Aschermittwoch

Predigt von Pastor Johann Hillermann

Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott, dem Vater, und von Jesus Christus.
Amen.

Jesus lehrte seine Jünger und sprach:
16 Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer dreinsehen wie die Heuchler; denn sie verstellen ihr Gesicht, um sich vor den Leuten zu zeigen mit ihrem Fasten. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt.
17 Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht,
18 damit du dich nicht vor den Leuten zeigst mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.
19 Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen.
20 Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen.
21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.

Matthäus 6, 16-21

Liebe Gemeinde!
Heute geht es um das Fasten und um Schätze sammeln.
Christen sollen für Gott fasten,
und Schätze im Himmel sammeln,
sagt Jesus.
Beides sind Dinge, die nicht von selbst kommen. Das Gegenteil ist normal.
Wenn schon fasten, dann für menschliche Anerkennung,
und wenn schon Schätze sammeln, dann auf Erden für irdische Sicherheit.
Heute sagt Jesus: Menschliche Anerkennung und Gott schließen sich gegenseitig aus;
und irdische Sicherheit und Gott schließen sich gegenseitig aus.
Beides ist nicht gut für die Seele,
und beides ist auch eine Täuschung.

  1. Fasten
    Jesus sagt: Wenn ihr fastet. Er setzt es voraus.
    Fasten – das ist Verzichten, vor allem auf Essen.
    Man kann auf Süßigkeiten oder Alkohol verzichten. Das wird auf jeden Fall Vorteile für die Gesundheit haben.
    Fasten ist in erster Linie Verzicht auf Lebensnotwendiges, das ist mehr als Verzicht auf Luxus.
    Im Alten Testament war Fasten ein Teil der Trauer und der Buße. Durch Verzicht auf Essen und Trinken sollte vor allem bei der Buße Raum für Neues geschaffen werden. Fasten konnte im Alten Testament auch Ausdruck der Klage vor Gott sein. Die Erinnerung an die Zerstörung des Tempels wurde mit Fasten und Klagen begangen, und der Prophet Sacharja fragt einmal: „Habt ihr das wirklich für Gott getan?“ (Sacharja 7,4) – an anderer Stelle (Sacharja 8, 18) sagt der Prophet, da Gott sich erbarmen wir, und das Fasten sich in Freude verwandeln wird.
    Der Prophet Jesaja durchschaut das Volk Israel – es will durch Fasten seinen Gott manipulieren, das wird natürlich nicht klappen. Er sagt: „Soll das ein Fasten sein, an dem ich Gefallen habe, ein Tag, an dem man sich kasteit, wenn ein Mensch seinen Kopf hängen läßt wie Schilf und in Sack und Asche sich bettet?“ – (Jesaja 58, 5). Das Fasten soll dazu dienen, daß Gottes Wille besser getan wird – Mehr Beten, mehr Nächstenliebe. Fasten ist nicht Selbstzweck.
    Auch Jesus sagt von seinen Jüngern, daß sie fasten werden, wenn ihr Bräutigam, also Jesus, von ihnen genommen wird (Matthäus 9, 15).
    Wir sind meistens nur noch damit beschäftigt, das Fasten zu vermeiden, um die Heuchelei zu vermeiden. Wenn wir nicht fasten, dann heucheln wir wenigstens nicht.
    Das ist nicht Gottes Wille.
    Fasten soll ohne Heucheln, und allein für Gott geschehen.
    Aber wie kann das Aussehen?
    Fasten ist eine Unterbrechung. Man ißt nicht. Man nimmt nicht in sich auf. Das ist für den Körper, und dadurch auch für die Seele eine Herausforderung. Man muß sich überwinden. Man soll nicht nachgeben. Man spürt das Verlangen nach Speise, aber man gibt dem Verlangen nicht nach. Das Leben dreht sich mehr um Essen, als einem bewußt ist. Auch die Gedanken. Der Körper ist mit Nahrung und Verdauung befaßt. Fasten soll zu innerer Freiheit führen. Weniger an Essen denken, und mehr an Gott und den Nächsten denken. Mehr innere Freiheit, mehr Distanz zu den eigenen Bedürfnissen üben.
    Der Hunger ist da und spürbar, aber er beherrscht dich nicht. Es kommt Platz für neue Gedanken für Gott und den Nächsten.
    Das bedeutet auch: Wenn mit etwas fehlt, dann bin ich nicht von dem Gedanken besessen, daß ich es haben muß. Meine Wünsche und Bedürfnisse treten in den Hintergrund.
    Wenn jemand etwas hat, dann muß ich ihn nicht auch noch beneiden.
    Fasten ist also eine Übung des Leibes und der Seele, die eignen Bedürfnisse und Bequemlichkeiten in den Hintergrund zu stellen. Für den Glauben und die Liebe ist das einleuchtend.
    Wir wissen alle: Zuviel Essen und Trinken bindet viele Kräfte in uns, gerade auch mentale und emotionale Kräfte. Menschen, die nicht verzichten können, können sich nicht überwinden, um eine Aufgabe zu erfüllen. Wer von seinen Bedürfnissen beherrscht ist, für den kann die Not des Nächsten lästig sein. Er ist getrieben von einer Angst, zu kurz zu kommen.
    Fasten kann eine Übung sein, über diesen Dingen zu stehen.
    Jesus sagt nun: Tut es um Gottes willen. Ob und wie ihr fastet, geht nur Gott etwas an, und sonst niemanden. „Wasche dein Haupt und salbe dein Angesicht“ – wie zu einem Fest! Es soll mehr Freude am Glauben und mehr Freude an der Nächstenliebe dabei herauskommen. Je weniger es Thema ist, je weniger ICH und meine Gefühle dabei Thema sind, um so besser. Dein Fasten soll Gott gehören, und sonst niemanden, nicht einmal dir selbst.
    Dieses Bedürfnis nach Anerkennung und Wahrnehmung spielt eine große Rolle in unserem Leben. Es ist fast wie Essen und Trinken. Jeder merkt das doch, wenn er wahrgenommen wird und Anerkennung bekommt, wie gut das tut. Und wie schwer es ist, wenn Anerkennung und Wahrnehmung ausbleiben.
    Doch auch hier sollen wir uns üben, innere Freiheit zu bekommen, und nicht abhängig zu werden.
    Es ist ja so: Menschen, die nicht um sich selbst und ihre Bedürfnisse kreisen, die können ihren Mitmenschen am besten wahrnehmen und ihm Anerkennung schenken, die gut tut.
    Wenn ich mich also darin übe, meine Bedürfnisse in den Hintergrund zu bringen, kann ich mit Gottes Hilfe mehr Anerkennung und Aufmerksamkeit verschenken.

Jesus ist da ganz deutlich in seinen Worten: Wer sich nur darum kreist, ob Menschen ihn anerkennen und wahrnehmen – der wird auch nicht mehr im Leben haben – „der hat seinen Lohn schon gehabt“, das heißt: Von Gott kann er dann nichts mehr erwarten. Gott will ganz für uns da sein, doch dazu erwartet er, daß wir ganz für ihn da sind. Fasten, um mit Gott allein zu sein. Das ist gemeint. Die Anerkennung und Wahrnehmung von Menschen, so wichtig sie sein mag – sie bringt uns nicht näher zu Gott. Im Gegenteil. Es kann leicht passieren, daß Menschen deshalb von Gott nichts erwarten, weil sie meinen: Die Menschen sind auf meiner Seite. Doch Menschen können mir nicht helfen, wie Gott mir hilft. Gegen den Tod kann nur Gott helfen. Segen kann mir nur Gott geben. Vergebung gibt es nur von Gott. Darum erwartet Gott, daß ich ganz bei ihm bin. Und ich bin nur ganz bei Gott, wenn ich nicht von der Anerkennung und Wahrnehmung der Menschen frei bin.

  1. Schätze sammeln
    Es ist normal, daß der Mensch sein Leben materiell absichern will. Er braucht ein Zuhause, er braucht Kleidung, Essen und Trinken, denn er soll leben.
    Ja, wir sollen so leben, daß wir unserem Nächsten nicht zur Last fallen, sondern belastbar sind. Der Apostel Paulus bringt es auf den Punkt: „Wer gestohlen hat der stehle nicht mehr, sondern arbeite und schaffe mit den Händen etwas Gutes, auf daß er habe, zu geben dem Dürftigen.“ (Epheser 4, 28).
    Uns wird auch sehr sehr deutlich gesagt: „So aber jemand die Seinen, sonderlich seine Hausgenossen, nicht versorgt, der hat den Glauben verleugnet und ist ärger denn ein Heide.“ (1. Timotheus 5, 8). Es hat mir auch sehr zu Denken gegeben, daß der Apostel schreibt: „Es sollen nicht die Kinder den Eltern Schätze sammeln, sondern die Eltern den Kindern.“ (2. Korinther 12, 14).
    Und doch sagt Jesus: Sammelt euch nicht Schätze auf Erden.
    Warum? – Diebe graben danach und Motten fressen sie.
    Diebe: Menschliches Begehren, menschlicher Neid.
    Motten und Rost: Natürliche Vergänglichkeit, Zerbrechlichkeit.
    Wo es überhaupt was zu haben gibt, werden Begehrlichkeiten geweckt. In alten Kulturen gibt es den bösen, den neidischen Blick. Man hat Angst davor. Das neidische Auge ist eine Bedrohung. Darum verbirgt man vieles, oder man verschenkt Dinge, damit der Neid weggeht. Der Neid verdirbt alles, vor allem den Neider selbst.
    „Schatz“ ist ein herrliches Wort. Schatz ist mehr als ein Wert in Zahlen. Ein Schatz macht glücklich. So kann ein Mensch auch ein Schatz sein, weil er glücklich macht.
    Jesus lehrt uns: Irdische Schätze machen nicht glücklich. „Wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein.“ Wenn du dein Herz an irdischen Reichtum bindest, dann wirfst du dein Leben den Dieben und den Motten zum Fraß vor. Das ist töricht. Es ist eine Täuschung. Das Herz will mit dem Schatz allein sein, und dann soll der Schatz sein ein und alles sein. Das Herz überschätzt sich, und überfordert den Schatz. Das Leben ist schon da, bevor der Schatz da ist. Wenn also das Herz sein Leben durch den Schatz garantieren will, dann vergißt das Herz, daß es sein Leben schon vorher von Gott bekommen hat. Gott ist der größte Schatz, und gibt alle Schätze.
    Darum spricht Jesus davon, daß der Mensch Schätze im Himmel sammeln soll. Reich sein bei Gott, sagt Jesus an anderer Stelle (Lukas 12, 21). Einmal kam ein reicher junger Mann zu Jesus und wollte wissen, wie er das ewige Leben ererben könne. Jesus sagt schließlich: „Gehe hin und verkaufe alles, was du hast und gibs den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir nach.“ Matthäus 19, 21. Dann hätte der Jüngling nämlich gezeigt, daß Gott sein größter, wertvollster Schatz ist, der ihm das Leben geschenkt und erhalten hat.
    Einen Schatz im Himmel haben, oder Schätze im Himmel sammeln, das ist nichts andres als ein Leben mit Gott. Und ein Leben mit Gott bedeutet: Gott gibt mir mein Leben jeden Augenblick. Immer. Er hat es mir durch meine Eltern gegeben, aber ist ist in erster Linie von Gott. Gott erhält mein Leben –durch Mitmenschen, durch ein Zuhause, oder was auch immer, aber es ist Gott, der mir das Leben ganz und gar gibt.
    Wenn also nicht Geld mir das Leben gibt, dann kann ich davon abgeben, ohne etwas zu verlieren. Denn ich habe ja Gott. Das ist der Schatz. Dann geht es dem Herzen erst richtig gut. Dieser Schatz kann nicht überschätzt werden.
    Aber auch hier ist es wie dem Fasten. Es ist eine Sache der Überwindung. Es ist normal, daß in uns Widerstand ist. Das hängt mit der Erbsünde zusammen. Von Natur sind wir nicht fähig, Gott zu fürchten und zu lieben. Auch das will Gott uns schenken. Unser Gesangbuch kennt diese Erfahrung:
    „Herr, bewahr auch unsern Glauben, / dass kein Teufel, Tod noch Spott / uns denselben möge rauben, / du bist unser Schutz, o Gott. / Sagt das Fleisch gleich immer Nein, / laß dein Wort gewisser sein.“ Jesus führt uns zu dem, was unbedingt mehr ist, als unser Fleisch, unser Leben ohne Gott. Das Leben mit Gott wird aber von Gottes Bedürfnis geleitet. Unsere müssen in den Hintergrund.
    Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Aschermittwoch

Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott, dem Vater, und von dem HERRN Jesus Christus, dem Sohn des Vaters, in der Wahrheit und in der Liebe, sei mit euch!

1 Als aber das Volk sah, daß Mose ausblieb und nicht wieder von dem Berge zurückkam, sammelte es sich gegen Aaron und sprach zu ihm: Auf, mach uns einen Gott, der vor uns hergehe! Denn wir wissen nicht, was diesem Mann Mose widerfahren ist, der uns aus Ägyptenland geführt hat.
2 Aaron sprach zu ihnen: Reißt ab die goldenen Ohrringe an den Ohren eurer Frauen, eurer Söhne und eurer Töchter und bringt sie zu mir.
3 Da riß alles Volk sich die goldenen Ohrringe von den Ohren und brachte sie zu Aaron.
4 Und er nahm sie von ihren Händen und bildete das Gold in einer Form und machte ein gegossenes Kalb. Und sie sprachen: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat!
5 Als das Aaron sah, baute er einen Altar vor ihm und ließ ausrufen und sprach: Morgen ist des HERRN Fest.
6 Und sie standen früh am Morgen auf und opferten Brandopfer und brachten dazu Dankopfer dar. Danach setzte sich das Volk, um zu essen und zu trinken, und sie standen auf, um ihre Lust zu treiben.
7 Der HERR sprach aber zu Mose: Geh, steig hinab; denn dein Volk, das du aus Ägyptenland geführt hast, hat schändlich gehandelt.
8 Sie sind schnell von dem Wege gewichen, den ich ihnen geboten habe. Sie haben sich ein gegossenes Kalb gemacht und haben’s angebetet und ihm geopfert und gesagt: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat.
9 Und der HERR sprach zu Mose: Ich sehe, daß es ein
halsstarriges Volk ist.
10 Und nun laß mich, daß mein Zorn über sie entbrenne und sie vertilge; dafür will ich dich zum großen Volk machen.
11 Mose aber flehte vor dem HERRN, seinem Gott, und sprach: Ach HERR, warum will dein Zorn entbrennen über dein Volk, das du mit großer Kraft und starker Hand aus Ägyptenland geführt hast?
12 Warum sollen die Ägypter sagen: Er hat sie zu ihrem Unglück herausgeführt, daß er sie umbrächte im Gebirge und vertilgte sie von dem Erdboden? Kehre dich ab von deinem grimmigen Zorn und laß dich des Unheils gereuen, das du über dein Volk bringen willst.
13 Gedenke an deine Knechte Abraham, Isaak und Israel, denen du bei dir selbst geschworen und verheißen hast: Ich will eure Nachkommen mehren wie die Sterne am Himmel, und dies ganze Land, das ich verheißen habe, will ich euren Nachkommen geben, und sie sollen es besitzen für ewig.
14 Da gereute den HERRN das Unheil, das er seinem Volk zugedacht hatte.
15 Mose wandte sich und stieg vom Berge und hatte die zwei Tafeln des Gesetzes in seiner Hand; die waren beschrieben auf beiden Seiten.
16 Und Gott hatte sie selbst gemacht und selber die Schrift eingegraben.
17 Als nun Josua das Geschrei des Volks hörte, sprach er zu Mose: Es ist ein Kriegsgeschrei im Lager.
18 Er antwortete: Es ist kein Geschrei wie bei einem Sieg und es ist kein Geschrei wie bei einer Niederlage, ich höre Geschrei wie beim Tanz.
19 Als Mose aber nahe zum Lager kam und das Kalb und das Tanzen sah, entbrannte sein Zorn und er warf die Tafeln aus der Hand und zerbrach sie unten am Berge
20 und nahm das Kalb, das sie gemacht hatten, und ließ es im Feuer zerschmelzen und zermalmte es zu Pulver und streute es aufs Wasser und gab’s den Israeliten zu trinken.

2. Mose 32.1-20

HERR, segne Dein Wort an uns, Dein Wort ist die Wahrheit. Amen.

Liebe Gemeinde!
Der Weg zur Hölle ist gepflastert mit guten Absichten. Das Gegenteil von Gut ist gut gemeint. „Ich hab‘s nicht gewollt!“, ruft ein Schuldiger, und vor ihm ist der unübersehbare Beweis seiner Schuld.
Das goldene Kalb.
Es sollte ja nicht ein neuer, anderer Gott sein. Nein! „Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat!“ – kein anderer! Das war die gute Absicht. Der eine Gott, der sich Abraham, Isaak und Jakob offenbart hatte, der sich dem Mose im brennenden Dornbusch vorgestellt hatte – genau dieser Gott hatte Israel ja aus der Knechtschaft in Ägypten, aus dem Elend und der Hoffnungslosigkeit gerettet. Es sollte kein anderer Gott sein! Keine neue Religion, gar nichts!
Und doch …
Es ist das Gegenteil von gut.
Was denn?
In der Sprache der alten Theologie spricht man von dem „selbsterwählten Gottesdienst“. Man denkt sich etwas aus, oder hält etwas für notwendig, und meint, es passe haargenau zu dem, was man glaubt – aber es ist eine Idee von Menschen, und nicht Gottes Idee. Da hilft auch alle gute Meinung gar nichts.
Was war denn gewesen?
Mose – und Josua – waren als Repräsentanten des Volkes Israel auf dem Heiligen Berg Sinai und empfingen Gottes Gesetz – unter anderem vor allem die 10 Gebote. Mose hatte als Gottes Diener Israel durch manche Krise hindurch geführt. Und nun blieb er aus. Der Berg der Gesetzgebung wird als ein gefährlicher Ort beschrieben: Feuer, Rauch, Blitze gehen von ihm aus. So kam der nagende Zweifel: Kommt Mose überhaupt wieder? Lebt er überhaupt noch? – „Wir wissen nicht, was diesem Mann Mose widerfahren ist, der uns aus Ägyptenland geführt hat.“ Unsicherheit. Ungeduld. „Wir wissen nicht!“
Ungewißheit. Zweifel. „So lange war er noch nie weg!“
Eine kritische Situation. Irgendetwas konnte passieren – eine Menschenmasse ist in der Krise unberechenbar. Es muß etwas passieren, bevor Panik um sich greift. Ein Zeichen, damit alle wissen, wie es weitergeht.
Aus dieser guten Absicht spricht das Volk zu dem ersten Hohenpriester Israels, zu Moses Bruder Aaron: „Auf, mach uns einen Gott, der vor uns hergehe!“ Es muß weitergehen! Ein Gottesbild – ein Symbol für Gott, für seine Leitung, für seine Macht. Man kennt sich ja selbst: Unsicherheit, Zweifel, Ungewißheit und Ungeduld führen zu nichts Gutem. Wer weiß wozu man fähig ist! Lieber auf Nummer Sicher gehen! Dagegen kann niemand etwas haben! Das ist die gute Absicht.
Aaron der Hohepriester, der für Religion zuständig ist, erkennt die gute Absicht an. Das ist seine gute Absicht. Er will helfen. Endlich passen Religion und die guten Absichten des Volks zusammen. Endlich wollen Priester und Volk spürbar dasselbe, endlich verstehen sie sich gegenseitig, endlich ziehen Volk und Priester an demselben Strang, endlich kommen die Bedürfnisse des Volks bei dem Priester an, endlich geschieht etwas!
Aaron fordert das Gold von den Ohren und Händen, den Schmuck der Frauen und Kinder. Wie opferbereit doch das Volk ist! Es läßt sich begeistern, alle machen mit – noch nie war Gottesdienst so leicht, direkt und einfach! Man reißt die Ringe von den Ohren – es darf ruhig weh tun!
Erfüllt von guten Absichten und in dem Hochgefühl, endlich ganz aktuell zu sein, entsteht dann das Symbol dieses gemeinsamen guten Willens: Ein Bild aus Gold. Eine sichtbare Zusammenfassung des gemeinsamen Willens: Wir wollen, daß es weitergeht! Und das alles in guter Absicht: „sie sprachen: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat!“ Kein anderer Gott! Wir wollen nichts Neues, wir wollen nur Sicherheit, Hilfe gegen die Ungeduld, Überwindung des Zweifels.
Aaron hat nun den Finger am Puls der Volks, und fühlt, was jetzt dran ist: Ein Fest! Die Krise ist vorüber! Wir haben sie gemeistert, denn wir haben zusammengehalten. „Morgen ist des Herren Fest!“ Und es wird gefeiert und gefeiert und gefeiert. Und auf einmal endet die gute Absicht im Gegenteil von Gut. Das Volk ist sich einig, und Gottes Gebote sind auf einmal wie verschwunden. „Sie treiben ihre Lust“, wird da angedeutet. Sie verlieren alle Hemmungen. Alles in guter Absicht ….
Die guten Absichten und Gott – wir Menschen denken, die sind so nahe beieinander, daß man sie fast verwechseln könnte!
Der Rest ist bekannt: Diese ganze Religion, die nicht die Absicht hat, eine neue Religion zu bauen, ist auf keinen Fall die alte, richtige Religion, sie kommt nicht gut an. Mose muß sein eigenes Leben vor Gott aufs Spiel setzen und für das treulose Volk beten, ja, sich praktisch selbst opfern, damit Gott weitermacht. Mose bringt keine guten Vorsätze, keine guten Absichten mit – alles, was Mose in der Hand hat, ist, was Gott versprochen hat: „Gedenke an deine Knechte Abraham, Isaak und Israel, denen du bei dir selbst geschworen und verheißen hast: Ich will eure Nachkommen mehren wie die Sterne am Himmel, und dies ganze Land, das ich verheißen habe, will ich euren Nachkommen geben, und sie sollen es besitzen für ewig.“
Und am Ende dann die furchtbare Konsequenz: Ist das goldene Kalb da euer Gott? Ihr sollt euren Gott haben! Und nun muß Israel mitansehen, wie das goldene Bild vernichtet wird. Und dann müssen sie die Nichtigkeit und Schädlichkeit der selbsterwählten Religion am eigenen Leib spüren – sie müssen es trinken, was eigentlich nicht zum trinken ist. Ein Ende mit Schrecken.
Liebe Gemeinde! Was sagt uns das alles?
Gott will nur so gedient werden, wie er gedient werden will. Gott hatte Mose über sein Volk gesetzt, Aaron als der Bruder und Priester hatte nicht die Aufgabe, irgend einen Gottesdienst, irgendein Bild oder irgendein Fest auszurufen oder zu erfinden. Wir sollen das feiern, was Gott gesagt und getan hat. Was Gott sagt und tut, ist unvergänglich, und immer ganz für uns da. Gott segnet uns, wenn wir seinen Geboten folgen. Gott ist immer aktueller als alles, was wir sonst sehen und hören. Wenn wir Gott aktualisieren wollen, dann ist das ein Armutszeugnis, denn damit bekennen wir: Gott spricht nicht mit uns – oder er hat gesprochen, und wir hören ihn nicht mehr. Doch dieser Zustand soll uns in die Buße rufen, in die Umkehr, in die Besinnung. Wenn wir fühlen, daß Gott weit weg ist, dann muß was mit mir geschehen, nicht mit Gott.
Fast 100 % aller guter Absichten wollen Gott ersetzen. Wie oft hab ich als junger Mensch gehört, wenn es um Zweifel ging – vor allem um Zweifel an Gottes Wort -: Das ist alles nicht so – oder nicht mehr so – heute glaubt man das nicht mehr! Verantwortliche in der Religion tun so, als könnten sie den Glauben und den Gottesdienst nach Belieben, und aus Verständnis für die Bedürfnisse des Volks, der Menschen, oder wem auch immer, je nachdem, anpassen, ändern, oder neues als Gottesdienst verkündigen – und damit eine gefühlte Nähe zwischen Gott und dem Menschen herstellen. Es fängt noch nahe bei dem an, was man so kennt, doch über Nacht melden sich Bedürfnisse zu Wort, die keine Hemmungen dulden, die sich nichts sagen lassen.
Gott läßt uns Menschen manchmal warten. Das sollen wir aushalten.
Wenn Gott uns warten läßt, dann sollen wir uns besinnen auf das, was Gott schon gesagt und getan hat.
Die Ungeduld, wie wir sie bei dem Volk in Israel in dieser Geschichte beobachten, setzt das eine aktuelle Gefühl über alles, was Gott gesagt und getan hat. Gott erwartet, daß wir zu Zeiten gegen alles Gefühl ihm vertrauen. Das Gefühl hat nicht immer recht!
Darum Aschermittwoch, darum Verzicht und Fasten als eine Übung. Das Gefühl soll auf seinen Platz. Es ist keine Information, schon gar nicht eine Offenbarung des Willens Gottes. Jede Unsicherheit, jede Krise soll uns dahin führen, wo Gott eindeutig wird, und das ist sein Wort. „Allein die Anfechtung lehrt aufs Wort merken.“ Jesaja 28,19.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum Ewigen Leben. Amen.


Beitragsbild

Nicolas Poussin: Die Anbetung des Goldenen Kalb

1633-1637, Öl auf Leinwand, 154 × 214 cm
London, National Gallery
Kommentar: Pendant zu »Die Überquerung des Roten Meeres«
Land: Frankreich und Italien
Stil: Barock
[Poussin, Nicolas. The Yorck Project: 10.000 Meisterwerke der Malerei, S. 9371 (c) 2005 The Yorck Project]

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