuerst unter 4 Augen.
Wer so vorgeht, der will nicht punkten mit den Fehlern des Bruders oder der Schwester. Er will viel lieber, daß die Fehler ausgeräumt werden und niemandem schaden.
„Sieh auf dich selbst daß du nicht auch versucht werdest!“ – Wer Gottes Anfang bei sich behält, der weiß: Ohne Gottes Gnade sähe es bei mir ganz anders aus. Mir könnte auch solch ein Fehler passieren.
Es ist ein unbarmherziges Provozieren und Demütigen, wenn man zu verstehen gibt: „Mir würde der Fehler niemals passieren! Ich stehe darüber – Wie kann man nur so schwach, so dumm, so böse sein!“ –
Wo Gott angefangen hat, da hört das auf. Jesus hat das nicht getan. Gott gibt dir mehr, als den Rausch, sich am Fehler des anderen zu freuen, in der Hoffnung, daß der eigene Fehler verborgen bleibt.
Aber nicht nur sollen wir uns nicht über den Fehler freuen, sondern:
„Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“
Zu Gottes Anfang, der Gott sei Dank nicht vergeht, gehört es ja, daß Christus unsere Last auf sich genommen hat. Jesus hat alles getan, daß unsere Lasten uns nicht zerstören.
Wo Gott angefangen hat, da hört etwas auf: Nämlich, daß wir Menschen als hoffnungslos aufgeben, daß wir meinen – mit ihm Geduld haben, ist verlorene Zeit. Wenn der Fehler des andern schwer wird, dann ist das ein Zeichen dafür, daß ich da bin, wo Christus ist. Wenn die Last des anderen dich plagt, weil er dir nicht egal ist, dann setzt sich Gottes Anfang in dir durch.
Gottes Wort meint es ernst, daß wir uns nicht durch zwischenmenschliche Vergleiche leiten lassen sollen:
„Denn wenn jemand meint, er sei etwas, obwohl er doch nichts ist, der betrügt sich selbst.
Ein jeder aber prüfe sein eigenes Werk; und dann wird er seinen Ruhm bei sich selbst haben und nicht gegenüber einem andern.
Denn ein jeder wird seine eigene Last tragen.“
Was zählt, ist das, was du vor Gott alleine bist. Und vor Gott zählt: Bist du bei dem geblieben, was Gott angefangen hat?
Prüfe dein eigenes Werk. Vergleiche mit anderen – nach Oben oder nach Unten – haben vor Gott ein Ende. Sie helfen nicht, sie hindern nicht. Sie haben ein Ende. Gott wird dich an deine Fehler erinnern, die Er, Gott tragen mußte. Du brauchst Gott nicht an die Fehler von anderen erinnern. An keinen, von niemanden. Vor Gott hört das auf. Nur dann bleibst du in dem Anfang, den Gott zum guten Ende führen wird.
Dann kommt etwas Überraschendes.
Es geht um die Person, die Lehre und Ruf zu euch bringt.
„Wer aber unterrichtet wird im Wort, der gebe dem, der ihn unterrichtet, Anteil an allem Guten.“
Unterricht. Keine Kirche ohne Unterricht. Ohne Dogma gibt es keinen Glauben und keine Kirche.
Die Lehre schafft das Leben im Geist, den Glauben. Ohne Glauben gibt es keine Früchte des Glaubens. Überhaupt keine.
Dazu hat Gott es so eingerichtet, daß Lehrer lehren. Oder: Pastoren predigen und unterrichten.
Auch da steht jeder vor Gott, in Gottes Anfang.
Der Lehrer soll das weitergeben, was Gott vorgegeben hat. Gott wird ihm dabei helfen. Gott wird nicht helfen, wo er aus Furcht verschweigt, oder aus Gefälligkeit etwas ändert.
Und der unterrichtet wird? Er steht vor Gott und soll zeigen, daß ihm dieser Unterricht etwas bedeutet. „Er gebe dem, der ihn unterrichtet, Anteil an allem Guten.“
Wer hätte das gedacht!
Nur: Religion ist keine Geschäftsidee.
Aber zwischen dir und Gott soll es so sein, daß du zeigst, es ist dir wichtig. Das zeigst du Gott mit deinem Beitrag und deiner Zeit in einer Aufgabe in der Gemeinde.
Und der Prediger, der Lehrer? Der dankt Gott, der die Herzen bewegt. Und strebt danach, noch mehr aus Gottes Wort auszuteilen. Um Gottes willen.
So kann Gottes guter neuer Anfang unter uns bleiben. Oder besser: So bleiben wir in Gottes Anfang, der ein gutes Ende haben wird.
Immer noch spricht Paulus über die eitle Ehre, die wir uns ausrechnen davon, daß wir uns mit anderen vergleichen. Er sagt:
„Irret euch nicht! Gott läßt sich nicht spotten. Denn
was der Mensch sät, das wird er ernten.
Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten.“
Gott ist nicht gezwungen, uns zu glauben.
Sich mit anderen vergleichen, schließt Gott aus. Das ist keine Kleinigkeit. Gott läßt sich nicht darauf ein.
Paulus gebraucht das Bild von der Saat – Saat ist Zukunft. Wenn ich Saat aussäe – dann weil ich Zukunft brauche, und erhoffe und suche. Da wo die Saat hinfällt, da soll Zukunft wachsen.
Wo sehe ich meine Zukunft, wo suche ich sie, wo erhoffe ich sie?
Gott sagt uns: Es gibt zwei Möglichkeiten. Mehr nicht.
Entweder Fleisch, oder Geist.
Das Fleisch hat keine Zukunft. Alle Zukunft gehört dem Geist.
Was ist Fleisch? Fleisch ist der Mensch, der Gott nicht anfangen läßt. Fleisch: Das ist der Mensch, der mit dem Neid weitermachen will, der mit dem Provozieren weitermachen will. Gott sagt uns: So verlierst du eine Zukunft.
Fleisch, das ist der Mensch, der nicht aufhören kann, zu vergleichen. Gott sagt: Das wird dich niemals glücklich machen.
Die Zukunft ist beim Geist. Der Geist erkennt: Gott muß den Anfang machen. In allem. Und das Fleisch soll aufhören. Da hat die Zukunft schon begonnen.

„Laßt uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht nachlassen.
Darum, solange wir noch Zeit haben, laßt uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.“
Gott setzt eine Priorität: Wenn wir Gutes tun, dann sollen wir bei denen anfangen, mit denen wir im Glauben unterwegs sind. Mit denen, die schon da sind, die wir uns nicht ausgesucht haben. Und das ist nun mal die eigene Gemeinde. Ein Christ kann nicht genug darüber staunen, daß Gott tatsächlich Menschen mit dem Evangelium erreicht. Daß es wirklich Männer und Frauen und Kinder gibt, die Gottes Wort lieben, die beten, die die Last des andern im Namen Jesu tragen. Schon deshalb sind es Schätze. Gott hat vom Himmel aus, aus göttlicher Überlegenheit heraus, diese Menschen zu dir geschickt. Da kannst du ohne Zögern anfangen, Gutes zu tun!
Wer diese Brüder und Schwestern uninteressant findet, oder lieber nur da etwas Gutes tun will, wo in den Medien darüber geschwärmt wird, der will es schon besser wissen, als Gott selbst. Viele Prediger mögen dieses Wort von „allermeist an des Glaubens Genossen“ nicht gerne. Sie wollen lieber ihre Glaubensgenossen belehren, oder erziehen, aber nicht lieben. Sie wollen lieber irgendwelche interessanten Lasten tragen, als die, die vor Ort in der eigenen Gemeinde sind. Bis dahin, daß man sagen kann: „Liebe deinen Fernsten!“
Gott fängt da an, wo du sein Wort hörst, wo du zum Altar gehst, da soll auch das Gute anfangen, was du tust. Damit Gottes Anfang bei dir weitergeht.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum Ewigen Leben. Amen.


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Bei der Kornernte

13. Sonntag nach Trinitatis (Familiengottesdienst)

Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, dem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus. Amen.

Jesus sagt: Wer ist unter euch Menschen, der seinem Sohn, wenn er ihn bittet um Brot, einen Stein biete?
Oder, wenn er ihn bittet um einen Fisch, eine Schlange biete? Wenn nun ihr, die ihr doch böse seid, dennoch euren Kindern gute Gaben geben könnt, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn bitten!

Matthäus 7, 9-11

Lieber himmlischer Vater, segne nun Reden und Hören. Amen.

Liebe Gemeinde!
Gestern beim Kinderbibeltag haben die Kinder über das Gebet gehört und gelernt.
Alle Kinder Gottes sollen beten.
Jesus sagt: Wenn ein Kind von seinem Vater Brot haben will, und sagt: „Bitte, Brot!“ – Was wird der Vater tun? Wenn er kann, und wenn es paßt, wird der Vater dem Kind Brot geben.
Jesus fragt uns: Wird ein Vater dem Kind statt Brot einen Stein geben? – Die Antwort ist leicht: Nein! Das tut ein Vater nicht.
Jetzt sagt Jesus: Guck mal, wenn ein menschlicher Vater seinem Kind etwas Gutes geben kann – – dann Gott erst recht! Denn Gott ist noch besser, als ein menschlicher Vater, und Gott kann noch mehr, als ein menschlicher Vater.
Wenn ein Kind seinen Vater bitten darf, dann dürfen Gotteskinder erst recht Gott bitten.

Telefon
Um das Gebet noch besser zu verstehen, haben die Kinder gestern das Gebetstelefon kennengelernt:
Da ist eine bestimmte Nummer drauf, die Gottes Kinder wählen sollen:
5015.
Fünfzig. Fünfzehn.
Das ist eine Bibelstelle.
Psalm 50, 15.

Ein Psalm ist ein Gebet oder ein Lied aus der Bibel.
Was steht geschrieben bei Psalm 50, 15?
Gott sagt:
Rufe mich an
in der Not;
so will ich dich erretten,
und du sollst mich preisen.

Gott sagt uns: Ruf mich an!

Wenn ich einen Menschen anrufen will, oder muß?
Wer von euch kann schon mit dem Handy telefonieren?
Wenn ich jemand anrufen will, dann
muß ich ihn kennen: Seinen Namen wissen.
Dann muß ich seine Telefonnummer im Handy gespeichert haben.
Und, ganz wichtig: Ich muß an ihn denken!
Und noch etwas: Ich muß sprechen können.
Ja, das ist alles wichtig, wenn ihr darüber nachdenkt.
Zum Gebet brauchen wir aber kein extra Handy. Wir sind selber das Gebetshandy.
Gottes Name ist in uns gespeichert. Wir können sprechen.
Was muß noch kommen? – An Gott Denken!
Und dran denken, wie Gott ist, wie Jesus ihn uns gezeigt hat. Daß Gott helfen will. Daß er Macht hat. Daß er barmherzig ist.

Gebetsampel
Aber was soll ich denn sagen im Gebet?
Da haben die Kinder gestern die Gebetsampel kennengelernt:
Rot – Gelb – Grün.
Rot ist „Halt!“ – Das geht gar nicht.
Gelb ist „Warten!“ – Das gibt Gott zur rechten Zeit.
Grün ist „Es paßt!“ – Das hat Gott versprochen.

Rot ist leicht:
Wir sollen Gott nicht bitten, daß er anderen wehtut.
Es geht auch gar nicht, daß wir Gott bitten: Laß niemand merken, daß ich gelogen habe!
Das ist gegen Gottes Willen. Das sollen wir nicht bitten. Das wird Gott nicht erhören.
Oder: Ich will reich werden ohne zu arbeiten, oder ….
Das wäre nicht gut für uns, wenn Gott das Gebet erhören würde.

Gelb:
Das sind Dinge, die sind gut. Aber Gott beschließt, wann es die richtige Zeit ist.
Zum Beispiel: Wenn ich krank bin: Bitte um Gesundheit, um Heilung.
Wenn ich traurig bin – Bitte schenk mir wieder Freude, lieber Gott!
Das sind gute Dinge, die Gott gibt.
Aber manchmal sollen wir warten.
In der Wartezeit kann es passieren, daß wir besser merken, wie sehr wir eigentlich Gott brauchen.
In der Wartezeit können wir lernen, wie viel Gott eigentlich schon für uns getan hat, und wir haben es nicht richtig gemerkt.
In der Wartezeit können wir gucken: Wie geht es den anderen? Ich bete auch mal für die anderen!

Grün:
Das sind die Dinge, die Gott versprochen hat, die er am liebsten gibt.
Das kann man ganz leicht wissen, denn Jesus hat seinen Jüngern das Gebet beigebracht. Ihr kennt es; es ist das Vaterunser.
Vaterunser
Das sind die Bitten, die Gott am liebsten hört, und die für uns, für alle Gotteskinder am Besten sind.
Das Vaterunser ist das grüne Gebet.
Vater: Gott ist mein Vater, er will daß es mich gibt, er liebt mich.
Das ist wahr. Bei der Taufe seid ihr Gottes Kinder geworden.
Unser: Ich bin in Gottes Familie, zusammen mit anderen, die getauft sind. Wenn ich an Gott denke, dann denke ich auch an sie. Gott liebt das! Und hört gerne, wenn ein Gebet so anfängt.

Geheiligt werde dein Name: Gott, sei und bleib mein Gott. Ich will dich immer besser kennen lernen, immer genauer wissen, wie du bist, und was du tust. Ich will keinen anderen Gott haben! – Das erhört Gott gerne und immer wieder.

Dein Reich komme: Das Reich ist da, wo jemand alles bestimmt. Gottes Reich ist da, wo Gott bestimmt. Da wollen wir dabei sein! Wo Gott seine Macht zeigt. Wie hat Jesus seine Macht gezeigt: Durch sein Wort. Und weil er da war. Da haben Menschen seine Macht gespürt. Wo Jesus spricht, da ist das Reich Gottes, da fängt es an. Da wollen wir dabei sein. Die Kinder haben gestern gehört: Das Reich Gottes ist da, wo das Evangelium gesagt und gehört wird, wo Menschen zusammenkommen und das hören wollen.
Wenn du zu Gott sagst: Bitte laß mich dabei sein, laß dein Reich zu mir, zu uns kommen – das hört Gott sofort: Grün!

Dein Wille geschehe: Gott weiß es besser. Jesus hat uns gezeigt, daß Gott helfen will. Vor allem will Gott uns helfen, daß die Sünde uns nicht kaputtmacht. Unsere eigenen Fehler, oder die Fehler von anderen. Der Wille von Menschen, auch unser eigener Wille ist nicht immer gut. Manchmal merken wir, daß unser Wille böse ist. Wenn ein Gotteskind dann sagt: Gott, dein Wille soll geschehen, das hört Gott am liebsten. Grün!

Unser tägliches Brot gib uns heute: So bittet ein Kind, das gemerkt hat: Alles, was ich hab, kommt von Gott. Alles, was ich bin, hat Gott gemacht. Wenn ich etwas haben soll, dann muß Gott es geben. Also: Bitte, lieber Gott, bitte um das, was ich zum Leben brauche. Brot. Liebe Menschen. Schutz. Ein Zuhause. Das hört Gott. Ok. es kann sein, daß diese Bitte manchmal Gelb ist, daß wir warten müssen!

Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern: Gott freut sich, wenn wir einsehen, daß wir seine Gebote nicht gehalten haben. Er freut sich, wenn wir einsehen: Das muß weg, das muß aufhören, es plagt mich. Ich will wieder ganz bei Gott sein: Vergib mir! – Grün!
Aber auch, daß wir den anderen vergeben. Die Schuld soll ihn nicht runterziehen und quälen. Da hilft Gott gerne! – Grün!

Und führe uns nicht in Versuchung: Versuchung ist: Wenn ich Gott vergesse. Vergesse, was seine Gebote sagen; oder vergesse, daß er da ist, vergesse, daß er helfen will. Oder daß ich vergesse zu beten!! – Da bitten Gottes Kinder: Lieber Gott, führe mich bitte so, daß ich dich nicht vergesse.
Es kann sein, daß es dir zuuu gut geht, und dann denkst du, du brauchst Gott nicht mehr. Das ist eine Versuchung.
Bitte nicht! – Das ist eine Grüne Bitte.
Sondern erlöse uns von dem Bösen.
Das Böse will uns von Gott trennen. Das Böse will, daß wir nicht beten. Das Böse will kaputtmachen, was Gott uns gibt. Lieber Gott, laß das Böse aufhören, besonders bei mir!
Gott hört diese Bitte gern. Und in dem Moment, wo ich die Bitte sage, fängt Gott schon an, sie zu erhören. Denn Beten ist gut, und nicht böse. Also? Grün!

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum Ewigen Leben. Amen.


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Gestaltung: Lioba Fenske

12. Sonntag nach Trinitatis

Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, dem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus. Amen.

1 Saulus aber schnaubte noch mit Drohen und Morden gegen die Jünger des Herrn und ging zum Hohenpriester
2 und bat ihn um Briefe nach Damaskus an die Synagogen, damit er Anhänger des neuen Weges, Männer und Frauen, wenn er sie dort fände, gefesselt nach Jerusalem führe.
3 Als er aber auf dem Wege war und in die Nähe von Damaskus kam, umleuchtete ihn plötzlich ein Licht vom Himmel;
4 und er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme, die sprach zu ihm: Saul, Saul, was verfolgst du mich?
5 Er aber sprach: Herr, wer bist du? Der sprach: Ich bin Jesus, den du verfolgst.
6 Steh auf und geh in die Stadt; da wird man dir sagen, was du tun sollst.
7 Die Männer aber, die seine Gefährten waren, standen sprachlos da; denn sie hörten zwar die Stimme, aber sahen niemanden.
8 Saulus aber richtete sich auf von der Erde; und als er seine Augen aufschlug, sah er nichts. Sie nahmen ihn aber bei der Hand und führten ihn nach Damaskus;
9 und er konnte drei Tage nicht sehen und aß nicht und trank nicht.
10 Es war aber ein Jünger in Damaskus mit Namen Hananias; dem erschien der Herr und sprach: Hananias! Und er sprach: Hier bin ich, Herr.
11 Der Herr sprach zu ihm: Steh auf und geh in die Straße, die die Gerade heißt, und frage in dem Haus des Judas nach einem Mann mit Namen Saulus von Tarsus. Denn siehe, er betet
12 und hat in einer Erscheinung einen Mann gesehen mit Namen Hananias, der zu ihm hereinkam und die Hand auf ihn legte, damit er wieder sehend werde.
13 Hananias aber antwortete: Herr, ich habe von vielen gehört über diesen Mann, wie viel Böses er deinen Heiligen in Jerusalem angetan hat;
14 und hier hat er Vollmacht von den Hohenpriestern, alle gefangen zu nehmen, die deinen Namen anrufen.
15 Doch der Herr sprach zu ihm: Geh nur hin; denn dieser ist mein auserwähltes Werkzeug, daß er meinen Namen trage vor Heiden und vor Könige und vor das Volk Israel.
16 Ich will ihm zeigen, wie viel er leiden muß um meines Namens willen.
17 Und Hananias ging hin und kam in das Haus und legte die Hände auf ihn und sprach: Lieber Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir auf dem Wege hierher erschienen ist, daß du wieder sehend und mit dem Heiligen Geist erfüllt werdest.
18 Und sogleich fiel es von seinen Augen wie Schuppen und er wurde wieder sehend; und er stand auf, ließ sich taufen
19 und nahm Speise zu sich und stärkte sich.
Saulus blieb aber einige Tage bei den Jüngern in Damaskus.
20 Und alsbald predigte er in den Synagogen von Jesus, daß dieser Gottes Sohn sei.

Apostelgeschichte 9, 1-22

O Gott, laß uns nicht vergeblich hören, was Du sagst. Amen.

Liebe Gemeinde!
Ich habe Probleme mit Bekehrungsgeschichten. Es war für mich immer unangenehm, oder eine Verlegenheit, wenn „Bekehrung“ das Thema war. Ich konnte nicht sagen, wann ich „mich bekehrt“ hatte. Ganz zu schweigen von der Frage, wann ich „mein Leben Jesus übergeben“ hätte!
Im Laufe meines Dienstes als Pastor habe ich miterleben dürfen, wie Menschen auf unterschiedliche Weise als Erwachsene zum Glauben gefunden haben und dann die Taufe empfingen. Bei keinem war es so, daß schon vorher feststand, wie es kommen sollte. Der Übergang vom Unglauben zum Glauben war nicht die Erfüllung einer menschlichen Erwartung oder Vorstellung, auch nicht die Erfüllung einer eigenen Erwartung oder Vorstellung.
Man hört dann bei Gesprächen über das Thema, wie jemand ganz dramatische Dinge erlebt hat, bis er überwältigt ist, und nicht mehr anders kann, als zu glauben. Oder man hört, wie jemand furchtbar mit sich ringt, und dann zu einem Durchbruch kommt, und dann ist alles klar.
Da kann es nicht ausbleiben, daß Du Dich fragst: Und wie ist es mit mir? Habe ich so etwas auch erlebt? Kann ich auch so mit mir ringen? Bin ich auch so vom Evangelium überwältigt?
Oft wird die Antwort dann „Nein!“ lauten. Und danach fühlt man sich vom Glauben weiter entfernt denn je. Das Erlebnis wird zum Maßstab. Wir Menschen tun das ständig. Was erlebt ein anderer, was erlebe ich? Und man vergleicht. Und je nachdem ist man dann draußen oder drinnen.
Ich liebe aber diese Bekehrungsgeschichte der Paulus.
Sie sagt mir sehr viel über Gott, über Christus, über das Evangelium und über den Glauben.
Diese Bekehrung des Paulus ist so wunderbar göttlich, denn sie gibt uns etwas, ohne daß wir vergleichen müssen, oder irgendwie wünschen: „Wenn das doch mir geschehe!“, oder beklagen: „So bin ich einfach nicht!“ – Mit anderen Worten: Dieser Bericht, diese Erfahrung des Paulus tut dem Glauben nur gut.
Und wie? Ja, so:
Überlegen wir einfach mal „Vorher“ und „Nachher.“
Der Predigttext beginnt damit, daß Paulus „schnaubte mit Drohen und Morden gegen die Jünger des Herrn.“ Also mit jeder Faser seines Leibes, mit jedem Gedanken seiner Sinne, mit jeder Regung seiner Seele voller Zorn gegen die Jünger des Herrn.
Und wie endet der Predigttext: „ … alsbald predigte er in den Synagogen von Jesus, daß dieser Gottes Sohn sei.“
Das ist so ein großer Kontrast! Diese Änderung im Leben des Paulus stellt alles in den Schatten, sie hängt alles ab, sie läßt alle unsere Vorstellung von Änderung im menschlichen Leben weit unter sich.
Paulus vorher – also, sein hebräischer Name war Saul. Paulus ist dann griechisch, aber er wird manchmal auch noch nach seiner Bekehrung Saul genannt (zB in Apostelgeschichte 13, 1-9) – Paulus vorher hat also:

  1. 100%ig nicht versucht, ein Christ zu sein. Er hat alles getan, NICHT Christ zu sein! Ihm wäre es am liebsten gewesen, wenn man den Namen „Jesus“ nicht mehr ausgesprochen hätte. Seine Bekehrung war nicht das Ergebnis eines Wunsches, oder einer Sehnsucht. Im Gegenteil! Seine Sehnsucht war es, zu beweisen, daß der Glaube an Jesus ein schädlicher Irrtum sei, daß Jesus nicht Segen, sondern Fluch bringt.
    Diese Sehnsucht hatte er schon bewiesen: Direkt vor unserem Predigttext hören wir, daß Paulus gerne Zeuge war von dem ersten Märtyrertod. Stephanus wird gesteinigt, weil der Jesus als Gottes Erfüllung Seiner Zusagen für Israel bezeugt. Jesus ist die Identität Israels. Dafür muß er sterben. Die Zeugen der Steinigung legen ihre Kleider ab zu den Füßen eines jungen Mannes, der hieß Saulus. (Apostelgeschichte 8, 58). Paulus hatte so etwas wie eine Aufsicht über die Zeugen, eine Verantwortung dafür, daß die Steinigung rechtmäßig geschah. Kurz danach berichtet uns St. Lukas: „Saulus aber hatte Gefallen an Stephanus Tode.“ (Apg. 8, 1). Er hieß es gut, daß im Namen Gottes Bekenner zu Jesus verurteilt und hingerichtet wurden.
    Das war ein überdeutlicher Standpunkt: „Jesus ist weniger als nichts. Wer sagt, daß Jesus mehr ist als nichts, der beweist selbst, daß er alle Rechte vor Gott und in Israel verloren hat.“
    Paulus hat es nicht versucht, ein Christ zu sein. Das ist eine ganz matte Aussage. Paulus hat alles eingesetzt, kein Christ zu sein, ja, daß es keine Christen mehr gibt.
    Paulus vorher, 2.:
    Das war keine Frage eine Schwäche – daß er irgendwie neidisch war, oder nichts Neues mochte, Angst vor Neuerungen hatte. Oder, daß er als Charakter aggressiv war, oder sonst gewalttätig. Also keine Schwäche. Auch nicht Dummheit, oder Mangel an Vorbildern oder an Wissen.
    Paulus macht völlig klar, daß niemand in Israel ihm etwas vorwerfen konnte, ganz im Gegenteil. Er gibt das auch zu. Herkunft, Erziehung und Ausbildung, und auch Lebensführung waren tadellos. Das Gesetz des Mose war sein Leben, seine Identität. Paulus glaubte also die besten Gründe zu haben, gegen die Christen vorzugehen. Nicht nur das! Er tat es nicht eigenmächtig, sondern ließ sich von höchster Stelle legitimieren: Er „…ging zum Hohenpriester
    und bat ihn um Briefe nach Damaskus an die Synagogen, damit er Anhänger des neuen Weges, Männer und Frauen, wenn er sie dort fände, gefesselt nach Jerusalem führe.“ So eindeutig im Recht war niemand, wie Paulus, als er von Jerusalem nach Damaskus ging.
    Paulus war ein Nicht-Christ, ja, Anti-Christ aus den unumstößlichsten Gründen.
    Und nachher? –
    Genau dieser Mann hört nicht nur auf, gegen die Christen zu sein, sondern er läßt sich auch taufen, er läßt sich nicht nur taufen, sondern er „predigte er in den Synagogen von Jesus, daß dieser Gottes Sohn sei.“
    Er hatte die Urgemeinde in Jerusalem in Angst und Schrecken versetzt, so daß Christen das Land Israel verließen in alle Richtungen. – Und nun bekennt und beweist Paulus, daß Jesus der Sohn Gottes sei.
    Das ist Paulus Nachher – und das bleibt er auch. Missionar von Arabien bis Rom. Gemeindegründer wie kein Zweiter. Lehrer des Evangeliums ohne gleichen.
    Er, der sagte, daß Jesus nicht zu Israel gehörte, sagt nun: Nur durch Jesus gehört man überhaupt zu Israel.

Nichts an Paulus vorher sprach dafür, daß er Christ und Apostel werden würde. Nichts, was er war, konnte oder hatte, qualifizierte ihn dafür. Im Gegenteil, alles war bewußt dagegen.
Aber im Grunde war es ja nur eins: Er war gegen Christus. Aus den besten Gründen, die ein Mensch haben konnte.

Aus diesem Nichts hat Gott den Christen Paulus geschaffen.

Es ist eine Begegnung. Der Auferstandene Jesus stellt sich Paulus in den Weg. Es ist Licht. Licht, das den Mittag, den hellen Mittag zur Nacht werden läßt.
Paulus war der festen Überzeugung, sehen zu können, das Licht des Tages und der Wahrheit zu sehen. Paulus sah sich schon in Damaskus. Der Weg dorthin war klar.
Und dann dieses Licht. Und alles war Nacht.
„Herr, wer bist du?“ – Fragt der Professor, der tadellose Israelit.
„Ich bin Jesus, den du verfolgst!“
Das war‘s!
Also ist Jesus nicht im Grab. Und wenn er nicht im Grab war, sondern auferstanden, dann hat Gott ihm Recht gegeben. Und wenn Gott ihm Recht gegeben hat, dann waren die Verurteiler Jesu vor Gott im Unrecht. Und wenn die Verurteiler im Unrecht waren, dann ist Jesus unschuldig gestorben. Wenn Jesus unschuldig gestorben war, dann war er kein Betrüger. Wenn Jesus kein Betrüger war, dann hat Jesus das Alte Testament bewahrheitet, erfüllt. Dann ist Jesus nicht verflucht, sondern gesegnet. Also bringt Jesus nicht Fluch, sondern Segen. . . Ja: also ist Jesus Gottes Sohn.
Also: Wer gegen ihn ist, der ist gegen Gott.
Das alles kommt über Paulus mit dem Licht und mit der Stimme.
In der einen Begegnung wird der Tag des Paulus zur Nacht, weil Jesus, das Licht der Welt, über ihn aufleuchtet.
Paulus macht daraus keinen Hehl.
An Timotheus schreibt er: „Das ist gewisslich wahr und ein Wort, des Glaubens wert, daß Christus Jesus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen, unter denen ich der erste bin. Aber darum ist mir Barmherzigkeit widerfahren, daß Christus Jesus an mir als Erstem alle Geduld erweise, zum Vorbild denen, die an ihn glauben sollten zum ewigen Leben.“
Ich bin der schlimmste Sünder. Meine ganze Herkunft, meine Erziehung, meine Bildung, meine Frömmigkeit, meine Religion haben zur dazu geführt, daß ich ein Anti-Christ war.
Es ist nur Gnade. Das heißt, die Entscheidung liegt bei Gott allein. Gottes Liebe ist der Grund, warum Paulus bekehrt wurde. Paulus fand in sich keinen Grund. Gott allein, ist der Grund.
Das wurde auf einmal klar, als Paulus hörte: „Ich bin Jesus, den du verfolgst.“
Der arme HHananias, muß das alles bestätigen.
Die Christen in Damaskus zitterten vor Paulus. Er war ihr Feind – mit Ansage! Und der soll ihr Bruder werden? Ja, sie sollen auf ihn hören, und sich von ihm lehren lassen? – Hananias spricht das im Gebet aus. „ Herr, ich habe von vielen gehört über diesen Mann, wie viel Böses er deinen Heiligen in Jerusalem angetan hat; und hier hat er Vollmacht von den Hohenpriestern, alle gefangen zu nehmen, die deinen Namen anrufen.“
Kein Mensch konnte sich das ausdenken! Paulus nicht, Hananias nicht, der Hohepriester nicht, auch du und ich nicht.
Hier ist kein menschlicher Plan. Hier ist Gottes Handeln.
Alle stehen staunend davor. Vor allem Paulus.

Warum liebe ich diese Bekehrungsgeschichte?
1. Sie zeigt mir, wie frei Gott ist. Wenn Gott so einen Antichrist, wie Saul / Paulus nehmen kann, und aus ihm den größten Missionar machen kann, dann hat jeder eine Chance. Du wirst es nie schaffen, so gegen Jesus zu sein, wie Paulus war. Gottes Gnade ist stärker als Paulus; dann auch sie stärker als dein Talent, nicht zu glauben.
2. Sie zeigt mir, daß ein Mensch nicht bei Gott ankommt, mit dem was er tut. Paulus hatte alles richtig gemacht. Aber weil er damit glaubte bei Gott anzukommen, und vor Gott eindeutig im Recht zu sein – deshalb war er der „größte Sünder.“ Das Tun tut es nicht. Der Grund ist nicht in dir, sondern in Gott allein.
3. Sie zeigt mir: Der Glaube entsteht in der Begegnung. Nicht durch meinen Willen. Der auferstandene Herr ist ja auf Paulus zugekommen, nicht umgekehrt. Mein Wille kann niemals sagen: „Ich bin Jesus.“ – Das kann nur Jesus, der gekreuzigt wurde für unseren Unglauben und auferstanden ist für unseren Glauben. Jeder Gottesdienst wird davon getragen, oder wie man sagt: Konstituiert, daß diese Stimme vom Himmel zu uns kommt: Ich bin Jesus. Die Liturgie, die Lesungen, das Vaterunser, das Sakrament des Leibes und Blutes unseres Herrn Jesus Christus –das alles sagt aus: Ich bin Jesus. Ich bin nicht im Grab. Ich bin so frei, hier zu sein. Das ist die Begegnung, die Paulus auch hatte.
4. Die Bekehrungsgeschichte des Paulus zeigt mir: Jesus bringt vor allem Gnade. Das heißt, Vergebung. Das heißt: Du wirst erschrecken über dich selbst, aber ich bin größer und stärker als dein größter Schrecken. Jesus sagt: Ich komme nach deinem Erschrecken über dich selbst. Denn das ist ein Sünder: Jemand er über sich selbst entsetzt ist. Jesus kommt danach. Das ist Gnade. Es muß dich geben, weil Gott gnädig ist.
Darum liebe ich diese Bekehrungsgeschichte, weil mir Gott zeigt. Nicht Menschen. Mit Menschen vergleiche ich mich automatisch. Da ist keine Gnade. Mit Gott kannst du dich nicht vergleichen – da kann die Gnade kommen.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum Ewigen Leben. Amen.


Beitragsbild:

Gestaltung: Lioba Fenske

10. Sonntag nach Trinitatis

Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, dem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus. Amen.

1 Gedenke, HERR, wie es uns geht; schau und sieh an unsre Schmach!
2 Unser Erbe ist den Fremden zuteilgeworden und unsre Häuser den Ausländern.
3 Wir sind Waisen und haben keinen Vater; unsre Mütter sind wie Witwen.
4 Unser Wasser müssen wir um Geld trinken; unser eigenes Holz müssen wir bezahlen.
5 Mit dem Joch auf unserm Hals treibt man uns, und wenn wir auch müde sind, läßt man uns doch keine Ruhe.
6 Wir mußten Ägypten und Assur die Hand hinhalten, um uns an Brot zu sättigen.
7 Unsre Väter haben gesündigt und leben nicht mehr, wir aber müssen ihre Schuld tragen.
8 Knechte herrschen über uns und niemand ist da, der uns von ihrer Hand errettet.
9 Wir müssen unser Brot unter Gefahr für unser Leben holen, bedroht von dem Schwert in der Wüste.
10 Unsre Haut ist verbrannt wie in einem Ofen von dem schrecklichen Hunger.
11 Sie haben die Frauen in Zion geschändet und die Jungfrauen in den Städten Judas.
12 Fürsten wurden von ihnen gehenkt, und die Alten hat man nicht geehrt.
13 Jünglinge mußten Mühlsteine tragen und Knaben beim Holztragen straucheln.
14 Es sitzen die Ältesten nicht mehr im Tor und die Jünglinge nicht mehr beim Saitenspiel.
15 Unsres Herzens Freude hat ein Ende, unser Reigen ist in Wehklagen verkehrt.
16 Die Krone ist von unserm Haupt gefallen. O weh, daß wir so gesündigt haben!
17 Darum ist auch unser Herz krank, und unsre Augen sind trübe geworden
18 um des Berges Zion willen, weil er so wüst liegt, daß die Füchse darüber laufen.
19 Aber du, HERR, der du ewiglich bleibst und dein Thron von Geschlecht zu Geschlecht,
20 warum willst du uns so ganz vergessen und uns lebenslang so ganz verlassen?
21 Bringe uns, HERR, zu dir zurück, daß wir wieder heimkommen; erneure unsre Tage wie vor alters!
22 Hast du uns denn ganz verworfen, und bist du allzu sehr über uns erzürnt?

Klagelieder 5, 1-22

O Gott, laß uns nicht vergeblich hören, was Du sagst. Amen.

Liebe Gemeinde!
Die Christenheit gedenkt der Zerstörung der Stadt Jerusalem und des Tempels im Jahre 70 nach Christus durch die Römer, weil Jesus diese Zerstörung prophezeit hat. In der letzten Woche seines Lebens, am Palmsonntag, nach seinem Einzug als König in die Heilige Stadt, weinte Jesus über Jerusalem.
Jesus, der Sohn Gottes, weinte. (Lukas 19, 41).
Er weinte, weil die Stadt Jerusalem an dem Tag, als er als Messias öffentlich einzog, nicht erkannte, was zum Frieden dient. (Lukas 19, 42).
Damit meinte Jesus sich selbst. Er ist der Friede für Jerusalem. Er erfüllt das Gesetz, Er bringt das eine Opfer – das bringt Frieden mit Gott. Er schafft Frieden zwischen allen Stämmen Israels, die seit Jahrhunderten getrennt und zerstritten waren; er schafft Frieden zwischen Israel und den Samaritern, und schließlich bringt Jesus die Grundlage für Frieden zwischen Israel und allen Völkern. Ich spreche jetzt von dem Israel, zu dem Jesus im Jahre 30 kam.
Jesus weinte, weil Jerusalem ihn ablehnte. Und nicht nur ablehnte, sondern auch verurteilte und schuldig sprach. Und nicht nur schuldig sprach, sondern auch den heidnischen, feindlichen und gottlosen Römern auslieferte und auf die schrecklichste Todesstrafe bestand. Und nicht nur das, sondern ihn auch am Kreuz verhöhnte: „Bist du Gottes Sohn, so steige herab vom Kreuz, dann wollen wir dir glauben!“ (Matthäus 27, 40) Aber nicht nur verspottete, sondern auch sein Grab versiegeln und bewachen ließ, damit Seine Geschichte auf jeden Fall im Grab endete. Gründlicher und umfassender konnte ein Mensch, ein Lehrer, ein Prophet in Israel nicht abgelehnt und verworfen werden.
Jesus weint aber nicht als ein Opfer, aus Selbstmitleid.
Jesus weint, weil er das Ende Jerusalem kommen sieht.
Jesus weint, weil die Treue Gottes, die Zuverlässigkeit Gottes, mit der Gott Seine Verheißungen wahrmacht – in Israel, nirgends sonst! – ins Leere geht.
Jesus weint über Sein Volk, Seine Verwandten, denn er sieht das Ende kommen: „Denn es wird die Zeit kommen, da werden deine Feinde um dich einen Wall aufwerfen, dich belagern und von allen Seiten bedrängen, und werden dich den Erdboden gleichmachen, samt deinen Kindern in dir und keinen Stein auf dem andern lassen in dir.“ (Lukas 19, 42-43).
Vierzig Jahre später war es soweit. Die Römer kamen unter Titus und nach äußerst schweren und blutigen Kämpfen wurde die Stadt erobert und zerstört, der Tempel ausgeraubt und verbrannt.
Jesus weint darüber. Er weint vor allem deshalb, weil der Grund so unnötig ist: „ Weil du nicht die Zeit erkannt hast, in der du besucht worden bist.“ Eine, DIE entscheidende Erkenntnis hat gefehlt. Die Erkenntnis, daß Gott mit diesem Jesus alles wahrmacht, was Er seinem Volk zugesagt und versprochen hat.
Wie gesagt, das war nicht nur ein Ignorieren, oder ein Mißverstehen, sondern, wie ich eben aus dem Evangelium gezeigt habe, eine bewußte und gründliche Verwerfung.
Jesus weint, weil diese Menschen, die Gott ja in erster Linie angesprochen und gemeint hat, so ganz daneben liegen. Mit Überzeugung irren.
Normalerweise weint ein Mensch, wenn er überwältigt und machtlos ist. Ist Jesus ein machtloser Sohn Gottes, ein König ohne Macht?
Die Macht, mit der Jesus das Volk Israel neu sammelt, ist die Gnade. Die Vergebung. Die Einladung. Ohne Zwang und ohne Überwältigung. Jesus hat überdeutlich klar gemacht, daß kein Sünder sich vor ihm schämen muß.
Und dann das.
Paulus hat auch über sein Volk, das Volk Israel geweint, aus genau demselben Grund: Weil es Jesus nicht erkannt und angenommen hat. (Römer 9,2).
Und wenn der Sohn Gottes und ein Apostel weinen, dann, weil es einen Grund gibt. Weil etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist. Es ist nicht in Ordnung und erschreckend traurig, daß Jesus von seinem Volk nicht angenommen wird.
Diese Tränen sind heilig. Wir Christen dürfen niemals tun, als wären sich nicht vergossen worden, wir dürfen schon gar nicht so reden, als wären sie ohne Grund vergossen worden. Daß Israel seinen Messias Jesus Christus ablehnt, wird für Christen niemals eine Normalität werden, genauso, wie die Tränen Jesu und Paulus‘ niemals nebensächlich sein können für uns Christen.
Die Christenheit gedenkt dieser Zerstörung erstens, weil Jesus sie prophezeit hat, aber auch zweitens, weil wir Christen mit Ehrfurcht Gottes Ernst daran sehen. Es gibt bei Gott kein Ansehen der Person. Paulus sagt: Ich habe es als Israelit so weit gebracht, wie man es überhaupt bringen kann. Aber das hat mir nicht geholfen, Jesus zu erkennen. Ja, es hat mich dazu gebracht, die Christen zu verfolgen. Damit Pech für meine Leistungen. Paulus sagt nicht „Pech“, sondern: „Ich halte es für Dreck.“ (Philipper 3, 8) – Und doch weint er über seine leibliche Verwandtschaft, denen Gott alles als ersten zugedacht hat.

Liebe Gemeinde.
Die Tränen Jesus und des Paulus sagen und mehr und haben uns mehr zu sagen als alle menschlichen Instanzen. Vor allem mehr zu sagen, als politische Stimmen. Ein jeder denke zur rechten Zeit genau nach!

Man hat für den heutigen Sonntag Worte aus den Klageliedern des Propheten Jeremia gewählt. Die Klagelieder waren die Klage über die Zerstörung des Ersten Tempels in Jerusalem. Das war – übrigens genau an demselben Tag! – im Jahr 589 vor Christus.
Es ist eine ergreifende Klage. Die Klage eines besiegten Volkes. Eine Klage darüber, wie jede Gabe Gottes zerstört, oder in Frage gestellt oder angegriffen wird. Denn die Babylonier wollten mit ihrem militärischen Sieg über Israel ja auch der ganzen Welt beweisen: Der Gott Israels ist nichts. Der Gott der Bibel ist machtlos, es lohnt sich nicht, ihm zu glauben. Hören wir diese Klage. Jede Aussage spricht von einer Gabe und Ordnung Gottes, die leidet:
„1 Gedenke, HERR, wie es uns geht; schau und sieh an unsre Schmach!
2 Unser Erbe ist den Fremden zuteilgeworden und unsre Häuser den Ausländern.
3 Wir sind Waisen und haben keinen Vater; unsre Mütter sind wie Witwen.
4 Unser Wasser müssen wir um Geld trinken; unser eigenes Holz müssen wir bezahlen.
5 Mit dem Joch auf unserm Hals treibt man uns, und wenn wir auch müde sind, läßt man uns doch keine Ruhe.
6 Wir mußten Ägypten und Assur die Hand hinhalten, um uns an Brot zu sättigen.
7 Unsre Väter haben gesündigt und leben nicht mehr, wir aber müssen ihre Schuld tragen.
8 Knechte herrschen über uns und niemand ist da, der uns von ihrer Hand errettet.
9 Wir müssen unser Brot unter Gefahr für unser Leben holen, bedroht von dem Schwert in der Wüste.
10 Unsre Haut ist verbrannt wie in einem Ofen von dem schrecklichen Hunger.
11 Sie haben die Frauen in Zion geschändet und die Jungfrauen in den Städten Judas.
12 Fürsten wurden von ihnen gehenkt, und die Alten hat man nicht geehrt.
13 Jünglinge mußten Mühlsteine tragen und Knaben beim Holztragen straucheln.
14 Es sitzen die Ältesten nicht mehr im Tor und die Jünglinge nicht mehr beim Saitenspiel.
15 Unsres Herzens Freude hat ein Ende, unser Reigen ist in Wehklagen verkehrt.“

Schwere, wichtige Worte!
Es sind Gebete. Es gibt auch zu unserer Zeit Grund zur Klage, weil Gottes Gaben und Ordnungen bewußt angegriffen werden, oder achtlos aufgegeben.
Aber beten wir? Bringen wir sie vor Gott? Trauen wir uns, vor Gott zu klagen?
Aber die größten Worte folgen erst:
„16 Die Krone ist von unserm Haupt gefallen. O weh, daß wir so gesündigt haben!
17 Darum ist auch unser Herz krank, und unsre Augen sind trübe geworden.“
Das ist die eigentliche Klage: O weh, daß wir so gesündigt haben! Die ganze Zerstörung bei mir an! Und die Heilung muß Gott deshalb auch in mir beginnen! Wenn es Heilung geben soll, dann so! Allerdings sind dies Worte vor Gott, und nicht vor Menschen. Dieses Schuldbekenntnis gehört Gott allein.
Jesus, der Gekreuzigte und Auferstandene, steht dafür, daß dieses Schuldbekenntnis uns bei Gott in Sicherheit bringt.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum Ewigen Leben. Amen.


Beitragsbild:

David Roberts‘ „Die Belagerung und Zerstörung Jerusalems durch die Römer unter dem Kommando von Titus, 70 n. Chr.“
David Roberts (1796–1864) , um 1850 n. Chr.

9. Sonntag nach Trinitatis

Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, dem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus. Amen.

14 Denn es ist wie mit einem Menschen, der außer Landes ging: Er rief seine Knechte und vertraute ihnen sein Vermögen an;
15 dem einen gab er fünf Zentner Silber, dem andern zwei, dem dritten einen, jedem nach seiner Tüchtigkeit, und zog fort.
16 Sogleich ging der hin, der fünf Zentner empfangen hatte, und handelte mit ihnen und gewann weitere fünf dazu.
17 Ebenso gewann der, der zwei Zentner empfangen hatte, zwei weitere dazu.
18 Der aber einen empfangen hatte, ging hin, grub ein Loch in die Erde und verbarg das Geld seines Herrn.
19 Nach langer Zeit kam der Herr dieser Knechte und forderte Rechenschaft von ihnen.
20 Da trat herzu, der fünf Zentner empfangen hatte, und legte weitere fünf Zentner dazu und sprach: Herr, du hast mir fünf Zentner anvertraut; siehe da, ich habe damit weitere fünf Zentner gewonnen.
21 Da sprach sein Herr zu ihm: Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude!
22 Da trat auch herzu, der zwei Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr, du hast mir zwei Zentner anvertraut; siehe da, ich habe damit zwei weitere gewonnen.
23 Sein Herr sprach zu ihm: Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude!
24 Da trat auch herzu, der einen Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr, ich wußte, daß du ein harter Mann bist: Du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nicht ausgestreut hast;
25 und ich fürchtete mich, ging hin und verbarg deinen Zentner in der Erde. Siehe, da hast du das Deine.
26 Sein Herr aber antwortete und sprach zu ihm: Du böser und fauler Knecht! Wußtest du, daß ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und einsammle, wo ich nicht ausgestreut habe?
27 Dann hättest du mein Geld zu den Wechslern bringen sollen, und wenn ich gekommen wäre, hätte ich das Meine wiederbekommen mit Zinsen.
28 Darum nehmt ihm den Zentner ab und gebt ihn dem, der zehn Zentner hat.
29 Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden.
30 Und den unnützen Knecht werft in die Finsternis hinaus; da wird sein Heulen und Zähneklappern.

Matthäus 25, 14-30

HERR, mach Licht in uns mit Deinem Wort. Amen.

Liebe Gemeinde!
Wer das Privileg hat, mit dem Evangelium aufzuwachsen, dem ist vertraut, daß Jesus viel in Gleichnissen geredet hat. Die Gleichnisse sind einmalig einprägsam. Der Sohn Gottes hatte den tiefsten Einblick in die Natur und auch in das menschliche Leben, so daß er mit ganz wenigen Worten das Reich Gottes so erklären konnte, daß auch wir heute schon beim Hören ins Reich Gottes versetzt werden. Jesus ist auch heute und hier der Sprecher von diesem Gleichnis. Schon jetzt wird die Weiche gestellt – göttliche Freude, oder Heulen und Zähneklappern.
Gott gebe, daß jeder aufs Freudengleis gesetzt wird, im Zug Richtung Freude einsteigt!
Gehe ein zu deines HERRN Freude! – Die Freude ist das Ziel. Der Herr im Gleichnis zielt auf diese Freude von Anfang an. Es geht von Anfang an um diese Freude. Gottes Freude. Das ist die größte Freude überhaupt. Die Freude der Liebe, die Freude der Rettung, die Freude des Findens. Aber göttlich. Die Freude über dich, die Freude über mich.
Womit fängt die Freude an?
Ein Mensch, der über Land reist, vertraut seinen Knechten sein Vermögen an. Es ist eine Menge Geld. Als Sklaven hatten sie niemals irgendeine Aussicht auf irgendein Geld. Der Besitzer vertraut den Knechten sein ganzes Geld an. Im Griechischen Original heißt dieser Zentner Silber: „Talanton“ – daher unser Wort „Talent“ für eine Begabung. Gott vertraut uns Begabungen, Talente an. Er hat die Gabe, …. sie hat die Gabe, … Ein Talent ist ein Geschenk von Gott. In der Gabe steckt die Liebe des Gebers. Die Liebe des Gebers meint dich mit der Gabe. Die Gabe kommt bei dir an, weil der Geber dich in seinem Herzen trägt. Die Gabe ist jetzt schon ein Beweis dafür, daß das Ende Freude sein soll und sein wird.
Jesus sagt das seinen Jüngern kurz vor seiner Kreuzigung und auch der Auferstehung. Das ist die größte Gabe, der allergrößte Schatz, den Gott jemals Menschen anvertraut hat.
Jesus wird durch das Kreuz und den Tod von den Jüngern weggenommen werden, und dann nach der Himmelfahrt nicht mehr sichtbar bei ihnen sein. „Über Land“, sozusagen.
Doch die Apostel sind reich beschenkt. Sie haben die Worte und Taten des Sohnes Gottes gesehen und gehört. Sie sind Zeugen des bitteren Leidens ihres HERRN am Kreuz, und sie haben denselben HERRN gesehen, der den Tod überwunden hat. Diese Worte und Bilder und Begegnungen und Erlebnisse, sind der wertvollste Schatz, den Gott der Menschheit anvertraut hat. Zu wissen, was Gott will, was Gott vorhat, wie Gott mit uns Menschen umgeht – das zu wissen ist unbezahlbar, denn das bringt deine Seele in Sicherheit.
Jesus hat den Jüngern dieses Evangelium auch in der Gestalt des Heiligen Abendmahls anvertraut, in der Gestalt der Beichte und der Taufe. Alles Liebesbeweise Gottes. Alles Erinnerungen daran, daß am Ende Gottes Freude wartet.
Liebe Gemeinde, wer mühselig und beladen ist, wer über sich selbst erschrickt, weil er ein Sünder ist, wer über sich selbst ratlos ist – der wird verstehen, warum das alles ein Schatz ist, den man haben will und haben muß.
Die Gabe aller Gaben, das Geschenk aller Geschenke, das Jesus den Jüngern anvertraut, ist Gott, der Heilige Geist. Der Heilige Geist ist Gott selbst, der den Menschen von Innen für die Freude umbaut. Der Heilige Geist tut alles: Er beruft zum Glauben, der macht Licht in uns, daß wir überhaupt an Freude denken können, er heilt uns, daß wir Freude annehmen und geben können. Und vor allem öffnet er unsere Augen darüber, daß Jesus der kostbarste Schatz ist. Weil er die größte Liebe offenbart.
So ein großes, überwältigendes Vertrauen! Der HERR legt Seine Schätze in die Hände seiner Knechte. Er schenkt seinen Knechten Zeit, diese Schätze auszuprobieren.
Wir kennen es doch alle: Mitfahren ist eins – aber selber fahren, das ist nochmal was ganz anderes! Kuchen essen ist wunderbar – aber – ich kann es mir nur vorstellen! – für liebe Menschen eine Kuchen backen und dann erleben, wie dieser Kuchen Freude bringt – das ist noch eine andere Dimension der Freude. Der HERR gibt den Knechten die Gelegenheit, mit Gott zu wirken. Mit Gott zu erleben, wie Freude wächst und sich ausbreitet. Das geschieht, wenn das Evangelium unter die Leute kommt. So ist es gedacht. Gott will nicht allein Menschen in Sicherheit bringen, Gott will Menschen einbeziehen. Die Apostel haben sich mit Gott gefreut, wenn sie ihre Gemeinden vor Augen hatten – versammelt zur Freude im Gottesdienst. So schreibt Paulus zum Beispiel an die Philipper: „Also, meine lieben und ersehnten Brüder, meine Freude und meine Krone, bestehet also in dem Herrn, ihr Lieben.“ (Philipper 4,1). Johannes schreibt in seinem 2. Brief: „Ich habe keine größere Freude denn die, daß ich höre, wie meine Kinder in der Wahrheit wandeln.“ (2. Johannes 4). Und noch einmal Paulus über die Gemeinde in Thessalonich: „ Ihr seid ja unsre Ehre und Freude.“ (1. Thessalonicher 2, 20). Gottes Schätze schaffen neue Schätze. Das Evangelium ist nicht Privatbesitz , sondern anvertrautes Talent, ja, Kapital, das mit aufdröhnenden Motoren loslegt, und wir sind dabei!
Jesus sagt uns, daß der Anfang der Freude bei Gott selbst ist. Gott kann und wird immer einen Anfang mit der Freude machen. Wenn er es im Grab Jesu getan hat, dann auch hier.
Aber wie? Vertrauen bedeutet: Nicht ohne dich! – Wenn ich einem Menschen zum Beispiel mein Kind anvertraue, dann sage ich damit auch: Ich will für dieses Kind da sein – aber nicht ohne dich! – So sagt Gott: Ich will Freude ausbreiten im Namen Jesu – aber nicht ohne dich!
Darum wurden die ersten beiden Knechte sofort aktiv. Sie wollten es wissen! Was tut Gott mit Seinem Wort? Sie Handeln damit. Was heißt das? – Wenn ich zum Beispiel einen 50 Euro Schein habe, dann kann ich damit einiges anfangen. Ich gehe ins Geschäft, und sehe, was es dafür gibt. Ich verlasse mich auf den Wert des Geldscheins. Es wäre schon sehr komisch, wenn ich mir den Kopf zerbrechen würde, ob die Person an der Kasse den Schein akzeptieren wird? Oder, daß ich denke: Wenn ich den ausgebe, dann habe ich ihn nicht mehr, dann ist er weg. Die Apostel haben die Worte Gottes unter die Leute gebracht. Jesus bezeugt, zu ihm eingeladen, es gewagt, sich auf seine Liebe und Macht zu verlassen. Und dabei die Erfahrung gemacht: Der Heilige Geist schafft die Freude am Schatz Gottes, und wirkt Glauben in neuen Gemeindegliedern. Der Heilige Geist schafft es, daß Menschen mit verschiedenen Gaben einander tragen und begleiten, ja, einander Freude machen. Das ist Gottes Freude.
Ein Pfarrer sagte einmal zu mir nach einem Gottesdienst: „Die Besucher kommen zu Jesus, ich darf dabei sein.“ Zu Jesus kommen ist, zur Freude kommen. Früher oder später. Das muß nicht nur ein Pastor sagen, das ist für jeden wahr, der hier dabei ist.
Dein Glaube reicht jetzt schon aus, Freude zu verbreiten. Das mußt du glauben. Die Tatsache, daß Gott gegen alle Widerstände, gegen alle Wahrscheinlichkeit in dir Glauben geschaffen hat, ist ein Vertrauensvorschuß Gottes. Du machst schon Freude, bevor du dir überlegt hast, wie du es anstellen kannst oder sollst. Das kann und muß geglaubt werden. Wer so glaubt, der bringt Freude, bevor er hilft, oder bekennt oder was auch immer Christen tun. Aber – wenn er dabei sein will, dann soll es ausgesprochen werden, oder so ans Licht kommen, daß du dabei bist.
Eins ist aber entscheidend: Die Christenheit ist apostolisch. Das heißt: Gott hat mit den Aposteln angefangen, er fängt nicht mit uns an. Wir sollen Anschluß suchen an die Freude er Apostel. Was wir sagen und tun, soll zu dem passen, was diese ersten Knechte getan haben. Darum hören wir auf die Apostel im Neuen Testament.
Nun hören wir von einem Knecht, der der Freude Gottes leider nicht traute. Dieser Knecht sah in den anvertrauten Gaben Gottes nur eine Überforderung, eine Last und eine Bedrohung. Er konnte es sich nicht vorstellen, daß es diese Freude gibt. Er hatte alles, was Christen haben, aber er konnte es sich nicht anders vorstellen, als daß er damit langweilen würde. Oder es ist zu kompliziert, oder zu altmodisch, oder was auch immer. Er machte eine Grube in die Erde und grub den Schatz ein. Er hat ihn nicht verändert, oder verloren oder irgendwas. Aber er hat ihn nicht geteilt. Die Gabe ist nicht ein Geschenk, sondern eine Last, eine Forderung, eine Zumutung. Wie viele Christen reden so, oder denken so! Sie bleiben zwar Christen, aber sie glauben nicht, daß Gott durch sie Freude vermehren will.
Für diesen faulen und bösen Knecht ist der Zug zur Freude abgefahren. Gott ist nicht so. Jesus ist nicht so. Der Heilige Geist ist nicht so. Es ist eine große Versuchung, zu sagen: Gott ist ein harter Mann, der erntet, wo er nicht gesät hat. Es stimmt einfach nicht. Gott ist wirklich in Vorleistung gegangen! Jesus hält uns diesen einen Knecht vor, damit wir beizeiten den Kopf schütteln und uns erschrecken, wie man nur so blind sein kann.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum Ewigen Leben. Amen.


Beitragsbild:

Gestaltung: Lioba Fenske

8. Sonntag nach Trinitatis

Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, dem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus. Amen.

41 Jesus setzte sich dem Gotteskasten gegenüber und sah zu, wie das Volk Geld einlegte in den Gotteskasten. Und viele Reiche legten viel ein.
42 Und es kam eine arme Witwe und legte zwei Scherflein ein; das macht zusammen einen Pfennig.
43 Und er rief seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben.
44 Denn sie haben alle etwas von ihrem Überfluß eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.

Markus 12, 41-44

HERR, segne Dein Wort an unseren Herzen. Amen.

Liebe Gemeinde!
Kirche und Kollekte muß man unterscheiden, aber nicht trennen. Die Kollekte, oder das Dankopfer, gehört einfach dazu. Unsere Gemeinde hat Einnahmen und Ausgaben. Es gibt Belege und Buchungen für die Altarkerzen, für den Strom, für die Pflege der Orgel, ja auch für das Gehalt des Pastors … Der Vorstand ist der Gemeinde Rechenschaft schuldig für jeden Cent, der eingenommen oder ausgegeben wird. Es ist eine Sache des Vertrauens, und das Vertrauen darf nicht enttäuscht, verletzt, oder mißbraucht werden. Man vermutet, daß die ersten Geldinstitute, also Banken, Tempel gewesen sind. Dem Tempel wurde Geld anvertraut – es wurde aufbewahrt oder weitergegeben. – Im Volk Israel war es so, daß der Stamm, der für den Priesterdienst zuständig war, der Stamm Levi, kein Land zugeteilt bekam, wie alle anderen Stämme Israels. Die anderen Stämme waren verpflichtet, den Zehnten des Ertrags vom Boden Gott zu geben, als Naturalie, oder als Geld, im Tempel in Jerusalem oder in der Heimatstadt. (5. Mose 14, 22-29). Das schloß auch die Fürsorge für die Armen, vor allem für die Waisen und die Witwen ein.
Die Fürsorge für Bedürftige war in Israel hochentwickelt und genau geregelt.
Jesus macht uns klar, daß die Kollekte, das Dankopfer, der Beitrag, unbedingt eine unsichtbare verborgene Seite hat, die nicht in die Buchhaltung kommt, und doch eine große Realität ist: eine Glaubenssache.
Jesus beobachtet mit seinen Jüngern, wie die Besucher des Tempels in Jerusalem ihre Spenden geben. Im Tempel gab es im Vorhof der Frauen, wo auch die Männer Zutritt hatten, 13 trichterartige Opferstöcke, mit verschiedenen Zweckbestimmungen – vor allem für den Gottesdienstbedarf im Tempel: Opfertiere, Weihrauch und Holz, daneben auch 6 für freiwillige Gaben. Gerade diese freiwilligen Spenden wurden öffentlich, mitunter auf der Straße, vor der versammelten Gemeinde bekanntgegeben. Da war natürlich die Versuchung, sich selbst darzustellen als Wohltäter der Armen. Jesus warnt ausdrücklich davor: „Wenn du aber Almosen gibst, dann sollst du nicht vor dir posaunen lassen, wie die Heuchler in den Versammlungen und auf der Straße, damit sie von den Leuten bestaunt und gepriesen werden. Glaubt mir, sagt Jesus, sie haben ihren Lohn dahin!“ – Das heißt, mit dem Applaus von Menschen ist alles passiert. Das ist dann dein Lohn. Bei Gott kommt nichts mehr an, denn Gott war ja auch nicht gemeint, sondern Menschen. Jesus pocht darauf: Tu es für Gott! Oder: Tu es vor Gott! Es sei zwischen dir und Gott! – „Wenn du aber Almosen gibst, so laß deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut, auf daß dein Almosen verborgen bleibe, und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.“ (Matthäus 6, 3-4). Gott nimmt es genau. Wenn du es für die Anerkennung von Menschen tust, dann hält Gott sich da heraus. Denn wirkliche Liebe tut und gibt ohne Seitenblick. Was du gibst und tust, gehört dir nicht mehr, sondern deinem Nächsten. Gott trennt alles von dir von der Spende ab – dann wird sie zu Gottes Gabe für den Nächsten, oder für den Gottesdienst.
Jesus und seine Jünger sehen zu, wie das Volk spendet. Viele Reiche legten viel ein. Gut für den Tempel! Gut für den Gottesdienst! Gut für die Armen! Daß viele Reiche viel einlegen, muß sichtbar gewesen sein. Es geschah vor Menschen. Es geschah nicht vor Gott. Wäre es vor Gott geschehen, wäre es im Verborgenen geschehen.
Es war gut für den Tempel – aber, ja. Aber war es auch gut für die Geber? Wenn die Geber es im Verborgenen vor und für Gott tun, dann wäre es nicht nur gut für den Tempel oder die Armen gewesen, sondern auch gut für die Geber selbst.
Liebe Gemeinde, da möchte ich einen Gedanken teilen, der mich schon länger beschäftigt: Kollekte und Bargeld hängen doch zusammen. Wie wird unsere Kollekte aussehen, wenn das Bargeld nicht mehr die Regel ist? Gut, es gibt sicher jetzt schon moderne Gemeinden und Kirchen wo man mit Karte oder sonst digital eine Spende machen kann. Doch da ist die Spende immer auch zwischen Menschen, sie wird immer datenmäßig erfaßt werden. Man spendet in dem Wissen, daß es Mitwisser gibt. Das kann man nicht wegdenken. Vor allem: Was, wenn ein Staat dem Christentum, oder gewissen Ausprägungen des Christentums, mißgünstig gegenüber steht? Wenn zentral erfaßt wird, wer unerwünschte Kirchen unterstützt? Das, und eben die Dimension: Das ist für Gott allein! Das geht sonst niemanden etwas an! Es soll im Verborgenen sein, für den Vater, der in das Verborgene sieht! Die Spende soll den Spender ganz und gar verlassen, und ganz für den Zweck sein, für den sie bestimmt ist! Ähnlich wäre es ja auch für die Bettler. Wenn ich einem Bettler etwas gebe, dann muß das keiner wissen. Bettler mit Geräten für Kreditkarten? Das würde alles ändern! Können wir unsere Seele davon freihalten und das Zwischenmenschliche hinter uns lassen, und nur um Gottes willen Spenden?
Aber das nur nebenbei!
Hier haben wir also eine arme Witwe. Ein schweres, aber nicht ungewöhnliches Schicksal. In Israel sollte eine Frau immer einen Mann haben, der öffentlich für sie eintritt, und für ihre Versorgung verantwortlich ist. Ob als Tochter, oder als Ehefrau, als Schwester oder als Mutter: Es war geregelt: Vater, Bruder, Ehemann, Sohn – sie hatten alle die gottgesetzte Pflicht, für Tochter, Schwester, Ehefrau oder Mutter da zu sein. Jesus, als der älteste Sohn, versorgt ja seine Mutter noch am Kreuz, in dem er Maria dem Jünger Johannes anvertraut. (Johannes 19, 26-27). Es gab auch die Regelung, daß ein Mann die kinderlose Witwe seines Bruders heiraten sollte. (5. Mose 25, 5-10).
Wenn also eine Frau am Ende wirklich niemanden hatte, dazu mußten viele Schicksalsschläge sie getroffen haben. Da war sie ganz unten und arm dran. Aber, wie ich schon eingangs sagte: Die Fürsorge für diese Armen Menschen war in Israel hochentwickelt. Es war genau geregelt, was Witwen bekommen mußten. Das Überleben war – wenigstens im Gesetz! – gesichert.
Aber wie wird sich die Witwe vorgekommen sein im Tempel, vor und nach ihr wurde ausposaunt, wie fantastisch gespendet wurde! Die vielen Reichen machten einen Unterschied für den Gottesdienst, den Tempel und das Volk Israel. Und jetzt sie mit ihren zwei kleinen Münzen. Es waren die kleinsten Münzen in Israel. Wenn sie die beiden Münzen behalten hätte, hätte es dem Tempel sicher nicht geschadet. Wenn sie eine Münze gegeben hätte, dann hätte sie noch eine für sich gehabt. Aber sie gibt beide. Wenn sie die Münzen behalten hätte, dann hätte sie für ein paar Tage weiter leben können. Nun aber wird sie aufs Neue ihr Witwengeld abwarten müssen.
Jesus sagt: „Sie hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.“ – Ihre g a n z e Habe … a l l e s, was sie zum Leben hatte. Der Kontrast ist deutlich: Diese 2 Münzen hätten dem Tempel nicht gefehlt. Aber sie werden der Witwe fehlen.
Die großen Spenden hätten dem Tempel gefehlt, aber weil sie aus dem Überfluß gegeben wurden, fehlten sie den Reichen nicht.
Und jetzt sagt Jesus: Die Witwe hat mehr gegeben. Mehr? Wie: mehr? Muß die Buchhaltung geändert werden? Wie kann und soll es mehr sein? Mehr als das, was alle anderen zusammen eingelegt haben. Also: 2 Euro sind mehr als 20.000 Euro?
Wenn Jesus sagt: „Mehr“ , dann ist es mehr. Jesus spricht als der Gottes Sohn. Es kommt bei ihm an, wie es bei Gott ankommt, und das ist endgültig.
Vor Gott muß die Witwe sich nicht schämen, wie sie sich vielleicht vor den vielen Reichen geschämt hat. – Sie war ja von ihnen und ihre Spenden abhängig. Jesus stellt sich jetzt vor die Witwe und spricht für sie. Er sagt: Diese Witwe mit ihren zwei Münzen ist vor Gott 100% in Ordnung. Sie muß für Gott nichts mehr ändern. Es ist alles ganz richtig. Niemand darf auf sie zeigen. Jeder muß sie so respektieren wie er den reichsten Spender respektiert. Jesus tritt für sie ein. Jesus stellt sich vor sie. Wer sich jetzt über sie erhebt, erhebt sich über Jesus selbst. Wer sie jetzt verachtet, der verachtet Jesus. In den Augen der Welt konnte diese arme Witwe niemals mithalten. Alle Züge waren für sie abgefahren. Immer wieder würde sie daran erinnert werden, daß sie anderen zur Last fiel. Eine harte, gnadenlose Realität. Und das an dem Ort, wo sie Gott begegnen wollte und sollte: Im Tempel. Der Tempel war von den Urteilen und Vergleichen zwischen Menschen völlig überwuchert. Geld definierte, was überhaupt Realität hatte.
Liebe Gemeinde, das ist die Realität bis heute. Das Geld hat in sich diese Dynamik, uns Menschen zu sagen, ob es uns überhaupt gibt. Ob wir etwas darstellen, oder nicht. Ob man uns ernstnehmen braucht, oder nicht. Es steckt sehr tief in uns drin.
Jesus macht es überdeutlich, daß diese Dynamik des Geldes bei ihm, und darum auch bei Gott, überhaupt gar keine Rolle spielt. Darum hat Jesus alle Verkäufer und Käufer aus dem Tempel ausgetrieben.(Lukas 19, 45). Darum hat der zu seinen Jüngern gesagt: „Umsonst – also ohne dafür zu bezahlen – habt ihr das Evangelium bekommen, umsonst gebt es auch weiter. (Matthäus 10, 8)“. Und ganz programmatisch. „Niemand kann zwei Herren dienen. … Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“. (Matthäus 6, 24).
Jesus sagt: Der Glaube, mit dem die Witwe ihre zwei Scherflein gegeben hat, der macht den Tempel zum Tempel. Dieser Glaube, der alle seine Sorgen auf Gott wirft, von Gott eine Zukunft erwartet, dieser Glaube ist eine größere Wirklichkeit, als der Tempel selbst. Durch diesen Glauben hat die Witwe alles, was sie im Tempel haben kann – sie ist bei Gott angekommen, und Gott ist mit ihr zufrieden. Denn sie diente Gott, und nicht dem Mammon.
Jesus ist völlig aus dem Häuschen, als er diese zwei Münzen springen sieht – weil er darin sieht: Endlich ein Mensch, der Gott dient, und nicht dem Mammon! Das ist für Jesus der Jackpot. Die Witwe hat gewonnen. Das kann nicht deutlich genug gesagt werden.
Diese arme Witwe ist unser Vorbild. Genauso, wie Jesus gesagt hat: Wer das Reich Gottes nicht empfängt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen (Markus 10, 15) – so sagt er hier: Wer nicht so völlig frei vom Mammon Gott dient wie diese arme Witwe, der dient Gott überhaupt nicht.
Wer Gott dient, der dient dem Mammon NICHT. Und wer nicht dient, der ist frei. Jesus bringt vollkommene Freiheit dem Geld gegenüber. Das ist ein notwendiger Teil des Evangeliums.
Liebe Gemeinde – wir müssen vor dieser Szene im Tempel niederknien – in unseren Herzen. Wir müssen dafür offen sein, daß alles hier größer ist als alles, was wir uns vorstellen können.
Was tut Jesus hier eigentlich, wenn er sich vor die arme Witwe stellt? Wenn Jesus festlegt, daß diese Frau – die mit ihren 2 Münzen kein einziges Opfertier bezahlen konnte – daß sie ohne Opfer Gott gefällt.
Jesus legt fest, daß der Glaube dieser Frau das Beste für den Tempel ist. – Und das bedeutet, daß Jesus der HERR des Tempels ist.
Diese zwei lächerlichen Münzen geben Jesus den Anlaß zu sagen: Ich beschließe, was gut ist für den Tempel. Ich entscheide, wer die Gottesbegegnung bekommt, für die der Tempel da ist. Das kann Jesus nur tun, wenn und weil er der HERR des Tempels ist. Damit ist er der HERR aller Opfer, der HERR aller Gebete, der HERR aller Vergebung, der HERR aller Begegnungen mit Gott.
Jesus hat ja auch an anderer Stelle deutlich gesagt: „Ich sage aber euch, daß hier der ist, der auch größer ist denn der Tempel.“ (Matthäus 12, 6). Jesus sagt damit: Wer mich hat, der hat alles, was Gott im Tempel gegeben hat, und noch mehr. Sein Opfer ist größer als alle Opfer im Tempel, das Gebet in seinem Namen ist direkter und gewisser als alle Gebete im Tempel. Die Begegnung mit Jesus ist die Erfüllung aller Begegnungen mit Gott, die im Tempel in Jerusalem möglich gewesen sind.
Und noch etwas, was so groß ist, daß es unseren Verstand übersteigt: Jesus macht mit diesem kleinen, unscheinbaren Wort im Tempel klar: Er wird niemals vom Geld regiert, er wird niemals vom Geld definiert. Der Mammon kann Jesus niemals in irgendeiner Weise festgelegen oder hindern. Jesus ist frei gegenüber dem Geld. Immer. Und ganz und gar. Jesus tut mit und ohne Geld alles, was er tun will. Jesus ist dem Geld nicht unterworfen. Wo Jesus ist, da hat das Geld nicht das letzte Wort.
Und wir? Was sollen wir denn jetzt tun? Sollen wir alles spenden? Oder nichts spenden?
Wir sollen d i e Begegnung mit Gott suchen, in der Geld nichts definiert, und endlich dahin kommen, daß das Geld uns nicht beherrscht. Und anerkennen, daß Jesus der HERR unseres und alles Geldes ist. Ihm gehört unser Geld, ob wir es zuhause verwenden, oder der Kirche anvertrauen.
Und noch etwas: Wir sollen glauben, daß unser glaubensvolles Beitragen und Spende an dieser Freiheit, an dieser Gottesbegegnung baut. Jesus ist so frei, daß er mit zwei Münzen den Tempel aufhebt und ein Neues Testament anfängt. Die Einschätzung der Welt – daß wir reich oder arm sind – sagt keinem Christen, wer er ist. Jesus sagt uns, wer wir sind. Und das Geld sagt uns nicht, wer Jesus ist. Das Geld ist gegenüber Jesus machtlos. Aber Jesus hat dem Geld gegenüber alle Macht.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum Ewigen Leben. Amen.


Beitragsbild:

Gestaltung: Lioba Fenske

2. Sonntag nach Trinitatis

Gnade, Barmherzigkeit und Friede
von Gott, dem Vater,
und von Jesus Christus!

1 Und es geschah das Wort des HERRN zum zweiten Mal zu Jona:
2 Mach dich auf, geh in die große Stadt Ninive und predige ihr, was ich dir sage!
3 Da machte sich Jona auf und ging hin nach Ninive, wie der HERR gesagt hatte. Ninive aber war eine große Stadt vor Gott, drei Tagereisen groß.
4 Und als Jona anfing, in die Stadt hineinzugehen, und eine Tagereise weit gekommen war, predigte er und sprach: Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen.
5 Da glaubten die Leute von Ninive an Gott und ließen ein Fasten ausrufen und zogen alle, Groß und Klein, den Sack zur Buße an.
6 Und als das vor den König von Ninive kam, stand er auf von seinem Thron und legte seinen Purpur ab und hüllte sich in den Sack und setzte sich in die Asche
7 und ließ ausrufen und sagen in Ninive als Befehl des Königs und seiner Gewaltigen: Es sollen weder Mensch noch Vieh, weder Rinder noch Schafe Nahrung zu sich nehmen, und man soll sie nicht weiden noch Wasser trinken lassen;
8 und sie sollen sich in den Sack hüllen, Menschen und Vieh, und zu Gott rufen mit Macht. Und ein jeder bekehre sich von seinem bösen Wege und vom Frevel seiner Hände!
9 Wer weiß? Vielleicht läßt Gott es sich gereuen und wendet sich ab von seinem grimmigen Zorn, daß wir nicht verderben.
10 Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat’s nicht.

Jona 3

O Jesus Christus, auch diese Worte müssen Dir dienen und uns helfen. Sortiere jetzt unsere Gedanken, daß wir nichts verpassen, was notwendig ist. Amen.

Liebe Gemeinde,

40 Tage. Mein Bruder und seine Familie wurden einmal mitten in der Nacht von der Polizei besucht; es bestand akute Brandgefahr. Innerhalb von 30 Minuten mußten sie das Haus verlassen, um der Gefahr zu entkommen. Was kann man in 30 Minuten einpacken? – Gott sei Dank kam das Feuer nicht. Aber in dieser halben Stunde mußten er und seine Familie wissen, was zu ihrem Leben gehört, und was nicht.

Zurück zu der Stadt Ninive und dem Propheten und die 40 Tage!

Was für eine Predigt!

Jona der Israelit geht als ganz allein in die fremde Weltstadt – eine Tagereise – das ist tief hinein. Er kann nicht einen Rückzieher machen, er kann sich nicht distanzieren, er ist ganz drin.
Und jetzt kommt’s: „Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen.“ – Da habt ihr’s, jetzt wißt ihr Bescheid.

Eine kurze Predigt. „Mit euch ist’s vorbei, es ist um euch geschehen, das war’s dann!“ – Was ist das? Eine Mut machende Predigt? Manchmal schwärmen Predigthörer und sagen: „Da kann ich etwas mitnehmen für den Alltag!“, oder es gilt als eine besondere Empfehlung: „Die Predigt holt mich ab, da, wo ich bin!“ – Was will man von Jonas Predigt sagen? Sie macht dem Alltag ein Ende! Da nehme ich nichts mit, sondern ich werde mitgenommen. Da werde ich nicht abgeholt, wo ich bin, sondern festgenagelt, wo ich bin.

Noch vierzig Tage – was ist euer Leben? Was könnt ihr mitnehmen? Was gehört zu deinem Leben? Was kann bestehen? Was ist so bei Gott angekommen, daß es bleiben wird?

„Noch 40 Tage, dann wird Ninive untergehen.“

Das Herz des Menschen will Ewigkeit; Ewigkeit für sich und seine Wünsche. Es soll alles weitergehen, oder besser werden. Man wünscht sich Botschaften, die das bestätigen. Jona mußte sagen, was keiner hören wollte. Das war sein Auftrag von Gott. Eine Bußpredigt. Es ist vorbei. Eure Gedanken, Worte und Werke schreien zum Himmel und klagen an. Was tut eine Bußpredigt? Sie legt Gottes Gebote so aus, daß du erkennen mußt: Ich vergehe! Eine Bußpredigt stellt dich vor den allmächtigen, heiligen, allwissenden Gott, der keine Ausreden anerkennt. Eine Bußpredigt macht dir klar: Keine einzige Sünde war nötig. Jede Sünde hättest du mit Gottes Hilfe vermeiden können. Mit jeder Sünde verlierst du mehr, als du meinst, mit ihr zu gewinnen. Mit jeder Sünde handelst du dir mehr Herzeleid ein, als du hofftest, zu vermeiden.

Jona hatte diese schwere Aufgabe, zu sagen: Es ist ganz anders, als du denkst. Die Hütte brennt schon. Deine Sünde ist ein Symptom für das Ende. Jede Lüge, jedes Begehren, von den offenkundigen Sünden ganz zu schweigen, ist ein direkter Angriff auf Gott selbst. Das ist keine Übertreibung. Wenn du belogen wirst, trifft es dich. Eine Lüge, die unnötig war, weil du bereit warst zu helfen, trifft noch tiefer. Wie muß das alles Gott treffen? Und was muß Gott tun, alles wieder zu ordnen und zu heilen, was du durcheinander gebracht hast?

Der Tod ist der Sünde Sold, lehrt Paulus (Römer 6, 23). Und Jona mußte der Stadt Ninive in seiner Predigt so etwas wie den Tod vor dem Tod antun, mit Gottes Gesetz zeigen, wie die Sünde jetzt schon den Tod in sich trägt.

Da glaubten die Leute von Ninive an Gott

Was heißt glauben an Gott? – Hier wird es uns gezeigt. Die Leute von Ninive werfen sich in Gottes Hand. Sie lassen alles hinter sich. Sie suchen keine Ausreden. Sie schicken Jona nicht mit Schimpf und Schande dahin, wo er hergekommen ist. Sie unterbrechen alles. Sie fangen neu an. Sie wollen nichts mehr ohne Gott tun. Aber das alles ist noch nicht der Glaube selbst, sondern das sind Symptome des Glaubens.

Der Glaube, der hinter dem allen steckt, ist erst einmal die Erkenntnis, die Realisation: Gott ist da, er war die ganze Zeit dabei, meine Gedanken, Worte und Werke kommen bei ihm an. Gott hat die Macht, mich zu schaffen, Gott hat mein Leben in der Hand. Er ist größer als alles, was ich fürchte, größer, als alles, was ich liebe …. Gott ist wirklicher alles, auch als ich.

Die Leute von Ninive glaubten an Gott. Das bedeutete: Gott ist die einzige Chance. Dieses intensive Vertrauen brach aus in Ninive.

Was danach kommt, sind Symptome davon: Daß sie fasteten und in Sack und Asche Buße taten. Sogar die Tiere sollen Buße tun!

Die Sache ist: Wenn Gott sich auf einmal mitten im Leben bemerkbar macht, dann ist auf einmal nichts mehr selbstverständlich. Die Seele hat das große Bedürfnis, einen Schnitt zu machen. Das ist heftig.

Auf jeden Fall hat dieses Fasten klar gemacht: So wie bisher, geht es nicht weiter. Das Fasten war dazu da, Abstand zu allem zu gewinnen, auch zu sich selbst – um Gott näher zu kommen.

Was war der Glaube hier? – Die Leute von Ninive gaben Gott recht. Ohne Vorbehalt. Ohne Rücksicht auf sich selbst.

Das ist ein Wunder. Ein notwendiges Wunder. Es muß sein.

Vielleicht?

„Wer weiß? Vielleicht läßt Gott es sich gereuen und wendet sich ab von seinem grimmigen Zorn, daß wir nicht verderben.“ So spricht der König. Das muß ein besonderer König gewesen sein, denn er hat die Stimmung im Volk nicht ausgenutzt, sondern er hat sich selbst auch unter Gott gestellt. Er hat auch Gott recht gegeben. Er hat erkannt, daß Gott ihm seine Macht anvertraut hatte. Dieser König wußte, daß es Fehler gibt, die nur ein König machen kann.

In seinen Worten ist viel vom Glauben ausgesagt. Vor allem der Aspekt: Gott recht geben.

In dem Wort: „Vielleicht“ wird klar gesagt: Wir verdienen das. Wenn es anders kommt, dann ist das Gottes eigene, gnädige Entscheidung. Wir sind in Gottes Hand.

Im Grunde ist es eine unmögliche Möglichkeit. Wie soll Gott etwas bereuen? Das übersteigt unseren Verstand. Wenn Gott wirklich Gott ist, dann ist er perfekt. Wie soll er dann etwas bereuen? Wir müssen bereuen, weil wir nicht perfekt sind. Wir machen Fehler, wir sehen nicht alles kommen, darum kennen wir Momente, in denen wir bereuen. Aber Gott? Wie soll Gott bereuen? Man muß aber sagen, daß diese Reue Gottes die einzige Chance ist. Auch wenn alles dagegen spricht, vor allem unsere Logik, dann muß dann doch hoffen, daß Gott eine Ausnahme macht.

Gottes Reue ist ein menschliches Wort. Gott bereut nicht einen Fehler oder einen Irrtum, sondern Gott beschließt, gnädig zu sein.

Die Leute von Ninive haben Gott so Gott sein lassen, wie Gott eben Gott sein will. Sie haben alles in Gottes Hände gelegt, und darum hält Gott sie mit seinen Händen.

Gottes Einladung

Unser Herr Jesus Christus mochte die Leute von Ninive. Sehr sogar. So sehr, daß wir eifersüchtig werden könnten. Jesus sagte zu den Zuhörern, die gerne Beweise und Wunder sehen wollten: „Die Leute von Ninive werden auftreten am jüngsten Gericht mit diesem Geschlecht und werden es verdammen, die sie taten Buße nach der Predigt des Jonas, und siehe, hier ist mehr, als Jonas.“ (Matthäus 12, 41). Ninive wußte weniger von Gott und seinen Willen, als die Israeliten, die Jesus hörten. Und doch verstanden sie sofort, worauf es ankam.

Mit anderen Worten, Jesus hat der Predigt von Jona recht gegeben. Diese Predigt, die erschrocken hat, die nicht bestätigt hat, sondern verunsichert hat. Jesus hat selber auch zur Buße, zu Gott gerufen. Auch für Jesus ist klar, daß die Sünde im Verderben endet.

Aber eins muß man sagen: Bei Jesus muß man nicht mehr von einem „Vielleicht“ sprechen. Da ist die Gnade, die Vergebung nicht eine unmögliche Möglichkeit, die man sich nicht vorstellen kann. Bei Jesus muß man sich nicht den Kopf darüber zerbrechen, ob Gott etwas bereut oder sowas.

Bei ihm ist die Gnade. Bei ihm ist die Vergebung. Bei ihm ist die Chance. Er ruft ja gerade die zu sich, die merken, daß etwas nicht stimmt, daß es so nicht weitergeht. Da ist der der Spezialist.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum Ewigen Leben. Amen.


Beitragsbild:

Gestaltung: Lioba Fenske

7. Sonntag nach Trinitatis

Gnade, Barmherzigkeit und Friede
von Gott, dem Vater,
und von Jesus Christus!

1 Danach fuhr Jesus weg über das Galiläische Meer, das auch See von Tiberias heißt.
2 Und es zog ihm viel Volk nach, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat.
3 Jesus aber ging auf einen Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern.
4 Es war aber kurz vor dem Passa, dem Fest der Juden.
5 Da hob Jesus seine Augen auf und sieht, daß viel Volk zu ihm kommt, und spricht zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, damit diese zu essen haben?
6 Das sagte er aber, um ihn zu prüfen; denn er wußte wohl, was er tun wollte.
7 Philippus antwortete ihm: Für zweihundert Silbergroschen Brot ist nicht genug für sie, daß jeder ein wenig bekomme.
8 Spricht zu ihm einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus:
9 Es ist ein Kind hier, das hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; aber was ist das für so viele?
10 Jesus aber sprach: Laßt die Leute sich lagern. Es war aber viel Gras an dem Ort. Da lagerten sich etwa fünftausend Männer.
11 Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie denen, die sich gelagert hatten; desgleichen auch von den Fischen, so viel sie wollten.
12 Als sie aber satt waren, sprach er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrigen Brocken, damit nichts umkommt.
13 Da sammelten sie und füllten von den fünf Gerstenbroten zwölf Körbe mit Brocken, die denen übrig blieben, die gespeist worden waren.
14 Als nun die Menschen das Zeichen sahen, das Jesus tat, sprachen sie: Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll.
15 Als Jesus nun merkte, daß sie kommen würden und ihn ergreifen, um ihn zum König zu machen, entwich er wieder auf den Berg, er selbst allein.

Johannes 6, 1-15

Lieber HERR, gib uns das Leben, das Du selbst in diese Worte gelegt hast; gib uns Ohren, die Dich selbst hören, was immer heilsam ist. Amen.

Liebe Gemeinde!
Erstmal kurz etwas über Wunder.
Wir haben ja eben von einem Wunder gehört. Jesus nimmt 5 Gerstenbrote und 2 Fische, DANKT – das ist essentiell! – läßt seine Jünger austeilen und speist damit über 5000 Menschen. Und es bleibt etwas übrig.
Das ist nicht normal. Von Jesus werden auch andere Wunder bezeugt. Zum Beispiel, daß er Kranke heilt, Besessene befreit, über einen Sturm gebietet …. Das sind Wunder. Da bleibt man erstmal stehen. Da ist der Verstand erst einmal verblüfft, oder in der Sprache der Bibel: Entsetzt, verstört, verwundert.
Meistens fragt man dann: Glaubst du, daß das wirklich geschehen ist? Glaubst du an Wunder? Ja oder nein?
Beides, Ja und Nein, beendet das Wunder.
Wenn ich Ja sage, dann stehe ich unter Druck, das Wunder zu erklären, oder zu wiederholen, oder es jemandem einzureden, der seine Zweifel hat.
Wenn ich Nein sage, dann stehe ich unter Druck, das, was berichtet wird, anders zu erklären. Im Sinne von: „EIGENTLICH passiert da etwas ganz Normales.“ Aber dann fragt man sich, warum die Menschen sich aufregen, und Jesus bewundern oder fürchten.
Beides, das „Ja“ und das „Nein“ läßt Gott aus dem Wunder raus. Es stehen zwei Menschen einander gegenüber und reden aufeinander ein. Da ist das Wunder weg.
Als Kinder Gottes gucken wir anders.
Die Bibel nennt diese Taten Jesu „Zeichen“. Ein Zeichen spricht aus sich, ein Zeichen spricht bleibend und fortwährend, ein Zeichen hört nicht auf, zu sprechen. Jesus zeigt uns etwas mit dem Zeichen. Jesus wartet darauf, daß wir das sehen, was er uns mit dem Zeichen zeigt.
Darum lassen wir um Gottes willen das Wunder stehen, und lassen es zeigen, und aus sich selbst zu uns reden.
Denn wir als Hörer sollen Teil von dem Wunder werden. Bei einem „Ja“ oder ein „Nein“ zwischen Menschen – also im Erklären von Wundern, oder im Zweifeln daran – da werden wir nicht Teil vom Wunder. Wir sollen aber.
Wie kann das aussehen?
1. Wir lassen das Wunder wirklich stehen.
Gott will, daß wir das hören. Gott übernimmt die Verantwortung. Ich muß diese Wundergeschichte nicht verantworten, beweisen, oder deine Zweifel überwinden. Ein Christ soll das Wunder stehen lassen und bezeugen. Gott hat etwas mit dem Wunder vor. Das muß ich Gott überlassen.
2. Wir freuen uns daran.
Gott läßt das so berichten. Es ist ja ohne Zweifel etwas Gutes. Hungrige werden gespeist. Jesus dankt dem himmlischen Vater für Seine Gaben, und gibt sie weiter. Wenn es auch übernatürlich ist – es ist gut. Jesus benutzt seine Göttlichkeit, um sich zu kümmern. Er überrumpelt nicht, er dient. Er blendet nicht, sondern nimmt sich der Not an. Es ist eine gute Macht am Werk, so unerklärlich oder gar unheimlich sie scheint – sie ist gut, die Macht im Wunder. Sie zielt auf den Menschen als Gottes Ebenbild. Sensationen, Mirakel schüchtern ein und demütigen, ja, geben der Lächerlichkeit preis. Von Jesus hört man das nie. In Seinen Wundern ist niemals Schadenfreude oder Selbstgefälligkeit. Allein das ist schon ein Wunder. Auch die Berichte sind völlig frei davon. Die Jünger prahlen niemals mit ihrem wundertätigen Herrn.
3. Wir gönnen es denen, die es erlebt haben.
Das Wunder stehen lassen bedeutet auch, daß man nicht ängstlich oder mißtrauisch fragt: Wo ist mein Wunder? Warum geschieht bei mir kein Wunder? Wo ist Gott mit Seinen Wundern, wenn man Ihn braucht? – Sondern sich mit denen freuen, die es erlebt haben, und es ihnen gönnen. Hier waren über 5000 Menschen in Not, sie hatte Hunger, und Jesus speist sie, macht sie satt. Wie gut für sie! Wie wunderbar muß es sein, so unerwartet gespeist zu werden! Wie herrlich muß es sein, so unverhofft eine Sorge loszuwerden!
Um Gottes willen lassen wir das Wunder stehen und zerreden wir es nicht mit unseren Fragen und Ja oder Nein!
Um Gottes willen freuen wir uns daran. Hier ist einfach etwas, was größer ist als wir, und es bedroht uns nicht. Das ist gut.
Um Gottes willen gönnen wir es denen, die es erlebt haben – und lassen wir unseren kleinlichen, mißtrauischen, neidischen Egoismus hinter uns und freuen wir uns mit ihnen.
Dann wären wir auf dem besten Wege, Teil des Wunders zu werden.
Jetzt aber zu Johannes 6! Betrachten wir das Speisungswunder behalten wir im Herzen fest: Stehen lassen, freuen, gönnen! Das wird Gott segnen.
Jesus geht mit seinen Jüngern auf einen Berg. Er führt sie über das Irdische hinaus. Jesus relativiert, was seine Jünger auf der Erde herumtreibt. Er nimmt sie mit sich. Sie sollen sein, wo er ist (Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren. Johannes 12, 26). Wer Jesus nachfolgt über den verliert die Welt ihre Macht. Wenn wir hier versammelt sind, und diese Worte hören, beten was Jesus gelehrt hat, tun, was Jesus aufgetragen hat – dann geschieht etwas, was nicht von der Welt bestimmt ist, dann geschieht etwas, was nicht von unserem Fleisch bestimmt ist, also von uns als Egoisten ohne Gott. Wir sollen wissen: Was hier passiert, ist nicht Wirkung einer bösen oder zerstörerischen Macht. Wir sind mit Jesus auf dem Berg.
Viele Menschen folgen Jesus nach, wegen der Zeichen, die er an den Kranken tut. – Was wir hier hören, was Gott uns hier gibt, ist für viele gemeint.
In den Medien hört man von Kirchenaustritten, davon, wie unwichtig die Kirche und das Christentum geworden sind. Wo Jesus ist, werden viele sein. Das sollen wir nicht mit Ja oder Nein zerreden, sondern stehenlassen, und um Gottes willen glauben, daß wir Teil davon sind. Nicht erst sein WERDEN, sondern schon SIND.
Es ist kurz vor dem Passahfest. Das Fest des Auszugs des Volkes Israel aus Ägypten. Das Fest der Befreiung aus dem gnadenlosen System, das Israel beweisen will, daß sein Gott nichts ist.
Aus aller Welt werden Juden in Jerusalem durch Gottes Wort sich eingliedern in das Volk, das aus Ägypten rausging. Gott hat es dann mit wunderbarem Brot vom Himmel, Manna, gespeist. Beim Passahfest hat Israel nicht zweifelnd und mißtrauisch gesagt: Wo ist mein Manna heute? – Sondern es hat sich mit denen gefreut, die es vor Jahrhunderten bekamen. Im 6. Kapitel Johannes wird Jesus noch sagen: „Ich bin das Brot, das vom Himmel gekommen ist.“
Was Jesus jetzt weiter tut, ist sehr wichtig: Er führt seine Jünger an die Grenze. Jesus läßt es zu, daß die Jünger die Grenzen ihrer Möglichkeiten ganz klar und deutlich erfahren.
Jesus hebt seine Augen auf. Er sieht, daß die Massen kommen. Was er sagt und tut, hat nicht nur die im Blick, die schon da sind. Auch das, was Jesus bei uns in unserer kleinen Gemeinde sagt und tut, hat nicht nur uns allein im Blick. Du bist gemeint – aber nicht nur du!
Dann fragt er Philippus: „Wo kaufen wir Brot, daß diese essen?“
„Wir“! Jesus, der Sohn Gottes, bezieht Menschen ein in Seiner Mission. Sie sollen dabei sein, wenn Er tut, was nur Er als der Sohn Gottes tut, um Menschen zu retten.
„Das sagte er aber, ihn zu prüfen …“ – mit anderen Worten: Jesus führt Philippus an die Grenze. Was kann ich, was kann ich nicht? Was ist möglich, was nicht?
Philippus sagt nüchtern, was los ist: „200 Silbergroschen Brot sind nicht genug.“ Vielleicht war das das Budget der Jünger. Man hat ausgerechnet, daß 1600 kg Brot damit gekauft werden konnten. Das wären 300 Gramm Brot pro Familie. Knapp. Aber im Grunde war damit bewiesen – wir sind überfordert.
Das wird unterstrichen mit dem Wort des Andreas: „Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische – aber was ist das unter so viele?“ Man könnte sagen, daß Philippus Kapitalist ist, weil er ausrechnet, was Geld möglich macht, und Andreas Sozialist – weil er sieht, wie er mit dem vorhandenen jedem gerecht werden kann – Planwirtschaft. Beide liefern den Beweis, daß Jesus sie an eine Grenze geführt hat. Jesus führt Menschen an die Grenze, damit sie lernen, Gott und Mensch zu unterscheiden. Unterscheiden, was Gott tut, und was Menschen tun können.
In einem Lied „Mein lieber Gott soll walten“ findet sich die ergreifende und humorvolle Strophe: „Andreas hat gefehlet, Philippus hat gezählet,
sie rechnen wie ein Kind.
Mein Jesus kann addieren und kann multiplizieren,
auch da, wo lauter Nullen sind.“
Erst, als den Jüngern völlig klar ist, daß sie der Situation überhaupt nicht gewachsen sind, ordnet Jesus an, daß die Menschenmenge sich lagert. Die Jünger sind auf einmal Gastgeber für 5000 Familien, und der Kühlschrank ist ja praktisch leer, und alle Läden haben zu. Die 5000 Männer erwarten jetzt etwas! Etwas muß jetzt kommen. Die Jünger werden das überdeutlich gespürt haben. Wie kümmerlich werden ihnen die 5 Gerstenbrote und 2 Fische vorgekommen sein! Wie leer werden sich ihre Hände angefühlt haben!
Und genau wie Jesus durch Seinen Blick die vielen Menschen zum Teil der Situation gemacht hatte, so macht Er durch Danken den himmlischen Vater zum Teil der Situation. Wir unterschätzen das dauernd. Erst wer dankt, hat wirklich. Erst wer Gott dankt, hat die Liebe Gottes, die Gott in Seine Gaben gelegt hat.
Dann geben die Jünger weiter, was Jesus ihnen gibt. Einfach das. Von mal zu mal. Was wir Jesus anvertrauen, ist nicht mehr dasselbe. Das müssen wir glauben. Was wir Jesus anvertrauen, das geht in den Himmel, in das Paradies, und wird uns neu gegeben.
Alle werden satt.
Und dann kommt die Sache mit dem König.
Jesus merkt, daß sie ihn zu König machen wollen.
Zum Brot- und Bauchkönig. Die Menschen wollen nicht an eine Grenze geführt werden, im Gegenteil. Es soll keine Grenze mehr geben. Das bedeutet aber: Sie wollen nicht Gott kennenlernen. Sie wollen nicht erleben, daß Gott alles tut und alles gibt. Sie wollen nicht erfahren, daß ihre Hände leer sind, bis Gott sie füllt. Jesus läßt sich nicht zum König machen. Warum? Weil er schon der König ist. Wenn Menschen ihm Macht geben würden, dann wäre er von den Wünschen der Menschen abhängig. Ein Gott, der unsere Wünsche erfüllt – ohne Grenze, ohne Bitten, ohne Danken – das wäre kein Gott. Da wären unsere Wünsche unsere Götter. Das endet leider tödlich.
Jesus macht da nicht mit, weil er will, daß wir Gott kennenlernen. Jesus geht den Weg weiter, bis Er die Schattenseite aller unserer Wünsche ausbadet. Er geht den Weg weiter, bis er uns zeigt, was wir am dringendsten brauchen: Nämlich, daß Gott uns unsere Schuld abnimmt und wegträgt. Wir wissen ja, wo dann geschrieben stand: Jesus von Nazareth, der Judenkönig. Da haben die Jünger zugleich ihre eigenen Grenzen und Gott kennengelernt. Denn unsere wirkliche Grenze ist: Daß ich mir meine Schuld nicht selbst vergeben kann. Da kann nur Gott handeln. Da ist Jesus der König.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum Ewigen Leben. Amen.


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Gestaltung: Lioba Fenske