Aschermittwoch

Von | Februar 22, 2023
Die Predigt zum Nachlesen

Predigt von Pastor Johann Hillermann

Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott, dem Vater, und von Jesus Christus.
Amen.

Jesus lehrte seine Jünger und sprach:
16 Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer dreinsehen wie die Heuchler; denn sie verstellen ihr Gesicht, um sich vor den Leuten zu zeigen mit ihrem Fasten. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt.
17 Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht,
18 damit du dich nicht vor den Leuten zeigst mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.
19 Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen.
20 Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen.
21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.

Matthäus 6, 16-21

Liebe Gemeinde!
Heute geht es um das Fasten und um Schätze sammeln.
Christen sollen für Gott fasten,
und Schätze im Himmel sammeln,
sagt Jesus.
Beides sind Dinge, die nicht von selbst kommen. Das Gegenteil ist normal.
Wenn schon fasten, dann für menschliche Anerkennung,
und wenn schon Schätze sammeln, dann auf Erden für irdische Sicherheit.
Heute sagt Jesus: Menschliche Anerkennung und Gott schließen sich gegenseitig aus;
und irdische Sicherheit und Gott schließen sich gegenseitig aus.
Beides ist nicht gut für die Seele,
und beides ist auch eine Täuschung.

  1. Fasten
    Jesus sagt: Wenn ihr fastet. Er setzt es voraus.
    Fasten – das ist Verzichten, vor allem auf Essen.
    Man kann auf Süßigkeiten oder Alkohol verzichten. Das wird auf jeden Fall Vorteile für die Gesundheit haben.
    Fasten ist in erster Linie Verzicht auf Lebensnotwendiges, das ist mehr als Verzicht auf Luxus.
    Im Alten Testament war Fasten ein Teil der Trauer und der Buße. Durch Verzicht auf Essen und Trinken sollte vor allem bei der Buße Raum für Neues geschaffen werden. Fasten konnte im Alten Testament auch Ausdruck der Klage vor Gott sein. Die Erinnerung an die Zerstörung des Tempels wurde mit Fasten und Klagen begangen, und der Prophet Sacharja fragt einmal: „Habt ihr das wirklich für Gott getan?“ (Sacharja 7,4) – an anderer Stelle (Sacharja 8, 18) sagt der Prophet, da Gott sich erbarmen wir, und das Fasten sich in Freude verwandeln wird.
    Der Prophet Jesaja durchschaut das Volk Israel – es will durch Fasten seinen Gott manipulieren, das wird natürlich nicht klappen. Er sagt: „Soll das ein Fasten sein, an dem ich Gefallen habe, ein Tag, an dem man sich kasteit, wenn ein Mensch seinen Kopf hängen läßt wie Schilf und in Sack und Asche sich bettet?“ – (Jesaja 58, 5). Das Fasten soll dazu dienen, daß Gottes Wille besser getan wird – Mehr Beten, mehr Nächstenliebe. Fasten ist nicht Selbstzweck.
    Auch Jesus sagt von seinen Jüngern, daß sie fasten werden, wenn ihr Bräutigam, also Jesus, von ihnen genommen wird (Matthäus 9, 15).
    Wir sind meistens nur noch damit beschäftigt, das Fasten zu vermeiden, um die Heuchelei zu vermeiden. Wenn wir nicht fasten, dann heucheln wir wenigstens nicht.
    Das ist nicht Gottes Wille.
    Fasten soll ohne Heucheln, und allein für Gott geschehen.
    Aber wie kann das Aussehen?
    Fasten ist eine Unterbrechung. Man ißt nicht. Man nimmt nicht in sich auf. Das ist für den Körper, und dadurch auch für die Seele eine Herausforderung. Man muß sich überwinden. Man soll nicht nachgeben. Man spürt das Verlangen nach Speise, aber man gibt dem Verlangen nicht nach. Das Leben dreht sich mehr um Essen, als einem bewußt ist. Auch die Gedanken. Der Körper ist mit Nahrung und Verdauung befaßt. Fasten soll zu innerer Freiheit führen. Weniger an Essen denken, und mehr an Gott und den Nächsten denken. Mehr innere Freiheit, mehr Distanz zu den eigenen Bedürfnissen üben.
    Der Hunger ist da und spürbar, aber er beherrscht dich nicht. Es kommt Platz für neue Gedanken für Gott und den Nächsten.
    Das bedeutet auch: Wenn mit etwas fehlt, dann bin ich nicht von dem Gedanken besessen, daß ich es haben muß. Meine Wünsche und Bedürfnisse treten in den Hintergrund.
    Wenn jemand etwas hat, dann muß ich ihn nicht auch noch beneiden.
    Fasten ist also eine Übung des Leibes und der Seele, die eignen Bedürfnisse und Bequemlichkeiten in den Hintergrund zu stellen. Für den Glauben und die Liebe ist das einleuchtend.
    Wir wissen alle: Zuviel Essen und Trinken bindet viele Kräfte in uns, gerade auch mentale und emotionale Kräfte. Menschen, die nicht verzichten können, können sich nicht überwinden, um eine Aufgabe zu erfüllen. Wer von seinen Bedürfnissen beherrscht ist, für den kann die Not des Nächsten lästig sein. Er ist getrieben von einer Angst, zu kurz zu kommen.
    Fasten kann eine Übung sein, über diesen Dingen zu stehen.
    Jesus sagt nun: Tut es um Gottes willen. Ob und wie ihr fastet, geht nur Gott etwas an, und sonst niemanden. „Wasche dein Haupt und salbe dein Angesicht“ – wie zu einem Fest! Es soll mehr Freude am Glauben und mehr Freude an der Nächstenliebe dabei herauskommen. Je weniger es Thema ist, je weniger ICH und meine Gefühle dabei Thema sind, um so besser. Dein Fasten soll Gott gehören, und sonst niemanden, nicht einmal dir selbst.
    Dieses Bedürfnis nach Anerkennung und Wahrnehmung spielt eine große Rolle in unserem Leben. Es ist fast wie Essen und Trinken. Jeder merkt das doch, wenn er wahrgenommen wird und Anerkennung bekommt, wie gut das tut. Und wie schwer es ist, wenn Anerkennung und Wahrnehmung ausbleiben.
    Doch auch hier sollen wir uns üben, innere Freiheit zu bekommen, und nicht abhängig zu werden.
    Es ist ja so: Menschen, die nicht um sich selbst und ihre Bedürfnisse kreisen, die können ihren Mitmenschen am besten wahrnehmen und ihm Anerkennung schenken, die gut tut.
    Wenn ich mich also darin übe, meine Bedürfnisse in den Hintergrund zu bringen, kann ich mit Gottes Hilfe mehr Anerkennung und Aufmerksamkeit verschenken.

Jesus ist da ganz deutlich in seinen Worten: Wer sich nur darum kreist, ob Menschen ihn anerkennen und wahrnehmen – der wird auch nicht mehr im Leben haben – „der hat seinen Lohn schon gehabt“, das heißt: Von Gott kann er dann nichts mehr erwarten. Gott will ganz für uns da sein, doch dazu erwartet er, daß wir ganz für ihn da sind. Fasten, um mit Gott allein zu sein. Das ist gemeint. Die Anerkennung und Wahrnehmung von Menschen, so wichtig sie sein mag – sie bringt uns nicht näher zu Gott. Im Gegenteil. Es kann leicht passieren, daß Menschen deshalb von Gott nichts erwarten, weil sie meinen: Die Menschen sind auf meiner Seite. Doch Menschen können mir nicht helfen, wie Gott mir hilft. Gegen den Tod kann nur Gott helfen. Segen kann mir nur Gott geben. Vergebung gibt es nur von Gott. Darum erwartet Gott, daß ich ganz bei ihm bin. Und ich bin nur ganz bei Gott, wenn ich nicht von der Anerkennung und Wahrnehmung der Menschen frei bin.

  1. Schätze sammeln
    Es ist normal, daß der Mensch sein Leben materiell absichern will. Er braucht ein Zuhause, er braucht Kleidung, Essen und Trinken, denn er soll leben.
    Ja, wir sollen so leben, daß wir unserem Nächsten nicht zur Last fallen, sondern belastbar sind. Der Apostel Paulus bringt es auf den Punkt: „Wer gestohlen hat der stehle nicht mehr, sondern arbeite und schaffe mit den Händen etwas Gutes, auf daß er habe, zu geben dem Dürftigen.“ (Epheser 4, 28).
    Uns wird auch sehr sehr deutlich gesagt: „So aber jemand die Seinen, sonderlich seine Hausgenossen, nicht versorgt, der hat den Glauben verleugnet und ist ärger denn ein Heide.“ (1. Timotheus 5, 8). Es hat mir auch sehr zu Denken gegeben, daß der Apostel schreibt: „Es sollen nicht die Kinder den Eltern Schätze sammeln, sondern die Eltern den Kindern.“ (2. Korinther 12, 14).
    Und doch sagt Jesus: Sammelt euch nicht Schätze auf Erden.
    Warum? – Diebe graben danach und Motten fressen sie.
    Diebe: Menschliches Begehren, menschlicher Neid.
    Motten und Rost: Natürliche Vergänglichkeit, Zerbrechlichkeit.
    Wo es überhaupt was zu haben gibt, werden Begehrlichkeiten geweckt. In alten Kulturen gibt es den bösen, den neidischen Blick. Man hat Angst davor. Das neidische Auge ist eine Bedrohung. Darum verbirgt man vieles, oder man verschenkt Dinge, damit der Neid weggeht. Der Neid verdirbt alles, vor allem den Neider selbst.
    „Schatz“ ist ein herrliches Wort. Schatz ist mehr als ein Wert in Zahlen. Ein Schatz macht glücklich. So kann ein Mensch auch ein Schatz sein, weil er glücklich macht.
    Jesus lehrt uns: Irdische Schätze machen nicht glücklich. „Wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein.“ Wenn du dein Herz an irdischen Reichtum bindest, dann wirfst du dein Leben den Dieben und den Motten zum Fraß vor. Das ist töricht. Es ist eine Täuschung. Das Herz will mit dem Schatz allein sein, und dann soll der Schatz sein ein und alles sein. Das Herz überschätzt sich, und überfordert den Schatz. Das Leben ist schon da, bevor der Schatz da ist. Wenn also das Herz sein Leben durch den Schatz garantieren will, dann vergißt das Herz, daß es sein Leben schon vorher von Gott bekommen hat. Gott ist der größte Schatz, und gibt alle Schätze.
    Darum spricht Jesus davon, daß der Mensch Schätze im Himmel sammeln soll. Reich sein bei Gott, sagt Jesus an anderer Stelle (Lukas 12, 21). Einmal kam ein reicher junger Mann zu Jesus und wollte wissen, wie er das ewige Leben ererben könne. Jesus sagt schließlich: „Gehe hin und verkaufe alles, was du hast und gibs den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir nach.“ Matthäus 19, 21. Dann hätte der Jüngling nämlich gezeigt, daß Gott sein größter, wertvollster Schatz ist, der ihm das Leben geschenkt und erhalten hat.
    Einen Schatz im Himmel haben, oder Schätze im Himmel sammeln, das ist nichts andres als ein Leben mit Gott. Und ein Leben mit Gott bedeutet: Gott gibt mir mein Leben jeden Augenblick. Immer. Er hat es mir durch meine Eltern gegeben, aber ist ist in erster Linie von Gott. Gott erhält mein Leben –durch Mitmenschen, durch ein Zuhause, oder was auch immer, aber es ist Gott, der mir das Leben ganz und gar gibt.
    Wenn also nicht Geld mir das Leben gibt, dann kann ich davon abgeben, ohne etwas zu verlieren. Denn ich habe ja Gott. Das ist der Schatz. Dann geht es dem Herzen erst richtig gut. Dieser Schatz kann nicht überschätzt werden.
    Aber auch hier ist es wie dem Fasten. Es ist eine Sache der Überwindung. Es ist normal, daß in uns Widerstand ist. Das hängt mit der Erbsünde zusammen. Von Natur sind wir nicht fähig, Gott zu fürchten und zu lieben. Auch das will Gott uns schenken. Unser Gesangbuch kennt diese Erfahrung:
    „Herr, bewahr auch unsern Glauben, / dass kein Teufel, Tod noch Spott / uns denselben möge rauben, / du bist unser Schutz, o Gott. / Sagt das Fleisch gleich immer Nein, / laß dein Wort gewisser sein.“ Jesus führt uns zu dem, was unbedingt mehr ist, als unser Fleisch, unser Leben ohne Gott. Das Leben mit Gott wird aber von Gottes Bedürfnis geleitet. Unsere müssen in den Hintergrund.
    Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.