Pfingsten

Pfarrer Johann Hillermann

Die Gnade unseres HERRN Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen. Amen.

12 Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, daß wir wissen können, was uns von Gott geschenkt ist.
13 Und davon reden wir auch nicht mit Worten, wie sie menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen. 14 Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit und er kann es nicht erkennen; denn es muß geistlich beurteilt werden.
15 Der geistliche Mensch aber beurteilt alles und wird doch selber von niemandem beurteilt.
16 Denn »wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer will ihn unterweisen«? Wir aber haben Christi Sinn.

1. Korinther 2, 12-16

Gebet: Komm, Heiliger Geist, erfüll die Herzen deiner Gläubigen, und entzünd in ihnen das Feuer der göttlichen Liebe; der du in Mannigfaltigkeit der Zungen die Völker der ganzen Welt versammelt hast in Einigkeit des Glaubens. Amen.

Liebe Gemeinde!
Im Schwarzwald in Bad Teinach gibt es in der dortigen Dreifaltigkeitskirche ein ganz besonderes Gemälde. Die Lehrtafel der Prinzessin Antonia.
Auf ihr erscheinen unzählige biblische Gestalten und ebenso wimmelt es von Symbolen biblischer und philosophischer Art.
Ganz unten steht mit dem Rücken zum Betrachter eine weibliche Gestalt, und in der Mitte erscheint Christus, umgeben von den Aposteln, und diese Mitte bestimmt das ganze Bild. Alle Figuren und Gestalten sind darauf bezogen. Er ist die Mitte.
Wie es sich für den Glauben gehört!
Mit meiner Baden-Badener Gemeinde hab ich diese Kirche einmal besucht. Im Vorfeld gab es Themenabende zur Vorbereitung, damit man die Absicht des Bildes und seinen Inhalt ein wenig aufnehmen konnte.
Voller Erwartung kamen wir in Bad Teinach an, gingen zur verabredeten Zeit zur Dreifaltigkeitskirche und ein Kunstexperte führte uns zu dem Bild.
Dann kam ein Satz, der den ganzen Ausflug hätte verderben können:
„Für diese Frau ist Jesus der Mittelpunkt auf diesem Bild. Aber jeder kann sich dort seinen eigenen Mittelpunkt denken.“
Ja, was war denn das? Jesus Christus austauschbar?
Ich war dankbar, daß ich mit interessierten Gemeindegliedern wenigsten ein paar der Namen und Geschichten durchgegangen war, und daß wir gemeinsam entdeckt hatten, wie der Sohn Gottes wirklich das ganze Bild zusammenhielt, ja, wie dieses Bild darstellte, daß nicht irgend jemand, sondern Jesus Christus Himmel und Erde, Vergangenheit und Zukunft zusammenhielt.
Denn das ist unser christlicher Glaube.
Aber wie konnte man davor stehen, studiert haben, und gerade das nicht sehen?
Das erinnert mich auch an Musiker, die von Musik begeistert sind, die davon handelt, wie Gott Mensch geworden ist, uns zu gut. Wie das Lamm Gottes die Sünden dieser Welt wegträgt. Wie Gott uns eine feste Hoffnung gegen den Tod schenkt.
Sie singen und spielen mit Begeisterung, aber die Gaben Gottes erkennen sie nicht. Wie Touristen, die staunend durch eine wunderbare Kathedrale aus dem ach so finsteren Mittelalter gehen und nicht verstehen, daß alle diese Formen alle diese Kunst um den Altar herum gebaut ist, auf dem Brot und Wein zu Leib und Blut Christi konsekriert werden, für uns Christen zu essen und zu trinken, zum ewigen Heil. Zur Vergebung der Sünden. Da können Experten noch so viel über die Architektur und die Technik sagen. Über die Harmonie und die Form.
Sie haben das Entscheidende nicht erkannt. Das Bild, die Musik und die Kathedrale sind Zeugen für Gottes Wahrheit. Sie zeigen auf geistliche Dinge, auf Glaubensdinge.
Ein Christ sieht das Bild in Teinach und freut sich, wie ein Künstler vor fast 400 Jahren soviel Gotteswort vor Augen führen kann. Ein Christ hört die Musik und singt und betet im Herzen mit und weiß sich verbunden mit Christen aller Zeiten, ja mit den Engeln im Himmel, die den ewigen Gottesdienst vor dem Lamm Gottes feiern. Ein Christ tritt in die Kirche ein und weiß: Auf diesem Altar kommt der Sohn Gottes zu Seiner Gemeinde und spricht mit ihr, und schenkt sich ihr, und es gibt Gnade.
Das ist so ein himmelweiter Unterschied.
Der Heilige Geist macht den Unterschied. Der Heilige Geist selbst schafft neue Augen, neue Ohren, ein neues Herz – damit in dem allem nicht Kunst von Menschen gesehen oder gehört wird, sondern in der Kunst ein Hinweis auf viel viel größeres, nämlich Gottes Gaben.
„Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, daß wir wissen können, was uns von Gott geschenkt ist.“ Was hat Gott uns geschenkt? Gott hat uns Seine Gnade geschenkt. Gott hat uns Rettung geschenkt. Gott hat uns Seine Liebe geschenkt. Gott schenkt uns, daß keine Schuld unser Leben mehr zerstören kann. Wie und wo hat er uns das geschenkt? Gott schenkt uns Seinen Sohn. Er gibt sich uns zu erkennen in Seinem Wort, in der Heiligen Schrift. Es ist alles ein Wasserfall an Zuwendung an Wohlwollen, an Trost, an Stärkung an Wahrheit, an Sinn. Aber ohne den Heiligen Geist guckt man es an und sagt: Ok. Jeder kann sich dazu selber etwas ausdenken. Ok. Das ist aus dem 17. Jahrhundert. Ok. Gotik hat spitze Bögen, Romanik runde. Bach hat zu merkwürdigen Texten schöne Musik gemacht. Da spricht der Geist der Welt. Der sieht überall nur Welt. Und weiter nichts.
Wir haben NICHT empfangen den Geist der Welt. Der Geist der Welt ist normal. Es ist normal, blind für Gottes Gaben zu sein.
Der Heilige Geist ist notwendig. Und der Heilige Geist ist nicht von dieser Welt.
„Und davon reden wir auch nicht mit Worten, wie sie menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen.“ Der Heilige Geist hat Paulus und die Apostel gelehrt, so über Jesus Christus zu sprechen, daß Glaube entsteht. Und Glaube kommt nicht aus der Welt. Glaube ist der Anfang vom ewigen Leben.
Wie viele Predigten oder Auslegungen mußte ich mir schon über die Leidensgeschichte Jesu anhören. Sie wird rein weltlich, mit menschlicher Weisheit behandelt. Es wird gesagt: Wie ungewöhnlich ist doch dieses Leiden! Jesus leidet wie kein anderer! – Oder es wird beklagt: Was tun Menschen einander nur an! Wie brutal ist das! Und dann wird allgemein über das Leiden und die Ungerechtigkeit gesprochen. Der Heilige Geist zeigt und lehrt: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt! Das ist nicht menschliche Weisheit.
Der Geist der Welt will alle Gaben Gottes in Psychologie, in Politik, in Kunst, in Soziologie oder was im Moment beeindruckend scheint, auflösen. Verräterisch ist die Formulierung: „Nichts als …“ Jesus war nichts als ein jüdischer Wanderprediger, oder gar ein Revolutionär.
Der Heilige Geist sagt: Das ist Gottes Sohn. Da am Kreuz ist er dabei, deinem Tod den giftigen Stachel wegzunehmen.
Da werden geistliche Dinge für geistliche Menschen geistlich gedeutet.
Der Heilige Geist, und das ist ja Gott selbst, ist die Macht, mit dem Evangelium die eine christliche Kirche für alle Zeiten gebaut hat. Christentum entsteht nicht durch Kunstbetrachtung oder Musikgenuß oder politische Diskussion. Der Heilige Geist kommt und macht, daß man dankbar mit allen andern Kindern Gottes vor dem Kreuz niederkniet.
Der Heilige Geist ist Gottes persönliche allmächtige Unruhe, die vergeben will. Der Heilige Geist legt die Bibel so aus, daß Menschen erschrecken, oder sich besinnen, oder vollkommene Ruhe und Furchtlosigkeit bekommen. Er macht, daß du vor Gott stehst und beschenkt wirst.
Der Heilige Geist gibt Worte, die zum ewigen Leben rufen. Aus dieser Welt heraus.
Und es ist unerträglich, wenn in der Christliche Kirche nicht so gesprochen wird, und wenn Christen bereit sind sind alles mögliche anzuhören, und nicht von Gottes Heiliger Unruhe gepackt werden, also vom Heiligen Geist, daß sie endlich von der Vergebung der Sünden und der Auferstehung des eigenen Leibes von den Toten hören und endlich dazu Ja sagen können.
Denn durch dieses JA sind sie neugeboren und in der Kirche, also in Gottes Wartesaal zum ewigen Leben und in Gottes Sprechzimmer für alle Krankheiten und alle Not.
Der Geist der Welt kann mit Vergebung der Sünden und Auferstehung des Fleisches nichts anfangen. Diese Wahrheiten sind für Politik, Wirtschaft, Psychologie, für Unterhaltung um Medien völlig unbrauchbar. Der natürliche Mensch steht davor und faßt sich heimlich an den Kopf und hofft, daß es keiner merkt, oder der sagt wie die Spötter zu Pfingsten: Die sind voll süßen Wein. Das braucht man nicht ernst nehmen.
So sagt Paulus denn auch:
„Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit und er kann es nicht erkennen; denn es muß geistlich beurteilt werden.“
Damit müssen Christen leben. Damit können Christen auch leben.
Die Welt wendet da einen Trick an.
Sie sagt: Jedem das Seine. Das ist für dich so. Du brauchst das. Jeder hat seine Religion. Und alle Religionen sind gleich. Was eben für dich gut ist.
Der Geist der Welt kann nicht anders denken. Denn er hat nichts als die Welt.
Christen dürfen auf diesen Trick nicht reinfallen. Der Heilige Geist ist nicht von dieser Welt. Die Welt kann ihn nicht verstehen. Deshalb kann die Welt auch nichts Gültiges über Gottes Gaben sagen.
Aber dieser Trick des Geistes dieser Welt ist stark: Jedem das Seine – was gut für dich ist … so ist es für dich. Es ist nicht leicht, darauf zu antworten.
Aber der Heilige Geist ist eben doch anders:
„Der geistliche Mensch aber beurteilt alles und wird doch selber von niemandem beurteilt.“
Christen haben einen Vorteil.
Sie kennen den Geist der Welt. Ja, wer glaubt, der kennt auch den Zweifel. Christen kennen die Möglichkeit, ohne Trost zu sein, oder ohne Gottes Leitung, ohne Vergebung. Aber durch den Heiligen Geist weiß er, daß das alles eine Grenze hat, ein Ende haben wird.
Darum kann er Verständnis zeigen für den Geist der Welt –aber der Christ gehört ihm nicht.
Darum kann Paulus sagen: Der geistliche Mensch beurteilt alles – aber wird selbst von niemandem beurteilt – denn er hat Gottes Urteil empfangen. Und Gottes Urteil ist stärker und höher als alle politischen, psychologischen, künstlerischen oder anderen Urteile.
Wir haben Gottes Siegel: Du warst verloren und jetzt aber gefunden. Du warst unterwegs in den Tod, aber jetzt zum Leben bestimmt.
Das kommt nicht aus der Welt. Glaube ist nicht das Ergebnis eines weltlichen Prozesses. Der Heilige Geist ist Gottes neue Kausalität. Er schafft Neues. Er verbindet uns mit Jesus, der nicht im Grab geblieben ist, der vom Himmel aus über alles ist.
Das muß gesagt werden, damit es Kirche und Glauben gibt.

„Wir aber haben Christi Sinn,“ wir haben den Sinn, das Verständnis, wes Jesus hatte und hat und gibt. Der ist für alle das Beste. Da kann man nicht sagen: Das ist gut für einige, aber nicht für alle. Vergebung der Sünden und Auferstehung des Fleisches ist gut und notwendig für alle. Und es gibt einfach nichts Besseres. Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Exaudi

Predigt: Pfarrer Johann Hillermann

Die Gnade unseres HERRN Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen. Amen.

1 Und zu der Zeit, als der Knabe Samuel dem HERRN diente unter Eli, war des HERRN Wort selten, und es gab kaum noch Offenbarung.
2 Und es begab sich zur selben Zeit, daß Eli lag an seinem Ort und seine Augen hatten angefangen, schwach zu werden, sodaß er nicht mehr sehen konnte.
3 Die Lampe Gottes war noch nicht verloschen. Und Samuel hatte sich gelegt im Heiligtum des HERRN, wo die Lade Gottes war.
4 Und der HERR rief Samuel. Er aber antwortete: Siehe, hier bin ich!,
5 und lief zu Eli und sprach: Siehe, hier bin ich! Du hast mich gerufen. Er aber sprach: Ich habe nicht gerufen; geh wieder hin und lege dich schlafen. Und er ging hin und legte sich schlafen.
6 Der HERR rief abermals: Samuel! Und Samuel stand auf und ging zu Eli und sprach: Siehe, hier bin ich! Du hast mich gerufen. Er aber sprach: Ich habe nicht gerufen, mein Sohn; geh wieder hin und lege dich schlafen.
7 Aber Samuel hatte den HERRN noch nicht erkannt, und des HERRN Wort war ihm noch nicht offenbart.
8 Und der HERR rief Samuel wieder, zum dritten Mal. Und er stand auf und ging zu Eli und sprach: Siehe, hier bin ich! Du hast mich gerufen. Da merkte Eli, daß der HERR den Knaben rief,
9 und sprach zu ihm: Geh wieder hin und lege dich schlafen; und wenn du gerufen wirst, so sprich: Rede, HERR, denn dein Knecht hört. Samuel ging hin und legte sich an seinen Ort.
10 Da kam der HERR und trat herzu und rief wie vorher: Samuel, Samuel! Und Samuel sprach: Rede, denn dein Knecht hört.

1. Samuel 3, 1-10

Liebe Gemeinde!
Aus Samuel, der hier noch ein Knabe ist, also ein kleiner Junge, wurde dann der große Prophet, der die Könige Saul und David in Israel salbte. Hier ist der Anfang. Hier wird er von Gott selbst berufen.
Es ist ein kleine Geschichte: Ein Knabe, Samuel, dann ein alter Mann, der Priester Eli – das sind die Personen.
Der Ort ist das Heiligtum Israels, die Stiftshütte, das war damals ein Zelt 5 mal 15 Meter groß. In diesem Zelt fand der Gottesdienst der Priester Israels statt. Zu der Zeit stand das Zelt als Tempel in Silo, etwa 30 km nördlich von Jerusalem
Und die Zeit? Etwa 1070 vor Christus.
Die Zeiten sind für Israel nicht gut. „Das Wort des HERRN war selten, es gab kaum noch Offenbarung“. Das Wort Gottes wurde nicht gelehrt. Es wurde nicht als von Gott selbst gesprochen gehört. Es wurde nicht als entscheidende Wahrheit bezeugt. Es wurde nicht ernstgenommen. Man behandelte das Wort Gottes wie einen Besitz, über den man verfügte. Wie ein wertvolles, interessantes Gemälde, oder eine geerbte Standuhr.
Es gab kaum noch Offenbarung. Das heißt, es passierte kaum noch, daß Menschen vor Gott gebracht wurden durch Gottes Wort. Es wurde nur mehr diskutiert. Es gab nichts mehr als menschliche Meinungen; Meinungen von begabten Einzelnen, oder Meinungen von Mehrheiten, die sich gegenseitig bestätigten.
Das ist für das Volk Gottes keine gute Zeit. In Psalm 74 wird darüber geklagt:
„Unsere Zeichen sehen wir nicht, und kein Prophet predigt mehr, und keiner ist bei uns, der weiß, wie lange.“ (Psalm 74, 9).
Das Problem ist einfach: Wenn Gottes Wort nicht als Gottes Wort da ist, dann wird unweigerlich etwas an seine Stelle kommen, was nicht Gottes Wort ist. Dann kommt Menschenwort. Und Menschenwort ist immer Sünderwort. Und Sünderwort ist ein Wort, das nicht haben will, daß Gott Gott ist. Und wenn Gott nicht Gott ist, dann gehen alle Gaben Gottes mit der Zeit kaputt. Jesus sagt: „Die Liebe erkaltet.“ (Matthäus 24, 12). Diese Zeit ohne Gottes Wort wird von den meisten nicht als Problem empfunden. Doch fängt man an, sich darüber zu wundern, wie Gottes Gaben doch nicht mehr sind, was sie mal waren. Gott selbst schützt mit Seinen Geboten: Die Liebe zwischen Vater, Mutter und Kindern. Gott schützt das Leben. Gott schützt die Ehe zwischen Mann und Frau. Gott schützt das Eigentum. Gott schützt Sprache und Wahrheit.
Ohne Gott und sein Wort kann es noch eine zeitlang gut gehen. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, dann fangen Menschen an, darüber zu verfügen, und die Zerstörung geht los. Ohne Gott ist man bald gegen Gott, und damit auch gegen Gottes Gaben.
Solche Zeiten gab es auch schon vor 3000 Jahren.
Diese kleine Geschichte – wie Gott den Knaben Samuel ruft – zeigt uns, wie Gott einen Anfang macht. Wenn Gott beruft, dann macht er deutlich: Und du bist nicht mehr Teil der Welt ohne mich!
Wie kann das aussehen?

  1. Pflege
    Es gab die Stiftshütte noch. In ihr standen noch die Heiligen Geräte. Vor allem die Bundelade –also ein Kasten, in dem unter anderem die steinernen Tafeln mit den 10 Geboten sich befand. Auch wenn sie nicht mehr gepredigt wurden, sie waren noch da. Der Priester Eli hielt noch die Gottesdienste, es gab noch diese Erinnerung an Gott, und daß Gott gedient werden sollte. Der Knabe Samuel war in diesem Tempel zuhause, er kannte sich aus. Das Wissen war vorhanden. Auch wenn der Rest des Volkes es kaum noch ernst nahm. Samuel hatte die Aufgabe, den siebenarmigen Leuchter zu pflegen: täglich zu reinigen, mit Öl zu versehen, und dafür zu sorgen, daß die Lampen leuchteten. Und das zu festen Zeiten, jeden Tag. Das war Routine. Und doch zeigte diese Routine auf Gottes Wahrheit und Gottes Handeln. Es kamen auch immer noch Israeliten nach Silo zum Gottesdienst. Es wurde gepflegt.
    Liebe Gemeinde! Wir bitten um den Heiligen Geist. Der Heilige Geist soll uns Gott zeigen, er soll in uns Glauben wecken, der Heilige Geist soll in uns Früchte schaffen, und den Samenkorn des Ewigen Lebens in uns legen.
    Zum Wirken des Heiligen Geistes gehört auch diese Routine. Der alte Eli und der junge Samuel pflegten diese Routine, diese Übung. Eli gab weiter und lehrte, und Samuel empfing und lernte. Eli lebte vor und Samuel guckte ab und folgte nach.
    Das ist heilig. Das ist ein unverzichtbarer Teil von Gottes Wahrheit und Gottes Wirken.
    Man nennt es Tradition. Das ist es auch. Man sagt gerne, daß Tradition mechanisch sei, oder ohne innere Beteiligung – eine Antwort auf Fragen, die wir vergessen haben.
    Gott will, daß wir sein Wort und sein Handeln und seine Gaben nicht vergessen. Das geht nur, wenn sie gepflegt werden.
    Diese Pflege bringt zum Ausdruck: Das hier kann ich nur empfangen. Das kann ich mir nicht selber sagen. Gott muß es mir sagen. Denn Gottesdienst kann sich kein Mensch ausdenken. Wir sind Empfangende. Gottes Gaben kommen nicht einfach, weil wir sie fordern, oder sie sind auch nicht einfach so, wie wir sie uns jetzt gerne vorstellen. Sie sind so, wie Gott sie gibt, und wie wir sie empfangen.
    Ohne Pflege werden wir nie zu Empfangenden von Gottes Gaben.
  2. Gehorsam
    Samuel wird dreimal gerufen. Zweimal steht er sofort vom Schlaf auf, und geht zu dem Alten Eli. Das konnte nur passieren, weil es zwischen Eli und Samuel so war. Samuel hörte auf Eli. Eli hat mit Geduld und Strenge erreicht, daß Samuel auf ihn hörte. Samuel war offen und geübt, diszipliniert. Der Knabe war darin geübt, seine Bequemlichkeit zu überwinden. Samuel liebte seine Aufgabe mehr als den Schlaf. Und zweimal nacheinander schien es ja ein Mißverständnis zu sein. Samuel hätte ja auch denken können: Der alte Eli spinnt. Samuel hätte genervt sein können. Doch er bleibt ruhig. Er hat Geduld, er hat innere Kraft.
    Samuel hatte in sich aufgenommen, seine Seele hatte es erkannt: Dies alles ist größer als ich. Das Gotteshaus, die Pflege, vom Haus, von den Geräten, die Bedeutung von alle dem, die Erinnerung an die 10 Gebote, die Gegenstände für den Gottesdienst, das Wissen von dem Alten Eli – das alles ist größer als ich. Ich soll hier dienen. Pflegen. Nicht so, wie ich es mir ausdenke, sondern wie es gemeint ist. Wie es von Gott gemeint ist.
    Diese Haltung ist ohne Gehorsam nicht möglich. Ohne Gehorsam wird es nie etwas Größeres in deinem Leben geben.
    Pflege und Gehorsam gehören zum Wirken des Heiligen Geistes.
  3. Auf eine Besonderheit dieser kleinen Berufungsgeschichte möchte ich noch hinweisen:
    Die beiden Fehlstarts sind für Samuel und Eli gleich wichtig.
    Beide müssen auf ihre Weise merken: Hier passiert etwas. Das hier ist nicht nur etwas zwischen Menschen.
    Samuel ist nicht mit einer Erfahrung allein – zu der er dann nachher sagt: Ja, da hat Gott mich berufen, das müßt ihr mir glauben! – Das wäre eine Überforderung für Samuel gewesen. Es wäre aber auch eine Zumutung für Israel gewesen.
    Die Berufung des Samuel ist nicht rein subjektiv. Samuel muß dem Volk Israel nicht seine eigene innere Erfahrung aufzwingen. Sondern die Berufung wird von außen bestätigt.
    Das ist für das Wirken des Heiligen Geistes entscheidend.
    Paulus der Apostel ist dem Auferstandenen Herrn Jesus selbst begegnet. Jesus hat ihn direkt berufen. Und doch gab es den schlichten Christen Ananias in Damaskus, der zu Paulus kam und sagte: Lieber Bruder Saul, Jesus schickt mich zu dir. Da hatte Paulus von außen die Bestätigung. Er war nicht gezwungen, seine rein persönliche Erfahrung der Christenheit aufzunötigen. Und die Christenheit mußte nicht etwas glauben, was im Herzen eines Menschen sich abgespielt hatte.
    Die Wahrheit kommt aus mehr Quellen als einer Person.
    Aber auch für Eli waren diese Fehlstarts bedeutsam. Ihm wurde klar, daß jetzt etwas in Samuel begann, was größer war. Obwohl Samuel ein Knabe war, der Eli gehorchte, so war doch Gott selbst zwischen Eli und Samuel. Samuel stand Eli nicht einfach zur Verfügung. Beide dienten Gott in seinem Tempel.
    Und noch etwas. Die erste Prophezeiung des Samuel für Eli war eine schreckliche. Samuel mußte Eli im Auftrag Gottes sagen, daß Eli bald seine Söhne durch Blutvergießen verlieren würde.
    Da war es gut, daß Eli vorher wußte, Gott hat Samuel berufen. Es war nichts Persönliches. So konnte Eli diese schwere Botschaft von dem Knaben annehmen.
    Im Reich Gottes haben Menschen es nie direkt und unvermittelt miteinander zu tun. Gott ist dazwischen.
    Das zeigt sich auch bei uns in der christlichen Gemeinde. Wir beziehen uns gemeinsam auf Gottes Wort, auf den Versammlungsort, auf das Kirchenjahr, auf unsere Lieder und Gebete. Das pflegen wir, und helfen einander, auf Gott zu hören.
    Wir bitten um den Heiligen Geist. Er leitet uns an, zu pflegen, zu gehorchen, Hörende zu werden.

Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Bild: Eli und der junge Samuel (1780)

Christi Himmelfahrt

Die Gnade unseres HERRN Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen. Amen.

44 Jesus sprach aber zu den Jüngern: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war:
Es muß alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen.
45 Da öffnete er ihnen das Verständnis, sodaß sie die Schrift verstanden,
46 und sprach zu ihnen: So steht’s geschrieben, daß Christus leiden wird und auferstehen von den Toten am dritten Tage;
47 und daß gepredigt wird in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern. Fangt an in Jerusalem
48 und seid dafür Zeugen.
49 Und siehe, ich will auf euch herabsenden, was mein Vater verheißen hat. Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr ausgerüstet werdet mit Kraft aus der Höhe.
50 Er führte sie aber hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie.
51 Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.
52 Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude
53 und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.

Lukas 24, 44-53

Liebe Gemeinde!
Je wichtiger der Himmel, desto wichtiger die Himmelfahrt.
Leider ist der Himmel den Menschen eher gleichgültig oder beliebig, und deshalb sagt Himmelfahrt leider auch den meisten Christen wenig bis fast nichts.
Wir das wird sich erst ändern, wenn wir einsehen, daß der Himmel wirklicher ist, als die Erde.
Vielleicht hilft es, wenn man versucht, sich vorzustellen, daß der Himmel die Hauptstadt der Erde ist: So wie eine Hauptstadt Dinge entscheidet und Fakten schafft für den Rest des Landes, so schafft der Himmel Fakten für die Erde und entscheidet er Dinge, die hier unten auf der Erde bei uns passieren.
Denn was ist der Himmel? –Er ist der Ort Gottes, da, wo Gott sich selbst ist. – „Unser Gott ist im Himmel, er kann schaffen, was er will.“ (Psalm 115, 3) Er ist der Ort, das Wo – von wo aus Gott aus dem Nichts alles geschaffen hat. Auch dich und mich. Himmel ist der Ort, von wo aus Gottes Wille, Gaben, Wort, auf uns zu kommen. Von wo aus Gottes Liebe Anlauf nimmt, bei den Menschen an zu kommen. Er Gottes Machtzentrale –Gottes Überlegenheit über die Weltgeschichte -Wir kennen die Redensart (hoffentlich!) „Sie schickt der Himmel“ – Sie zeigt uns: Da kommt eine Begegnung zwischen Menschen auf der Erde von einem unverfügbaren Ort, von einem Ort, an den ich nicht heranreiche, aber der an mich heranreicht; über den ich nicht verfüge, der aber über mich verfügt.
Der Himmel ist ein wunderbarer Ort – Seine Weisheit, Liebe, Allmacht, Allwissenheit – Dort sind sie vollkommen offenbar. – Vom Himmel aus hat alles seinen Sinn. Vom Himmel aus spricht Gott Sein Wort. Der Himmel ist also die Perspektive unter der Gott Sein Wort spricht. Aber auch ein gefährlicher Ort – Segen und Fluch gehen von ihm aus.
Gottes Wille geschieht wie im Himmel, so auf Erden.
Der Himmel hat eine größere Wirklichkeit.
Wir Menschen sind unter dem Himmel, er ist uns unzugänglich, weil wir Geschöpfe sind, aber vor allem, weil wir Sünder sind. Und doch ist der Himmel uns überlegen, wir sind ihm ausgeliefert.
Himmelfahrt heißt also, daß Jesus in diese Überlegenheit eintritt, von der aus Gott die Welt verflucht und segnet.
Himmelfahrt ist ein Machtantritt. Im Matthäusevangelium sagt Jesus ja zu seinen Jüngern: „Mir ist gegeben alle Gewalt“ – also: Alles Walten, alle Macht, alle Autorität – „im Himmel“ – zuerst im Himmel! – „und auf Erden.“
Nun müssen wir genau darauf achten, welches Bild Jesus Seinen Jüngern gibt, als letzten, bleibenden Eindruck. Als welcher scheidet Jesus von den Jüngern aus der Sichtbarkeit in die Unsichtbarkeit? Aus der Einschränkung in Raum und Zeit in die Entschränkung und Überlegenheit über Raum und Zeit?
Das heutige Evangelium aus Lukas zeichnet uns ein klares Bild.
Er öffnet die Schrift.
Er setzt Zeugen ein.
Er verheißt Kraft aus der Höhe.
Er segnet.
So wird er zuletzt gesehen. Als ein solcher begibt er sich in die Hauptstadt, wo alles über uns entschieden wird. So kommt er auf uns zu.

  1. Er öffnet die Schrift
    „Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muß alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen.
    Da öffnete er ihnen das Verständnis, sodaß sie die Schrift verstanden, und sprach zu ihnen: So steht’s geschrieben, daß Christus leiden wird und auferstehen von den Toten am dritten Tage; und daß gepredigt wird in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern.“
    Jesus Christus, der Sohn Gottes, der alle Macht bekommen hat, „öffnet die Schrift“ – er zeigt die Perspektive, aus der Gott im Alten Testament gesprochen hat. Die Schriften sprechen von Ihm, die Worte meinen Ihn.
    Es ist bemerkenswert, daß für das das Neue Testament dies ein zentraler Teil der Machtausübung Gottes ist: Daß Gott spricht, und über die Wahrheit Seines Wortes wacht.
    Mehr als einmal nach Ostern – in den 40 Tagen – hat der Auferstandene den Aposteln klar gemacht: Das ganze Alte Testament ist MEIN TEXT. Die Bücher Mose, die Propheten, die Psalmen – alle diese Worte sprechen von mir. Sie sprechen von der Notwendigkeit, daß Jesus leiden und sterben mußte – und von der Unausweichlichkeit Seiner Auferstehung.
    Liebe Gemeinde, das bedeutet: Wann und wo die Heilige Schrift in diesem Sinne ausgelegt und gepredigt wird, dort übt Jesus Seine Macht aus. Das ist keine gute oder nicht gute Unterhaltung. Das ist auch kein Angebot für eine Meinung. Sondern der Sohn Gottes, der alle Schuld auf sich genommen hat, um sie aus der Welt zu schaffen, der persönlich mit dem Tod gekämpft hat, der den Teufel besiegt hat – der übt seine Macht aus, wo die Heilige Schrift geöffnet wird. Das Ziel dabei ist: Gottes Vergebung für alle Menschen. Dazu wird eingeladen. Wer Gottes Macht am eigenen Leibe erfahren will, der soll sie in der Vergebung erfahren. Das ist das Mächtigste, was Gott tut: Vergeben. Das heißt aber auch: Die Macht der Sünde ist so ungeheuerlich, daß nur Gott diese Macht brechen kann.
    Du suchst Gott? Du willst Gottes Macht erfahren und kennenlernen? Gott selbst als Gott der Sohn ist am Werk, wenn im Sinne der Bibel über ihn gesprochen wird, wenn die Bibel in Seinem Sinne gelesen, gehört und bezeugt wird.
  2. Jesus der Erhöhte setzt Zeugen ein.
    Er sagt: „Fangt an in Jerusalem und seid dafür Zeugen.“
    Ein Zeuge sagt feierlich und verbindlich aus, was er gesehen und gehört hat. Er setzt seine eigene Person ein für die Wahrheit. Wo ein Zeuge ist, da soll auch Wahrheit sein. Ein Zeuge dient seinen Hörern, indem er der Wahrheit verbunden ist und der Wahrheit dient. Ein Zeuge bietet nicht ein Wunschkonzert an. Zeugen sagen, was nur Zeugen sagen können.
    Das ist auch eine bemerkenswerte Machtausübung: Zeugen einsetzen. Jesus übt Seine Macht aus, indem er die Apostel für sich sprechen läßt. „Wer euch hört, der hört mich“, sagt er an einer anderen Stelle (Lukas 10,16). Und in seinem großen Gebet sagt er zu seinem himmlischen Vater: „Ich bete nicht nur für die Apostel, daß sie in der Wahrheit bleiben, sondern auf für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden.“ (Johannes 17, 20).
    Die Apostel haben ihn gesehen und gehört. Sie haben vor allem sehen müssen, wie er unschuldig leiden und sterben mußte. Und dann hat Jesus sie zu Zeugen Seiner Auferstehung von den Toten gemacht. Gegen alle Zweifel hat Er sich ihnen gezeigt als der Lebendige.
    Sie sollen anfangen in Jerusalem. Also dort, wo Jesus vor der Weltöffentlichkeit gekreuzigt wurde, genau da sollen sie bezeugen: Er ist auferstanden! Der, den ihr ausgeliefert habt in den Tod, der lebt. Gott hat ihn auferweckt. Gott hat ihm Recht gegeben, und nicht euch.
    Die Apostel mußten also ausgerechnet gerade dort Zeugnis ablegen, wo es am gefährlichsten war, das zu tun. Als wehrlose Minderheit, ganz ohne weltliche Macht. Die einzige Macht, die sie hatten, war die Wahrheit. Die Wahrheit, die sie aus der Heiligen Schrift begründen konnten.
    Natürlich kamen sie vor Gericht deswegen – das Gericht ist DER Ort, wo Zeugen hingehören. Und einmal sagen sie vor Gericht:
    „Wir können’s ja nicht lassen, daß wir nicht reden sollten, was wir gesehen und gehört haben.“ Das sind Zeugen.
    Durch sie übt Jesus seine Macht aus. Bis heute. Hinter jedem Wort der Apostel steckt himmlische Macht. Die Worte sind nicht einfach ein Dokument, oder Literatur, sondern eine Waffe, mit der erhöhte Jesus Christus vom Himmel aus hier auf der Erde Seine Macht ausübt. Das ist eine Folge von Seiner Himmelfahrt.
    Merkt ihr, wie entscheidend und notwendig, aber auch wie herrlich und erfreulich Himmelfahrt für Christen ist?
  3. Er verheißt Kraft aus der Höhe
    Zu den letzten Dingen, die Jesus vor der Himmelfahrt den Aposteln einprägt, ist die Verheißung:
    „Und siehe, ich will auf euch herabsenden, was mein Vater verheißen hat. Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr ausgerüstet werdet mit Kraft aus der Höhe.“
    Jesus verheißt die Kraft, die die Apostel zu richtigen Zeugen machen wird. Das ist der Tröster, der Heilige Geist. Der Fürsprecher, der Anwalt. Der Atem, mit dem Gott die Welt geschaffen hat – so heißt es in Psalm 104: „Du lässest aus deinen Atem, so werden sie geschaffen, und du erneuest die Gestalt der Erde.“ (Ps. 104, 30). Das ist auch der Atem, mit dem Gott die Heilige Schrift gesprochen hat. Jesus ist der HERR über diese Kraft, über den Heiligen Geist. Auch im Johannesevangelium hören wir deutlich, daß Seine Jünger diesen Fürsprecher bekommen werden:
    „Ich will den Vater bitten, und er soll euch einen andern Tröster geben, daß er bei euch bleibe ewiglich: den Geist der Wahrheit, welchen die Welt nicht kann empfangen; denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht. Ihr aber kennet ihn; denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.“ (Johannes 14, 16-17).
    Das passiert im Himmel, damit es auf der Erde geschieht.
    Der Heilige Geist hat die Apostel so sprechen lassen, daß in Jerusalem – an dem Ort, wo Jesus gekreuzigt wurde – Glauben genau an diesen Jesus entstand. Glauben aus dem Nichts. Mit dem Heiligen Geist kommt Gottes Überlegenheit zu uns.
    Vor allem Gottes Überlegenheit über unseren Unglauben.
  4. Er segnet.
    Das ist das allerletzte Bild. Als der segnende scheidet er von ihnen. Als den segnenden haben die Apostel, die Zeugen, Jesus bis an ihr eigenes Ende vor Augen. Segen kann nur vom Himmel kommen. Auch wenn wir Menschen alles richtig gemacht haben sollten – ohne Segen wird das nichts. Segen offenbart, daß Gott von Anfang an alles tut. Segen kommt vom Himmel und kann an allen Widerständen vorbei, gerade auch an den Fehlern von Menschen vorbei Gottes guten Gaben ankommen lassen. Segen kommt aus dieser Überlegenheit.
    Und so segnet der erhöhte Christus vom Himmel aus die Apostel, die Kirche. Er ist es, der sie erhält, und immer wieder durch seine Worte Glauben schafft.
    Wir alle sind ein Beweis für diesen Segen. Wir sind ein Beweis für die Macht Jesu, wir sind auf der Erde ein Beweis für den Himmel.
    Der Friede Gottes, der höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Bild: Christus in der Mandorla, von Engeln getragen. Tempera auf Holz von Andrea Mantegna (um 1461)

Konfirmation (Kantate)

Der HERR ist auferstanden –
er ist wahrhaftig auferstanden.

Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott unserem Vater
und dem HERRN, Jesus Christus. Amen.

13 Jesus spricht zu seinen Jüngern: Geht hinein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und viele sind’s, die auf ihm hineingehen.
14 Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind’s, die ihn finden!
15 Seht euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe.
16 An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.

Matthäus 7, 13-16

Gebet – HERR, Dein Wort sei uns ein helles Licht alle Tage unseres Lebens. Amen.

Liebe Konfirmanden, liebe Helene, lieber Jakob, liebe Josephine, liebe Magdalena, liebe Maria, lieber Simon und lieber Simon!
In den letzten drei Jahren habt ihr etwas getan, was nicht alle tun. Ihr seid zum Konfirmandenunterricht gegangen. Und das bedeutet, ihr habt über Gottes Willen gehört und gelernt. Ihr habt gehört und gelernt, wer Gott ist, und was Gott tut. Gott hat dein Leben gemacht, das ist Gott der Vater. Gott hat alles getan, daß du nicht verlorengehst, das ist Jesus, Gott der Sohn. Und Gott macht in dir, daß das alles für dich wichtig und groß ist, und er verbindet dich mit anderen Menschen, denen es wichtig und groß ist. Das ist Gott, der Heilige Geist.
Aus eigener Vernunft und Kraft kommt kein Mensch darauf.
Ihr habt davon gehört, weil Gott zu uns gekommen ist, weil Gott zu uns geredet hat, weil Er uns Sein Wort gegeben hat.
Ohne Gottes Wort, ohne Jesus kann ein Mensch diese Dinge nicht wissen. Es ist nicht normal. Es ist das, was Menschen allgemein einfach so wissen und tun.
Im Unterricht habt ihr manchmal davon erzählt, wie es ist, wenn die anderen merken, daß man ein Christ ist. Zum Beispiel wenn man sagt, daß Gott alles geschaffen hat. Da steht man plötzlich alleine da. Da gehört man nicht zu den vielen, die einfach das sagen, was alle sagen. Meistens möchte man nicht so auffallen. Meistens möchte man dazugehören. Doch Jesus sagt uns heute: Wer auf Gott hört, wer mich hört, der gehört nicht mehr überall dazu. Und das ist gut so.
Jesus spricht von zwei, nein drei, Gegensätzen:
Von einem breiten Weg, und einer weiten Pforte – im Gegensatz zum schmalen Weg und zur engen Pforte.
Das ist der erste Gegensatz.
Der zweite ist: Auf dem breiten Weg gehen viele – den schmalen Weg finden wenige.
Und dann noch der dritte Gegensatz: Der breite Weg, den die Vielen gehen, endet nicht gut, er führt in die Verdammnis. Hingegen führt der schmale Weg, den wenige finden, im Leben, im ewigen Leben.
Das ergibt einen ganz einfachen Satz – wer das ewige Leben haben will, der kann nicht einfach tun, was alle tun. Ein Leben mit Gott kommt nicht einfach von selbst, es ergibt sich nicht einfach zufällig.
Damit habt ihr längst angefangen, denn, wie ich sagte, ihr habt eine lange Zeit über Gott gehört und gelernt. Das tut nicht jeder, das ist in den Augen der Welt nicht normal.
Wenn ein Weg breit und eine Pforte weit ist, dann merkt man nicht so richtig, daß man auf einem Weg irgendwohin ist. Wenn man durch eine weite Pforte gegangen ist, dann kann es sein, daß man aus Versehen ohne nachzudenken, unbewußt dadurch gegangen ist. Ein südafrikanischer Freund von mir war mal in Deutschland unterwegs, und fand die Landschaft schön, ging einfach weiter, und dann sah er auf einmal französische Straßenschilder. Da war kein Grenzzaun, keine Kontrollen, und die Grenze war so weit offen, daß er auf einmal in ein anderes Land gekommen war, ohne es zu merken. Zum Glück war das kein Problem! Anders wäre es gewesen, wenn da ein klarer Übergang gewesen wäre: Wenn du hier durch gehst, dann verläßt du Deutschland – dann bist du in Frankreich. Das wäre dann eine enge Pforte, ein schmaler Weg.
Das zeigt uns: Wer ins ewige Leben kommt, der kommt nicht zufällig da rein, so wie mein Freund plötzlich aus Versehen in Frankreich war. Die enge Pforte, der schmale Weg, muß gefunden werden.
Gott hat euch gerufen und gefunden. Bei der Taufe hat Gott gesagt: „Ich will diesen Menschen für immer bei mir haben. Ich will ihm ein ganzes, gutes Leben geben, voller Liebe, voller Freude, voller Wahrheit, voll vom Guten. Dieser Mensch soll nicht verlorengehen. Der Tod soll ihn nicht wegnehmen, die Lüge soll ihn nicht betrügen, aber auch seine eigene Dummheit soll ihn nicht kaputtmachen. Ich will ihm vergeben, ich will ihn heilen.“ Das hat Gott bei eurer Taufe zu euch gesagt.
Damit hat Gott euch durch die enge Pforte geholt und euch auf den Weg getan, der zum Leben führt.
Wer Gott über alle Dinge fürchtet, liebt und vertraut, wer immer wieder ZUERST an Gott denkt, und daran denkt, was Gott getan hat – das ist ein Wunder, das kommt nicht von selbst.
Wer immer wieder Gott bittet, anruft in der Not, und Gott dankt – gerade auch vor Menschen sagt: Gott sei Dank! Das hat Gott mir gegeben! Gott hat mich geschützt! – Der tut nicht, was alle tun. Das ist ein Zeichen, daß du auf dem Weg zum Leben bist.
Wer sich von Gott etwas sagen läßt, wer alles liegen läßt, und auf Gottes Wort hört – – mit anderen Worten, wer den Feiertag heiligt – – der ist durch die enge Pforte gegangen, von der Jesus spricht. Denn es ist eng, unangenehm, anstrengend, am Sonntag sich aufzumachen. Ein Teil von uns möchte oft lieber tun, was alle tun.
Wer Vater und Mutter ehrt – wer die Menschen, die für uns da sind, wo wir es nicht können, aber brauchen, wer merkt, daß es von Gott kommt, daß Vater und Mutter ihren eigenen Egoismus überwinden, um für mich dazusein, und wer deshalb die Eltern für ganz kostbar hält, und annimmt, was sie sagen, der ist auf dem schmalen Weg zum guten Ziel mit Gott.
So ist es mit allen Geboten.
Aber nicht nur das, liebe Konfirmanden!
Jedes Hauptstück in unserem Katechismus ist ein Ruf Gottes: Hier ist der Weg! Komm durch diesen Eingang! Hör auf mich, und guck nicht nur auf das, was alle tun! Da ist Gott nicht dabei.
Der Glaube zeigt mir: Gott hat mich geschaffen und alles gegeben. Nicht nur das, sondern Gott ist der Vater – Gott will, daß es mich gibt. Ich bin Gottes Idee – das habt ihr in eurem Lied gesungen. Der Glaube zeigt dir: Jesus hat alles getan, daß deine Sünden, deine Fehler, deine Dummheiten, dich nicht kaputtmachen müssen. Der Heilige Geist fügt dich ein in die Kirche, in die Gemeinde, da hast du deinen festen Platz, da gehörst du dazu. Da wird Gott dir Seine Liebe noch einmal ganz neu zeigen, und dir auch zeigen, wie du für andere da sein kannst. Das tun nicht alle, aber das haben auch nicht alle.
So ruft auch das Abendmahl und sagt: Hier ist der richtige Eingang zum Leben mit Gott! So bleibst du auf dem Weg zum Leben. Im Abendmahl ist Jesus selbst ganz da. Was Er gesagt und getan hat, das kommt zu dir. Es ist eine enge Pforte, daran erinnert zu werden: Mein lieber Freund, du bist ein Sünder, du brauchst Vergebung. Komm zurück zu Gott, komm zurück auf den Weg! – – – Das haben nicht alle. Aber ihr gehört zu den wenigen, die diesen Weg gefunden haben. Ihr habt schon längst Übung darin, auf diesem Weg zu sein! Denkt an die Kerze, die in jedem Unterricht dabei war. Diese Begleitung soll weitergehen, und kann weitergehen.
Geht immer wieder den nächsten Schritt; Gott ruft euch. Die Taufe ruft euch, Gottes Wort in der Bibel und im Gottesdienst ruft euch, das Abendmahl und die Beichte rufen euch. Hier ist die Tür, hier ist der Weg zum Leben.
Ihr werdet diesen Ruf oft hören durch die Stimme des Pastors. Er hat die Aufgabe, die Gebote und den Glauben immer wieder so zu sagen, daß ihr – und wir alle – den breiten Weg verlassen und die enge Pforte finden.
Hier stellt Jesus auch wieder eine Warnung auf: Es gibt falsche Propheten oder Lehrer – oder Pastoren – vor denen Christen sich hüten sollen. Er sagt: „Hütet euch vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“ Was für ein Bild. Ein Wolf, der sich als Schaf verkleidet, um so zu den Schafen zu kommen, damit er sie reißen kann. Die Schafe denken: Er ist einer von uns. Aber er ist es nicht.
Was passiert da? Ein Wolf will Schafe fressen. Schafe wollen nicht gefressen werden, also muß der Wolf sich verkleiden. Als Schaf.
Was bedeutet das? Ein Prophet, der der Gemeinde nur zeigen will: Ich bin einer von euch, und weiter nichts. Ein Prediger, der alle auf dem breiten Weg gehen läßt, der nie von der engen Pforte spricht, der hofft, daß er bei den Menschen ankommt, der hofft, daß man ihn mögen wird, weil er nur das bestätigt, was alle sagen. Dann denken die Schafe: Das ist schon Gottes Wille. Ich bin in Sicherheit. Aber sie sind auf dem Weg ohne Gott. Das hat kein gutes Ende. Darum nennt Jesus sie reißende Wölfe. Sie zeigen nicht den Weg, der zum Leben führt, wie Gott ihn vorgegeben hat.
An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Rufen sie zu der engen Pforte? Sprechen sie über die Gebote, über Gottes Wort aus der Bibel? Zielen sie auf den Glauben an Gott, oder bringen sie etwas anderes, was interessant, oder lustig, oder angenehm erscheint, aber zum breiten Weg gehört?
Liebe Konfirmanden! Ihr bekommt heute Gottes Segen. Dieser Segen wird euch helfen, immer wieder auf Gottes Stimme zu hören, und auf dem Weg zu bleiben.
Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum ewigen Leben. Amen.


Foto: Michael Liebers

Jubilate

Der HERR ist auferstanden –
Er ist wahrhaftig auferstanden!
Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus. Amen.

16 Jesus sprach zu seinen Jüngern: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen.
17 Da sprachen einige seiner Jünger untereinander: Was bedeutet das, was er zu uns sagt: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen; und: Ich gehe zum Vater?
18 Da sprachen sie: Was bedeutet das, was er sagt: Noch eine kleine Weile? Wir wissen nicht, was er redet.
19 Da merkte Jesus, daß sie ihn fragen wollten, und sprach zu ihnen: Danach fragt ihr euch untereinander, daß ich gesagt habe: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen?
20 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden.
21 Eine Frau, wenn sie gebiert, so hat sie Schmerzen, denn ihre Stunde ist gekommen. Wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, daß ein Mensch zur Welt gekommen ist.
22 Und auch ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.
23 An dem Tag werdet ihr mich nichts fragen.
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch:
Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er’s euch geben.
24 Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, so werdet ihr nehmen, daß eure Freude vollkommen sei.

Johannes 16, 16-25

Gebet: HERR, segne Dein Wort an uns, Dein Wort ist die Wahrheit. Amen.

Liebe Gemeinde!
In Baden-Württemberg kann man oft am Telefon eine freundliche Stimme hören die sagt: „Ein kleiner Moment bitte!“
Ich konnte mich nicht an die falsche Grammatik gewöhnen, aber in der Region konnte man sich darauf verlassen, daß der Moment wirklich ein kleiner war.
Im Original heißt es bei Luther: „Über ein Kleines, so werdet ihr mich nicht sehen, und aber über ein Kleines, so werdet ihr mich sehen.“ Ein „Kleines“ ist auf jeden Fall kürzer, als eine „kleine Weile“.
Eltern sagen das auch zu ihren Kindern: „Nicht mehr lange! Nur noch einmal schlafen!“ Eine kurze, überschaubare Zeit, dann ist es vorbei, oder dann ist es soweit. Das hältst du durch!

Jesus spricht mit seinen Jüngern am letzten Abend vor seiner Kreuzigung. Ein Donnerstagabend.
Eine kleine Weile werdet ihr mich nicht sehen – das klingt fast wie ein harmloses Versteckspiel. – Und dann werdet ihr mich wieder sehen. – Fast, als wäre nichts gewesen!

Diese Kleine Weile sieht aber so aus:
Sie werden Jesus, ihren Jesus nicht wiedererkennen, wie er sich gefangennehmen läßt, wie Haß und Feigheit, Lüge und Gier in Grausamkeit münden, der kleine Moment wird ganz ganz finster und gottverlassen. Am Freitagnachmittag wird er sterben. Er wird begraben werden. „Ihr werdet mich nicht sehen.“ Das ist schon eine krasse Untertreibung! – „Ihr werdet zusehen, wie ich nicht mehr sein werde. Ihr werdet mein Ende überdeutlich mit allen Sinnen eingebrannt bekommen.
Zu dieser kleinen Weile gehört dann auch der ganze Tag im Grab. Das war der große Sabbat der Grabesruhe. Der Sonnabend.
Und „aber über ein Kleines“ – „abermals eine Kleine Weile“ – noch ein kleiner Moment – noch einmal schlafen, liebe Jünger – dann „werdet ich mich sehen!“
Das war dann am Sonntag. Da haben ihn die traumatisierten Jünger wieder gesehen. Das war kein Wiedersehen, wie nach einem Versteckspiel, oder wie nach einer kurzen Reise.
Als Jesus ihnen dann sein Hände und seine Seite zeigte,
„da wurden die Jünger froh, daß sie den HERRN S A H E N,“ berichtet Johannes am Ostertag (Johannes 20, 20).
Liebe Gemeinde – das war das Wiedersehen aller Wiedersehen. Das war ein Wiedersehen, das ist größer als das Leben selbst. Es war ein Wiedersehen mit dem Leben.

Natürlich begriffen die Jünger nichts. Sie konnten nichts begreifen. Aber die Worte ihres HERRN, die nahmen sie mit in diesen kleinen Moment. Jünger Jesu bewahren die Worte Gottes, ob sie sie in dem Moment verstehen oder nicht, bis diese Worte ihren Moment bekommen und ihre Wahrheit aufgeht.
„Wir wissen nicht, was er sagt, was ist das: Eine kleine Weile?“ Nicht wissen, fragen. Das ist eine Grenze. Eine Grenze, die unerträglich werden kann. Eine Grenze, die einem zeigt, wie wenig man weiß, wie wenig Macht man eigentlich hat.
Jesus bestätigt das auch noch: „Da merkte Jesus, daß sie ihn fragen wollten, und sprach zu ihnen: Danach fragt ihr euch untereinander, daß ich gesagt habe: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen?“
Damit macht Jesus klar: Ich kenne deine Frage. Ich trage deine quälende Frage mit. Ich weiß, daß du dringend eine Antwort suchst. Die Frage kann eine zermürbende Last werden. Jesus trägt diese Last schon jetzt mit.
Doch diese Frage ist nicht nur ein persönliches Problem der Jünger. Denn Jesus sagt weiter:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen.“ Amen, Amen. Bei Gott, dies ist unfehlbar wahr: Ihr werdet verzweifeln fern der Freude. Aber die Welt wird triumphieren und sich bestätigt und im Recht glauben.
Das ist eine Steigerung. Das rätselhafte Wort wird zu einer Hölle.
Als die Jünger Jesus „nicht sahen“, in dieser kleinen Weile vom Karfreitag zum Ostermorgen, da wurde Jesus ja vor ihren Augen widerlegt, negiert, vernichtet, verflucht und verdammt. Seine Predigten, die Gottes Wort wieder so nahe brachten, wie zuletzt im Paradies, so daß die Seele dem Himmel nahe war. Dieser Ruf, der die Sünde so ekelhaft machte, daß ein Mensch einfach umkehren MUSSTE. Dann die Zuwendung zu den aufgegebenen und verlorenen Menschen. Gott hatte die verkrochenen, verkümmerten ans Licht geholt. Die Besessenen befreit. Die Gnade gebracht. Die Hungrigen gespeist. Das Gebet erneuert.
Liebe Gemeinde, das war ein Sonnenaufgang, ein Frühling, eine Neuschöpfung …. das hatten die Jünger mit ihren eigenen Augen gesehen. Und an diesem finsteren, schwarzen, schweren Hammerschlag von Tag – da sahen sie es nicht mehr.
Die Welt rieb sich die Hände. Dieser Sonnenaufgang, dieser Frühling war ein Irrtum. Es war keine Neuschöpfung. Jesus brauchte man nicht ernstnehmen. Die Hoffnung war eine Illusion, der Glaube hatte keinen Grund. Das Aufatmen war nichts. Die Welt konnte zurück zur Tagesordnung. Das Böse siegt immer.
Liebe Gemeinde! Die Seele traut sich nicht mehr, zu glauben und zu vertrauen. Dabei ist das ihr Leben. Die Seele scheint in dieser Welt keinen Platz zu haben. Die Jünger hatten es erlebt, wie es ist, wenn die Seele da sein darf. Sie wußten, wie es ist, die Wahrheit von Gott zu hören, die stärker ist, als Lüge und Manipulation.
Und das sahen sie nicht mehr.
Die Hohenpriester und Pharisäer versiegelten das Grab, in dem Jesus endgültig unsichtbar gemacht werden sollte. Hinter einem großen, schweren Stein. Das war die Freude der Welt. Glaube, Liebe und Hoffnung – die sind nicht entscheidend. An diesem Grab kann man es genau studieren, dieser stumme, schwere, unerbittliche Stein ist der Beweis. Das ist die Freude der Welt.
Und das war das Weinen und Klagen der Jünger.
„Ihr werdet traurig sein,“ sagt Jesus, „doch eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden.“ Die Traurigkeit ist eine Realität. Aber die Traurigkeit, die ihr meinetwegen habt, die wird verwandelt werden. Das Schwere, das Dunkle, das Rätselhafte, das Unverständliche, das Unbegreifliche, das wegen Jesus bei dir ist, das wird er höchstpersönlich verwandeln. „Gott wird abwischen alle Tränen.“ (Offenbarung 21, 4). Diese Tränen werden das kostbarste sein, was du aus diesem Leben in die Ewigkeit mitnimmst, denn diese Tränen beweisen, daß du nicht von dieser Welt bist. Jakobus sagt uns: „Wißt ihr nicht, daß Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott ist? Wer der Welt Freund sein will, der wird Gottes Feind sein.“ (Jakobus 4,4).
Jesus erklärt diese Traurigkeit, die die Jünger Seinetwegen haben, zu Geburtswehen. Sie führen nicht zum Tod, sondern zu neuem Leben. Sie enden nicht in Verzweiflung, sondern in neuer Schöpfung. Die ganz real gespürten Leiden im Glauben nimmt Gott und verwandelt sie in neues Leben.
Traurigkeit um Jesu willen. Das ist Traurigkeit darüber, wie sehr du doch Teil dieser Welt bist, die Glaube, Liebe und Hoffnung nicht für voll nehmen kann. Traurigkeit darüber, wie sehr du mitlügst, mitstiehlst, mitehebrichst, wie sehr du mit der Welt nicht wahrhaben willst, daß das, was du vor Gott bist, größer, wichtiger, schöner und stärker ist, als das, was du vor den Menschen, oder vor dir selbst bist.
Die Freude der Welt ist: Stehlen funktioniert! Ehebrechen funktioniert! Gottes Wort mit Füßen treten funktioniert!
Die Welt freut sich, wenn Gott verdrängt wird, sie freut sich, wenn sie ihr eigener Gott sein kann, und die Kinder Gottes unbedeutend und verschüchtert dastehen.
Das ist zum Klagen und Weinen. Diese Tränen sammelt Gott ein. Und noch eine kleine Weile, dann wird Er sie uns als Teil eines neuen Lebens wieder geben.
Dieses Leiden wird der Punkt sein, an dem Gott dich zur Freude abholt. Im Namen Jesu, des Gekreuzigten und Auferstandenen. Nur noch einmal schlafen!
Das größte Wort für mich heute ist die Verheißung: „An dem Tage werdet ihr mich nichts fragen.“ In einer Ostergeschichte heißt es dann auch: „Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wußten, daß es der Herr war.“ (Johannes 21, 12). Die Antwort, Gottes Antwort war jetzt da, für immer. Das hebräische Wort für Totenreich, oder Hölle, heißt „sche‘ol“, und das hebräische Wort für „fragen“ ist „scha’al“. Die Hölle ist der Ort ohne Antworten. Der Auferstandene Jesus ist die Antwort. Aber er ist die Antwort, die alle Fragen, auch den Ort der schrecklichsten Fragen, die Hölle, durchlitten hat, auf sich genommen hat. Jesus ist die Antwort des Lebens auf die Antwortlosigkeit des Todes. Der schwere, stumme, harte, teilnahmslose und endgültige Stein war WEG vom Grab.
Noch einmal schlafen, und die Antwort ist da. Die Lösung, die Erklärung von Gott für dein Leben.
Es geht noch weiter. Jesus sagt: Ihr werdet an dem Tage nichts fragen, aber was werdet ihr tun? Ihr werdet bitten in meinem Namen. „Lieber Gott, im Namen Jesu, der schon jetzt Deine Antwort ist, und an den ich glaube, in Seinem Namen bitte ich dich.“ – Das ist groß. Wo Gottes Antwort ist, da ist die Hölle der Fragen ohne Antworten beendet.
Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Quasimodogeniti

Der HERR ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden!
Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus.
Amen.

23 Jakob stand auf in der Nacht und nahm seine beiden Frauen und die beiden Mägde und seine elf Söhne und zog an die Furt des Jabbok,
24 nahm sie und führte sie über das Wasser, sodaß hinüberkam, was er hatte,
25 und blieb allein zurück.
Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte anbrach.
26 Und als er sah, daß er ihn nicht übermochte, schlug er ihn auf das Gelenk seiner Hüfte, und das Gelenk der Hüfte Jakobs wurde über dem Ringen mit ihm verrenkt.
27 Und er sprach: Laß mich gehen, denn die Morgenröte bricht an. Aber Jakob antwortete: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.
28 Er sprach: Wie heißt du? Er antwortete: Jakob.
29 Er sprach: Du sollst nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel; denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und hast gewonnen.
30 Und Jakob fragte ihn und sprach: Sage doch, wie heißt du? Er aber sprach: Warum fragst du, wie ich heiße? Und er segnete ihn daselbst.
31 Und Jakob nannte die Stätte Pnuël; denn, sprach er, ich habe Gott von Angesicht gesehen, und doch wurde mein Leben gerettet.
32 Und als er an Pnuël vorüberkam, ging ihm die Sonne auf; und er hinkte an seiner Hüfte.

1. Mose 32, 23-32

HERR, segne Dein Wort an uns, Dein Wort ist die Wahrheit. Amen.

Liebe Gemeinde!
Wie soll da Ostern drin sein?
Das hab ich mich ehrlich gefragt.
Heute, am Sonntag Quasimodogeniti- also: „Nach der Weise der neugebornen Kinder“ – daß wir Christen das Evangelium einsaugen, begierig aufnehmen sollen, wie die neugebornen Kinder die Muttermilch (1. Petrus 2,2).
An dem Sonntag vom Ungläubigen Thomas, der gläubig wurde, und zu dem Jesus sagte: „Selig sind, die nicht sehen, und doch glauben!“ (Johannes 20,29) – – sollen wir tief ins Alte Testament zurückgehen, zu Jakob. Ein unheimlicher Kampf in der Nacht. Ein Sonnenaufgang, ein Segen, ein Hinken.
Was hat das mit Ostern zu tun?
Jakob steht vor einer schweren Begegnung mit seinem Bruder Esau. Jakob hatte als der jüngere Zwillingsbruder Esau mit List um das Erstgeburtsrecht und den Segen gebracht. Das ist Jahre her. Nun werden sie einander begegnen. Beide sind reich geworden. Esau hat sogar so etwas wie eine private Armee.
Kein Wunder, daß Jakob in Sorge ist!
Wie wird Gottes Segen sich bemerkbar machen?
Wir hören, daß Jakob seine Familie und seinen Besitz als erstes über einen Fluß befördert. Er bleibt allein zurück.
Er wird gebetet haben. Und dann der Kampf mit einem „Mann“. Ein Ringen im Ernst. Jakob kämpft um sein Leben.
Man hat viel über diesen Kampf nachgedacht. Wer ist dieser unheimliche Feind, der sich an dieser kritischen Stelle in Jakobs Leben ihm in den Weg stellt? Der plötzlich alles in Frage stellt, was Jakob bis dahin mit Gott erlebt hatte? War es der Teufel? War es ein Flußgott? War es Jakobs schlechtes Gewissen seinem Bruder gegenüber? Ein schlechtes Gewissen kann wirklich ein sehr sehr mächtiger Feind sein in den dunklen, einsamen stillen Stunden der Nacht! – Jakob selbst weiß es: Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen.
Gott selbst hat sich ihm in den Weg gestellt. Gott selbst wollte Jakob seine Kraft und die Grenzen seiner Kraft spüren lassen.
Lutherische Ausleger sehen in diesem geheimnisvollen Mann, der wirklich als ein leiblicher Mann mit Jakob kämpfte den ewigen Sohn Gottes, der im Alten Testament die Kinder der Verheißung begleitet hat, und ihnen von Zeit zu Zeit erschienen ist.
Normalerweise ist es ja so: Wenn Gott dich deine Grenzen deiner Kraft erfahren läßt, dann bedeutet das: Du kannst weniger, als du denkst, du verdankst Gott mehr, als du meinst. Doch hier ist es anders. Jakob kämpft, was das Zeug hält, und er besiegt den Mann. Er hält ihn, als er gehen will, weil der Morgen anbricht.
Es ist ein merkwürdiges Gespräch.
„Er sprach: Laß mich gehen, denn die Morgenröte bricht an. Aber Jakob antwortete: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ Warum will er nicht bei Tageslicht gesehen werden? Ich weiß es nicht. Es ist einfach nicht die Zeit, Jakob soll nicht mehr sehen oder erkennen.
Jakob kämpft um den Segen. Er hat im Kampf, in der Nacht gemerkt, daß er möglicherweise alles verlieren kann. „Wer mir alles wegnehmen kann, der kann mir auch alles geben!“ Darum kämpft er mit Worten weiter: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!“ Diese Worte schallen und klingen seitdem als Motto für Gebete, für verzweifelte, mutige Gebete durch das Volk Gottes. Wenn du nehmen kannst, dann kannst du auch geben!! –
Hier läßt Gott den Jakob seine eigene, also Jakobs, Kraft erfahren. Hier heißt es nicht: Überschätze dich nicht! , sondern: Unterschätze dich nicht! Gott läßt sich überwinden!
Jakob hatte ja Gottes Segen schon erfahren. Ja, Jakob stand in der Linie: Abraham, Isaak und …. Jakob. Das war die Segenslinie Gottes für die gesamte Menschheit. Also hat Jakob hier nicht nur für sich selbst gekämpft im Gebet, im Ringen mit Gott, sondern für alle, die Gottes Segen ererben sollten, da gehören wir dazu!
Ist Jakob jetzt etwa stärker als Gott? Was macht Jakob so stark? Es ist der Glaube. Aber nicht der Glaube an sich selbst, sondern der Glaube an Gottes Verheißung. Gott hatte sich festgelegt. Er hat sein Wort gegeben. Er hat Abraham versprochen, daß durch seinen Nachkommen die Menschheit gesegnet werden soll. Diesen Segen wollte Jakob in der Krise noch einmal zugesichert bekommen. Er nahm, ja, er ergriff Gott bei Seinem Wort.
Jesus ist die Erfüllung dieser Verheißung. Wer an ihn glaubt, der ist Vollerbe des Segens Abrahams. Darum liegen die alten Lutherischen Ausleger nicht daneben, wenn sie sagen, daß der Sohn Gottes, das Wort, das Fleisch werden würde, daß diese Person in der Gestalt eines Mannes mit Jakob gekämpft hat. Gekämpft mit dem Ziel, daß Jakob erlebt: Durch den Glauben an die Verheißung, durch das Trotzen auf den Segen, läßt Gott sich überwinden.
Jakob nimmt zwei Dinge mit aus diesem Kampf:

  1. einen Neuen Namen: Israel: „Du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und hast gewonnen“. Ein weltgeschichtlicher Name geht aus dieser Nacht hervor. Ein Mensch, der mit Gott kämpft um Gottes Wort und Verheißung, der ist ein Israelit.
  2. eine Verletzung. Jakob hinkt. Das scheint kein Vorteil zu sein. Es ist eher eine Schwäche, ein Leiden, ein Hindernis, aber ein Segen? – – – Nun. Diese Verletzung wird ihn an diesen Kampf erinnern. Jeder Schritt, den er geht, wird ihn daran erinnern: „Ich habe gegen Gott gekämpft und gewonnen.“ Jeder Schritt, gerade, wenn er beschwerlich ist, wird ihm sagen: „Du bist Israel, Gott segnet dich!“
    Davon können Christen auch sprechen. Es gibt Leiden, es gibt Verzichte, es gibt schwere Zeiten, die auch Spuren hinterlassen. Aber sie stärken den Glauben und führen zu Gott und die Erinnerung ist dann nicht eine Erinnerung an einen Verlust, sondern an den Segen der Begegnung mit Gott.

Liebe Gemeinde! Was hat diese Geschichte mit Ostern zu tun?
Ich tue mich immer noch schwer mit dieser Frage.
Jakob kam in diese Krise in der Nacht aus zwei Gründen.
Einmal, weil er Träger der Verheißung Gottes war. Gott hatte ihn berufen und gesegnet. Ohne dies hätte Jakob nicht diesen Kampf gehabt.
Zweitens, Jakob war schuldig geworden. Er hatte Grund, sich vor der Begegnung mit seinem Bruder Esau zu fürchten.
Was würde stärker sein: Die Verheißung oder die Schuld?
Durch seinen Glauben war Jakob so stark wie die Verheißung.
Darum war die Verheißung stärker als die Schuld.
Das hat Jakob erlebt. Darum hat Gott ihm den neuen Namen gegeben.
Bei Jesus spitzt sich das zu: Die Schuld der ganzen Menschheit versammelt sich über ihn und zeigt ihre ganze Wucht, die große Last, die Nacht der Bosheit fällt über ihn her, und stellt alles in Frage, was er gesagt und getan hat, alle Heilung, alle Gnade, alle Liebe, alle Hilfe, alle Wahrheit.
Aber Jesus vergibt und betet bis zuletzt. Und wird erhört. Die Verheißung ist stärker als das Böse.
Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Bild: Initiale E, Egerton 1066 (13. Jahrhundert)

Ostermontag

Der HERR ist auferstanden –
er ist wahrhaftig auferstanden!
Gnade sei mit euch und Friede
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus.
Amen.

13 Und siehe, zwei von ihnen gingen an demselben Tage in ein Dorf, das war von Jerusalem etwa zwei Wegstunden entfernt; dessen Name ist Emmaus.
14 Und sie redeten miteinander von allen diesen Geschichten.
15 Und es geschah, als sie so redeten und sich miteinander besprachen, da nahte sich Jesus selbst und ging mit ihnen.
16 Aber ihre Augen wurden gehalten, dass sie ihn nicht erkannten.
17 Er sprach aber zu ihnen: Was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt unterwegs? Da blieben sie traurig stehen.
18 Und der eine, mit Namen Kleopas, antwortete und sprach zu ihm: Bist du der Einzige unter den Fremden in Jerusalem, der nicht weiß, was in diesen Tagen dort geschehen ist?
19 Und er sprach zu ihnen: Was denn? Sie aber sprachen zu ihm: Das mit Jesus von Nazareth, der ein Prophet war, mächtig in Taten und Worten vor Gott und allem Volk;20 wie ihn unsre Hohenpriester und Oberen zur Todesstrafe überantwortet und gekreuzigt haben.
21 Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Und über das alles ist heute der dritte Tag, dass dies geschehen ist.
22 Auch haben uns erschreckt einige Frauen aus unserer Mitte, die sind früh bei dem Grab gewesen,
23 haben seinen Leib nicht gefunden, kommen und sagen, sie haben eine Erscheinung von Engeln gesehen, die sagen, er lebe.
24 Und einige von uns gingen hin zum Grab und fanden’s so, wie die Frauen sagten; aber ihn sahen sie nicht.
25 Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben!
26 Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?
27 Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war.
28 Und sie kamen nahe an das Dorf, wo sie hingingen. Und er stellte sich, als wollte er weitergehen.
29 Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben.
30 Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach’s und gab’s ihnen.
31 Da wurden ihre Augen geöffnet und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen.
32 Und sie sprachen untereinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete?
33 Und sie standen auf zu derselben Stunde, kehrten zurück nach Jerusalem und fanden die Elf versammelt und die bei ihnen waren;
34 die sprachen: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und Simon erschienen.
35 Und sie erzählten ihnen, was auf dem Wege geschehen war und wie er von ihnen erkannt wurde, als er das Brot brach.

Lukas 24, 13-35

Gebet: Lieber Gott, bitte sei Du selbst dabei, wenn wir Dein Wort hören und zu Herzen nehmen. Amen.

Liebe Gemeinde!
Diese wunderbare Ostergeschichte hat Modellcharakter. Das heißt, man kann unendlich viel daraus erkennen und lernen. Sie spricht, und hört nicht auf, zu sprechen, sie zeigt, und das tut sie ohne Aufhören. Diese Eigenschaften allein weisen darauf hin, daß sie von einer neuen Wirklichkeit berichtet; einer Wirklichkeit, die neu bleibt, und nicht veraltet.
Was hören und sehen wir in der Geschichte von den Emmaus-Jüngern?

  1. Diese Jünger folgern aus dem Kreuz und Tod Jesu, daß es mit ihm aus ist. Sie verlassen Jerusalem und kehren in ihr früheres Leben zurück. Was sie gesehen haben, das haben sie gesehen: Jesus gefangen, verurteilt, hingerichtet, begraben. Das war’s. So war es bei allen Jüngern, auch bei den Frauen, die noch den Toten salben wollten.
    Hier war keine Stimmung, von „Jetzt erst recht!“. Sie hatten keinen Wunsch in sich, daß Jesus doch noch irgendwie „Da sein“ muß. Zu allen Zeiten wird den Jüngern unterstellt, daß sie von dem Schock der Kreuzigung so traumatisiert waren, daß sie sich die Auferstehung Jesu einfach zum Trost einredeten und also an einen Wunschtraum glaubten. – Diese Theorie ist ein Wunschtraum. Denn keine Ostergeschichte beweist das. Alle hatten mit Jesus abgeschlossen. Es gab Trauer über einen, den sie geliebt und verehrt hatten, der aber nicht mehr da war.
  2. Diese Trauer wird gesteigert durch eine Erwartung, die Jesus nie bedient hatte: „Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde.“ Also die Hoffnung, daß der Messias Israels ein politischer Messias sein würde: Die römischen Besatzer des Heiligen Landes würde dieser bekämpfen und besiegen, und die Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs zu einer neuen Macht zu führen. Mit politischem, wirtschaftlichem und sozialem Erfolg. Davon träumten sie immer noch, obwohl Jesus sich für diesen Traum niemals zur Verfügung gestellt hatte. – Die Jünger hatten nicht nur abgeschlossen; sie hatten auch nicht dazugelernt, sondern hielten an einem verfehlten Wunschtraum fest.
  3. Weiter qualifizierten sie sich nicht, indem sie vergaßen, daß Jesus ihnen mehrfach vorhergesagt hatte, daß er leiden, sterben und auferstehen würde. Nicht einmal das hatten sie abgespeichert. Und wenn sie es abgespeichert hatten, dann waren das für sie unwirkliche Worte, die ihnen nichts zu sagen hatten.
  4. Zu allen Zeiten werden Christen die Zeugen der Auferstehung beneiden: „Hatten die es gut! Sie haben ihn wirklich gesehen!“ – Wer das sagt, muß unbedingt mitbedenken, daß die Augen nichts halfen. Jesus steht vor den Jüngern – wie auch vor Maria von Magdala – und sie erkennen ihn nicht. Die Emmaus – Jünger gehen mit dem Auferstandenen eine gute Strecke, und ihre Augen helfen ihnen gar nicht zum Glauben. Darum brauchen wir sie nicht zu beneiden. Der Glaube kommt von woanders.
  5. Der Glaube entsteht erstens dadurch, daß Jesus, der Auferstandene – sich selbst ihnen naht. Er kommt zu ihnen. Es ist sein Wille. Was ihre Herzen erfüllt an Trauer, Sorge, Angst, Enttäuschung zieht ihn nicht herbei. Im Gegenteil, was ihre Herzen erfüllt, macht sie blind für ihren Herrn. Sie erkennen ihn nicht. Auch unser Glaube beginnt damit, daß Jesus sich uns zuwendet, für uns entscheidet, ja, uns unerkannt begleitet.
  6. Jesus hat ein Ohr für alle Zweifel: „Er sprach aber zu ihnen: Was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt unterwegs?“ fragt er. „Da blieben sie traurig stehen.“ Sie schütten ihr Herz aus. Sprechen alles aus, was sie bekümmert. Das wird Jesus nicht zuviel. – Auch das gehört zu unserem Glauben, daß das Herz nicht verstummen soll. Kein Kummer ist zu groß, zu klein, zu lächerlich, wie auch immer. Es darf alles vorkommen.
  7. Aber es bleibt nicht dabei. Jesus der Auferstandene sagt dazu ein großes: „O!“ – Da hätte ich gerne mal den Ton gehört, der da die Musik gemacht hat! Die ganze Verzweiflung, der ganze Jammer war raus, und lag da. Und die Antwort darauf: „ O!“- Jesus kann das alles verkraften und vertragen, es ist ihm niemals zu kompliziert. Aber das jetzt geht es erst richtig los! „Ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben!“ – Ihr Toren! Ihr denkt, ihr seid am Ende! Ach nein. – Wir Menschen mögen es nicht, wenn unser Kummer und unsere Zweifel beleidigt werden. Aber wie sollen sie denn ihre Macht verlieren über uns, wenn nicht einer kommt, und sie beleidigt? In der Depression erscheint dem Menschen sein Leid und seine Last wie eine unausweichliche Notwendigkeit: „Es muß so sein, es kann nicht anders sein und wird niemals anders werden, und nichts kann das ändern.“ Jesus hört sich das alles liebevoll und geduldig an. Um es hinweg zu tragen. Darum darf er das beleidigen.
  8. Er spricht von einer anderen Notwendigkeit. „Mußte nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?“ – Das ist notwendig. Das Kreuz war kein Unglück, keine Widerlegung Jesu. Es mußte sein. So ist Christus in seine Herrlichkeit eingegangen. Er hat Verrat, Verschwörung, Versagen, Verleugnung, Demütigung, und alles andere auf sich genommen, um es zu überwinden und zu entmachten.
  9. Die Lösung sieht anders aus, als das Problem. Jesus erzählt Geschichten. Er liefert keine Argumente mit Logik und Beweisen, sondern erzählt das Alte Testament. Das ist eine Beleidigung für die menschliche Vernunft. – Aber war denn die Vernunft nicht gerade an ihr Ende gekommen in Trauer und Verzweiflung? – Sie soll jetzt keine Vorschriften machen, sondern einfach zuhören. Nicht Sehen, sondern Hören macht den Glauben.
  10. Der Auferstandene wird nicht ohne Heilige Schrift erkannt. Wer die Auferstehung sucht, wer die Überwindung des Todes kennenlernen will, kommt an der Heiligen Schrift nicht vorbei. Hier ist das Wort, das Himmel und Erde geschaffen hat, hier ist das Wort, das uns zu Gott bringt und alles tut, was Gott an uns tun will. Es ist das Wort, das die Geschichte in Gang gebracht hat, die zu Jesus führte. Im Alten Testament werden die Koordinaten und Weichenstellungen gegeben, die Kreuz und Auferstehung verständlich und fruchtbar machen. Man kann nicht die Auferstehung suchen, und gleichzeitig das Alte Testament ignorieren. Hier finden wir die Worte, die in Jesus ans Ziel kommen, sie sind der Anfang der Ostergeschichte.
  11. Die Emmaus Jünger sagen: Daß ihnen das Herz brannte, als Jesus ihnen die Schrift öffnete. Das Herz wird von der alten Notwendigkeit der Depression gelöst, während es die Worte der Schrift hört. Eine neue Notwendigkeit tut sich auf: Jesus mußte kommen und alles tun und sagen und tun, was er gesagt und getan hat. – Ja, das mußte sein! So, und nicht anders! – Jede Predigt zielt darauf, diese neue Notwendigkeit dem Herzen nahe zu bringen, und mit der Hilfe des Heiligen Geistes geschieht das auch.
  12. Die Jünger werden wie Kinder, die ihre Eltern anbetteln, nicht mit dem Vorlesen aufzuhören, weil es so spannend ist: „Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneiget.“ Hier ist Licht, hier ist Tag. Wenn diese Erzählung aufhören sollte, kommt die Nacht zurück. Nein! Diese Geschichte ist jetzt notwendig! Bleibe bei uns!
  13. „Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben.“ – Da zeigt er sich. Im Brotbrechen. Im Sakrament. Ohne das Abendmahl darf nicht über die Auferstehung gesprochen werden. Das hat der Auferstandene selbst so festgelegt. Wir dürfen das nicht eigenmächtig voneinander trennen. Der Glaube an die Auferstehung ist nicht nur eine Erkenntnis neben anderen Ideen oder Gedanken, die man haben kann, oder nicht. Dieser Glaube ist der Anfang der Neuen Schöpfung, und dazu gehört auch die Gemeinschaft mit dem Auferstandenen. Eine leibliche Gemeinschaft.
  14. Dann sehen sie ihn – für nicht mal einen Moment. Aber es reicht: „Da wurden ihre Augen geöffnet und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen.“ – Er verschwand – aber er blieb. Nun trauerten sie ihm nicht mehr nach. Im Gegenteil!
  15. Jesus hat sie umgeschaffen. – Alle Ostergeschichten beginnen mit dem Zweifel, der Trauer, und enden damit, daß die Zeugen sich aufmachen, und es den anderen erzählen. Die Osterwirklichkeit breitet sich aus. Es gibt kein Zurück mehr. – Von Emmaus bis Berlin, oder wo ihr auch seid, die mit den Emmausjüngern aufatmen. Für immer aufatmen.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der regiere und bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Bild: Fritz von Uhde-Der Gang nach Emmaus (1891)

Osternacht

Der HERR ist auferstanden – Er ist wahrhaftig auferstanden!

Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus. Amen.


13 HERR, unser Gott, es herrschen wohl andere Herren über uns als du, aber wir gedenken doch allein deiner und deines Namens.
14 Tote werden nicht lebendig, Schatten stehen nicht auf; darum hast du sie heimgesucht und vertilgt und jedes Gedenken an sie zunichtegemacht.
15 Du, HERR, mehrst das Volk, du mehrst das Volk, beweist deine Herrlichkeit und machst weit alle Grenzen des Landes.
16 HERR, wenn Trübsal da ist, so suchen wir dich; wenn du uns züchtigst, sind wir in Angst und Bedrängnis.
17 Gleich wie eine Schwangere, wenn sie bald gebären soll, sich ängstigt und schreit in ihren Schmerzen, so geht’s uns auch, HERR, vor deinem Angesicht.
18 Wir sind auch schwanger und uns ist bange, und wenn wir gebären, so ist’s Wind. Wir können dem Lande nicht helfen, und Bewohner des Erdkreises können nicht geboren werden.
19 Aber deine Toten werden leben, deine Leichname werden auferstehen. Wachet auf und rühmet, die ihr liegt unter der Erde! Denn ein Tau der Lichter ist dein Tau, und die Erde wird die Toten herausgeben.

Jesaja 26, 13-19

Gebet: O Du auferstandener HERR: Tod, Sünde, Leben und Gnade sind in Deiner Hand: Gehe auf über Deine Gemeinde als Sonne des Lebens, wirke an uns durch Dein Wort. Amen.

Liebe Gemeinde!
Auch diese Worte kommen Ostern ans Ziel. Auch diese uralten Worte des Propheten Jesaja – ehrfürchtig aufgeschrieben und bewahrt und voller Hoffnung weitergegeben – haben auf diese Nacht gewartet, um endlich ohne Fesseln oder Hemmungen frei heraus zu sprechen, und zu sagen, was sie immer meinten, von Anfang an.
Jesus steht gut für jedes dieser Worte.
Er hat sie mit sich in die Heilige Stadt genommen, als er sagte: „Sehet, wir gehen hinauf gen Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von des Menschen Sohn.“ (Lukas 18,31). Und nach Seiner Auferstehung geht Jesus mit den beiden Emmaus-Jüngern die Schriften des Alten Testaments durch und „öffnet“ sie, indem Er das Gesetz, die Propheten und Psalmen aufs Neue sprechen läßt: „Christus mußte leiden, und dann in seine Herrlichkeit eingehen.“ (Lukas 24, 26). Als der Auferstandene sagt Er zu Seinen Jüngern allen: „Es muß alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen.“ (Lukas 24, 44).
„Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt ist, …. der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm. Denn alle Gottesverheißungen sind Ja in ihm und sind Amen in ihm, Gott zu Lobe.“ (2. Korinther 1, 20).
Wir können und dürfen Jesaja nicht so verstehen und hören, als sei Jesus nicht von den Toten auferstanden. Jesus macht jedes dieser zu Worten gegen den Tod. Jesus ist Gottes „Ja“ ohne jedes „Nein“ in diesen Worten.
Der Heilige Geist, der ein Geist des Lebens gegen den Tod ist, der hat dieses Gebet gegen den Tod dem Propheten eingegeben – wie aus dem Nichts hat Jesaja sie gesagt hinein in das Volk Gottes. Dieses Gebet kommt von Gott zu uns, und spricht zu uns ins Ohr Gottes. Und wen Gott hört, der kann nicht tot sein. Denn Gott hat Seinen Sohn so sehr erhört, daß Er ihn für immer aus dem Tod erweckt hat.
Wir hören und beten diese Worte mit Jesus, dem auferstandenen Überwinder, gegen den Tod. Den eigenen, und den Tod aller. Können wir mitsprechen, mitbeten, uns mitanstellen in der Schlange, die aus dem Tod ins Leben kommen will, mit Jesaja?
Erstmal wird klar, was unsere Situation, aus der die Lebensworte uns rausholen:
„HERR, unser Gott, es herrschen wohl andere Herren über uns als du, aber wir gedenken doch allein deiner und deines Namens.
Tote werden nicht lebendig, Schatten stehen nicht auf; darum hast du sie heimgesucht und vertilgt und jedes Gedenken an sie zunichtegemacht.“
Mächte, die nicht Gott sind, haben Macht. Andere Herren. Das muß ausgesprochen werden. Der letzte Feind ist der Tod. (1. Korinther 15, 26). Er herrscht. Er hat Macht. Und er hat Verbündete. Zum Beispiel das Urteil des Gesetzes: Du hast Gottes Gesetz nicht gehalten. Der Tod ist das Ergebnis der Sünde. (Römer 6,23). Es sind aber auch Mächte wie die Lüge, wie das Begehren, sich von Gott nichts sagen zu lassen. Die Macht des Scheins: Auf einmal sehe ich, was ich alles nicht habe, und vergesse, was Gott mir Gutes getan hat.
Zur Zeit Jesajas waren diese Mächte ganz konkret als Götzen sichtbar, als militärische und wirtschaftliche Zentren, die im Dienste von Götzen gegen das Volk Gottes kämpften. Israel kam sich ihnen gegenüber klein, ohnmächtig und unbedeutend vor. Wie ein Nichts. Jesaja mußte gegen diese Verzweiflung anpredigen: Ihr seid nicht reich – aber Gott, die Quelle aller Guten Gaben ist bei euch! Glaubet Ihm! „Es herrschen andere über uns – – – Aber wir denken an Dich und Deinen Namen!“
Dieses Andenken an den Namen Gottes ist ein Wort gegen den Tod. So fängt es an.
So fängt das an, was in der Osternacht ans Ziel gekommen ist.
Alles sprach in Israel gegen dieses Andenken. Nicht nur die erschreckende Überlegenheit der Götzen, sondern auch die eigene Schwachheit, die Gott vergessen ließ – geblendet von Waffen, Reichtümern, schreierischer Propaganda.
Genau dieselbe Finsternis ist heute auch da: Euer Gott ist nichts, unbedeutend. Die Götzen, die mit der Sünde und dem Tod zusammenarbeiten, umgeben uns. Unzählige Waffen, unermeßliche Reichtümer, eine Sintflut von Bildern und Tönen umstellen die Menschen und beherrschen die Seelen.
Das Wort gegen den Tod sagt: Sei in deiner Seele völlig unbeeindruckt! Keiner ist, wie der HERR, keiner spricht, wie der HERR, keiner tut und gibt, wie der HERR gibt! Denke an ihn und Seinen Namen!
Dann sagt Jesaja etwas Unglaubliches: Diese anderen Herren sind jetzt schon tot. Sie sind jetzt schon Schatten. „Tote werden nicht lebendig, Schatten stehen nicht auf; darum hast du sie heimgesucht und vertilgt und jedes Gedenken an sie zunichtegemacht.“ Vor Jesus sind sie schon am Ende.
Denken wir daran, daß Waffen, Geld, Propaganda alle dazu beigetragen hatten, daß Jesus ans Kreuz und ins Grab kam. Jesus ist aus genau dem Grab auferstanden, das Waffen, Lüge, Geld, Propaganda – alle Herrschaftsinstrumente – ihm bereitet hatten. Jesus ist danach. Darum sind sie durch Ostern: Heimgesucht, vertilgt und zunichtegemacht.
Ein Wort des Lebens gegen den Tod: Nicht nur Andenken an den Namen des HERRN, sondern auch ein heiliges, stolzes und ruhiges Nicht-Beeindruckt-Sein, von den Mächten gegen Gott.
Es gibt noch mehr Worte gegen den Tod:
„Du, HERR, mehrst das Volk, du mehrst das Volk, beweist deine Herrlichkeit und machst weit alle Grenzen des Landes.“
Trotz der scheinbaren Überlegenheit – die wirklich als total erlebt wird! – bist du nicht allein. Die Mächte, die Israel einschüchterten wollten schadenfroh beweisen: Du bist ganz allein! Du hast niemanden! Du gehörst zu denen, die weniger werden und schon verschwinden! –
Doch das Wort des Propheten sammelte Hörer, die das Andenken an den Namen des HERRN übten. Das die Worte gegen den Tod sammeln Menschen, die aus der Isolation, aus der Nacht, aus der Verzweiflung, aus der Angst zum Licht des Lebens hervorkommen. Das ist gegen den Tod.
Liebe Gemeinde, wir sind zusammengekommen, um an den Namen Jesus und Seine Auferstehung zu denken. Das ist eine Tatsache gegen den Tod.
Es geht weiter gegen den Tod:
„HERR, wenn Trübsal da ist, so suchen wir dich; wenn du uns züchtigst, sind wir in Angst und Bedrängnis.
Gleich wie eine Schwangere, wenn sie bald gebären soll, sich ängstigt und schreit in ihren Schmerzen, so geht’s uns auch, HERR, vor deinem Angesicht.
Wir sind auch schwanger und uns ist bange, und wenn wir gebären, so ist’s Wind. Wir können dem Lande nicht helfen, und Bewohner des Erdkreises können nicht geboren werden.“
Jetzt spricht Jesaja nicht mehr von den äußeren Feinden des Lebens. Wenn ein Mensch vor Gott steht, dann muß er erfahren, wieviel Tod die Sünde in ihn reingepumpt hat. Ein Leiden, eine Erschütterung – und schon ist Trübsal da! Klage, Angst. Jesaja spricht von einer Schwangeren kurz vor der Geburt. Sie ist nicht mehr Herr ihrer selbst. Mächte, Gesetze, Kräfte, die viel größer sind, als sie, überfallen und überwältigen sie und führen sie an die Grenze zwischen Leben und Tod. Sie ist fast nicht mehr sich selbst. So ist ein Sünder, wenn Gott ihm seine Sünde zeigt. Der Psalm 73 betet so vor Gott: „Da war ich ein Narr und wußte nichts; ich war wie ein Tier vor dir.“ (Psalm 73,22). Da weiß man nicht ein noch aus. Gott führt dich an die Grenze. Zu dieser Grenze gehört auch die niederschmetternde Einsicht: „Wir können dem Lande nicht helfen.“ Wir können es nicht. Gott muß es tun. Er. Wirklich Er und nur Er.
Wie können das Worte des Lebens gegen den Tod sein? Diese Grenzerfahrung? – Eine Grenze sagt dir: Das hier ist nicht die ganze Wirklichkeit. Eine Grenze sagt mir: Deutschland ist nicht alles – jenseits der Grenze ist mehr. Ein anderes Land.
Diese Worte aus Jesaja über unsere eigenen Grenzen sagen dir: Die ganze Wirklichkeit – vor allem aber die Trübsal und Angst – ist nicht alles. Nach der Grenze gibt Gott dir etwas anderes, als Trübsal und Angst und Tod. Das ist nicht eine Möglichkeit, die du jetzt schon in dir spüren mußt. Diese Möglichkeit ist bei Gott. Gott ist an der Grenze des Lebens zu dir.
Durch Jesaja gibt der Heilige Geist uns Worte gegen den Tod. Sie zeigen: Es gibt eine Grenze. Jesus hat diese Worte mit ins Grab genommen, und auch mit in die Auferstehung: „Herr, wenn Trübsal da ist, so suchen wir dich.“ Und Jesus sagt: „Wer sucht, der findet, wer anklopft, dem wird aufgetan.“ (Matthäus 7, 8) Der Auferstandene hat die Grenze hinter sich, und die Suche lohnt sich, das Anklopfen lohnt sich. Jesus selbst ist das Mehr, der Mehrwert – Er beweist, daß deine Not und Schuld nicht die ganze Wirklichkeit ist. Jesus ist nicht eine Verlängerung deiner Schuld und Not, sondern ihr Ende.
„Aber deine Toten werden leben, deine Leichname werden auferstehen. Wachet auf und rühmet, die ihr liegt unter der Erde! Denn ein Tau der Lichter ist dein Tau, und die Erde wird die Toten herausgeben.“
Deine Toten – deine Leichname: Das sind die Toten und Leichname des HERRN. Die werden leben.
Jesus hat das so gesagt: Die Sadduzäer, die keine Auferstehung glaubten, wollten ihn einen Widerspruch verwickeln. Da sagte Jesus: „Habt ihr nicht gelesen von der Toten Auferstehung, was euch gesagt ist von Gott, der da spricht: Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs? Gott aber ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen.“ (Matthäus 22, 31-32). Das sagt Jesus über 1500 Jahre nach Abraham, Isaak und Jakob. Für die Sadduzäer sind sie tot. Aber für Gott nicht. Denn Gott hat mit ihnen gesprochen, Gott hat sie gerufen. Und wenn Gott ruft, dann auch aus dem Tod ins Leben. Gott ruft nicht, um Tote bei sich zu haben, sondern er ist ein Gott der Lebendigen. Die Lebendigen kommen hervor wie ein Tau beim Morgenlicht. Der Tau setzt sich zusammen aus Zutaten, die aus dem Himmel kommen, nicht von der Erde. Das sind die, die die Worte gegen den Tod gehört und nicht wieder losgelassen haben.
„Gelobet sei Gott und der Vater unsers HERRN Jesu Christi, der uns nach seiner Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“ (1. Petrus 1,3). – Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Karfreitag

Das Lamm, das erwürget ist,
ist würdig zu nehmen Kraft und Reichtum,
und Weisheit und Stärke,
und Ehre und Preis und Ruhm.
Gnade sei mit euch, und Friede,
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus. Amen.

13 Gott der Vater hat uns errettet von der Macht der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes,
14 in dem wir die Erlösung haben, nämlich die Vergebung der Sünden.
15 Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes ,
der Erstgeborene vor aller Schöpfung.
16 Denn in ihm ist alles geschaffen,
was im Himmel und auf Erden ist,
das Sichtbare und das Unsichtbare,
es seien Throne oder Herrschaften
oder Mächte oder Gewalten;
es ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen.
17 Und er ist vor allem,
und es besteht alles in ihm.
18 Und er ist das Haupt des Leibes,
nämlich der Gemeinde.
Er ist der Anfang,
der Erstgeborene von den Toten,
damit er in allem der Erste sei.
19 Denn es hat Gott wohlgefallen,
daß in ihm alle Fülle wohnen sollte
20 und er durch ihn
alles mit sich versöhnte,
es sei auf Erden oder im Himmel,
indem er Frieden machte durch sein Blut am Kreuz.

Kolosser 1, 13-20

Gebet: Christe, Du Lamm Gottes, der Du trägst die Sünde der Welt, erbarme Dich unser, und gib uns Deinen Frieden. Amen.

Liebe Gemeinde!
Heute sollen wir hören, wer es eigentlich ist, der auf dem Hügel Golgatha gekreuzigt wurde.
Der ganze Leidensweg: Verrat, Gefangennahme, falsche Anklage, und die entsetzliche Geißelung und Kreuzigung – diese systematische Vernichtung eines Menschen hat unendliche Bedeutung, unerschöpflichen Sinn, und göttliche Macht.
Und das darum, weil die Person, die das alles erleidet, unendlich, unerschöpflich und göttlich ist.
Deshalb bekommt das Geschehen auf Golgatha, am Kreuz, draußen vor Jerusalem vom bald 2000 Jahren seinen Sinn nur aus dem, der da gekreuzigt wird.
Die Mächte, die Jesus ans Kreuz brachten, wollten ihn vernichten, beweisen, daß er nichts war. Das Kreuz sollte Jesus als Lügner, als Betrüger und Verführer widerlegen. Sein Name sollte ausgelöscht werden, sein Andenken aussichtslos gemacht werden. Seine Worte und Taten sollten aus dem Gedächtnis verschwinden.
So wäre es auch gekommen, wenn Jesus ein Sünder gewesen wäre. Dann hätten Pilatus, die Hohenpriester, die Volksmasse – alle Recht behalten.
Aber es ist nicht so gekommen. Das Gegenteil ist eingetreten. Ohne Jesus wäre Pilatus längst vergessen.
Aber alles, was Jesus gesagt und getan hat, spricht und wirkt auf der ganzen Welt.
Und das hängt mit der Person zusammen, die da am Kreuz hing und alles erlitt, was ihr zugefügt wurde.
Und wer ist diese Person?
Es ist der Sohn Gottes.
Und Paulus lehrt uns heute: Dieser Sohn Gottes ist der Herr der Schöpfung.
Er ist der Herr Seiner Kirche.
Und Er ist der eine, absolute, unerschütterliche Anfang – nämlich der Anfang, der das Ende des Todes ist. Und das ist der einzige Anfang, der zählt, denn jeder andere Anfang wird doch irgendwann vom Tod verschluckt. Dieser nicht!

  1. Der Sohn Gottes ist der Herr der Schöpfung
    Der Sohn Gottes gerät in die Hände der Menschen, und die Menschen zeigen, was sie können, und was sie treibt. Was sie Jesus antun, ihr Urteil, die Ablehnung, Verwerfung, Verspottung, das alles trifft Gott selbst. Und damit offenbart sich, wie sehr der Mensch als Sünder Gott ablehnt, Gottes Willen verwirft, sich Seinen Geboten verweigert, Gottes Gaben verachtet, ja, Gott einfach mit Willen und Überzeugung haßt.
    Jesus als der Sohn Gottes steht immer auf der Seite Gottes der Welt und uns gegenüber. Der Sohn Gottes hat Himmel und Erde geschaffen.
    Er ist als der Sohn Gottes das Ebenbild Gottes. So zeigt und offenbart sich der eine Gott. Das ist Gottes Gesicht. So will er kennengelernt werden. „Wer mich sieht, der sieht den Vater,“ sagt Jesus zu Philippus (Johannes 14, 9). Jesus ist Gottes Gesicht, das er uns Menschen, allen Menschen zuwendet.
    In ihm begegnen wir das Wort, das Himmel und Erde, die sichtbare und die unsichtbare Welt geschaffen hat. Das lehrt Paulus uns mit einfachen, unmißverständlichen Worten. Jede Kreatur ist bei Jesus sozusagen über den Tisch gegangen. Er kennt nicht nur alles, sondern es gehört ihm auch alles, es steht ihm alles zur Verfügung, und alles dient ihm.
    Es ist durch ihn und zu ihm geschaffen. Nichts in der Welt kann oder wird Jesus widerlegen. Eher umgekehrt: Wir sollen uns darauf verlassen: Wenn es überhaupt einen sinnvollen Zusammenhang in der Realität gibt, dann ist das ein Geschenk des Sohnes Gottes. Er allein steht auf der Grenze zwischen Kosmos und Chaos, zwischen Ordnung und Verwüstung, zwischen Licht und Finsternis, zwischen Leben und Tod.
    Wir verdanken ihm das Licht. „Er ist das wahrhaftige Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen,“ sagt uns das Johannes-Evangelium (1, 9.17). Wenn es überhaupt Leben gibt, dann nur, weil er als das göttliche Wort Leben aus dem leblosen geschaffen hat: Pflanzen aus Erde, Luft und Wasser, und die Tiere – und dein Leben.
    „Und er ist vor allem,
    und es besteht alles in ihm.“
    Das alles zerfällt nicht ins Nichts, in Chaos und Finsternis – deshalb nicht, weil es alles in dem Sohn Gottes besteht.
    Ein erhabener Gedanke! Es gibt eine Realität, die ist grundlegender, als Ursache und Wirkung, auch als Raum und Zeit: Und das ist der Sohn Gottes, durch den als das Wort alles geschaffen wurde.
    Er war vorher da. Es kommt alles nach ihm. Darum kann ihn nichts verdrängen, nichts kann ihn ersetzen, überholen, oder eine Gegenbeweis sein.
    „In ihm leben, weben und sind wir.“ (Apostelgeschichte 17, 28).
    Er hat auch die unsichtbare Welt geschaffen, Fürstentümer und Gewalten, Mächte. Was kann das sein? Es hat auf jeden Fall etwas damit zu tun, daß wir Menschen unter Recht und Ordnung leben. Ein einzelner Mensch kann nicht die Institutionen, die lebensnotwendig sind, erfinden, schaffen, schützen oder erhalten. Die Ehe. Die Familie. Die Bildung. Das Zusammenarbeiten. Das Recht. Die Sprache. In der unsichtbaren Schöpfung sind diese Werke Gottes für uns da. Auch die hat Gott durch Seinen Sohn, das Wort, geschaffen.
    Jesus ist der Herr der Schöpfung. Er ist der Herr, weil er alles geschaffen hat, er war vor allem schon da, und alles setzt ihn voraus, und dient ihm, und besteht, weil er es erhält.
    Eine größere Person kann es nicht geben. Wer diese Person anerkennt, und ihr gehorcht, dem wird die ganze Schöpfung dienen. Denn wer Jesus anerkennt, der wird zum Kind Gottes, und damit zu Erben. Zum Erben von Himmel und Erde. (Vgl. Galater 4,7; Römer 8, 17).

Und damit kommen wir zur zweiten Aussage:

  1. Der Sohn Gottes ist das Haupt des Leibes, nämlich der Gemeinde
    Der Sohn Gottes ist Herr der Schöpfung. Zugleich ist der der Herr der Gemeinde. Jesus als der Sohn Gottes ist das Haupt seines Leibes. Sein Leib ist die Gemeinde, seine Kirche. Jesus steht nicht für sich selbst, sondern immer auch für alle, die Er bei sich haben will, die an ihn glauben.
    Jesus ist auf jeden Fall Herr über alle Menschen, weil Er der Schöpfer ist, aber nicht alle Menschen sind deshalb auch Seine Gemeinde. Denn die Menschen „liebten die Finsternis mehr, als das Licht.“ (Johannes 3, 19). Man könnte auch sagen: Sie liebten den Dreck. Sie liebten die Sünde. Und verbündeten sich mit dem Tod. (Jesaja 28, 15-18). Gott ruft dich heute da heraus. Komm ins Licht! Komm zurück unter die Macht Gottes!
    Der Leib wird vom Haupt bestimmt. So bestimmt Jesus über seine Gemeinde. Wer sich von Jesus bestimmen läßt, der ist Glied an seinem Leib, und damit gehört er zu Gemeinde. Der Sohn Gottes sammelt aus der Finsternis, aus dem Dreck, Menschen in Sein Licht hinein. Aus dem wilden Meer des Chaos fischt der Sohn Gottes Menschen heraus, weil er will, daß sie nicht untergehen, sondern leben. Er tut das als das Wort Gottes durch seinen Ruf, durch sein Evangelium. Liebe Gemeinde, wenn wir das Evangelium von Jesus Christus hören, dann spricht der zu uns, der auf der Grenze zwischen Tod und Leben, zwischen Licht und Finsternis, zwischen Chaos und Ordnung steht. Er ruft zu Licht, zum Leben, zur Ordnung. Und unter ihm als dem Haupt, bekommen wir Licht, Leben und Ordnung. Für immer .
  2. Jesus ist der Anfang
    Denn in ihm wohnt die Fülle. So wie Er im Anfang das Wort war, durch das alles geschaffen wurde, so hat er auch jetzt alle Möglichkeiten. Er bleibt der Anfang Gottes. Jesus will dadurch für dich Gott sein, daß er dein Neuanfang ist. Unter allen Umständen. Das ist ein christliches Bekenntnis: Ich glaube, daß Jesus Christus, wahrer Gott, und wahrer Mensch – mein Anfang ist. Der Anfang eines guten, ewigen Lebens in mir. Mit ihm bin ich nie am Ende, sondern immer am Anfang. Wer ihn hat, der hat alles. Durch den Glauben. Das sagt die Bibel: „Wie sollte Gott und mit Seinem Sohn nicht ALLES schenken?“ (Römer 8,32).

Und jetzt sind wir beim Karfreitag.
Diese Person hängt am Kreuz. Schöpfer, Haupt und Anfang.
Ist es etwa ein Wunder, daß es eine Finsternis gab, als der Schöpfer am Kreuz zum Sterben hing? Ist es ein Wunder, daß die Erde bebte? Das der Vorhang im Tempel zerriß? Es war der „HERR der Herrlichkeit“, der gekreuzigt wurde (1. Korinther 2, 8).
Darum ist dieses Leiden ein anderes Leiden, dieser Tod ein anderer Tod. Dieses Leiden geht uns alle an, dieser Tod geht uns alle an. Denn hier stirbt der, durch den wir existieren.
Die Kreuzigung Jesu ist die Zusammenfassung der menschlichen Sünde. Hier sammelt und konzentriert sich der ganze Aufruhr gegen Gott, gegen Gottes Willen, gegen Gottes Gaben, gegen das Licht, die Liebe, die Wahrheit, gegen die Ordnung – hier holt der Mensch als Sünder aus um sich endlich an Gottes Stelle zu setzen. Jesus hat es klar gesagt: Im Gleichnis sagen die treulosen Weingärtner: „Das ist er Erbe, kommt, laßt uns ihn töten, dann wird das Erbe uns gehören.“ (Matthäus 21, 38). Wenn wir den Sohn Gottes beseitigen, dann haben wir Gottes Gaben ohne Gottes Gebot und Wort. Gott soll nicht bestimmen. Das ist die Essenz der Sünde. Jede Sünde ist eine Frucht des Willens: Gott soll hier nichts bestimmen.
Der Herr von Himmel und Erde hängt am Kreuz. Gott ist dort, wo die Sünde Gott haben will. Weg. Einfach nur weg.
„Weg weg mit dem!“ schrie die Menge dem Pilatus zu. (Johannes 19,15). Sie hatten den gegeißelten, erbärmlichen Jesus vor Augen. Aber in dem kaputten Leib wohnte Gott leibhaftig (Kolosser 2, 9). Der Schrei „Weg! Weg!“ wollte Gott loswerden.
Aber Gott ließ sich nicht verjagen. Gott wollte uns Menschen, ja gerade auch uns Sünder als Seine Feinde nicht loswerden.
Gott gab Seinen Sohn dahin, als wir noch Feinde waren (Römer 5, 10).
Nicht nur, was Gottes Sohn tat und sagte, geht uns alle an, sondern vor allem auch Sein Leiden und Sterben geht uns alle an. Hören wir die Bibel nocheinmal:
„Denn es hat Gott wohlgefallen,
daß in ihm alle Fülle wohnen sollte
und er durch ihn
alles mit sich versöhnte,
es sei auf Erden oder im Himmel,
indem er Frieden machte durch sein Blut am Kreuz.“
Die größte Person, der Sohn Gottes hängt am Kreuz. Aber Er bestimmt, wie es gemeint ist, und was der Tod bedeutet. Der Herr der Schöpfung beschließt, daß Sein Tod Frieden bedeutet. Diese furchtbare Kriegserklärung des Menschen wird zur größten Friedenserklärung Gottes.
Gott hat uns Seine Liebe so gezeigt, daß Seine Liebe größer ist, als alles, was Liebe in Frage stellt oder zerstört. Jesus hat sich so in Frage stellen lassen, wie kein anderer. Er hat es getan, auf sich genommen, um die eine Antwort Gottes zu sein. Gottes Antwort auf Finsternis, Chaos, Dreck, Sünde und Haß.
Nach alledem ist das Gottes Antwort. Versöhnung. Vergebung. Friede. Da wollen wir doch hin? Oder?
Gott gebe es! Amen.
Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Seiner Antwort für uns: in Christus Jesus zum ewigen Leben. Amen.

Gründonnerstag

Das Lamm, das gewürget ist,
ist würdig, zu nehmen Kraft und Reichtum
und Weisheit und Stärke
und Ehre und Preis und Lob.
Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus.
Amen.

39 Und Jesus ging nach seiner Gewohnheit hinaus an den Ölberg. Es folgten ihm aber auch die Jünger.
40 Und als er dahin kam, sprach er zu ihnen: Betet, damit ihr nicht in Anfechtung fallt!
41 Und er riß sich von ihnen los, etwa einen Steinwurf weit, und kniete nieder, betete
42 und sprach: Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir; doch nicht mein, sondern
dein Wille geschehe!
43 Es erschien ihm aber ein Engel vom Himmel und stärkte ihn. 44 Und er rang mit dem Tode und betete heftiger. Und sein Schweiß wurde wie Blutstropfen, die auf die Erde fielen.
45 Und er stand auf von dem Gebet und kam zu seinen Jüngern und fand sie schlafend vor Traurigkeit
46 und sprach zu ihnen: Was schlaft ihr? Steht auf und betet, damit ihr nicht in Anfechtung fallt!

Lukas 22, 39-46

HERR, segne Dein Wort an unser aller Herzen. Amen.

Liebe Gemeinde!
Heute ist „die Nacht, da er verraten ward …“, die Quelle des Altarsakraments. „Unser Herr Jesus Christus, in der Nacht da er verraten ward, nahm er das Brot“.
Diese Worte sind Teil der Einsetzungsworte, die das Sakrament zu dem machen, was es ist. Die definieren es.
Im Abendmahl empfangen wir, zu essen und zu trinken, den Leib und das Blut Christi – den Leib, und das Blut, das in dieser Nacht verraten wurde.
Wir kennen den Verrat: Judas geht ihn und liefert Jesus aus für Geld. Dazu paßt aber auch, daß die Jünger Jesus alle verlassen, und Petrus ihn verleugnet. Alle sagen sich von ihm los.
Parallel zu dem Verrat – dem Ausliefern, Überantworten – geschieht noch etwas, nämlich das, was auf Jesu Seite geschieht.
Davon handelt der Predigttext. Es ist der Gebetskampf in Gethsemane.
Durch das Gebet ist Jesus schon weiter auf seinem Leidensweg, als es Judas und die Soldaten, aber auch Petrus und die anderen Jünger fassen können.
Als die internationale Truppe der Juden und Römer von der Tempelwache kommt, ihn wie einen Mörder zu fangen, da hat Jesus schon mit dem Tode gekämpft. Jesus braucht den Kuß des Judas nicht mehr – Judas und die Soldaten brauchen den Kuß, um ihre eigene Heuchelei zu beweisen. Bei Jesus sind die Waffen überflüssig, er gibt sich ungezwungen gefangen. Bevor Verrat und Waffen ihn binden und verhaften, hat sich Jesus schon verbunden, nämlich an den Willen Seines Vaters. Und Gottes Wille ist es, daß „der Sohn nicht verschont wird, sondern für uns alle dahingegeben wird.“ (Römer 8, 32).
Jesus ist schon weiter. Judas und die Soldaten rechnen noch mit Widerstand und Kampf – oder aber mit Flucht und Versteck, denn sonst wären sie nicht mit Waffen und Fackeln dahergekommen.
Jesus erwartet sie. Bevor er gefangen wird, hat er sich schon dahingegeben. Seine Freiheit ist größer als die Bosheit und Feigheit des Judas. Judas kannte den Ort, weil Jesus dort zu beten pflegte. Für Judas ist diese Gewohnheit Jesu, an einem Ort zu beten, eine Schwachstelle. Judas mag gedacht haben: „Jesus, du und dein Gebet. Jetzt wird dein Gebet dir das Leben kosten!“ Doch Jesus hatte schon mit dem Tod gerungen, als Judas mit den Soldaten kam.
Jesu göttliche Freiheit ist größer.
Direkt vorher, hatte Jesus das Abendmahl eingesetzt. Er hat seinen Leib und sein Blut den Jüngern und uns vermacht. Der Leib ist gegeben – für euch!, das Blut ist vergossen – für euch! Die Hingabe, das Leiden und Sterben standen für ihn längst fest. Es war nur noch eine Frage der Zeit.
Doch unmittelbar vor der Gefangennahme muß er beten.
Und er bittet die Jünger, mit ihm zu beten.
Wozu? Daß ihr nicht in Anfechtung fallt. Daß ihr frei bleibt in Gott.
Was passiert denn, wenn man nicht betet? Wer merkt schon, wenn das Gebet vernachlässigt wird? Was bewirkt das Gebet überhaupt? Für die Welt ist das Gebet nicht nur verzichtbar, sondern auch eine Zeitverschwendung. Ja, das Gebet ist für die Welt geradezu schädlich, weil das Gebet den Menschen hindert, zu handeln. Man verläßt sich auf Hilfe – die doch nicht kommen wird.
Jesus hat noch eine Stunde. Und er nutzt sie zum Gebet.
Nach dieser Stunde ist Er frei. Nach dieser Stunde bewahrt Jesus Seine göttliche Freiheit Judas gegenüber, den Soldaten gegenüber, dem Richter aus Israel und dem Richter aus Rom gegenüber. Er bewahrt diese Freiheit auch den Soldaten gegenüber, Er bittet um ihre Vergebung: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ (Lukas 23, 34). Bis in den Tod ist Jesus frei, denn Er bittet seinen himmlischen Vater, sein Leben in seine Hände zu nehmen. „Vater in deine Hände befehle ich meinen Geist.“ (Lukas 23,46).
Im Gebet hat Jesus seine Freiheit von seinem himmlischen Vater empfangen und gesichert.
Liebe Gemeinde. Trauen wir dem Gebet das zu?
Jesus hat es getan. Wenn er auch der Sohn Gottes war, so hat er doch vor seinem schweren Gang gebetet. Das war das Erste, vor allem anderen. Gott ist die Erste Hilfe. Darum ist das Gebet der Anfang aller Hilfe. Im Gebet wird wahr, daß wir einen Gott haben. Im Gebet wird wahr, daß alles, kommen soll, von Gott kommt, und daß alle guten Gaben von Gott kommen, von Oben. (Jakobus 1, 17).
Das Gebet macht ernst mit der Wahrheit: Wenn es etwas Gutes gibt, und geben soll, dann kommt es von Gott – und im Gebet beginnt das Empfangen der Gaben Gottes.
Gottes Wille geschieht, wie im Himmel, so auf Erden.
Was auf Erden geschieht, wird im Himmel beschlossen.
Es lohnt sich an dieser Stelle, den Katechismus zu hören.
Gottes Wille ist nicht einfach ein blindes, gnadenloses, unabwendbares Schicksal, in das man sich ohne Vertrauen, ohne Freiheit ergeben muß. Das Schicksal ist unpersönlich, ungnädig, hart und sinnlos. Gottes Wille ist das nicht.
Was sagt der Katechismus?
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Was ist das?
Gottes guter, gnädiger Wille geschieht auch ohne unser Gebet; aber wir bitten in diesem Gebet, daß er auch bei uns geschehe.
Wie geschieht das?
Wenn Gott allen bösen Rat und Willen bricht und hindert, die uns den Namen Gottes nicht heiligen und sein Reich nicht kommen lassen wollen, wie der Teufel, die Welt und unsres Fleisches Wille; sondern stärkt und behält uns fest in seinem Wort und Glauben bis an unser Ende. Das ist sein gnädiger, guter Wille.
Der Katechismus lehrt uns, von Gottes gutem Willen zu sprechen. Er geschieht auch ohne unser Gebet. Gott tut Seinen Willen in völliger Freiheit. Ohne unser Gebet. Davon ist Gott nicht abhängig. Aber wir sollen Gott bitten, daß Sein guter Wille bei uns geschehe. Gottes guter Wille ist, daß wir Seine Kinder werden, daß wir Seine Gaben empfangen, und vor allem, daß wir Seine Liebe erfahren. Darum sollen wir beten. Es soll nicht irgendwo und zufällig geschehen, sondern hier bei uns.
In dem Moment, in dem wir beten, fängt es an, daß Gottes Wille bei uns geschieht. Das Gebet ist der Anfang. Auf unserer Seite jedenfalls!
Dann hören wir weiter, daß Gottes Wille dann bei uns geschieht, wenn er allen bösen Rat und Willen bricht und hindert, die nicht wollen, daß wir Gottes Kinder werden, die nicht wollen, daß wir Gottes Gaben voller Vertrauen annehmen und Ihm für Seine Liebe in Seinen Gaben danken. Das sind Kräfte wie der Teufel und die Welt – aber auch unser Fleisch. Die können sich unter Gottes Willen nichts Gutes vorstellen. Wenn wir um Gottes Willen bitten, dann beten wir gegen den Teufel, gegen die Welt und gegen uns selbst, gegen unser Fleisch. Wenn Gottes Wille durch das Gebet in uns anfängt zu geschehen, dann ist das auch der Anfang vom ewigen Leben. Dann „stärkt und behält [Gott] fest in seinen Wort und Glauben bis an unser Ende. Das ist sein gnädiger, guter Wille.“
Wenn ich weiß, daß Gott Seinen Willen, Seinen Plan in mir angefangen hat, dann bin ich frei.
Das sehen wir an Jesus. Wir sehen es, wie er nach dem Gebet sich in Freiheit stellt. Und alles von Oben annimmt. Durch das Gebet wird alles zu einer Sache zwischen ihm und seinem Vater. Sie bleiben im Gespräch, in Verbindung.
Das Gespräch ist ganz offen. Jesus legt alles ganz in die Hände Seines Vaters: „Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“
Man könnte meinen: Jesus zweifelt, oder er begehrt auf, er rebelliert gegen seinen Vater. Will Jesus etwas anderes, als sein Vater? Ist es Protest?
Jesu lebt danach, daß der Wille seines Vaters vom Himmel auf ihn zukommt, und daß das Gebet ihn mit seinem Vater verbindet. Das Gebet zeigt einfach, daß Jesus nicht eigenmächtig vorgeht. Jesus willigt ein in den Willen seines Vaters. Er fügt sich bewußt in den Willen Gottes sein. Weil er ein wirklicher, wahrer Mensch ist, tut er das so, wie Menschen es tun sollen: Im Gebet. Jesus hat sich nicht in ein tragisches und sinnloses Schicksal ergeben, und das dann beschönigend Gottes Willen genannt.
Liebe Gemeinde! Die Nacht, in der Jesus verraten ward, hat er mit Gebet betreten. Der Leib, den wir essen im Sakrament, und das Blut, das wir trinken, kommt zu uns, weil Jesus, der Sohn Gottes seinen Leib dahingegeben und sein Blut vergossen hat. Sein Opfer, seine Hingabe begann schon lange, bevor man ihn gefangennahm. Er hat es in Freiheit getan. Göttlicher Freiheit.
Wir essen den Leib, der immer frei war, bis in die Auferstehung hinein. Es ist der Leib, der uns Gottes guten und gnädigen Willen bringt. Seine Freiheit und Liebe ist größer als unsere Lieblosigkeit und Gebundenheit. Laßt uns diese Gaben mit Gebet und Freude empfangen. Amen.
Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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