Jubilate

Von | Mai 1, 2023
Die Predigt zum Nachlesen

Der HERR ist auferstanden –
Er ist wahrhaftig auferstanden!
Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus. Amen.

16 Jesus sprach zu seinen Jüngern: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen.
17 Da sprachen einige seiner Jünger untereinander: Was bedeutet das, was er zu uns sagt: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen; und: Ich gehe zum Vater?
18 Da sprachen sie: Was bedeutet das, was er sagt: Noch eine kleine Weile? Wir wissen nicht, was er redet.
19 Da merkte Jesus, daß sie ihn fragen wollten, und sprach zu ihnen: Danach fragt ihr euch untereinander, daß ich gesagt habe: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen?
20 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden.
21 Eine Frau, wenn sie gebiert, so hat sie Schmerzen, denn ihre Stunde ist gekommen. Wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, daß ein Mensch zur Welt gekommen ist.
22 Und auch ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.
23 An dem Tag werdet ihr mich nichts fragen.
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch:
Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er’s euch geben.
24 Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, so werdet ihr nehmen, daß eure Freude vollkommen sei.

Johannes 16, 16-25

Gebet: HERR, segne Dein Wort an uns, Dein Wort ist die Wahrheit. Amen.

Liebe Gemeinde!
In Baden-Württemberg kann man oft am Telefon eine freundliche Stimme hören die sagt: „Ein kleiner Moment bitte!“
Ich konnte mich nicht an die falsche Grammatik gewöhnen, aber in der Region konnte man sich darauf verlassen, daß der Moment wirklich ein kleiner war.
Im Original heißt es bei Luther: „Über ein Kleines, so werdet ihr mich nicht sehen, und aber über ein Kleines, so werdet ihr mich sehen.“ Ein „Kleines“ ist auf jeden Fall kürzer, als eine „kleine Weile“.
Eltern sagen das auch zu ihren Kindern: „Nicht mehr lange! Nur noch einmal schlafen!“ Eine kurze, überschaubare Zeit, dann ist es vorbei, oder dann ist es soweit. Das hältst du durch!

Jesus spricht mit seinen Jüngern am letzten Abend vor seiner Kreuzigung. Ein Donnerstagabend.
Eine kleine Weile werdet ihr mich nicht sehen – das klingt fast wie ein harmloses Versteckspiel. – Und dann werdet ihr mich wieder sehen. – Fast, als wäre nichts gewesen!

Diese Kleine Weile sieht aber so aus:
Sie werden Jesus, ihren Jesus nicht wiedererkennen, wie er sich gefangennehmen läßt, wie Haß und Feigheit, Lüge und Gier in Grausamkeit münden, der kleine Moment wird ganz ganz finster und gottverlassen. Am Freitagnachmittag wird er sterben. Er wird begraben werden. „Ihr werdet mich nicht sehen.“ Das ist schon eine krasse Untertreibung! – „Ihr werdet zusehen, wie ich nicht mehr sein werde. Ihr werdet mein Ende überdeutlich mit allen Sinnen eingebrannt bekommen.
Zu dieser kleinen Weile gehört dann auch der ganze Tag im Grab. Das war der große Sabbat der Grabesruhe. Der Sonnabend.
Und „aber über ein Kleines“ – „abermals eine Kleine Weile“ – noch ein kleiner Moment – noch einmal schlafen, liebe Jünger – dann „werdet ich mich sehen!“
Das war dann am Sonntag. Da haben ihn die traumatisierten Jünger wieder gesehen. Das war kein Wiedersehen, wie nach einem Versteckspiel, oder wie nach einer kurzen Reise.
Als Jesus ihnen dann sein Hände und seine Seite zeigte,
„da wurden die Jünger froh, daß sie den HERRN S A H E N,“ berichtet Johannes am Ostertag (Johannes 20, 20).
Liebe Gemeinde – das war das Wiedersehen aller Wiedersehen. Das war ein Wiedersehen, das ist größer als das Leben selbst. Es war ein Wiedersehen mit dem Leben.

Natürlich begriffen die Jünger nichts. Sie konnten nichts begreifen. Aber die Worte ihres HERRN, die nahmen sie mit in diesen kleinen Moment. Jünger Jesu bewahren die Worte Gottes, ob sie sie in dem Moment verstehen oder nicht, bis diese Worte ihren Moment bekommen und ihre Wahrheit aufgeht.
„Wir wissen nicht, was er sagt, was ist das: Eine kleine Weile?“ Nicht wissen, fragen. Das ist eine Grenze. Eine Grenze, die unerträglich werden kann. Eine Grenze, die einem zeigt, wie wenig man weiß, wie wenig Macht man eigentlich hat.
Jesus bestätigt das auch noch: „Da merkte Jesus, daß sie ihn fragen wollten, und sprach zu ihnen: Danach fragt ihr euch untereinander, daß ich gesagt habe: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen?“
Damit macht Jesus klar: Ich kenne deine Frage. Ich trage deine quälende Frage mit. Ich weiß, daß du dringend eine Antwort suchst. Die Frage kann eine zermürbende Last werden. Jesus trägt diese Last schon jetzt mit.
Doch diese Frage ist nicht nur ein persönliches Problem der Jünger. Denn Jesus sagt weiter:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen.“ Amen, Amen. Bei Gott, dies ist unfehlbar wahr: Ihr werdet verzweifeln fern der Freude. Aber die Welt wird triumphieren und sich bestätigt und im Recht glauben.
Das ist eine Steigerung. Das rätselhafte Wort wird zu einer Hölle.
Als die Jünger Jesus „nicht sahen“, in dieser kleinen Weile vom Karfreitag zum Ostermorgen, da wurde Jesus ja vor ihren Augen widerlegt, negiert, vernichtet, verflucht und verdammt. Seine Predigten, die Gottes Wort wieder so nahe brachten, wie zuletzt im Paradies, so daß die Seele dem Himmel nahe war. Dieser Ruf, der die Sünde so ekelhaft machte, daß ein Mensch einfach umkehren MUSSTE. Dann die Zuwendung zu den aufgegebenen und verlorenen Menschen. Gott hatte die verkrochenen, verkümmerten ans Licht geholt. Die Besessenen befreit. Die Gnade gebracht. Die Hungrigen gespeist. Das Gebet erneuert.
Liebe Gemeinde, das war ein Sonnenaufgang, ein Frühling, eine Neuschöpfung …. das hatten die Jünger mit ihren eigenen Augen gesehen. Und an diesem finsteren, schwarzen, schweren Hammerschlag von Tag – da sahen sie es nicht mehr.
Die Welt rieb sich die Hände. Dieser Sonnenaufgang, dieser Frühling war ein Irrtum. Es war keine Neuschöpfung. Jesus brauchte man nicht ernstnehmen. Die Hoffnung war eine Illusion, der Glaube hatte keinen Grund. Das Aufatmen war nichts. Die Welt konnte zurück zur Tagesordnung. Das Böse siegt immer.
Liebe Gemeinde! Die Seele traut sich nicht mehr, zu glauben und zu vertrauen. Dabei ist das ihr Leben. Die Seele scheint in dieser Welt keinen Platz zu haben. Die Jünger hatten es erlebt, wie es ist, wenn die Seele da sein darf. Sie wußten, wie es ist, die Wahrheit von Gott zu hören, die stärker ist, als Lüge und Manipulation.
Und das sahen sie nicht mehr.
Die Hohenpriester und Pharisäer versiegelten das Grab, in dem Jesus endgültig unsichtbar gemacht werden sollte. Hinter einem großen, schweren Stein. Das war die Freude der Welt. Glaube, Liebe und Hoffnung – die sind nicht entscheidend. An diesem Grab kann man es genau studieren, dieser stumme, schwere, unerbittliche Stein ist der Beweis. Das ist die Freude der Welt.
Und das war das Weinen und Klagen der Jünger.
„Ihr werdet traurig sein,“ sagt Jesus, „doch eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden.“ Die Traurigkeit ist eine Realität. Aber die Traurigkeit, die ihr meinetwegen habt, die wird verwandelt werden. Das Schwere, das Dunkle, das Rätselhafte, das Unverständliche, das Unbegreifliche, das wegen Jesus bei dir ist, das wird er höchstpersönlich verwandeln. „Gott wird abwischen alle Tränen.“ (Offenbarung 21, 4). Diese Tränen werden das kostbarste sein, was du aus diesem Leben in die Ewigkeit mitnimmst, denn diese Tränen beweisen, daß du nicht von dieser Welt bist. Jakobus sagt uns: „Wißt ihr nicht, daß Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott ist? Wer der Welt Freund sein will, der wird Gottes Feind sein.“ (Jakobus 4,4).
Jesus erklärt diese Traurigkeit, die die Jünger Seinetwegen haben, zu Geburtswehen. Sie führen nicht zum Tod, sondern zu neuem Leben. Sie enden nicht in Verzweiflung, sondern in neuer Schöpfung. Die ganz real gespürten Leiden im Glauben nimmt Gott und verwandelt sie in neues Leben.
Traurigkeit um Jesu willen. Das ist Traurigkeit darüber, wie sehr du doch Teil dieser Welt bist, die Glaube, Liebe und Hoffnung nicht für voll nehmen kann. Traurigkeit darüber, wie sehr du mitlügst, mitstiehlst, mitehebrichst, wie sehr du mit der Welt nicht wahrhaben willst, daß das, was du vor Gott bist, größer, wichtiger, schöner und stärker ist, als das, was du vor den Menschen, oder vor dir selbst bist.
Die Freude der Welt ist: Stehlen funktioniert! Ehebrechen funktioniert! Gottes Wort mit Füßen treten funktioniert!
Die Welt freut sich, wenn Gott verdrängt wird, sie freut sich, wenn sie ihr eigener Gott sein kann, und die Kinder Gottes unbedeutend und verschüchtert dastehen.
Das ist zum Klagen und Weinen. Diese Tränen sammelt Gott ein. Und noch eine kleine Weile, dann wird Er sie uns als Teil eines neuen Lebens wieder geben.
Dieses Leiden wird der Punkt sein, an dem Gott dich zur Freude abholt. Im Namen Jesu, des Gekreuzigten und Auferstandenen. Nur noch einmal schlafen!
Das größte Wort für mich heute ist die Verheißung: „An dem Tage werdet ihr mich nichts fragen.“ In einer Ostergeschichte heißt es dann auch: „Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wußten, daß es der Herr war.“ (Johannes 21, 12). Die Antwort, Gottes Antwort war jetzt da, für immer. Das hebräische Wort für Totenreich, oder Hölle, heißt „sche‘ol“, und das hebräische Wort für „fragen“ ist „scha’al“. Die Hölle ist der Ort ohne Antworten. Der Auferstandene Jesus ist die Antwort. Aber er ist die Antwort, die alle Fragen, auch den Ort der schrecklichsten Fragen, die Hölle, durchlitten hat, auf sich genommen hat. Jesus ist die Antwort des Lebens auf die Antwortlosigkeit des Todes. Der schwere, stumme, harte, teilnahmslose und endgültige Stein war WEG vom Grab.
Noch einmal schlafen, und die Antwort ist da. Die Lösung, die Erklärung von Gott für dein Leben.
Es geht noch weiter. Jesus sagt: Ihr werdet an dem Tage nichts fragen, aber was werdet ihr tun? Ihr werdet bitten in meinem Namen. „Lieber Gott, im Namen Jesu, der schon jetzt Deine Antwort ist, und an den ich glaube, in Seinem Namen bitte ich dich.“ – Das ist groß. Wo Gottes Antwort ist, da ist die Hölle der Fragen ohne Antworten beendet.
Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.