Vorletzter Sonntag im Kirchenjahr 2023

Predigt: Pfarrer Johann Hillermann

Gnade sei mit euch und Friede,
von dem, der da ist, und der da war,
und der da kommt,
und von Jesus Christus, welcher ist der treue Zeuge,
und der Erstgeborene von den Toten,
und ein Fürst über die Könige auf Erden.
Amen.

31 Wenn aber der Menschensohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit,
32 und alle Völker werden vor ihm versammelt werden. Und
er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirt die Schafe von den Böcken scheidet,
33 und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken.
34 Da wird dann der König sagen zu denen zu seiner Rechten: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt!
35 Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.
36 Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen und ihr seid zu mir gekommen.
37 Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen gegeben, oder durstig und haben dir zu trinken gegeben?
38 Wann haben wir dich als Fremden gesehen und haben dich aufgenommen, oder nackt und haben dich gekleidet?
39 Wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen?
40 Und der König wird antworten und zu ihnen sagen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.
41 Dann wird er auch sagen zu denen zur Linken: Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln!
42 Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir nicht zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir nicht zu trinken gegeben.
43 Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich nicht aufgenommen. Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich nicht gekleidet. Ich bin krank und im Gefängnis gewesen und ihr habt mich nicht besucht.
44 Dann werden sie ihm auch antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig gesehen oder als Fremden oder nackt oder krank oder im Gefängnis und haben dir nicht gedient?
45 Dann wird er ihnen antworten und sagen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr nicht getan habt einem von diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan.
46 Und sie werden hingehen: diese zur ewigen Strafe, aber die Gerechten in das ewige Leben.

Matthäus 25, 31-46

O lieber Herre Gott, wecke uns auf, daß wir bereit seien, wenn dein Sohn kommt, ihm mit Freuden zu empfangen und mit ungeteilten Herzen zu dienen.
Tu das selbst in uns durch dein Wort, Jesus. Amen.

Liebe Gemeinde!
Neulich war ein Neffe zu Besuch bei uns. Er traute sich, mit dem Fahrrad durch die Stadt zu fahren, und es ging auch gut. Doch als er eines Tages zurück war, merkte man: Da stimmt was nicht. Es stellte sich heraus, daß er bei Rot über die Kreuzung gefahren war – direkt unter den Augen eines Polizisten. Das Auge des Gesetzes! Da half es nichts, zu sagen: „Das tun doch alle! Es kam niemand, da war keine Gefahr!“
Was er darüber dachte oder fühlte, war auf einmal völlig unbedeutend. Als er über die Straße fuhr, war das Gesetz so gut wie unwirklich. Seine Selbsteinschätzung war ihm wirklicher. Doch auf einmal war das Urteil des Gesetzes eine übergroße Realität, der er nicht ausweichen konnte. Nun, er hat es überstanden!
Im Evangelium vom Jüngsten Gericht geht es auch darum, wie die Selbsteinschätzung des Menschen verschwindet, wie sie einer ungleich größeren Wirklichkeit, einem wichtigeren Urteil weichen muß. Gott spricht das letzte Urteil über jedes Leben, und kein Mensch.
„Denn wir müssen alle offenbar werden vor dem Richtstuhl Christi, auf daß ein jeglicher empfange, nach dem er gehandelt hat bei Leibesleben, es sei gut oder böse.“ (2. Korinther 5, 10) oder aus unserer Epistel heute: „Wir werden alle vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden.“ (Römer 14, 10).
Entscheidend ist nicht, welchen Eindruck wir bei Menschen hinterlassen haben. Entscheidend ist auch nicht, was wir von uns selber denken oder gedacht haben.
Unsere Gedanken, Worte und Werke – auch was der Mensch versäumt hat – alles kommt bei Gott an und wird dadurch unendlich wichtig.

Jesus sagt: Die letzte und alles entscheidende Begegnung wird die Begegnung mit mir sein. Jeder Mensch geht auf diese eine Begegnung zu. Das steht fest, das ist sicher. Ja, sie steht noch fester, als die Begegnung mit dem Tod. So sagt Paulus uns Christen: „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden.“ (1. Korinther 15, 51). Es ist die eine Begegnung, die alles entscheidet: Die Begegnung mit Jesus Christus. Wie wir jetzt darüber fühlen und denken, spielt keine Rolle und ist nicht entscheidend.
„Der Menschensohn wird kommen in seiner Herrlichkeit, und seine Engel mit ihm.“
Der Menschensohn – so spricht Jesus von sich selbst. Damit macht er klar, daß niemand sonst sagen kann, wer er ist. Kein Hoherpriester, kein Statthalter der Weltmacht, auch nicht eine demokratische Mehrheit, oder ein Medienkonsens – er sagt, wer er ist.
Jesus sagt jedem Menschen: Ich, der Menschensohn komme auf dich zu.
Der Menschensohn wird kommen in seiner Herrlichkeit.
Was kann das heißen? Auf jeden Fall gehört dazu, daß Jesus von nichts und niemanden beeinflußt ist. Niemand bestimmt über ihn, und er bestimmt über alles. Niemand wird ihn definieren, sondern er definiert alles.
Er wird ganz er selbst sein. Und alles, was er ist, wird so deutlich sein, daß es darüber keinen Zweifel geben kann. Die Bibel sagt das so: „Alle Knie werden sich vor ihm beugen müssen.“ (Philipper 2, 10).
Als Jesus noch als niedriger Mensch auf der Erde ging, war das nicht offenbar. Das zeigte sich in erschreckender Weise darin, daß die Menschen „den HERRN der Herrlichkeit gekreuzigt haben.“ (1. Korinther 2, 8). – Doch der Gekreuzigte ist auferstanden. Er ist nicht im Grab geblieben.
Alles, was Jesus gesagt und getan hat, wird am Ende herrlich sein. Er wird die Sonne sein, und nichts wird ihn in den Schatten stellen können. Jeder Mensch wird ihm Recht geben müssen. Das ist seine Herrlichkeit. „Alle Zungen werden bekennen, daß Jesus Christus der HERR sei“ (Philipper 2, 10). Das Göttliche seiner Geburt, das göttliche seiner Worte, das Göttliche seines Leidens und Sterbens – das wird jedem Menschen einleuchten.
Und die Engel kommen mit ihm. Was sagt uns das?
Die ganze Schöpfung wird für ihn sprechen, ihn bestätigen. Es wird nichts geben, was ihm widerspricht. Die ganze Wirklichkeit, Himmel und Erde, wird in seinem Sinne dem Menschen begegnen. Der Hallelujavers aus Psalm 50, 6 spricht es aus: „Die Himmel werden seine Gerechtigeit verkünden; denn Gott selbst Richter.“ Alles wird für Jesus sprechen. – – Als Adam im Paradies gesündigt hatte, bedeckte er sich mit Blättern und benutzte die Schöpfung, um sich vor Gott zu verstecken. Er und Eva versteckten sich im Garten, um ihre Schuld zu verbergen. Gott hat es damals zugelassen. So versucht der Mensch, der Sünder, sich fortwährend zu verstecken. Er benutzt die Schöpfung dazu. Doch wenn der Menschensohn Jesus in seiner Herrlichkeit mit allen Engeln kommen wird, dann wird die Schöpfung niemanden verbergen, sondern jeden hergeben und offenbaren. Ja, auch die Gräber werden die Toten hergeben müssen. Das Gras, was über alles gewachsen ist, wird nicht mehr verbergen, sondern offenbaren.
Jeder Mensch wird vor Jesus erscheinen müssen, mit seinem ganzen Leben: Alle Völker werden vor ihm versammelt werden. Das ist nicht unsere Entscheidung. Es wird noch notwendiger sein, als die Schwerkraft.
Und dann wird Jesus das letzte Wort sprechen: Sein, oder Nicht-Sein.
Wie ein Hirte Ordnung schafft im Gewimmel und Durcheinander zwischen Schafen und Böcken, so wird Jesus zu den einen JA sagen, und zu den anderen NEIN.
Wer das JA hört, bekommt alles.
Wer das NEIN hört, verliert alles.
So hören wir:
„Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, und ererbt das Reich das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt.“
Und:
„Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln.“
Dieses JA oder NEIN, dieses ALLES oder NICHTS entscheidet sich an dem Menschensohn.
Das JA bringt dir alle Gaben Gottes – aber so, daß in allem Gottes Liebe und Freundlichkeit ohne Filter dich erreicht. Die ganze Schöpfung, die gesamte Geschichte Gottes mit dir, mit den Menschen: Alles wird dich erfreuen, und du wirst es ohne Ende genießen, und aus dir wird die angemessene Antwort darauf hervorbrechen: Lob und Dank. Ohne Ermüden.
Oder es gibt das Gegenteil. Ja, das macht Jesus überdeutlich. „Da wird sein Heulen und Zähneklappern“, Reue ohne Ende, Verzweiflung ohne Ende, Entbehrung ohne Ende. Eben ohne Gott.

Was ist von dir bei dem Menschensohn angekommen?
Hast du ihn gespeist, getränkt, gekleidet, beherbergt, aufgesucht?
Das sind alles Taten, die so elementar sind, daß das jeder Mensch versteht. Hunger, Durst, Blöße, Heimatlosigkeit, Krankheit, Isolation – das sind alles Situationen, da versteht jeder, daß das eine Not ist, und wie die Not behoben werden kann. Das muß nicht studiert werden.
Jesus macht mit seinem Wort den Nächsten groß und wichtig. Seine Worte machen den Hunger eines anderen größer und wirklicher, als meinen Hunger. Seine Worte machen die Einsamkeit des anderen unerträglicher, als die eigene Einsamkeit.
Normalerweise ist es ja so, daß ich den Durst eines anderen nicht spüre. Aber wenn ich weiß, daß er Durst hat, dann wird dieser Durst eine Realität. Dann läßt mir das keine Ruhe, bis ich ihn getränkt habe. Das Wort Jesu macht den Nächsten und seine Not übergroß für mich.
Liebe Gemeinde, Jesus ruft uns aus dem Schlaf, der für den Mitmenschen verschließt. Daran besteht kein Zweifel. Jesus macht mit diesen Worten unsere Taten unendlich wichtig.

Doch frage ich mich: Wo ist hier der Glaube? Verdienen wir also durch unsere Leistungen das ewige Leben? Welche Leistungen sollen das denn am Ende sein? Soll ich alles einmal tun? Speisen, Tränken, Kleiden, Beherbergen, Besuchen? Oder soll ich nun das alles unentwegt tun?
Dann können diese Worte nur zwei Folgen haben: Heuchelei oder Verzweiflung. Heuchelei, weil ich mir dann sagen kann: Ich habs schon getan, ich brauch mich nicht mehr kümmern! – Oder Verzweiflung, weil ich dann sagen muß: Es gibt immer noch Hungrige, ich werde niemals fertig!
In beiden Fällen bin ich mit meinen eigenen Taten allein.
Dann ist es keine Begegnung mit Christus mehr.
Doch Jesus bleibt der Sprecher dieser Worte. Sie sind an seine Person gebunden. Jesus spricht im Evangelium darüber, wer seine Brüder eigentlich sind.
Einmal bei Matthäus im 12. Kapitel. Während Jesus predigt, wollen seine Mutter und seine Brüder ihn sehen. Darauf antwortet er: „Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder? Und er streckte die Hand aus über seine Jünger und sprach: Siehe da, das ist meine Mutter und das sind meine Brüder! Denn wer den Willen tut meines Vaters im Himmel, der ist mir Bruder und Schwester und Mutter.“ (Matthäus 12, 48-50).
Und im 10. Kapitel spricht er über seine Jünger: „Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat. … Wer einem dieser Geringen auch nur einen Becher kalten Wassers zu trinken gibt, weil es ein Jünger ist, wahrlich, ich sage euch: Es wird ihm nicht unbelohnt bleiben.“ (Matthäus 10, 40+42).
Wenn Jesus also sagt: „Was ihr getan habt, einen unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan“ – dann schließt das auf jeden Fall seine Apostel mit ein, und kann auf jeden Fall nicht etwas gegen die Apostel sein.
Die Apostel gingen in alle Welt, und brachten Jesus zu den Menschen. Wer dem Evangelium Glauben schenkte, der nahm natürlich auch die Apostel auf, um möglichst viel über Jesus zu hören, und dann vor allem die Vergebung Jesu zu empfangen. Und wer die Apostel unterstützte, der trug dazu bei, daß noch mehr Menschen das Evangelium hörten und Gottes Gnade geschenkt bekamen.
Diese Priorität ist der Schlüssel. Wir brauchen unbedingt das Wort Gottes, und sollen dazu beitragen, daß es gehört wird.
Jesus sagt zu dem Teufel, der ihn überreden will, mit Zauberei aus Steinen Brot zu machen: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das durch den Mund Gottes geht.“ (Matthäus 4, 4 = 5. Mose 8,3). Wer dazu beiträgt, daß Gottes Wort gehört wird, der verbreitet Leben. So sagt Jesus auch von sich selbst: „Meine Speise ist die, daß ich tue den Willen dessen, der mich gesandt hat, und vollende sein Werk.“ (Johannes 4, 34). Wer also Gott durch sein Wort an sich selbst und anderen wirken läßt, der gibt dem Menschensohn zu essen.
Das wird am Ende das Größte sein. Amen.

Und der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Beitragsbild: Gebrüder Limburg: Das Jüngste Gericht, Illustration aus den Très Riches Heures, (um 1410)

22. Sonntag nach Trinitatis

Predigt: Pfarrer Johann Hillermann

21 Da trat Petrus zu ihm und fragte: Herr, wie oft muß ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Genügt es siebenmal?
22 Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.
23 Darum gleicht das Himmelreich einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte.
24 Und als er anfing abzurechnen, wurde einer vor ihn gebracht, der war ihm zehntausend Zentner Silber schuldig.
25 Da er’s nun nicht bezahlen konnte, befahl der Herr, ihn und seine Frau und seine Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen und damit zu bezahlen.
26 Da fiel ihm der Knecht zu Füßen und flehte ihn an und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir’s alles bezahlen.
27 Da hatte der Herr Erbarmen mit diesem Knecht und ließ ihn frei und die Schuld erließ er ihm auch.
28 Da ging dieser Knecht hinaus und traf einen seiner Mitknechte, der war ihm hundert Silbergroschen schuldig; und er packte und würgte ihn und sprach: Bezahle, was du mir schuldig bist!
29 Da fiel sein Mitknecht nieder und bat ihn und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir’s bezahlen.
30 Er wollte aber nicht, sondern ging hin und warf ihn ins Gefängnis, bis er bezahlt hätte, was er schuldig war.
31 Als aber seine Mitknechte das sahen, wurden sie sehr betrübt und kamen und brachten bei ihrem Herrn alles vor, was sich begeben hatte.
32 Da forderte ihn sein Herr vor sich und sprach zu ihm: Du böser Knecht! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich gebeten hast;
33 hättest du dich da nicht auch erbarmen sollen über deinen Mitknecht, wie ich mich über dich erbarmt habe?
34 Und sein Herr wurde zornig und überantwortete ihn den Peinigern, bis er alles bezahlt hätte, was er ihm schuldig war.
35 So wird auch mein himmlischer Vater an euch tun, wenn ihr einander nicht von Herzen vergebt, ein jeder seinem Bruder.

Matthäus 18, 21-35

Gebet: HERR, segne Dein Wort an uns, Dein Wort ist die Wahrheit. Amen.

Liebe Brüder und Schwestern!
Wer vergißt, kann nicht zählen. Der muß halt immer wieder von vorne anfangen. Oder es einfach sein lassen.
Gott zählt die Haare auf dem Haupt seiner Kinder (Matthäus 10,30). Das ist uns zum Trost gesagt.
Der Trost wird noch größer, wenn wir hören: „Zähle die Tage meiner Flucht, / sammle meine Tränen in deinen Krug; ohne Zweifel, du zählst sie.“ (Psalm 56, 9). Gott zählt die Tränen. Um sie alle einzeln für immer abzuwischen. (Offenbarung 21,4 ; Jesaja 25, 8).
Gott zählt auch die Schafe seiner Herde, und wenn eines fehlt, dann ist das eine wie alle 100 Schafe, so daß Gott 99 auf den Bergen allein läßt, um das eine zu suchen und zu finden. Das eine ist dann nicht das Hundertste oder ein Hundertstel, sondern das eine gefundene Schaf ist dann ALLES, und die GANZE Freude. (Matthäus 18, 12-14).
Der Trost der gezählten Haare und Tränen ist aber gerade deshalb ein wirklicher und ewiger Trost, der durch alles hindurchträgt, weil Gott auch die Sterne zählt, ja sie individuell mit Namen ruft (Psalm 147, 4) – und auch die flüchtigen Wolken, wie wir bei Hiob lesen können: „Wer ist so weise, daß er die Wolken zählen könnte?“ (Hiob 38, 37).
Weil Gott nicht vergißt und alles zählt, so daß nichts verlorengeht, hat Er die Macht, und wir den Trost, daß wir nicht verlorengehen, sondern das ewige Leben haben. (Johannes 3, 16). Wenn Gott nicht vergißt, ist alles gut.

Oder aber? Wirklich? Wenn nichts vergessen ist, und alles vorgerechnet werden kann? Wenn über alle Fehler Buch gehalten wurde?

Petrus fragt nach einer Zahl. „Wie oft muß ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben?“ Wie oft muß ich vergessen? Kann man sich merken, wie oft man vergißt?
„Wann ist es genug?“ Ab wann ist es mit der Vergebung zu Ende? Kann ich bei der ersten Vergebung schon die Strichliste anfangen?: „Eine weg – noooch sechs!“ – „Zwei weg – du hast noch genau fünf!“ – „Dreimal vergeben – du hast noch vier Chancen!“ – „Das waren jetzt viermal! – Dreimal noch, und dann ….“ – „Fünf – zwei“ – „Sechs – diesmal noch!“ – „Sieben! – Ha!“
Ich hab da mal so richtig gezählt, oder?
Ich hab deshalb gezählt, weil damit überdeutlich wird: Abgezählte Vergebung ist keine Vergebung.
Gott sucht das verlorene Schaf, als wäre es das einzige.
Jede Vergebung ist eine einzige. Sie ist nur eine Vergebung, wenn sie einmalig ist. Immer wieder.
Darum sagt Jesus: „Ich sage dir: Nicht siebenmal, sondern siebenzigmal siebenmal.“ Sind das 490? Oder 7 hoch 70?
Auf jeden Fall sollst Du das Zählen nicht etwa nur aufgeben, sondern aktiv sein lassen. Denn Vergeben ist immer göttlich.
Die Schuld des Knechts ist astronomisch. Man hat errechnet, daß die 10 000 Zentner Silber das Mehrfache eines Staatshaushalts der damaligen Zeit darstellen. Es war völlig aussichtslos, daß ein Mensch das mit seiner Arbeit oder wie auch immer bezahlt hätte. Man fragt sich nur: Wie konnte es sein, daß dieser Knecht eine Schuld anhäufen konnte, die so riesig ist? Er muß völlig falsch gewirtschaftet haben. Alles muß ausnahmslos in eine falsche Richtung gegangen sein!
So ist unsere Schuld Gott gegenüber. Jede Sünde, jedes Versäumnis bringt Gottes Ordnung völlig durcheinander. Wenn Gott uns alle Konsequenzen auch nur einer Sünde zeigen würde, dann würden wir das nicht verkraften. Es würde uns umhauen. Wir verletzen den heiligen, allmächtigen und heiligen Gott. Durch die Sünde haben wir Ihn gegen uns. Wir haben keine Vorstellung von dem, was wir anrichten durch unsere Sünde. Die Dimension vor Gott ist viel viel größer, als die zwischen Menschen. Manchmal erleben wir es, daß die Schuld zwischen Menschen uns ganz umhaut. Das sind 100 Groschen gegen 10.000 Zentner. Es ist einfach kein Vergleich. Wir schulden Gott im Grunde das heile Universum, das wir durch die Erbsünden fortwährend verhunzen und ohne Dank gegen Gott in Anspruch nehmen. Unser Leben ist ein geklautes Leben. Wenn Gott mit uns gerecht vorgehen würde, dann würde seine Gerechtigkeit uns von allem abtrennen, was wir sind und haben. Es heißt ja: Frau und Kinder und alles verkaufen. Alles wird zu einer anklagenden Schuld. Da hilft wirklich nur Gnade! Der HERR erläßt die niederdrückende, lähmende, zerstörende Schuldenlast. Die Gnade ist unermeßlich. Es gibt sie, weil Gott um unseretwillen nicht zählt. Weil unser Leben für ihn zählt. Wie beim verlorenen Schaf.
Jesus ruft uns auf, in der Vergebung zu bleiben. Gottes Vergebung für uns bewährt sich in unserer Vergebung für unseren Nächsten.
Ich habe einmal eine Predigt gehört, in der am meisten darüber gesprochen wurde, daß Gott nicht so sei, wie der König. Also: Gott wird Seine Vergebung nicht zurücknehmen, wenn wir sie nicht unserem Nächsten gegenüber bewähren. Doch das ist Gottes ernste Warnung. Denn der böse Knecht hat die astronomische Vergebung nicht kapiert. Die große Gnade hat ihn offensichtlich nicht erreicht. Wenn er von ihr erfüllt gewesen wäre, dann hätte er seinem Mitknecht ohne Zögern und mit göttlicher Freude und Freiheit vergeben. Aber er hat nicht. Damit hat er bewiesen, daß ihm die Vergebung seines Herrn nichts bedeutet, sie war dann keine Realität für ihn.
Dieser böse Knecht hat seine eigene Not und Schuld gespürt, aber er hatte kein Gespür für die Not, die der andere Knecht hatte. Der Geist der Vergebung zeigt uns, wie sehr der Nächste, der an uns schuldig geworden ist, darunter leidet, und führt uns dahin, daß es uns ein Bedürfnis wird, daß er davon frei wird. Das ist göttlich. Das hat Gott mit uns vor.

Noch 2 abschließende Gedanken:

  1. Zur Vergebung gehört das deutliche Eingeständnis. Die Knechte bekennen ganz klar ihre Schuld. Das ist die Vorlage für eine Vergebung. Die Schuld soll als Schuld ausgesprochen werden.
  2. Wir sehen an dem Gleichnis, wie Worte aufschließen und zuschließen. Das Urteil des Königs schließt den Knecht ein; seine Vergebung schließt das Gefängnis auf.
    Durch seine Weigerung, dem Mitknecht die Schuld zu erlassen, schließt er ihn ins Gefängnis ein. Unvergebene Schuld ist ein Gefängnis.

Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Bild: Claude Vignon: Das Gleichnis vom Schalksknecht, 1629

20. Sonntag nach Trinitatis 2023

Gnade sei mit euch und Friede
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus.
Amen.

1 Und Jesus machte sich auf und kam von dort in das Gebiet von Judäa und jenseits des Jordans. Und abermals lief das Volk in Scharen bei ihm zusammen, und wie es seine Gewohnheit war, lehrte er sie abermals.
2 Und Pharisäer traten zu ihm und fragten ihn, ob ein Mann sich scheiden dürfe von seiner Frau; und sie versuchten ihn damit.
3 Er antwortete aber und sprach zu ihnen: Was hat euch Mose geboten?
4 Sie sprachen: Mose hat zugelassen, einen Scheidebrief zu schreiben und sich zu scheiden.
5 Jesus aber sprach zu ihnen: Um eures Herzens Härte willen hat er euch dieses Gebot geschrieben;
6 aber von Beginn der Schöpfung an hat Gott sie geschaffen als Mann und Frau.
7 Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und wird an seiner Frau hängen,
8 und die zwei werden ein Fleisch sein. So sind sie nun nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch.
9 Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.
10 Und daheim fragten ihn abermals seine Jünger danach.
11 Und er sprach zu ihnen: Wer sich scheidet von seiner Frau und heiratet eine andere, der bricht ihr gegenüber die Ehe;
12 und wenn sich eine Frau scheidet von ihrem Mann und heiratet einen andern, bricht sie ihre Ehe.

Markus 10, 1-16

Gebet: HERR, öffne unsere Augen, Ohren und Herzen für den Reichtum Deines Wortes über unser Leben. Amen.

Liebe Gemeinde!
Von der Fernsehserie „Verbotene Liebe“ gab es 4500 Folgen. Ich hab mir keine davon angeschaut. Dagegen gibt es einen einzigen Film mit dem Titel: „Erlaubte Liebe“. Der wurde im Libanon gedreht. Im Original kommt das Wort „halal“ vor: Liebe halal.
Was sagt uns das? Die Herzen der Menschen haben ein Gespür dafür, daß nicht alles, was sich als Liebe vorstellt, auch Liebe ist. Und doch hat man große Sorge, daß eine Liebe, die alle Regeln befolgt, also „erlaubt“ ist, möglicherweise nicht alle Wünsche erfüllt.
Und: „Erlaubte Liebe“ könnte bedeuten: Der Erlauber ist wichtiger als ich. Der Erlauber und seine Regeln bestimmen, was Liebe ist, und nicht ich.
Man will Liebe ohne Regeln.
Das bedeutet aber Liebe ohne Schutz.
Liebe Gemeinde, was unser HERR uns Menschenkindern sagt, ist klar genug.
Jesus bestätigt ohne Wenn und Aber den Willen des Schöpfers.
Zwischen dem Paradies und dem Sündenfall von Adam und Eva, und der Zeit Jesu hatte die Menschheit 1000e Jahre lang alles ausprobiert, was zwischen Männern und Frauen an Verbindungen denkbar und undenkbar ist. Mit Regeln, ohne Regeln, mit neuen Regeln … die Sintflut an Identitäten und Kombinationen, die heute über uns hereinbricht, ist nicht etwas Neues. Es ist einfach Heidentum. Die Vergötterung des Rausches, ob mit Stoffen oder ohne, mit Sexualität oder ohne, kannte die Menschheit vor Christus auch schon.
Jesus, der das Licht der Welt ist, das Wort Gottes in Person, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, der das Lamm Gottes ist, das der Welt Sünde trägt, der auch die Auferstehung ist, es ist genau dieser Jesus, der in dieses ganze Durcheinander, diese Verwirrung hineintritt und sagt:

  1. Gott hat den Menschen als Mann und Frau geschaffen.
  2. Gott hat Mann und Frau für einander geschaffen.
  3. Gott fügt einen Mann und eine Frau zu einer neuen Realität zusammen.
    Das ist alles. Das ist wirklich einfach alles.
    Jesus tritt für diese Wahrheit, für diese Wirklichkeit ein. Er ist auch für diese Wahrheit ans Kreuz gegangen. Er hat sie auch im Angesicht des Todes nicht zurückgenommen oder abgeschwächt, oder relativiert, sondern besiegelt mit Seinem Blut.
    Warum kann ich das sagen? Weil genau die Pharisäer, die schon früh seinen Tod beschlossen hatten, Jesus auch mit einer Frage zur Ehescheidung ans Messer liefern wollten.
    „Sie versuchten ihn, und sprachen.“ Mit anderen Worten: Es war keine ehrliche Frage, sondern ein Test, eine Falle – die Antwort Jesu sollte nicht den Pharisäern oder irgendeinem Menschen helfen, um Gottes Willen zu erkennen, sondern Jesus sollte sich selbst mit Seiner Antwort Seinem eigenen Tod näherbringen. Seine Antwort sollte gegen ihn sprechen und ihn verurteilen.
    Jesus opfert sich ganz und gar dafür, daß diese Wahrheit, diese übergroße Wirklichkeit, die größer ist als du und größer ist als ich, daß diese Wahrheit bei dir und mir ankommt.
    Mit diesen Worten liefert sich Jesus, der Sohn Gottes, der gesammelten und geballten Härte aller Herzen von uns jämmerlichen Sündern aus. Ok: Von uns jämmerlichen Sündern und jämmerlichen Sünderinnen.
    Denn es ist ja völlig klar, daß jeder, wenn er die schlichten Worte Jesu hört, in sich eine Gegenstimme hat, die sagt: Aber ! ? ! ? Aber wirklich und ein Mann und eine Frau? Aber wirklich nur Mann und Frau? Aber wirklich fürs Leben?
    Das „Aber“ kann verzweifelt klingen. Es kann aggressiv klingen. Es kann abwinkend klingen, oder spöttisch, es kann sehnsüchtig klingen. Es kann mit Haß herausgeschrieen werden, es kann mit brennender Verzweiflung in sich hinein geschwiegen werden. Keine Orgel hat soviel Register, kein Maler hat soviel Farben, wie die Stimmen, die Jesus entgegenbranden, wenn er diese Worte sagt.
    Kann es wirklich Gottes Wille sein, daß ein Mann und eine Frau zusammengefügt werden fürs Leben, exklusiv und total, bis der Tod sie scheidet? Ist das die eine, ganze, vollständige und erlaubte Liebe?
    Jesus nimmt diesen ganzen Empörungstsunami auf sich. Wenn wir alle unseren Frust, unsere Ratlosigkeit, unser scheinbar besseres Wissen oder unsere scheinbar überlegene Erfahrung ihm vor die Füße geworfen, oder unter die Nase gerieben, oder an den Kopf gestoßen haben, wenn sich alle „Abers“ ausgetobt haben, und alles stille wird, bleibt Jesus bei Seinem Wort. Nach allem, wirklich allem kommt diese Stimme. Nichts wird sie zum Schweigen bringen.
    Warum? Aus unnachgiebiger Härte? Aus wirklichkeitsfremder Überheblichkeit? Aus Liebesfeindlichkeit?
    Nein. Sondern aus dem Gegenteil von alledem.
    Jesus sagt uns diese Wahrheiten aus dienender Liebe.
    Jesus rettet den Ursprung der Liebe für uns, Jesus nimmt alles auf sich, um die Liebe vor uns selbst zu retten.
    Denn Liebe, sofern sie Liebe und nichts anderes als Liebe ist, zielt wirklich aufs Ganze, zielt auf neue Wirklichkeit, und Liebe, sofern sie Liebe ist, hat in sich den Willen, niemals aufzuhören. Sie hat diese Richtung in sich, über sich hinauszugehen, über sich hinauszuwachsen.
    Dafür opfert Jesus sich, daß diese Wahrheit wahrbleibt.
    Denn jede Liebe, insofern sie Liebe, und nichts anderes, als Liebe ist, wird Jesus recht geben. Liebe ist ein göttliche Macht, die Mann und Frau erfaßt, und Fakten schafft, vom ersten Moment an. Fakten, insofern sie in der Liebe sind, Fakten von denen man wünscht, daß sie für immer bleiben, und daß es mehr von ihnen gibt. Damit meine ich nicht nur den Kindersegen, aber ich schließe den Kindersegen um Gottes willen nicht aus, sondern ein. Daß das nur klar ist!
    Jesus bejaht diese Erfahrung, oder diese Ahnung. Sie kommt von Gott, und sie ist wahr. Alles, was sie in Frage stellt, hat mit uns zu tun. Mit der Härte unserer Herzen.
    Jesus sagt diese Worte, weil er allein das weichste Herz von uns allen hat. Sein Herz ist so weich, daß er lieber stirbt, als daß Gottes Wille für Mann und Frau untergeht. Jesus hat alles getan, daß uns diese ursprüngliche paradiesische Wahrheit nicht abhanden kommt.
    Die harten Herzen wollen das. Die harten Herzen wollen Liebe mit Vorbehalt. Liebe, die nicht aufs Ganze geht. Liebe mit Hintertür. Wenn meine Wünsche nicht erfüllt werden, dann …, wenn schwere Tage kommen, dann …., wenn ich meine Pläne nicht erfüllen kann, dann …. Dann meint man sich absichern zu können. Das Vertrauen ist nicht da, sondern Mißtrauen ist da. Dann meint der Ganze Mensch nicht mehr den Ganzen Menschen.
    Doch das Herz Jesu sieht in in diesen Vorbehalten das Ende der Liebe als Liebe, als göttliche Wirklichkeit. Darum erkennt er die Härte des Herzens. Er zeigt ihre harte Realität auf, damit wir Gott dringend bitten um ein lebendiges, weiches, fleischernes Herz. Die Propheten sprechen davon: „Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. (Jer 31,33; Hes 11,19)“. Jesus kennt beide Realitäten: Die göttliche Liebe, die aufs Ganze geht, das aus zwei Ein Fleisch werden – und die bittere tödliche Härte der Herzen. Jesus wird an die Liebe glauben, und wenn es sein muß, glaubt er an sie für uns, und gegen die Härte deines und meines Herzens, und wenn Er auch der allerletzte wäre, der noch an die Liebe glaubt, aber Er tut es. Bis in den Tod hat er es getan. So steht Er uns mit diesen Worten gegenüber.
    Es ist aber neben der allgemeinen Liebe von Christen untereinander immer auch die Liebe zwischen Mann und Frau.
    Wer diese große Wirklichkeit und Ordnung verlassen will, der kann sich niemals auf Jesus berufen. Das Neue Testament bezeichnet die Liebe Jesu für uns Menschen eindeutig als die Liebe eines Bräutigams für seine Braut. Es ist eine männliche Liebe, die sich restlos und exklusiv dem weiblichen widmet und ihm hingibt. So sagt schon Johannes über Jesus: „Wer die Braut hat, der ist der Bräutigam.“ (Johannes 3, 29), und von sich selbst sagt Jesus: „Wie kann die Hochzeitsgäste traurig sein, solange der Bräutigam bei ihnen ist?“ (Matthäus 9,15). Der Apostel Paulus lehrt uns, daß das Verhältnis Jesu zu Seiner Gemeinde das Verhältnis eines Mannes zu seiner Frau ist: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und hat sich selbst für sie dahingegeben, um sie zu heiligen.“ (Epheser 5, 25f).
    Auch die Offenbarung des Johannes, das letzte Buch der Bibel, in dem Gott uns die feststehende Zukunft aller Dinge, vor allem aber Seiner Gemeinde zeigt, heißt es: „Und der Geist und die Braut sprechen: Komm!“ (Offenbarung 22,17). Nämlich der Heilige Geist und die Kirche als Braut rufen Jesus als den Bräutigam, daß er wiederkommen soll in Herrlichkeit.
    Der menschliche Verstand kann hier eine Ungerechtigkeit, eine Ungleichheit sehen. Warum ist die Gemeinde nicht männlich? Warum ist die Erlösung nicht durch eine Braut? Das sind überflüssige Spekulationen. Nur Gott der Schöpfer weiß, was Männlich und Weiblich ist. Doch eines möchte ich dazu sagen:
    Jesus als der Sohn Gottes und der Mann „gibt sich selbst“ wie Paulus sagt, für das Weibliche, die Kirche oder Gemeinde. Er tut das aus Liebe, weil Er sie bejaht. Die Kirche als Braut ist die Bejahte. Sie ist das Bejahteste, was es gibt. Niemand hat so sehr Ja gesagt, wie Jesus. Und niemand hat so ein großes, umfassendes Ja-Wort bekommen, wie die Kirche.
    Wer das einmal erkannt hat, der – oder die! – wird nicht mehr von Ungerechtigkeit an dieser Stelle sprechen. Denn wir brauchen alle diese Bejahung. Wir können sie uns nicht selbst geben. Diese Bejahung ist die Vergebung, die Rechtfertigung, die uns das ewige Leben eröffnet. Ohne Hintertüren, ohne Vorbehalte. Nur diese Bejahung Gottes durch Jesus hilft Männern wie Frauen, verheiratet oder nicht.

Und der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Foto: HAUS SCHLESIEN

166. Kirchweihgedenken

Predigt: Pfarrer Johann Hillermann

Die Gnade unseres HERRN Jesus Christus,
und die Liebe Gottes,
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen. Amen.

30 Und Jesus sprach: Womit wollen wir das Reich Gottes vergleichen, und durch welches Gleichnis wollen wir es abbilden?
31 Es ist wie ein Senfkorn: wenn das gesät wird aufs Land, so ist’s das kleinste unter allen Samenkörnern auf Erden;
32 und wenn es gesät ist, so geht es auf und wird größer als alle Kräuter und treibt große Zweige, sodaß die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten wohnen können.

Markus 4, 30-32

Gebet: Heiliger Gott, du erkennst unsere Herzen und prüfst uns, wie wir’s meinen. Entzünde uns durch deinen Geist, daß wir deinen Willen lieben und dir mit ganzen Herzen folgen. Durch Jesus Christus, unsern HERRN. Amen.

Liebe Gemeinde!
Ein Senfkorn kann man gerade so mit zwei Fingern fassen.
Ihm sieht man es nicht an, daß aus ihm ein Strauch wird, in dem Vögel ihre Nester bauen, und unter sein Zweigen wohnen können. Ja: Der Vogel bewohnt etwas, das aus dem entsteht, was er mir nichts dir nichts hätte aufpicken und verschlucken können.
So ist das Reich Gottes: Es drängt sich nicht auf; man kann es ohne Mühe beiseite schieben – aber, wenn man es nicht beiseite schiebt, dann bietet es Leib und Seele ein ewiges Zuhause.
Das, was der Vogel nicht tut – nämlich das kleine Senfkorn entfernen, das ist wirklich etwas sehr Kleines! – steht in keinem Verhältnis zu dem, was er dann bekommt, nämlich ein Nest. Es heißt: Vögel wohnen unter seinem Schatten. Unter dem Schatten heißt geschützt von der sengenden Sonne, geborgen vor Wind und Wetter.
So geschieht das Kleine: Gott spricht zu uns durch Sein heiliges Wort, Gott sendet uns Seinen Sohn als ein leiblicher Mensch, Gott beschließt mit der Taufe und mit dem einfachen Mahl unter Brot und Wein – – alles zu tun, alles zu geben, alles zu sagen — Menschen halten sich daran, freuen sich daran, erschrecken über sich selbst , und das alles ganz unauffällig in ihrem Herzen.
Das alles ist vor der Welt klein, wie ein Senfkorn. Einmal „pick!“, und es ist weg. Man kann einfach das Radio lauter drehen, oder einen weiteren Film anschauen, und es scheint ganz verschwunden zu sein.
Aber wenn es bleibt, dann tut Gott damit große Dinge. Er bringt dich in Sicherheit vor dem Tod. Er heilt deine Seele, weil sie endlich die zuverlässige Wahrheit hört. Er öffnet deine Augen für Seine Güte in der Schöpfung, die trotz allem noch für dich da ist. Er heilt und erweitert dein Herz, daß es Platz für den Nächsten hat, und daß Liebe möglich ist. Er zeigt dir wie hohl und vergeblich ein Leben ohne Seine Gebote ist.
Wir feiern heute Kirchweih. 166 Jahre steht unsere Kirche.
Gott hat eine Adresse, in der Er sich finden läßt.
Gott hat Sein Sprechzimmer.
Unsere Seele hat ein Nest.
Ein Gottesdienstbesuch – so leicht kann er versäumt werden, und es scheint keinen Unterschied zu machen, wie ein Senfkorn, das nicht da ist.
Aber am Ende wirst du nicht aufhören können, Gott zu preisen dafür, daß du diese Stunde hier zugebracht hast. Diese Stunde wirst Du niemals bereuehn, sie wird dir Schatten geben, ein geborgenes Nest für deine Seele,
Der Verstand wird sagen: Gott ist überall, du kannst die Bibel unter deinem Bett oder im Badezimmer lesen. Du kannst in der U-Bahn beten, du kannst Gott in der Natur begegnen.
Doch Gottes Wort kennt uns besser. Du sollst Gott einen Raum und eine Zeit weihen. Für Gottes Wort, für das Gebet, für die Versammlung, für das Mahl des Herrn wird ein Christ und eine Gemeinde einen Raum und eine Zeit festlegen? Warum, weil man für alles, was einem wichtig ist, Räume und Zeiten reserviert. Zeige mir, wofür du Zeiten und Räume reservierst, und ich zeige dir, was dein Gott ist.
In diesem Haus soll alles passieren, was Gott eingesetzt hat, wie er uns begegnen will. Der Altar, an dem gebetet wird, an dem Das Abendmahl gefeiert wird, hat seinen festen Platz. Das Taufbecken, wo Christen gemacht werden, hat seinen festen Platz. Die Kanzel, von wo aus verbindlich und ordentlich und allein von der apostolischen und prophetischen Schrift aus die Gemeinde gelehrt werden soll, hat ihren festen Platz. Das Lesepult, von dem aus die Gemeinde Gottes Wort aus der Bibel hören soll, hat seinen festen Platz. Diese heiligen Möbel haben deshalb ihren festen Platz, weil sie dem Wort und den Handlungen dienen, die für den Glauben notwendig sind.
Die Seele muß ein Zuhause haben, wo es eindeutig ist: Ich bin hier, um Gott zu begegnen, ich bin hier, weil Gott mich ruft, ich bin hier, weil ich zu Gottes Familie gehöre, ich bin hier, um nichts anderes zu tun, als zu hören, zu beten, zu empfangen, und Gott die Ehre zu geben.
Diese Eindeutigkeit ist unter meinem Bett, in meinem Badezimmer, in der Natur oder in der U-Bahn einfach nicht gegeben. Doch der Glaube sehnt sich nach Eindeutigkeit.
Der 86. Psalm betet: „Erhalte mein Herz bei dem Einen!“ Laß mich alles hinter mich lassen! Ich will in meiner Gemeinde allein mit Dir sein, o Gott! Dazu hat die Christenheit schon sehr früh angefangen, Gotteshäuser zu bauen. Es ist gut, richtig und notwendig so.
Das Gotteshaus steht für noch eine weitere Wahrheit: Du mußt das Christentum nicht erfinden. Ganz im Gegenteil: Gott findet dich, und fügt dich in die Christenheit ein. Gott wartet auf dich und hat Platz für dich wie dieses geliebte Gebäude hier. Wir sind Dazugekommene. Als wir dazukamen, war schon alles fertig.
Der Heilige Geist sammelt dich ein und fügt dich hinzu zu der Kirche Gottes, die schon immer da war. Wir haben eben aus dem Gesangbuch gesungen:
„Die recht in dieser Kirche wohnen,
die werden in Gott selig sein;
des Todes Flut wird sie verschonen,
denn Gottes Arche schließt sie ein.
Für sie ist Christi Blut vergossen,
das sie im Glauben nehmen an,
und werden Gottes Hausgenossen,
sind ihm auch willig untertan.“
Wir sitzen durch den Glauben an Jesus hier auf diesen Kirchenbänken in Gottes Arche. Wir haben sie nicht gebaut, Gott selbst hat sie gebaut. Wir Menschen können gar nicht etwas bauen, das uns vor „der Todes Flut“ verschont.
Jesus hat Sein unschuldiges Blut für uns vergossen. Da ist Vergebung der Sünden, da müssen „des Todes Fluten“ aufhören. Das paßt zum Reich Gottes als ein Senfkorn: Ein einzelner stirbt am Kreuz wie vor und nach ihm Hunderttausende; aber dieses Eine Kreuz, das Blut genau dieses Einzigen – hier ist das Senfkorn, aus dem der Baum des Reiches Gottes wächst, und wir wohnen darin.

Liebe Gemeinde!

Schon seit Jahren wird angekündigt, daß das Dach unseres Gotteshauses erneuert werden muß. Die Zeit kommt immer näher, daß die Arbeiten beginnen. Architekten und andere Experten haben dem Bauausschuß und dem Vorstand berichtet. Die Schäden sind festgestellt und dokumentiert. Was daran getan werden muß, ist jetzt bekannt. Und natürlich liegen auch Kostenschätzungen vor – nicht Angebote oder Voranschläge, sondern Schätzungen!
Mit welch einem Herzen werden wir als Gemeinde diese Zahlen einmal zur Kenntnis nehmen? Es werden Summen sein, die für unsere Gemeinde nicht alltäglich sind. Man wird sich dann fragen: Kann unsere Gemeinde das schaffen?
Manche antworten auf diese Frage: Wir müssen es schaffen! Die Maßnahmen sind notwendig! Andere werden vielleicht lieber nicht das sagen, was sie denken.
Es wird helfen, wenn wir uns sagen lassen: Mit dem Senfkorn des Reiches Gottes werden Dinge passieren.
Der Anfang liegt nicht bei den Architekten, oder bei den Finanzberatern – die wir alle brauchen werden! Der Anfang liegt auch nicht bei dem Bauausschuß oder dem Kirchenvorstand – die damit noch sehr beschäftigt sein werden!
Der Anfang liegt bei einem jeden von uns mit der Überzeugung, daß das was in diesem Hause geschieht, lebensnotwendig ist. Es ist notwendig gegen mein Verderben, daß Gott mit mir spricht, so wie Er es geordnet hat. Es ist notwendig, daß die Gemeinde als der Leib Christi sich zum Gebet und Lobgesang versammelt. Es ist eine Notwendigkeit, daß Gott eine Adresse in der Annenstraße hat, damit meine Seele eine Heimat hat. Es muß diese Hütte Gottes geben, in der Gott Tränen abwischt, aber in der Gott auch Seinen Willen mitteilt und uns rettet.
Liebe Gemeinde, da fängt es an. Und wenn diese großen wunderbaren Wahrheiten für uns feststehen, dann ist das Senfkorn da, dann ist auch das Reich Gottes da und wird sich so ausprägen, daß „es aufgeht und größer wird als alle Kräuter und große Zweige treibt, sodaß die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten wohnen können.“
Ich möchte an ein Wort Jesu erinnern, daß ich selbst viele Jahre nicht verstanden habe, aber jetzt Gott sei Dank so weit verstehe, daß ich euch etwas dazu sagen kann.
Mehr als einmal sagt Jesus: „Wer da hat, dem wird gegeben; wer aber nicht hat, von dem wird auch was er hat, genommen werden.“ (Matthäus 13, 12 und Matthäus 25, 29).
Das wird oft als eine brutale Ungerechtigkeit empfunden. Wer nichts hat, der verliert noch das wenige, was er hat, und wer schon etwas hat, der bekommt noch mehr dazu.
Doch. Man muß hier haargenau fragen und wissen, was hier „Haben“ bedeutet. Der Mann in dem Gleichnis, dem auch noch das genommen wird, was bei ihm war – der Mann hatte Gottes Gabe nicht als Gottes Gabe dankbar angenommen. Gott hatte ihn beschenkt und ihm eine Gabe anvertraut, und der Mann hatte diese Gabe mißtrauisch versteckt, als wollte er nichts damit zu tun haben. Und das bedeutet: Er hatte sie nicht wirklich. Wenn Gott sie ihm am Ende wegnehmen läßt, dann war das nur eine Konsequenz davon.
„Haben“ heißt hier: Bewußt und dankbar Gottes Gabe als Zeichen von Gottes Liebe und Gnade annehmen, und damit leben. Wenn Gott sieht, daß Seine Gabe in dir Frucht bringt: Frucht des Dankes, des Vertrauens – auch daß man seine Sorgen auf Gott wirft, auch das ist eine Frucht des Glaubens! Wenn Gottes Gabe durch den Glauben bei dir richtig ankommt und durch den Glauben bei dir gut aufgehoben ist – dann kann Gott über dich sagen: Du hast. Das ist ein göttliches Haben.
Wer so hat, dem wird Gott weiter geben.
Denn wer so hat, der hat vor allem Gottes Liebe und Güte. Und Gottes Güte bleibt ewiglich. (Psalm 136). Gottes Güte hat kein Ende (Klagelieder 3, 22-23).
Mit welchem Herzen sollen wir dieser großen Aufgabe begegnen?
Mit einem, mit DEM Senfkorn im Herzen.
Haben wir den Altar wirklich? Haben wir das Lesepult wirklich? Haben wir die Kanzel wirklich? Haben wir die Kirchenbänke wirklich? Haben wir die Orgel wirklich? Haben wir die Kniekissen wirklich?
„Wirklich haben“ das ist: Was Gott hier sagt und tut ist notwendig. Es ist für mich notwendig, es ist für alle Menschen, die es noch nicht wissen, notwendig. Denn Gottes Gnade ist notwendig. Gott muß vergeben und verschonen mit Seiner Arche, sonst sind wir der „Flut des Todes ausgeliefert.“
Es hat seinen festen Platz und muß ihn haben. Laßt uns unser Gotteshaus so haben.
Das ist der Anfang. Der muß sicher sein.

Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Erntedankfest – 1.10.2023

Pfarrer: Johann Hillermann

Gnade sei mit euch und Friede
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus.
Amen.

15 Jesus sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, daß er viele Güter hat.
16 Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte gut getragen.
17 Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle.
18 Und sprach: Das will ich tun: Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin sammeln all mein Korn und meine Vorräte
19 und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iß, trink und habe guten Mut!
20 Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast?
21 So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.
Gebet: Lieber Gott, bitte mach jetzt Licht an in uns durch das, was Du uns hören läßt. Amen.

Lukas 12, 15-21

Liebe Gemeinde!
Du Idiot! Dir kann ich nicht helfen.
Wenn Jesus das sagt. Tote auferwecken, Blinde sehend machen – kein Problem. Viertausend plus Menschen mit sieben Broten satt machen – laßt es kommen!, sagt Jesus. Auch für Besessene gibt es Hilfe und Hoffnung.
Aber es gibt eben Idioten. Sich vergaloppierende Verrückte, da sieht es ganz so aus, als müßte selbst der Heiland passen.
Du Narr!
Das willst du nicht hören.
Du hörst es jetzt von einem Menschen, damit du es nicht einmal von Gott hören mußt.
Jetzt, wenn es dir eine menschliche Stimme im Namen Jesu sagt, ist die Situation noch offen.
Aber dann, wie bei dem närrischen Kornbauern in der Nacht, wenn Gott selbst es unvermittelt sagt, dann ist es vorbei.
Bist du reich bei Gott? Ja oder Nein?
Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz, sagt Jesus. (Matthäus 6, 21).
Was hülfe es den Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne, und nähme doch Schaden an seiner Seele? (Matthäus 8, 36).
Darum zeigt uns Jesus diesen Narren, den du nicht sein willst.
Es ist ein Anti-Ernte-Undank- Non-Fest.
Ein So-bitte-nicht!-Fest.
Jetzt ist aber ganz wichtig: Du könntest es wirklich sein. Es ist keine Einladung, an andere zu denken hier.
Es ist wie im Flugzeug: Diese Sauerstoffmaske kommt runter für dich – erst, wenn du selbst den Sauerstoff auf die Lunge kriegst, dann guck dich um, wer Hilfe braucht. Also erst selber richtig Erntedank feiern, bevor du überlegst, wer sich diese Worte auch hören soll!
Es fängt gut an, es sieht gut aus.
Der Mann hatte Erfolg. Das Land hatte gut getragen. Die Saat ist aufgegangen, die Arbeit hat sich gelohnt. Die Ernte ist eingebracht worden. Der Kornbauer hatte alles richtig gemacht: Vom Pflügen und Säen an bis hin zum Schneiden und Ernten.
Lebensmittel; Leben. Die Lebensmittel sind in Sicherheit, das Leben ist gesichert.
Er weiß offensichtlich, was er tut.
Was dann kommt, hört sich noch gut an. Im Rückblick ist es aber der Anfang vom Ende. „Er dachte bei sich selbst und sprach.“ Bei sich selbst. Ein Selbstgespräch. Verborgen vor der Welt. Er macht etwas mit sich selbst aus. Es geht niemanden etwas an. Niemand redet ihm drein. – Er dachte bei sich selbst: Da wird es doch keine Mißverständnisse, und deshalb kein Risiko geben! „Ich, meiner, mir mich – wir halten zusammen!“
Ein Narr ist einer, der sich von der Wirklichkeit isoliert. Hier beginnt die Isolation.
Er sieht die Haufen und Haufen an Lebensmittel. Und daneben die Scheunen, die bis jetzt immer groß genug waren, so daß er bis auf den heutigen Tag leben konnte, und sagt: „Ich habe nicht …“ Was passiert da? Er „sieht“ die Scheunen, die er nicht hat. Die Scheunen, die er brauchen würde, um alles für sich sammeln zu können – dieser Mangel wird ihm auf einmal spürbarer, dringender, ja, wirklicher, als die sensationelle Ernte.
Das, was er nicht hat, erfaßt ihn intensiver als das, was er hat. Der Mangel bestimmt ihn.
Liebe Gemeinde, das „Anti-Ernte-Undank- Non-Fest“ geht los. Und machen wir uns nichts vor. Von dem bestimmt sein, was man nicht hat, mehr als von dem, was man hat – das ist sehr sehr sehr verbreitet. Alle Nachbarn sehen mit Staunen, was der reiche Bauer sich angehäuft hat, und er sagt: „Ich habe nicht!“
Und dann kommt eben der scheinbar vernünftige Plan. Es müssen größere Scheunen her, damit der Schatz untergebracht ist. Der Schatz ist ja nicht verwerflich. Aber wo ist die Seele? Wo ist das Herz?
Das Selbstgespräch geht weiter: „Ich will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iß, trink und habe guten Mut!“ Das Leben kann und wird gerade so weitergehen, wenn nicht noch besser, weil Arbeit nicht mehr nötig sein wird! Nur noch konsumieren! „Iß, trink, und habe guten Mut!“ Gottes Wort warnt uns vor dieser Einstellung. Sie klingt sehr bejahend, aber sie ist vom Tod getrieben. Der Prophet Jesaja bringt die Einstellung auf den Punkt: „Laßt uns essen und trinken; wir sterben doch morgen!“ (Jesaja 22,13) – und der Apostel Paulus im Neuen Testament zitiert Jesaja, um zu zeigen, wie Menschen denken, die die Auferstehung der Toten leugnen: „Wenn die Toten nicht auferstehen, dann »laßt uns essen und trinken; denn morgen sind wir tot!«“ (1. Korinther 15, 32).
Der Tod ist der ultimative Mangel. Und wenn der dich treibt, hysterisch zu leben, das Leben zu steigern, dann ist der Tod schon in diesem verzweifelten Essen und Trinken da – und der „gute Mut“ ist eine verzweifelte Selbsttäuschung. Dann hat die Seele nämlich überhaupt keine Ruhe, sondern jagt von einem Rausch zum nächsten und der Mangel wird doch nur größer.
Das ist dann wirklich ein „Anti-Fest“ ! Ein höllisches Fest.

Der Reiche Kornbauer, den Jesus uns hier vorhält, ist kein Du.
Gott kommt in seiner Wirklichkeit nicht vor; auch kein Mensch gibt es in seinem Universum. Er spricht Sprache, aber sie meint keinen, nur sich selbst. Er ist sich selbst ein Du. Aber das ist eine Täuschung. Was soll ich tun? Das will ich tun! Ich will sagen zu meiner Seele … Es ist ein geschlossener Kreislauf.
Es ist ein Kurzschluß.
Dieser Kreis schließt Gott und den Nächsten aus.
Daß Gott die Ernte geschenkt hat durch die Schöpfung, durch gedeihliches Wetter, und Frieden im Land, durch Vertrauen zwischen Menschen innerhalb des Staates und darüber hinaus, ja, daß Gott ihm Verstand und Kraft gegeben hat – das ist ausgeblendet. Damit aber ist 99 % der Wirklichkeit ausgeblendet.
Und: Der Mann wird doch sicher Erntehelfer gehabt haben, die fleißig und zuverlässig mitgearbeitet haben! Die sich haben einplanen lassen, die Verabredungen eingehalten haben! Und was ist mit den Soldaten, die räuberische Horden ferngehalten haben, oder schädliche Tiere? Damit hat der Narr nochmal 99% der Wirklichkeit ausgeblendet.
Zweimal 99%? In einer idiotischen Welt geht das! Immer wieder neue Zahlen hervorzaubern, die den Irrtum bestätigen, kein Problem!
Nicht einmal eine Frau hat er, mit der er den Erfolg teilen könnte! Der Profit wäre 50% weniger! Keine Kinder! Kinder kosten! Jedes Kind nochmal 50% Verlust! Zuviel Risiko!
Er kennt sich nur als ICH und läßt niemanden zu ihm DU sagen. Denn er kann es sich nicht vorstellen, als daß alle so gierig sind, wie er. Jeder, der zu ihm „DU“ sagen würde, der würde doch am Ende nur aus Gier nach seinem Geld „DU“ sagen.
Doch am Ende muß er es dann von Gott selbst hören: „DU!“
„DU!“ Du Narr. Du Idiot. Du hast dich aus allem isoliert, wie ein Astronaut, der ohne Verbindung im All davonschwebt.
Heute Nacht wird man deine Seele von dir fordern.
Deine Seele ist nicht dein Besitz. Du hast sie nicht gemacht. Du hast sie nicht am Leben erhalten.
Liebe Gemeinde: Die Seele ist etwas unglaublich Wunderbares. Ohne die Seele würden wir keine Freude haben. Aber die Seele ist nicht unser Besitz. Das heißt, was wir mit ihr machen, müssen wir vor unserem Schöpfer verantworten. Gott macht uns zu einem Du. Er stellt uns zwischen Menschen. Eine Seele, die kein Du ist, verkümmert.
In der Seele entscheidet es sich, ob wir wirklich reich, nämlich bei Gott reich sind. Das ist, was Jesus dringend empfiehlt. Wer bei Gott reich ist, der ist kein Narr.
Was ist das: Reich sein bei Gott?
Es ist ganz einfach.

  1. Es fängt damit an, mit Gott im Gespräch zu sein. Danke, Gott, daß du mich geschaffen hast. Der Kornbauer hätte danken können für das Land, die Fruchtbarkeit, das Wetter, den Frieden, die Mitarbeiter … Ja, er hätte sogar mit seiner Seele sprechen können, aber mit den Worten des 116. Psalms: „Sei nun wieder zufrieden, meine Seele, denn der HERR tut dir Gutes.“ Es kommt vom Himmel, was du da bist und hast. Danke, Gott! Der Psalm geht weiter: „Denn du hast meine Seele von Tod errettet, mein Auge von den Tränen, meinen Fuß vom Gleiten.“ Gott, du hast so viel Unglück abgewendet! Danke! Doch das Gespräch wird auch die Bitte einschließen. Bitte, lieber Gott, segne mich! Bitte leite mich!
    Dann ist der Kreislauf nicht mehr geschlossen. Dann ist am Ende kein Kurzschluß! Dann ist man reich – aber reich mit Gott und bei Gott.
  2. Doch es geht weiter: Die Epistel von heute (2. Korinther 9, 6-15) hilft uns gegen die Isolation, die in Idiotie endet. Die Epistel handelt von einer Kollekte. Paulus sammelt in Griechenland eine Kollekte für die bedrängte Gemeinde in Jerusalem. Die Christen in Jerusalem wurden boykottiert. Niemand wollte mit ihnen zu tun haben. Darum brauchten sie Hilfe. Und was sagt Paulus dazu? Diese Kollekte ist nicht einfach eine Sache zwischen Menschen. Sie „wirkt darin, daß viele Gott danken.“ Dankt ein Mensch Gott deinetwegen? Vermehrst du den Dank zwischen Menschen und Gott? Reich sein bei Gott bedeutet: Wenn ein Mensch meinetwegen Gott dankt, dann ist das ebenso meine Freude. Sagt jemand: Gott sei Dank, daß es …. gibt? Ist dieser Dank nicht wie Sauerstoff, den man tief einatmet?
    Das ist ein Reichtum, deren Buchhaltung bei Gott im Himmel ist. Manches wird im Verborgenen geschehen. Gott wird es uns am Ende alles zeigen, was wir an Dank bei ihm produziert haben. Aber so idiotisch sind wir nicht, daß wir nicht jetzt schon wissen, wie das aussehen kann.
    Das wird dann ein richtiges Fest!
    „Du warst das! Du hast mir geholfen! Du warst ein Geschenk des Himmels! Danke. Danke für immer!“

Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

16. Sonntag nach Trinitatis

Predigt vom 24. September 2023
Pfarrer: Johann Hillermann

Gnade, Barmherzigkeit, Friede
von Gott, dem Vater,
und von dem HERRN Jesus Christus!

35 Darum werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.
36 Geduld aber habt ihr nötig, damit ihr den Willen Gottes tut und das Verheißene empfangt.
37 Denn »nur noch eine kleine Weile, so wird kommen, der da kommen soll, und wird nicht lange ausbleiben.
38 Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben. Wenn er aber zurückweicht, hat meine Seele kein Gefallen an ihm«.
39 Wir aber sind nicht von denen, die zurückweichen und verdammt werden, sondern von denen, die glauben und die Seele erretten.

Hebräer 10, 35-39

Gebet: Oh Gott, gib, daß wir heute verstehen, was Du sagst. Amen.

Liebe Gemeinde!
Zwei Gefangene sind in einem Gefängnis, das mit 9 hohen Mauern umgeben ist. Sie üben, und schließlich haben sie es raus, wie man gemeinsam über die Mauer kommt und eines nachts wagen sie es. Sie überklettern eine Mauer nach der anderen.
Nach der 8. , vor der 9. Mauer sagt einer zum anderen: Ich schaffe das nicht mehr; ich kehre um!

Was wird der andere wohl gesagt haben?
„Spinnst du? – Nur diese eine Mauer! Mensch! Willst Du wirklich ins Gefängnis zurück? Nur noch diese eine Anstrengung! Halt durch!“
Übrigens: Würde er die 8 Mauern zurück überhaupt schaffen?

Es geht um dieses Durchhalten heute. Das Dranbleiben im Glauben.
Dranbleiben bringt alles, vor allem die eigene Seele.
Kneifen verliert alles, vor allem die eigene Seele.
Und: Zeit spielt keine Rolle.
Das ist die Essenz unseres Predigttextes. Das habt ihr doch hoffentlich alle beim ersten Hören eben sofort gemerkt!

„Werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.“
Man kann leider durch Leichtfertigkeit wertvolle Dinge verlieren. Es gibt ein Video von einem Angler, der einen Fisch angelt, aber nicht behalten will, und was macht er? Er schmeißt nicht den Fisch, sondern sein Telefon ins Wasser. Schrecklich!
Hier geht es aber um das Vertrauen zu Gott. Leider kann man es wegwerfen. Auf einmal scheint es bedeutungslos zu sein. Man wacht auf, und denkt: Das wird mir nicht fehlen. Wie ein unbrauchbarer Fisch.
Natürlich ist hier das Vertrauen zu Gott gemeint. Zu Gott, dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.
Das Vertrauen in Gott, den Schöpfer – daß er dich geschaffen hat und noch erhält, und zwar aus Liebe.
Das Vertrauen in Gott, den Sohn – daß Jesus Christus deine Schuld übernimmt und dafür geradesteht, damit sie dich nicht umbringt. Der dich aus dem Labyrinth, aus der dunklen Höhle, aus dem Würgegriff der Sünde herausführt und trägt. Der Anklage zum Schweigen bringt. Das Vertrauen, daß das geht, und daß deine Vergangenheit deine Zukunft nicht schon zerstört hat.
Das Vertrauen in Gott, den Heiligen Geist – daß Gott wirklich neu anfängt, und dich in Gottes Gemeinde einfügt, in dir die Macht des Bösen und des Todes bricht und dich beten lehrt, und lieben. Und das alles so, daß du am Ende nichts davon bereuen mußt.
Dieses Vertrauen ist nicht so groß, wie es sich fühlt, sondern so groß wie der, an den es sich klammert. Jesus sagt ja: „Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn und sagt zu diesem Maulbeerbaum: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer! so wird er euch gehorsam sein.“ (Lukas 17,6). So wie einem Baby alle Kraft seines Vaters gehört und zur Verfügung steht, oder aller Besitz des Vaters. Daß das Baby klein ist, spielt keine Rolle, denn es verläßt sich auf seinen Vater. Das Baby ist so frei, wie sein Vater. So ist der Glaube so frei und so groß, wie Gott.
Jesus sagt das so: „Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist es unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich.“ (Matthäus 19, 26). Mit anderen Worten: „Alle Dinge sind möglich, dem, der da glaubt.“ (Markus 9, 23).
Das ist das Vertrauen, das das Evangelium uns bringt.
Mit diesem Vertrauen kommt Gott selbst im Evangelium, in der Nachricht über Jesus auf dich zu.
Es hat eine große Belohnung. Du kannst nichts verlieren. Gott will dieses Vertrauen, ja, es ist das Eine, was er bei uns Menschen sucht. Gott bedient dieses Vertrauen. Gott übernimmt die Verantwortung. Es soll sich lohnen, daß du an den Schöpfer glaubst, an Vergebung glaubst, und in der Kirche bist. Wirf das nicht weg!
„Geduld aber habt ihr nötig, damit ihr den Willen Gottes tut und das Verheißene empfangt.“
Geduld: Das eben was für die letzte Mauer nötig ist. Dranbleiben. Drunterbleiben, aber nicht kneifen.
Geduld? Warum? Weil das Leben ohne Glauben leichter scheint. Dann erscheint Gottes Wort als Ballast. Man möchte so gern unauffällig in diese Welt hineinpassen.
Oder man merkt, daß das Christentum wirklich Feinde hat. Das ist unheimlich.
Oder man ist enttäuscht von Mitchristen.
Oder Gott läßt ein Leiden zu. Und auf einmal will man nichts mehr von Gott wissen.
Oder man merkt: Ich muß ja nicht Gottes Willen tun.
Dann verliert man das Vertrauen, man verliert Gottes Verheißung. „. Wenn er aber zurückweicht, hat meine Seele kein Gefallen an ihm.“
Die Verheißung ist: Ewiges Leben. Und das bedeutet: Leben ohne Tod, Leben ohne auch nur eine Spur des Bösen. Leben in einer Wirklichkeit, die uns nur Gottes Liebe zeigt und nichts anderes. Versuch doch für einen Moment, dir dein Leben vorzustellen: Ohne die Folgen deiner Sünde, ohne die Folgen der Fehler deiner Mitmenschen, deiner Vorfahren. Ein Leben, in dem Gottes Gaben nicht nur heile ankommen, sondern auch von dir mit deinen Augen, Ohren, und allen Sinnen erkannt und aufgenommen werden. Wo du dein eigenes Leben nur noch als ein Geschenkt empfängst, und das mit einem ungetrübten guten Gewissen. Ein Leben, in dem deine Liebe ohne Mißverständnisse und Zweifel weitergeht und ankommt, weil du Gottes Liebe weitergibst. Ein Leben, in dem Gottes Liebe dich durch andere erreicht, und du erkennst das und kannst es annehmen, und da ist kein Druck, keine Enttäuschung, kein Unrecht.
Das ist ein Teil der Verheißung Gottes. Das wartet auf dich.
Darum halte am Vertrauen zu Gott fest.
Wenn du dieses Vertrauen wegwirfst, dann verlierst du nicht nur deine Gedanken an Gott, oder den Gottesdienst, oder deine Gemeinde, sondern du wirst dann wirklich mit allen Folgen deiner Fehler und der Fehler, die an dir getan wurden, ohne jeden Trost, ohne jede Hoffnung ALLEIN sein. Das ist die Hölle.
Also: Geduld! Durchhalten! Dranbleiben!
Außerdem, so hören wir: Es ist nicht mehr lange!
»Nur noch eine kleine Weile, so wird kommen, der da kommen soll, und wird nicht lange ausbleiben.“
Jesus kommt wieder. Er wird wiederkommen in Herrlichkeit.
Jesus ist der Kommende. Er ist nicht der Vergehende.
Die Persönlichkeiten der Geschichte vergehen. Die Jahre, die vergehen, trennen uns immer weiter von ihnen. Das Bild, die Erinnerung, die Wirkung, der Einfluß unserer Vorfahren verblaßt, wird schwächer.
Jesus, der Sohn Gottes kommt. Er kommt auf uns zu in Herrlichkeit: Also ganz er selbst, „der Tod kann nicht über ihn herrschen.“ (Römer 6,9). Jesus ist die Zukunft, die Gott festgelegt hat, an ihm kommt keiner vorbei. Er hat das letzte Wort, er wird kommen, zu urteilen über Lebendige und Tote.
Also auch über dich und mich.
An Jesus glauben beinhaltet immer notwendig auch den Glauben, daß Er wiederkommt in Herrlichkeit. In Herrlichkeit bedeutet, daß Er alles bestimmt. Keine Realität kann Ihn in Frage stellen, sondern jede Realität muß Ihm Recht geben. Alles wird glänzen von Seinem Schein.
Unser Zukunftsbuch, die Offenbarung des Johannes, hält uns vor Augen – die Zukunft sieht so aus:
„Und die Stadt bedarf keiner Sonne noch des Mondes, daß sie scheinen; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm,“ also Jesus. (Offenbarung 21, 23).
Das wartet auf uns. Nur noch eine Mauer! Gib nicht auf.
Was die Welt auch alles aufbaut, wird vergehen.
Aber Jesus ist nicht ein Produkt dieser Welt. Er ist nicht ein Ergebnis des Laufs der Welt. Er ist das einzige seit der Schöpfung, was wirklich neu ist und neu bleibt.
Und alles, was zu ihm gehört, ist auch nicht von dieser Welt, und wird auch nicht mit dieser Welt vergehen.
Aber wir haben ein Problem, ein Scheinproblem.
Es sind die Worte: „Es ist nur noch eine kleine Weile.“
Eine kleine Weile von 2000 Jahren?
Haben die ersten Christen sich getäuscht? Haben die Apostel geirrt, weil sie mit der Wiederkunft Jesu in Herrlichkeit zu ihren Lebzeiten gerechnet hatten? Haben sie etwas falsch verstanden? Schon Petrus schreibt in seinem zweiten Brief von dieser Frage: „Ihr sollt vor allem wissen, daß in den letzten Tagen Spötter kommen werden, die ihren Spott treiben, ihren eigenen Begierden nachgehen und sagen: Wo bleibt die Verheißung seines Kommens?“ (2. Petrus 3,3-4). Diese Frage begleitet den Glauben von Anfang an.
Es ist kein Irrtum, es ist auch kein Mißverständnis.
Wer durch Gottes Wunder zum Glauben kommt, der ist mit der Welt am Ende. Wer Gottes Liebe und Vergebung und Heiligkeit erlebt, der sieht, wie klein und vergänglich die Dinge der Welt sind. Er spürt, daß alles sein Verfallsdatum schon überschritten hat. Und er erlebt Gottes Zukunft als die größere Realität.
Wer glaubt, der ist mit Jesus nicht mehr einfach der Zeit unterworfen. Je näher du an Gottes Wort kommst, und mit Gottes Wort allein bist, um so deutlicher wird dir das.
Im Glauben trennt uns die Zeit nicht mehr von Jesus. Weil Jesus der Kommende ist. Das ist Seine Bewegung. Und genau, wie die Zeit die Apostel nicht von Jesus getrennt hat, so kann sie uns auch nicht von ihm trennen.
Seit Pfingsten leben wir in den letzten Tagen. Warum? Weil nichts mehr kommen kann, was neuer ist als Jesus. Jesus kann nicht mehr abgehängt werden.
Am nächsten kommen wir dem Geheimnis bei der Vergebung.
Da trennt Jesus uns von der bedrohlichen Vergangenheit ab, und verbindet uns jetzt schon mit seiner guten Zukunft.
Das ist größer als alles andere.
Durch den Glauben sind wir in der letzten Zeit.
Habt ihr schon mal darauf geachtet, was wir immer wieder im Glaubensbekenntnis sagen: Ich glaube an den Heiligen Geist,
eine heilige christliche Kirche, Vergebung der Sünden, – und dann? Auferstehung des Fleisches und eine ewiges Leben.
Der Heilige Geist schafft das Vertrauen in uns durch Gottes Wort. Das verpflanzt uns in Gottes Kirche. Und was passiert in der Kirche- die ganze Zeit? Wozu ist die Kirche überhaupt und nur da? – Vergebung der Sünden im Namen Jesu.
Und was gibt es noch? Nichts.
Das einzige, worauf ein Mensch wartet, der Vergebung der Sünden hat, ist die Auferstehung des Fleisches.
Also die erneuerte, herrliche, von der Sünde unbesudelte und unverdorbene Schöpfung.
Es ist nur eine kleine Weile. Hab doch Geduld!

Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

10. Sonntag nach Trinitatis

Predigt: Pfarrer Johann Hillermann

Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, dem Vater,
und unserem HERRN Jesus Christus.
Amen.

17 Wenn aber nun einige von den Zweigen ausgebrochen wurden und du, der du ein wilder Ölzweig warst, in den Ölbaum eingepfropft worden bist und teilbekommen hast an der Wurzel und dem Saft des Ölbaums,
18 so rühme dich nicht gegenüber den Zweigen. Rühmst du dich aber, so sollst du wissen, daß nicht du die Wurzel trägst, sondern die Wurzel trägt dich.
19 Nun sprichst du: Die Zweige sind ausgebrochen worden, damit ich eingepfropft würde.
20 Ganz recht! Sie wurden ausgebrochen um ihres Unglaubens willen; du aber stehst fest durch den Glauben. Sei nicht stolz, sondern fürchte dich!
21 Hat Gott die natürlichen Zweige nicht verschont, wird er dich doch wohl auch nicht verschonen.
22 Darum sieh die Güte und den Ernst Gottes: den Ernst gegenüber denen, die gefallen sind, die Güte Gottes aber dir gegenüber, sofern du bei seiner Güte bleibst; sonst wirst du auch abgehauen werden.
23 Jene aber, sofern sie nicht im Unglauben bleiben, werden eingepfropft werden; denn Gott kann sie wieder einpfropfen.
24 Denn wenn du aus dem Ölbaum, der von Natur wild war, abgehauen und wider die Natur in den edlen Ölbaum eingepfropft worden bist, wie viel mehr werden die natürlichen Zweige wieder eingepfropft werden in ihren eigenen Ölbaum.

Römer 11, 17- 24

Gebet: Jesus, lieber Heiland und HERR, hilf uns jetzt durch Dein Wort, Dir nachzufolgen, und nicht in der Finsternis hängenzubleiben. Amen.

Liebe Gemeinde!
Warum gedenken wir als Christen dieses Tages? Es war ein furchtbarer, verhängnisvoller Tag, der 10. August im Jahre 70.
Nach vielen und schweren, erbitterten Kämpfen, mit viel Blutvergießen, brannte der Tempel in Jerusalem, und die Stadt wurde zerstört.
Was können wir Christen daraus lernen? Was hat das mit unserem Glauben zu tun?
Die Zerstörung Jerusalems hat schon allein deshalb mit unserem Glauben zu tun, weil Jesus sie prophezeit hat. Wir haben das im Evangelium gehört:
„Als Jesus nahe hinzukam, sah er die Stadt und weinte über sie und sprach: Wenn doch auch du erkenntest zu dieser Zeit, was zum Frieden dient! Aber nun ist’s vor deinen Augen verborgen. Denn es wird eine Zeit über dich kommen, da werden deine Feinde um dich einen Wall aufwerfen, dich belagern und von allen Seiten bedrängen und werden dich dem Erdboden gleichmachen samt deinen Kindern in dir und keinen Stein auf dem andern lassen in dir, weil du die Zeit nicht erkannt hast, in der du heimgesucht worden bist.“ (Lukas 19, 41-44).
Jesus hat es kommen sehen, und diese dunkle, schwere Zukunft wenige Tage vor seinem Tod prophezeit.
Jesus spricht auch klar aus, daß diese Katastrophe damit zusammenhängt, daß Jerusalem, das heißt, die Verantwortlichen des Volkes Israel, ihn, Jesus als Messias und Sohn Gottes aufs Überdeutlichste abgelehnt haben. Jerusalem hat „nicht erkannt“ – nicht erkannt, was zu seinem Frieden dient, und nicht erkannt, daß es von Gott selbst besucht worden ist.
Das sagt unser Herr Jesus über Jerusalem. Und der Sohn Gottes weint dabei. Tränen der Trauer. Trauer über einen Verlust, eine Enttäuschung. Das Volk Gottes lehnt den Sohn Gottes ab, öffentlich, im Namen des Gesetzes. Es lehnt der Frieden, den Gott durch Jesus anbot, ab. Die Folge war die Zerstörung der Stadt und des Herzens der Stadt, des Tempels. Gott meint es ernst. Gott hat sich in Jesus gezeigt, in Jesus fand nun die heilsame Begegnung mit Gott statt, und nicht mehr im Tempel.
Es ist ein schwerwiegendes Thema: Jesus ist die Erfüllung des Alten Testamentes, und doch hat nur eine Minderheit des Volkes Israel Jesus als solchen erkannt und im Glauben angenommen. Die Mehrheit hat ihn abgelehnt.
In der Apostelgeschichte, dem Bericht über den Anfang der Christenheit, hören wir, wie die Apostel, vor allem der Apostel Paulus, in jeder Stadt zuerst in der Synagoge Christus verkündigten, und wie sie wiederholt abgelehnt und bedroht wurden. Dann kam das Evangelium zu den Nichtjuden, den Heiden, also zu uns.
In Jerusalem war die Urgemeinde: Die bestand aus Juden oder Israeliten, die Jesus nachgefolgt waren, und die sich nach den ersten Predigten der Apostel taufen ließen. Das waren alles geborene Juden, die erkannten: In Jesus ist Gott zu uns gekommen und hat alles erfüllt, was Er unseren Vorfahren versprochen hat.
Im römischen Weltreich entstanden bald Gemeinden aus Juden und Nichtjuden.
So konnte die Situation entstehen, daß Römische oder Griechische Christen sich fragten: Wie konnte das nur geschehen, daß Gottes eigenes Volk den Sohn Gottes verwarf?
Es bestand die Gefahr, daß Heidenchristen sich über die Judenchristen, vor allem über die Urgemeinde in Jerusalem, erhoben, auf sie herabschauten, ja, die Verbindung zu ihr für überflüssig hielten. Wozu immer wieder das Alte Testament? War das Alte Testament nicht gescheitert? Hatte Jesus es nicht überholt? War das Alte Testament vielleicht am Ende ein Hindernis, Jesus zu erkennen und an ihn zu glauben? Am Ende konnten Heidenchristen zu der Ansicht kommen, daß Jesus eigentlich gar nicht für das Volk Israel gemeint war, daß Juden aus irgendeinem Grund gar nicht Christen werden konnten oder sollten, daß es deshalb aussichtslos war, dem Volk Israel das Evangelium zu verkündigen.
Unser Predigttext widerlegt diesen Stolz und verwirft ihn.
„Sie nicht stolz, sondern fürchte dich!“, warnt Paulus sie.
Diese Warnung untermauert er mit einem Gleichnis. Dem Gleichnis vom Ölbaum.
Es sind genaugenommen zwei Ölbäume.
Der eine Ölbaum ist edel und fruchtbar. Er hat eine gute Wurzel mit gutem Saft, der Leben bringt.
Der andere Ölbaum ist wild und unfruchtbar. Seine Wurzel ist nicht gut, und bringt kein Leben.
Es passiert etwas Unerhörtes:
Dem edlen Ölbaum werden edle Zweige abgehauen; und es werden Zweige vom wilden Ölbaum dem edlen Ölbaum eingepfropft. Die wilden, bisher unfruchtbaren Zweige bekommen Zugang zur edlen Wurzel und zum guten Saft, und werden fruchtbare Zweige.
Daneben liegen edle Zweige, abgetrennt vom edlen Ölbaum, und drohen unfruchtbar zu bleiben.
Nun sagt Paulus: Du ehemals wilder Zweig! Halte dich nicht für etwas Besseres! Ohne die Wurzel wärest du noch wild und ein Nichts! Erhebe dich nicht über die abgehauenen Zweige. Gott, der sie abgehauen hat, kann sie ebensogut auch wieder einfügen in den edlen Ölbaum.
Der edle Ölbaum ist das Volk Gottes. Die Wurzel, das sind die Empfänger und Träger der Verheißung, angefangen bei Abraham, Isaak und Jakob. Der Saft in der Wurzel ist der Heilige Geist, der in den allen den Glauben schaffte, der bei Gott ankam.
Der wilde, unfruchtbare Ölbaum sind die Heiden, die Gott nicht kennen und darum keine Zukunft haben.
Paulus beschreibt nun die Situation im Neuen Testament:
Es gibt Zweige vom edlen Baum, die nicht mehr am Baum sind. Das sind Israeliten, die leiblich von Abraham, Isaak und Jakob abstammen, aber nicht mehr mit der Wurzel, dem Glauben, verbunden sind. Sie sind abgehauene Zweige.
Stattdessen gibt es eingepfropfte wilde Zweige im guten Ölbaum. Das sind die Heiden, die durch die Taufe zum Glauben gekommen sind.
In diesem Gleichnis wird vorausgesetzt: Wer an Jesus glaubt, der ist ein Zweig am guten Ölbaum – ob er nun geborener Jude und geborener Nichtjude ist. Gott selbst trennt ab und pfropft ein. Eine Ablehnung Jesu und ein Zugang zum Saft und zur Wurzel können nicht zugleich sein.
Nun warnt Paulus: Du trägst nicht die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.
Das bedeutet: Jeder Christ aller Zeiten wird immer zu einem Teil der Urgemeinde. Es kann keine Christenheit geben ohne diesen Anfang – daß Juden wie die Apostel und andere durch den Heiligen Geist erkannt haben: Jesus ist der Messias, er ist der König Israels, er ist Gottes Sohn, er erfüllt das Gesetz Gottes, er erfüllt alles, was Gott versprochen hat. Wir Christen werden Teil von Gottes Geschichte mit den Menschen, wie sie im Alten Testament festgehalten wird. Jesus bringt die Gnade, die Geduld, aber auch die Strenge Gottes im Alten Testament zu uns. Durch die Taufe sind wir Vollerben Abrahams (Galater 3, 29). Christus vermittelt das Erbe. Ohne Christus kein Erbe.
Durch Christus aber ganz Erbe. Das gilt auch für die geborenen Juden aller Zeiten.
Das ist das Schwere des ganzen Neuen Testamentes.
Jesus und die Apostel rufen nämlich auch die abgehauenen Zweige zurück um edlen Ölbaum. Eine Kirche kann sich nicht apostolisch nennen, wenn sie auf diesen Ruf verzichtet. „Gott kann sie wohl wieder einpfropfen“, sagt Paulus. Was wieder eingepfropft werden muß, das ist erstmal nicht drin. Gott nimmt die Ablehnung Seines Sohnes sehr sehr ernst. Das Evangelium von Jesus ruft jeden Menschen, ohne Ausnahme. Wer nicht durch den Glauben mit Jesus verbunden ist, der ist entweder ein wilder Zweig, oder ein abgehauener edler Zweig. Beide brauchen es gleichermaßen, daß Gott sie einfügt in Seine Kirche, in Sein Volk.
Paulus und mit ihm das ganze Neue Testament ändern die Frage von: Was ist deine Herkunft – bist Du leiblicher Nachkomme Abrahams, oder nicht? – zu der Frage: Glaubst du wie Abraham an Gottes Verheißung in Christus, oder nicht? Es ist eine neue Geburt, die durch Wasser und Heiligen Geist in der Taufe geschieht. (Johannes 3, 5).
Sei nicht stolz! warnt Paulus. Er warnt vor Vergleichen nach menschlichen Maßstäben. Ein Heidenchrist konnte sich etwas darauf einbilden, daß er als „wilder Zweig“ einen „edlen Zweig“ überrundet hatte. Damit vergaß er, daß es nur Gottes Gnade war, die ihn aus Finsternis, Sinnlosigkeit und Zerstörung herausgeholt hatte.
Und umgekehrt erinnert Paulus daran, daß nicht die Herkunft den abgetrennten Juden zum Verhängnis wurde, sondern der Unglaube. Darum hören wir: „Sie wurden ausgebrochen um ihres Unglaubens willen; du aber stehst fest durch den Glauben.“ Glauben an Jesus, und gleichzeitig stolz und arrogant auf Nichtgläubige herabschauen, das ist ein Zeichen, daß man die Gnade vergessen hat.
Zwischen dem eingepfropften wilden Zweig, und dem abgehauenen edlen Zweig steht keine Leistung, die wir Menschen vergleichen könnten, sondern die unvergleichliche, völlig überwältigende und überraschenden Gnade Gottes.
Die Gefahr, herunter zu schauen, besteht immer.
Allerdings kann man gerade auch heutzutage eine andere Versuchung wahrnehmen: Die des Herabschauens auf das Neue Testament. Das sieht dann so aus, daß man nachdrücklich als Christ behauptet: Heutige Juden brauchen das Evangelium nicht. Ja, Christen dürfen ihnen nicht mit der Erwartung begegnen, daß das Evangelium von Jesus Christus auch sie, gerade sie meint. Man entwickelt ein Verständnis dafür, daß Menschen Christus ablehnen. Damit wird alles geleugnet, was wir heute im Predigttext gehört haben. Ein Evangelium, daß nicht auch, ja in erster Linie, die Juden meint (Römer 1, 16), taugt für uns geborenen Heiden überhaupt nichts.
Es mag unzählige Gründe geben, daß Christen sich trauen, über das Neue Testament hinauszugehen. Es gibt zum Beispiel einen Synodalbeschluß einer Evangelischen Kirche, in dem festgehalten wird, daß gegen den Wortlaut des Neuen Testamentes gepredigt werden muß, wenn es um diese Frage geht. Sagt man damit nicht, daß alle Juden, die Jesus nachgefolgt sind, einen Fehler begangen haben? Alle Apostel waren leibliche Nachkommen Abrahams. Sie sind für den Glauben an Jesus gestorben, und vorher haben sie schlimmste Verurteilungen und Verleumdungen deswegen erlitten. War das alles ein Fehler und ein Irrtum? Kann eine Kirche sich noch apostolisch nennen, wenn sie so auf die Apostel herabschaut?
Es ist klar. Mit den Aposteln gehen, oder doch wenigstens die Lehre der Apostel an dieser Stelle nicht verlassen, das wird auf Widerstand stoßen. Doch wir stehen und fallen nicht mit dem Widerstand oder der Zustimmung der Welt.
Wie unser Text heute sagt: Wir stehen durch den Glauben, durch Gottes Gnade. Diese Gnade muß allen Menschen bezeugt werden.

Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Beitragsbild: Francesco Hayez: Die Zerstörung des Tempels von Jerusalem, 1867

7. Sonntag nach Trinitatis

Gnade, Barmherzigkeit, Friede
von Gott, dem Vater
und von dem HERRN Jesus Christus
sei mit euch. Amen.

42 Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.
43 Es kam aber Furcht über alle Seelen und es geschahen auch viele Wunder und Zeichen durch die Apostel.
44 Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam.
45 Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig hatte.
46 Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen
47 und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk.
Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.

Apostelgeschichte St. Lukas 2, 42-47

Gebet: Lieber HERR, Dein Heiliger Geist beruft uns auf den Weg des Lebens, bringt Licht durch Dein Wort und sammelt Deine Kinder zur Gemeine der Heiligen – laß das bitte auch bei uns geschehen nach Deinem gnädigen Willen. Amen.

Liebe Gemeinde!
Letzten Sonntag war Taufgedenken.
Hoffentlich haben viele Hörer der Predigt sich bewegen lassen, ihr Taufdatum herauszufinden, und dann Gott zu danken, daß Er durch die Taufe sie zu Erben des ewigen Lebens gemacht hat.
Heute – so möchte man gerne annehmen, wäre dann das weitere Sakrament der Kirche dran, das Abendmahl. In den Kalendern lautet das Thema des Sonntags: „Am Tisch des HERRN“. – In der Lesung aus dem Alten Testament hören wir vom Manna, davon, daß Gott seinem Volk Israel täglich mit Brot vom Himmel speiste, und es für jeden genug gab. Im Evangelium speist Jesus mit 5 Broten und 2 Fischen über 5000 Menschen.
Und in der Epistel zeigt uns Lukas die Urgemeinde direkt nach Pfingsten: Die Gemeinde bleibt unter anderem beständig im Brotbrechen – darüber hinaus gab es in der Urgemeinde eine Gütergemeinschaft: „Sie hatte alle Dinge gemeinsam – verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig hatte.“
In allen drei Lesungen für den heutigen Sonntag ist Gemeinschaft unter Menschen Thema – und die wird ganz deutlich in gemeinsamen Mahlzeiten.
Gott will, daß Seine Kinder Essen und Trinken als Seine Gaben in Gemeinschaft empfangen. Gott erwartet auch von Seinen Kindern, daß sie sich der Not vor allem ihrer Brüder und Schwestern im Glauben annehmen und Hab und Gut mit ihnen teilen. – Das ist sehr wahr.
Aber es ist nicht das Sakrament des Altars.
Ich finde das sehr sehr schade.
Das Sakrament des Altars ist nicht etwas, was Menschen miteinander und untereinander teilen.
Jesus Christus selbst, und Er allein, gibt Seinen Leib zu essen und Sein Blut zu trinken allen Christen. Wir Christen teilen im Abendmahl nicht untereinander aus, was Gott uns gegeben hat – sondern wir sind allesamt vor Gott ganz und gar nur Empfangende – denn wir essen und trinken Leib und Blut Christi. Wir sind nicht – auch als Gemeinde nicht! – Geber. Jesus Christus selbst ist und bleibt der Geber, und zwar nach der Ordnung, die er festgelegt hat. Der Pastor ist nur der Diener. Aber als Diener soll er den Leib Christi und Sein Blut reichen, wo das anerkannt und bekannt wird.
Abendmahl und Kirchenkaffee dürfen niemals verwechselt oder vermischt werden.
Wir schmunzeln vielleicht darüber: „Wie kann man denn Abendmahl und Kirchenkaffee miteinander verwechseln? Die sind doch himmelweit unterschieden!?“ Ja, Gott sei Dank unterscheiden wir das. Im Kirchenkaffee tragen Christen bei von den Gaben, die Gott ihnen geschenkt hat, und freuen sich miteinander als Kinder Gottes. Das ist auf jeden Fall christlich; Gott segnet es.
Doch dort empfangen wir nicht Jesus leiblich, und niemand wird sagen, daß wir dort Vergebung der Sünden bekommen.
Das Sakrament des Altars ist ein Gnadenmittel.
Christliche Gemeinschaft, christliches Teilen – das ist eine Frucht des Glaubens, ein Beispiel christlicher Liebe als Kinder Gottes untereinander.
Gottes Gnade macht uns zu Gotteskindern — menschliche, zwischenmenschliche Gemeinschaft kann uns nicht zu Gottes Kindern machen.
Liebe Gemeinde, vielleicht war diese Unterscheidung bei euch nicht nötig. Dann wäre ich dankbar.
Diese Unterscheidung zwischen Abendmahl und Kirchenkaffee ist aber notwendig. Gemeindeglieder haben mir gegenüber schon beklagt, daß sie in anderen Konfessionen fast zur Teilnahme am Abendmahl gezwungen wurden – und die Feier wurde nicht als Gottes Gnadenmittel bezeugt. Nicht Christi Leib und Blut zur Vergebung der Sünden standen im Mittelpunkt, sondern menschliche Annahme untereinander, und menschliches Teilen. Genau das muß unterschieden werden. Es muß gesagt und bezeugt werden.

Gut. Bitte merkt euch das fürs Leben!

Also: Lukas zeigt uns die Urgemeinde von Jerusalem.
3000 Menschen hatten die Apostel getauft nach der gewaltigen Predigt des Petrus. Der Heilige Geist war vom Himmel gekommen und hatte durch die Apostel gewirkt, und der Heilige Geist ging auf die ganze Gemeinde über. 3000 Menschen waren bestürzt und fragten Gott: Wie geht es jetzt weiter?
Das erste war: Laßt euch taufen im Namen Jesu. Unterstellt euch Seiner Macht. – Keine Kirche ohne Taufe. Keine Kirche ohne unbedingte Anerkennung: Die erste Maßnahme Gottes an einem Menschen ist die Taufe. Die Taufe ist die Grundlage für alles andere. Jesus hat die Taufe geboten. Wer bekennt, daß Jesus HERR ist, gehorcht diesem Gebot.
Aber Taufe ist ja heute nicht das Thema.
Diese Getauften aber tun folgendes:

  1. Sie bleiben beständig in der Lehre der Apostel.
    Wer Christ ist, unterstellt sich einer Lehre, nämlich der Lehre der Apostel. Aus dieser Schule kommen wir erst raus, wenn wir von den Toten auferstehen, vorher nicht.
    Ein Christ lernt. Er ist Schüler, Student, Jünger. Wer den Heiligen Geist hat, der hat in sich den Drang zum Lernen. Was sagt Gott? Was ist Gottes Wille? Was ist Gottes Gabe? Was muß ich fürchten? Was muß ich lieben? Was wird Gott in meinem Leben wahrmachen? Was ich an Gedanken, an Kreativität, an Gefühlen mitbringe, ist nicht die Lehre der Apostel. Die Lehre der Apostel ist im Neuen Testament aufgezeichnet; durch den Heiligen Geist, für alle Zeiten. Darum haben wir Lesungen im Gottesdienst. „Bewahre deinen Fuß, wenn du zum Hause Gottes gehst, und komm, daß du HÖREST.“ (Prediger Salomo 4, 17). Ihr seid zum Hören hier. Es gibt manchmal bei Christen einen Drang, im Gottesdienst eigenes zu reden, von sich hören zu machen. Man muß sich die Frage gefallen lassen: Warum? Bist du müde vom Hören? Oder bist du es satt, zu hören? Der Heilige Geist macht, daß die Apostel reden, und zugleich macht der Heilige Geist, daß das, was die Apostel lehren, GEHÖRT wird.
    Aufgrund des Gehörten sollen wir dann Beten und Bekennen und Singen. Aber wer das alles tun will, ohne ausschließlich zu hören, ohne ganz und gar Ohr zu sein, der will etwas in den Vordergrund schieben, was nicht dort hingehört.
  2. Die Lehre der Apostel, das Hören auf Gottes Wort schafft eine Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft fängt an, wo Gottes Wort spricht, und hat ihre Grenze, wo Gottes Wort nicht spricht.
    Die Pfingstgeschichte betont wiederholt: Der Heilige Geist schafft eine leibliche Gemeinschaft. Es ist eine leibliche Stimme, die leibliche Ohren erreicht, und zu Herzen geht. Petrus sprach mit einer Menge Menschen – aber die Menge war so beschaffen, daß alle Hörer nach der Predigt zur den Aposteln kommen konnten. Die Apostel konnten persönlich geradestehen für das, was gesagt worden war. Die Hörer waren mit der Predigt nicht allein.
    Liebe Gemeinde, es gibt keinen Ersatz für die leibliche Versammlung von Christen. Der Heilige Geist kam so. Wir sollen mit Leib und Seele von Gott ergriffen werden. Als ganze Menschen. Darum sollen wir als ganze Menschen uns zur der Versammlung begeben, wo Gott uns Seine Gnade schenkt, wo Gott uns annimmt. Für alles Mögliche unter dem Himmel machen wir uns auf den Weg. Wer einen Gott hat, macht sich für ihn auf den Weg.
  3. Die Getauften, die Gottes Wort hören – als von Gott, und nicht von Menschen (1. Thessalonicher 2, 13) – und sich leiblich versammeln – die bleiben auch beim Brotbrechen. Das ist die Feier des Heiligen Abendmahls. Darüber hatte ich zu Beginn der Predigt schon gesprochen. Was kann ich noch hinzufügen? Christen sind von Gott beschenkt. Sie können sagen: „HERR, wenn ich nur Dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde. Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachten, so bist Du doch Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.“ (Psalm 73, 26). Das ist unser Schatz, das ist unser Reichtum, das ist unser Schmuck, das ist unsere Sicherheit und unser Trost. Wir essen und trinken ihn, wir können und wollen ihn nicht hergeben.
    Was bedeutet das auch? Wir können einander tragen mit Gottes Hilfe, und, wenn es nötig ist, uns tragen lassen.
    Es ist aber eine Gemeinschaft, die nicht von Neid, Mißtrauen, Argwohn oder Negativität geprägt ist. Unter allen Umständen kommt Jesus zu uns und ist unser Schatz. Er verbindet uns mit Gott. Er öffnet die Tür zum Leben, auch aus dem Tod, auch aus der vertracktesten, verknotetsten oder verbocktesten Situation.
    Wir Christen können einander begegnen, ohne uns zu überfordern. Denn die Haupthilfe ist schon da. Darum dürfen wir einander nicht aufgeben.
    Ja, wir können für einander da sein, ohne selbst die Lösung zu wissen. Wir glauben aber, daß Jesus Seine Lösung bringt. Das schwingt auch beim Kirchenkaffee mit. Weil wir es im Abendmahl empfangen haben.
  4. Und im Gebet. Obwohl Christen von Gott schon beschenkt sind, bitten sie. Daß Gott bitte nicht damit aufhört! Und beten für einander. Beten kann man immer. Also, wer denkt, kann auch beten. Es muß sein.
    Wer in die Kirche kommt, der kommt, um Gottes Wort zu hören, und zu beten. Das sind die beiden Hauptsachen. Immer wieder. Und in der Gemeinde helfen wir einander. Beten ist die Erste Hilfe. Bei Gott melden. Das ist der Anfang, der erste Schritt. Und kein Gebet bereuen, oder irgendwie klein machen. Wer Gebete belächelt, oder nicht ernst nimmt, der nimmt Gott auch nicht ernst.
    Genug vom Gebet.
  5. Interessant ist: „Es kam aber Furcht über alle Seelen und es geschahen auch viele Wunder und Zeichen durch die Apostel.“
    Eine Furcht. Man merkt: Der allmächtige, heilige Gott ist hier wirksam. Er kann die Macht der Sünde brechen, und tut es auch. Er erreicht die Herzen der Menschen. Das weckt Staunen. Ehrfurcht.
  6. Wir müssen uns noch Gedanken machen über die Gütergemeinschaft, die von der Urgemeinde gesagt wird.
    „Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam.
    Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig hatte.“
    Der Glaube befreit von Neid, Habgier, Geiz, und allem Begehren. Gott heilt unsere Herzen, daß wir frei sind, die Not des Bruders zu sehen. Der Heilige Geist lockert den krallenhaften Griff, den Besitz über uns hat. Der Heilige Geist tut es. Es ist etwas zwischen Gott und mir. Gott gibt es, daß ich in Freiheit beitrage und helfe. Es ist niemals eine zwischenmenschliche Verordnung oder Ergebnis von Druck oder Zwang.
    Wir müssen erkennen, daß Gott diese Lockerung im Verborgenen schon längst begonnen hat.
    Wer diese Worte aus der Apostelgeschichte liest und dann anklagend um sich schaut, oder mit Begehren hofft, Reichtümer ausgeteilt zu bekommen, der hat nichts begriffen. Der beweist damit nur, daß er den Anfang, die Gott schon bei ihm und allen Christen gemacht hat, nicht kennt.
    Wir Christen kommen als beschenkte Menschen zusammen. Gott meint es wirklich gut mit uns. Das ist größer als alles. Daß wir Gottes Kinder sind, wird am Ende das sein, was zählt. Es ist jetzt schon wahr.

Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Beitragsbild: Lesepult in unserer Kirche (frisch restauriert)

6. Sonntag nach Trinitatis

Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus.
Amen.

1 Und nun spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!
2 Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, daß dich die Ströme nicht ersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen.
3 Denn ich bin der HERR, dein Gott, der Heilige Israels, dein
Heiland. Ich habe Ägypten für dich als Lösegeld gegeben, Kusch und Seba an deiner statt,
4 weil du in meinen Augen so wert geachtet und auch herrlich bist und weil ich dich lieb habe. Ich gebe Menschen an deiner statt und Völker für dein Leben.
5 So fürchte dich nun nicht, denn ich bin bei dir.
Ich will vom Osten deine Kinder bringen und dich vom Westen her sammeln,
6 ich will sagen zum Norden: Gib her!, und zum Süden: Halte nicht zurück! Bring her meine Söhne von ferne und meine Töchter vom Ende der Erde,
7 alle, die mit meinem Namen genannt sind, die ich zu meiner Ehre geschaffen und zubereitet und gemacht habe.

Jesaja 43, 1-7

Gebet: Lieber himmlischer Vater, laß Dein Wort vollbringen, wozu Du es uns gegeben hat, durch Deine unfaßbare Güte. Amen.

Liebe Gemeinde!
Heute lädt Gott uns besonders ein, auf unsere Taufe zurückzukommen.
Und das ist nichts anderes, als zurück zu Jesus kommen.
Und das ist nichts anderes, als sich darauf zu besinnen, daß Gottes Kinder zum ewigen Leben bestimmt sind.
Denn Jesus macht uns durch die Taufe zu Gottes Erben. Gott will uns alles geben. Uns soll nichts mangeln. Uns soll nichts fehlen an Leib und Seele. Mit Jesus schenkt Gott uns alles. (Römer 8, 32).
Darum ist das Taufgedächtnis mehr als nur eine Erinnerung: Du bist an dem und dem Tag getauft worden.
Diese Erinnerung muß sein. Tut ihr das? Wißt ihr euren Tauftag? Den Tauftag eurer Kinder? Begeht ihr eine Erinnerung? Mit Kerze, mit Liedvers, mit Taufspruch?
Macht es! Schämt euch nicht, es zu tun, und unterschätzt es nicht. Gott macht mehr daraus, als wir darein tun.
Wer ein Erbe ist, sollte niemals so tun, als sei er nicht Erbe.
Wer getauft ist, erbt das größte und sicherste Erbgut.
Paulus schreibt an die Galater:
„Ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus.
Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. …. Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Kinder und nach der Verheißung Erben.“ (Galater 3, 26-27.29).
Jesus hat alles dafür getan, daß Gott sich für dich entscheidet. Du bist Erbe. Auf dich kommt Großes zu. Das ist seit deiner Taufe wirklich wahr. Du bist durch das Handeln von dem HERRN Jesus in der Taufe an dir auserwählt, berufen, bestimmt, festgelegt, vorgesehen …. es steht fest. Es ist wirklicher, als alles andere im Himmel und auf Erden. Wirklicher als alles, was Du fühlst und denkst, wirklicher als alles, was andere über dich fühlen und denken.
Als solche Erben lädt Gott uns ein, über sein Wort zu staunen.
Der Prophet Jesaja spricht Menschen mit Namen an: Jakob. Israel.
Namen wie Jakob und Israel – das sind nicht Namen von Helden oder herausragenden Menschen nach den Maßstäben der Welt. Die Welt hat sich oft genug über Jakob lustig gemacht. Jakob ist deshalb groß, weil Gott sich für ihn entschieden hat, weil Gott sich an Jakob gebunden hat.

Welche Wirklichkeit wird Jesus durch den Glauben bei Dir immer größer und deutlicher werden lassen?

  1. Dein Name kommt bei Gott vor. Oder, wie Jesus sagt: „Eure Namen sind im Himmel aufgeschrieben.“ (Lukas 10, 20). Wenn jemand sein Handy verliert, dann kann es sein, daß er viele Kontaktdaten verliert. Die Namen sind weg. Schlimm ist es, wenn man feststellen muß: Mein Name sagt einem Menschen nichts mehr. Oder findet meinen Namen nicht in einer wichtigen Liste. Wenn Gott dich bei deinem Namen ruft, dann ist dein Name und damit deine Person vor Gott unzerstörbar, unverlierbar. Ein Name, der aufgeschrieben ist, wird gesucht. Die Person darf nicht fehlen. Sie wird nicht übersehen. Gott will nicht Gott sein ohne dich. Dazu hat er Jesus geschickt. Dafür ist Jesus ans Kreuz gegangen und ins Grab. Darum ist er auferstanden. Damit er dich und deinen Namen auch im Tod finden kann.
  2. „Du bist mein!“, sagt Gott: „Ich gebe diesen hier nicht her!“, sagt Gott. Wem sagt er das? Er sagt es dem Tod. Er sagt es dem Chaos. Er sagt es dem Ankläger, der beweisen will, daß du alle Gebote Gottes übertreten hast und und es verdienst, weggeschickt zu werden. „Dieser hier soll nicht in Einsamkeit untergehen! Er soll nicht endgültig von der Welt betrogen werden! Sein Herz soll nicht dem Geld, oder der Sorge oder der Angst gehören. Nein. Ich gebe ihn nicht her!“, sagt Gott. Durch Jesus sagt Gott das, denn er sucht das Verlorene. Und in deiner Taufe sagt Jesus das dir.
  3. Durch die Taufe sagt Jesus, der Sohn Gottes: „Ich will mit dir sein!“
    „Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, daß dich die Ströme nicht ersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen.“
    Wasser und Feuer.
    Beide drohen mit Vernichtung.
    Das Wasser spült hinweg. Die Wellen und Wogen bringen alles durcheinander, stellen alles auf den Kopf. Wühlen um und mischen auf.
    Der Prophet Jona beschreibt das deutlich:
    „Du warfst mich in die Tiefe, mitten ins Meer,
    daß die Fluten mich umgaben.
    Alle deine Wogen und Wellen gingen über mich,
    daß ich dachte, ich wäre von deinen Augen verstoßen,
    ich würde deinen heiligen Tempel nicht mehr sehen.
    Wasser umgaben mich und gingen mir ans Leben,
    die Tiefe umringte mich, Schilf bedeckte mein Haupt.
    Ich sank hinunter zu der Berge Gründen,
    der Erde Riegel schlossen sich hinter mir ewiglich.“
    Jona ist aus allem herausgerissen. Von Gott weg, aus dem Leben, aus allem Vertrauen.
    Jona weiß, daß das mit seiner Sünde, seinem Ungehorsam und seinem Mißtrauen zu tun hat.
    „Ich will mit dir sein!“ Sagt Gott in Jesus durch die Taufe zu dir.
    Du wirst mich kennenlernen. Du wirst meine Macht kennenlernen, die dich rausholt. Glaube mir, daß ich dich nicht hergeben werde, sagt dein Gott. Du wirst dein Erbe bekommen. Das ewige Leben mit mir. Dann wird dir Himmel und Erde gehören. Glaube mir das jetzt!
    Das Feuer.
    Das Feuer steht für Gericht. Im Gericht vernichtet Gott alles, was unrecht ist. Was keinen guten Grund hat, daß es existiert, sondern auf Sünde gründet.
    Einmal sagte ich im Konfirmandenunterricht: „Es wäre doch gut, wenn Gott endlich alles Böse verbrennen würde, weg damit!“
    Da sagte einer: „Aber … aber wie weiß ich, ob ich dann nicht auch …?“ Feuer zeigt, ob etwas bestehen kann. Gottes Feuer zeigt: Das haben Menschen ohne oder gegen Gott getan. Es hatte keine Grundlage. Es hatte von Anfang an keine Zukunft.
    Das Feuer Gottes brennt uns Gottes Gebote ein: „Du hättest glauben sollen, aber du hast nicht!“ – „ Du hättest nicht begehren sollen, aber du hast begehrt!“
    Und nun sagt Jesus durch die Taufe zu dir: Ich will mit dir sein, daß dieses Feuer dich nicht verbrennt, oder diese Flamme dich versengt. Du wirst da durch kommen.
    Gerade wenn wir mit dem Konfirmanden sagen: „Aber .. wie weiß ich, ob ich nicht auch …, ja: ich weiß genau, daß ich auch ..“ Das ist die Stunde deiner Taufe. Gott weiß, daß du nicht untergehen wirst. Bei Gott bist du jetzt schon wichtig, groß und schön. Mit anderen Worten: Geliebt.
    Gottes Liebe ist in Jesus erschienen, gekommen, und durch die Taufe ist sie zu dir gekommen. Für immer.
    Es wird Wasser und Feuer geben. Chaos und Gericht.
    Aber die Liebe Gottes ist größer. Nicht du mußt aus eigener Kraft überleben. Der allmächtige Gott, der dich geschaffen hat, und bei deinem Namen gerufen, der ist mit dir. Du bist oben auf Gottes to-do Liste.
    „Johann Hillermann rausholen.“ Tragt euren Namen dort ein. Genau das passiert auch bei jedem Gebet. Jedes Mal, wenn wir das Glaubensbekenntnis sprechen. Auf unserer Seite ist es vielleicht etwas Kleines. Aber es beweist, daß wir Erben Gottes sind und etwas Größeres gibt es nicht.
    Gottes Liste sieht so aus, daß dein Name ganz oben ist. Für jeden Getauften ist das so. Denn für jeden hat Gott Seinen Sohn gegeben. Jeden liebt Gott so, als wäre er der einzige.
    Ein Senfkorn Glaube bringt uns das ganze Erbe.
    Mit einem Bekenntnis zu Jesus werden Himmel und Erde zu unseren Dienern, wie Paulus schreibt: „Denen die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen.“ (Römer 8, 28) – Auch Wasser und Feuer.
  4. Danach spricht der Prophet Jesaja sehr alttestamentlich:
    „Denn ich bin der HERR, dein Gott, der Heilige Israels, dein
    Heiland. Ich habe Ägypten für dich als Lösegeld gegeben, Kusch und Seba an deiner statt, weil du in meinen Augen so wert geachtet und auch herrlich bist und weil ich dich lieb habe. Ich gebe Menschen an deiner statt und Völker für dein Leben.“
    Israel konnte erleben, daß andere Völker um seinetwillen geschlagen wurden. Als es aus Ägypten auszog, wurde der Pharaoh und sein Volk furchtbar von Gott geschlagen. Es gab unzählige Tote. So nennt der Prophet auch andere Völker.
    Wir können das nur verstehen, wenn wir bedenken, daß diese Völker ihre Identität im Götzendienst hatten. Sie vergötterten einen Teil der Schöpfung und wollten durch Wissenschaft, oder durch Krieg oder andere Mächte stark sein und ihr Leben sichern. Das forderte Gottes Gericht heraus. Der Mensch setzt sich an Gottes statt. Das geht nicht gut.
    Wir sind umgeben von Menschen, die sich auf falsche Götter verlassen. Ja, oft gehören wir dazu, ohne es zu merken. Wir lassen uns vom Geld definieren. Wir verschleudern die Aufmerksamkeit unserer Seele an vergängliche Bilder, die aktuell sind. Wir fürchten uns vor jede dunkle Zukunft, die uns vorgegaukelt wird. Menschen leben für eine Zukunft, in der Gottes Ordnung von Mann und Frau endgültig überwunden, zerstört, vergessen und ersetzt sein wird. Sie tun alles dafür.
    Die Kinder Gottes kommen sich sehr schwach und klein dagegen vor. Die Zeichen für diesen Aufstand gegen den Schöpfer sind allgegenwärtig.
    Nun hören wir, die im Namen Jesu getauft sind, die mit ihm durch die Taufe dieser Welt mit ihren Götzen gestorben sind: Das wird am Ende nicht gegen euch sprechen. Euer Glaube ist jetzt schön größer als das alles. Sie werden ihr Ziel nicht erreichen. Du wirst dein Ziel erreichen. Ich habe dich lieb. Du bist mein Schatz, den ich nicht hergebe, so wahr ich Gott bin.
  5. Letztens und kurz – aber auch wichtig. Wer getauft ist, gehört zur größten und stabilsten Gemeinschaft, die es gibt. Durch den Glauben; immer und nur durch den Glauben.
    „Ich will vom Osten deine Kinder bringen und dich vom Westen her sammeln, ich will sagen zum Norden: Gib her!, und zum Süden: Halte nicht zurück! Bring her meine Söhne von ferne und meine Töchter vom Ende der Erde, alle, die mit meinem Namen genannt sind, die ich zu meiner Ehre geschaffen und zubereitet und gemacht habe.“
    Gott sucht und sammelt. Gott ist wie auf dem Flohmarkt der Welt unterwegs, und sammelt. Aus allen Richtungen. Keine Umstände, keine Vergangenheit hält Gottes Liebe auf. Menschen wollen oft beweisen, warum sie nicht glauben können. Weil es eine Erfahrung gibt, oder was auch immer. Und verstecken sich im Norden ihrer Kindheit oder Osten im Osten eines weltlichen Erfolges oder Westen eines Schicksalsschlages – und wenn du am Ende bist:
    Du fehlst in Gottes Sammlung.

Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

5. Sonntag nach Trinitatis

Gnade sei mit euch und Friede
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus.
Amen.

35 Am nächsten Tag stand Johannes abermals da und zwei seiner Jünger;
36 und als er Jesus vorübergehen sah, sprach er: Siehe, das ist Gottes Lamm!
37 Und die zwei Jünger hörten ihn reden und folgten Jesus nach. 38 Jesus aber wandte sich um und sah sie nachfolgen und sprach zu ihnen: Was sucht ihr? Sie aber sprachen zu ihm: Rabbi – das heißt übersetzt: Meister –, wo ist deine Herberge?
39 Er sprach zu ihnen: Kommt und seht! Sie kamen und sahen’s und blieben diesen Tag bei ihm. Es war aber um die zehnte Stunde.
40 Einer von den zweien, die Johannes gehört hatten und Jesus nachgefolgt waren, war Andreas, der Bruder des Simon Petrus.
41 Der findet zuerst seinen Bruder Simon und spricht zu ihm: Wir haben den Messias gefunden, das heißt übersetzt: der Gesalbte.
42 Und er führte ihn zu Jesus. Als Jesus ihn sah, sprach er: Du bist Simon, der Sohn des Johannes; du sollst Kephas heißen, das heißt übersetzt: Fels.
43 Am nächsten Tag wollte Jesus nach Galiläa gehen und findet Philippus und spricht zu ihm: Folge mir nach!
44 Philippus aber war aus Betsaida, der Stadt des Andreas und Petrus.
45 Philippus findet Nathanael und spricht zu ihm: Wir haben den gefunden, von dem Mose im Gesetz und die Propheten geschrieben haben, Jesus, Josefs Sohn, aus Nazareth.
46 Und Nathanael sprach zu ihm: Was kann aus Nazareth Gutes kommen! Philippus spricht zu ihm: Komm und sieh es!
47 Jesus sah Nathanael kommen und sagt von ihm: Siehe, ein rechter Israelit, in dem kein Falsch ist.
48 Nathanael spricht zu ihm: Woher kennst du mich? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Bevor Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich.
49 Nathanael antwortete ihm: Rabbi, du bist Gottes Sohn, du bist der König von Israel!
50 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Du glaubst, weil ich dir gesagt habe, daß ich dich gesehen habe unter dem Feigenbaum. Du wirst noch Größeres als das sehen.
51 Und er spricht zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet den Himmel offen sehen und die Engel Gottes hinauf- und herabfahren über dem Menschensohn.

Johannes 1, 35- 51

    Gebet: O Herr, Du rufst. Mach bitte, daß wir Deine Stimme hören, damit wir zu Dir kommen, und sind, wo Du bist. Amen.

    Liebe Gemeinde!
    „Folge mir nach!“ – „Komm mit!“ – Jesus kommt nicht nur auf uns Menschen zu, sondern er ruft auch.
    Fast in jeder Bibelstunde, wo es um diesen Ruf geht, wo wir hören: „Sofort verließen sie alles und folgten ihm nach“, (z.B. im heutigen Evangelium Lukas 5, 11) wird gefragt: Kann es sein, daß Petrus oder Andreas, oder die anderen Jesus vorher schon kannten? Oder sind sie einfach einem völlig fremden, unbekannten Mann gefolgt? Hatten sie ein Bild, eine Vorstellung von Jesus?
    Heute hören wir aus dem Johannes-Evangelium etwas anderes.
    Andreas steht mit Johannes dem Täufer. Johannes der Täufer zeigt auf Jesus und sagt: „Siehe, das ist Gottes Lamm!“, und Andreas folgt Jesus nach, zusammen mit einem anderen Jünger Johannes des Täufers. Sie besuchen Jesus, und „bleiben bei ihm“. Dann erst teilt Andreas diese Begegnung mit seinem Bruder Simon, der dann Petrus heißen wird:
    „Andreas findet zuerst seinen Bruder Simon und spricht zu ihm: Wir haben den Messias gefunden, das heißt übersetzt: der Gesalbte. Und er führte ihn zu Jesus. Als Jesus ihn sah, sprach er: Du bist Simon, der Sohn des Johannes; du sollst Kephas heißen, das heißt übersetzt: Fels.“
    Wir sehen also: Bevor Jesus Petrus in die Nachfolge ruft, geschehen noch andere Dinge, die der Evangelist uns berichtet.
    Nun kann man fragen: „Was ist denn nun wahr?“ – Ist Jesus auf Petrus zugekommen – wie wir das bei Lukas hören, und noch sehr abgekürzt bei Matthäus (Matthäus 4, 20) – oder das, was wir hier von Johannes hören?
    Entweder kam Jesus auf Petrus zu, und rief ihn: Folge mir nach! – Oder Petrus wurde von seinem Bruder Andreas zu Jesus geführt.
    Nun. Bei dem Evangelisten Johannes kann man davon ausgehen, daß er die anderen Berichte kannte und voraussetzte. Sein Evangelium ergänzt die anderen Evangelien. Das ist ein Teil seiner Absicht.
    Er deutet an, daß Johannes der Täufer eine entscheidende Rolle spielte, und daß von Anfang an das persönliche Zeugnis von Gott benutzt wurde, Sein Reich zu bauen.
    Simon „findet zuerst seinen Bruder Simon, und sagt: Wir haben den Messias gefunden, und führt ihn zu Jesus.“
    Gleich danach „findet Philippus Nathanael, spricht zu ihm: Wir haben den gefunden, von dem das Alte Testament geschrieben hat“, und sagt dann zum Nathanael: „Komm und sieh!“. Komm und sieh – eine Einladung.
    Dieses Wort „finden“ fällt hier auf. Man findet, was man sucht. Man sucht, was einem wichtig und kostbar ist. Wenn ich etwas gefunden habe, dann ist meine Welt mehr vollständig und ganz. Was ich finde, ist schon oder wird dann Teil meines Lebens.
    Andreas und Philippus „finden“ jeweils Simon Petrus und Nathanael nachdem Jesus sie gefunden hat. Sie wollen, daß der Bruder oder der Freund auch finden, oder gefunden werden.
    „Komm und sieh!“ Das ist eine wunderbare christliche Einladung.
    Sie geschieht. Ich muß sagen, daß ich es als ein Geschenk Gottes erlebe und annehme, wie häufig es gerade hier bei uns in der Hütte Gottes geschieht. Immer wieder sind Gäste da, die von Gemeindegliedern eingeladen wurden: „Komm und sieh!“ Ja, alteingesessene Gemeindeglieder, die jahrzehntelang treu in den Gottesdienst kamen, sich aber an den Gedanken gewöhnt hatten: Was wir hier machen, das interessiert doch niemanden! – Gerade diese müssen erleben: Ja, man interessiert sich wirklich für das, was hier geschieht, für das, was Gott hier durch Wort und Sakrament baut.
    „Komm und sieh!“ – Das hat zwei Aspekte:

    1. Wer so einlädt, der zeigt nicht auf sich selbst. Es geht nicht darum, sich selbst darzustellen, oder sich selbst für etwas Besseres zu halten. Wir kommen nicht, um in erster Linie das zu sehen, was wir Menschen untereinander tun. Sondern wir kommen und sehen, was Gott getan hat und tut, wir hören, was Gott uns in Seinem Namen sagen läßt. Eine christliche Gemeinschaft ist nicht die Summe von dem, was Einzelne beitragen. Eine christliche Gemeinschaft lebt immer davon, daß Gottes Worte und Taten groß werden, bis dahin, daß ich merke, was ich und was andere tun, ist Gottes Gabe.
    2. Wer so einlädt, steht dafür ein, was hier bezeugt und gefeiert wird. Wenn jemand nicht überzeugt ist, wird er seine Freunde auch nicht einladen. Umgekehrt: Wer einlädt, der steht dahinter, und vertraut und hofft darauf, daß der Freund auch sieht, was Gott tut.
      Das ist eine Glaubenssache. In der Epistel haben wir gehört: „Die Juden fordern Zeichen – also spektakuläre Wunder – und die Griechen fragen nach Weisheit –also nach dem, womit man in der Welt vorankommt.“ Aber Gott handelt anders. Wer Menschen zu Jesus führt, riskiert es, daß der gekreuzigte Christus seinen Freunden als ein Ärgernis oder eine Torheit erscheint. Und dann steht man selber da wie ein Ärgernis.

    „Komm und sieh!“ – Der christliche Glaube wird nicht in erster Linie durch Diskussionen verbreitet. Christen überfordern sich, und ihre Freunde, wenn sie durch menschliche Überredungskunst, durch Argumente, Beweise allein den Glauben bezeugen.
    Denn Jesus ist mehr, als auch der erfahrendste Christ von ihm denkt. Darum ist es nicht genug, zu diskutieren. Einladen gehört unbedingt dazu. „Komm und sieh!“
    Diese Einladung ist immer und ganz und gar eine Glaubenssache. Wer einlädt, der glaubt fest: Gott und Sein Wort werden auch an diesem Menschen wirken. Jesus wird auch diesen Menschen rufen. Das Evangelium ist auch für diesen Menschen eine Notwendigkeit. Auch dieser Mensch braucht Gnade und Vergebung. Gott kann das tun. Das kann ich nicht durch Argumente oder Diskussion beweisen. Das wird Gott selbst beweisen. Der Glaube legt es in Gottes Hand.

    Der Glaube muß aber noch größere Dinge erkennen, und wird noch größere Dinge erleben.

    1. Bei Simon und bei Nathanael tut Jesus etwas Göttliches.
      a. Als Andreas seinen Bruder zu Jesus führt, gibt Jesus dem Simon einen neuen Namen: „Du bist Simon, Sohn des Johannes; du sollst Kephas heißen, das heißt übersetzt: Fels.“ Simon wird vor Jesus zu einer neuen Person. Jesus gibt ihm eine neue Identität. Jesus definiert ihn.
      b. Jesus sagt zu Nathanael: „Bevor Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich.“ Jesus als der Sohn Gottes kennt und sieht dich. Er sieht, wo du herkommst. Er durchschaut, wie du zu dem Menschen geworden bist, der du jetzt bist. Und Jesus steht dem allen frei gegenüber.
      Mit anderen Worten: Jesus übt Macht aus über Menschen. Er wird ihr HERR.
      Was hier in diesen Mauern sich abspielt, was in unserem Gemeindebrief steht an Gottesdiensten, Kirchenmusik, Hauskreisen, alles ….
      Es ist nur zu 1 % etwas zwischen Freunden, zwischen Menschen.
      Das muß uns bewußt werden.
      Ich fragte am Anfang der Predigt: Wie war es denn nun? Kannten die Jünger Jesus, bevor er sie rief: „Folge mir nach?“ – Im Johannesevangelium wird uns gesagt: Johannes der Täufer zeigte auf Jesus, und Andreas und Philippus trugen dazu bei, das Simon Petrus und Nathanael zu Jesus kamen.
      Nun können wir erkennen: Jesus ist der HERR über das alles. Er hat als der Sohn Gottes Johannes den Täufer als seinen Vorläufer eingesetzt. Er als der Sohn Gottes hat gemacht, daß Andreas seinen Bruder Simon „fand“, und daß Philippus seinen Freund Nathanael „fand“.
      Was wir sehen, ist 1%. Wir sehen: Ein Gemeindeglied lädt einen Freund ein. Unsere Internetseite liefert die Information, die hilft, daß Menschen in die Annenstraße kommen. Der Schaukasten …. aber vor allem das eigene Zeugnis: Komm und sieh! – Das sehen wir.
      Doch bei Gott geschieht das Meiste und Größte.
      Während wir hier im Namen Jesu versammelt sind, das sagt Jesus uns, ist der Himmel offen.
      „Jesus antwortete und sprach zu ihm: Du glaubst, weil ich dir gesagt habe, daß ich dich gesehen habe unter dem Feigenbaum. Du wirst noch Größeres als das sehen. Und er spricht zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet den Himmel offen sehen und die Engel Gottes hinauf- und herabfahren über dem Menschensohn.“
      Wo Jesus ist, da ist der Himmel offen. Alles ist offen vor Gott.
      Unsere Sünde ist offen vor Gott. Unsere Not ist offen vor Gott. Unsere Gebete steigen auf.
      Aber auch Gottes Gaben kommen bei uns an. Engel begleiten Gottes Wort. Wir empfangen unser Leben und einander als Gottes Gabe. Diese Wahrheit trägt uns und verbindet uns.
      Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

    Beitragsbild: Die Berufung der Apostel Petrus und Andreas, Duccio di Buoninsegna, 1308-1311