Lichtmess

Von | März 5, 2023
Darstellung des Herrn

Predigt: Superintendent Roger Zieger

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, und die
Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen
Geistes sei mit uns allen. Amen.

[22] Und da die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz Mose’s kamen, brachten sie ihn gen Jerusalem, auf daß sie ihn darstellten dem Herrn [23] (wie denn geschrieben steht in dem Gesetz des Herrn: »Allerlei Männliches, das zum ersten die Mutter bricht, soll dem Herrn geheiligt heißen«) [24] und daß sie gäben das Opfer, wie es gesagt ist im Gesetz des Herrn: »ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben.« [25] Und siehe, ein Mensch war zu Jerusalem, mit Namen Simeon; und derselbe Mensch war fromm und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels, und der heilige Geist war in ihm. [26] Und ihm war eine Antwort geworden von dem heiligen Geist, er sollte den Tod nicht sehen, er hätte denn zuvor den Christus des Herrn gesehen. [27] Und er kam aus Anregen des Geistes in den Tempel. Und da die Eltern das Kind Jesus in den Tempel brachten, daß sie für ihn täten, wie man pflegt nach dem Gesetz, [28] da nahm er ihn auf seine Arme und lobte Gott und sprach: [29] Herr, nun lassest du deinen Diener im Frieden fahren, wie du gesagt hast; [30] denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, [31] welchen du bereitet hast vor allen Völkern, [32] ein Licht, zu erleuchten die Heiden, und zum Preis deines Volkes Israel. [33] Und sein Vater und seine Mutter wunderten sich des, das von ihm geredet ward. [34] Und Simeon segnete sie und sprach zu Maria, seiner Mutter: Siehe, dieser wird gesetzt zu einem Fall und Auferstehen vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird [35] (und es wird ein Schwert durch deine Seele dringen), auf daß vieler Herzen Gedanken offenbar werden. [36] Und es war eine Prophetin, Hanna, eine Tochter Phanuels, vom Geschlecht Asser; die war wohl betagt und hatte gelebt sieben Jahre mit ihrem Manne nach ihrer Jungfrauschaft [37] und war nun eine Witwe bei vierundachtzig Jahren; die kam nimmer vom Tempel, diente Gott mit Fasten und Beten Tag und Nacht. [38] Die trat auch hinzu zu derselben Stunde und pries den Herrn und redete von ihm zu allen, die da auf die Erlösung zu Jerusalem warteten. [39] Und da sie es alles vollendet hatten nach dem Gesetz des Herrn, kehrten sie wieder nach Galiläa zu ihrer Stadt Nazareth. [40] Aber das Kind wuchs und ward stark im Geist, voller Weisheit, und Gottes Gnade war bei ihm.

Lukas 2, 22-40

Dank an Gott

Nach jüdischem Brauch wurde der erstgeborene
Sohn einer Familie nach 40 Tagen seiner Geburt
zum Tempel in Jerusalem gebracht, um ihn in
besonderer Weise Gott zu weihen. Dieser Brauch
hatte sich im jüdischen Glauben entwickelt aus
einer dankbaren Haltung Gott gegenüber. Danken
wollte man für den geschenkten Sohn und mit
dem Dank die Bitte verbinden, Gottes Segen soll
auf ihm ruhen und ihn durch das Leben begleiten.
Maria und Josef wird an erster Stelle der Dank an
Gott ein Herzensanliegen gewesen sein. Wie viel
Gnade und Segen haben sie bisher bereits von
ihrem Gott erfahren! Neben dem vorhandenen
jüdischen Brauchtum wird allein schon ihre
innere Ergriffenheit über Gottes Handeln an ihnen
sie gedrängt haben, zum Tempel aufzubrechen,
um Gott für alle Gnade zu danken. Und mit
Inbrunst werden sie Gott angefleht haben, für
Jesus gute Eltern zu sein.

Begegnung mit Simeon und Hanna

Im Tempel geschieht dann ganz Unerwartetes.
Simeon und Hanna begegnen Maria und Josef mit
ihrem Kind.
Simeon wird beschrieben als ein Mann, der sich
ganz in Gott verankert hatte. Von Gott erwartete
er voll Vertrauen Heil und Segen. Sein Leben
verbrachte er sicher nicht sorglos nur mit Beten.
Aber wie kantig, mühsam oder gar leidvoll
streckenweise sein Leben auch verlief, Simeon
ließ sich von seinem Glauben an Gottes
Heilswirken und immer neues Danksagen dafür
nicht abbringen. Gott wird mir und der Welt Heil
gewähren, von dieser Überzeugung war er ein
Leben lang bis ins hohe Alter durchdrungen.
Mit Hanna, die die gleiche Einstellung hatte wie
er, Simeon, durfte er am Ende seines Lebens
Gottes verheißenen Heilsbringer in die Arme
schließen. Welch ein Geschenk Gottes an beide!
Es ist sicher nicht schwer, das Anliegen des Lukas
zu erkennen, das er mit seinem Bericht verfolgt.
Wir sollen uns ermutigen lassen, die
Glaubenshaltung eines Simeon und einer Hanna
in uns aufzunehmen und nachzuahmen.
Bei der Vorstellung Hannas betont der Erzähler,
wie schwer ihr Leben war. Sich zu damaliger Zeit
als Witwe durchschlagen müssen, war nicht
leicht, in der Regel mit harter Arbeit und Not
verbunden. Dennoch weicht Hanna von ihrem
Glauben an die Liebe Gottes nicht ab. Wie oft
wird sie in den vielen Jahren ihres Witwenstandes
Gott um Hilfe angefleht haben und bei ruhigem
Nachdenken erspürt haben, dass Gott ihr immer
wieder seinen Beistand gewährt hatte. Inzwischen
hat sie ein hohes Alter erreicht, zu harter
körperlichen Arbeit größeren Stils ist sie nicht
mehr fähig. Aber was sie noch kann, das tut sie:
Ihrem Gott jeden Tag aufs Neue hingebend und
ausgiebig Dank zu sagen.

Stärkende Begegnung

Maria und Josef erleben in der Begegnung mit
Simeon und Hanna zunächst das ganze Glück
hochbetagter, im Glauben Gott treu gebliebener
Greise. Hier sind zwei lebenserfahrene Menschen,
die sich wie sie, Maria und Josef, mit aller
Hingabe Gott ausgeliefert haben. Maria und Josef
werden Zeugen, welch überwältigendes Glück in
den Menschen aufkommt, die sich am Ende ihres
Lebens sagen können: Goldrichtig habe ich
gehandelt, vom Vertrauen in Gott ein Leben lang
nicht abzulassen. Wie viel Kraft und Energie
werden Maria und Josef aus dieser Begegnung
geschöpft haben. Sie werden ungeheuer bestärkt,
dass ihre persönliche Hingabe an Gott richtig ist.
Sie werden ermutigt, diese Haltung ein Leben
lang nicht aufzugeben.
Wie schwer dies in manchen Situationen des
Lebens werden kann, haben Simeon und Hanna
zu Genüge erfahren. Daher wendet sich Simeon
eigens an das junge Paar und im Besonderen an
Maria. Er preist ihr Kind Jesus, durch den Heil
und Freude in die Welt kommt. Viel Schönes und
Beglückendes werden sie durch ihn und mit ihm
erleben, aber auch viel Leidvolles. Simeon, der
Maria voraussagt, dass ihr Herz oft bluten werde,
möchte Maria vorbereiten, standhaft zu bleiben,
wenn die Stunden bitteren Leidens bei ihr
anklopfen. Maria wird sich oft dankbar an die
Worte Simeons erinnert und Kraft aus ihnen
geschöpft haben.
In der Taufe wurden auch wir von unseren Eltern
unter den besonderen Segen Gottes gestellt. Und
in der Konfirmation haben wir persönlich
bestätigt, dass wir mit unserem Leben Gott
gehören wollen. Um wie Maria und Josef Simeon
und Hanna begegnen zu können, hat uns Lukas
die Geschehnisse bei der Darstellung Jesu im
Tempel aufgezeichnet. Nutzen wir die Chance,
durch Besinnung und Betrachtung den beiden
Gott Treuen immer wieder einmal zu begegnen.
Beide wurden trotz ihrer Treue zu Gott nicht von
den Mühen, Nöten oder Leiden in ihrem Leben
völlig befreit. Was sie stark gemacht hat, war
einmal ihre innere Bereitschaft und ihr Sehnen,
jederzeit ganz Gott zu gehören. Zum anderen
werden Simeon und Hanna sicher oft über ihr
Leben mit all seinen Vorkommnissen und
Ereignissen nachgedacht haben. Dabei konnten
sie erspüren: Auch in den schlimmsten Tagen
meines Lebens war Gott nicht fern oder
abgewandt. Dieses Erkennen – oft sehr deutlich
im Nachhinein –
ermutigt in besonderer Weise, in der Treue zu
Gott und im bewussten Handeln nach seinem
Willen zu verharren.
Simeon hatte das einmalige Glück, Jesus selbst in
seine Armen schließen und ihm voll Freude ein
Loblied singen zu können. Diese Möglichkeit
haben wir nicht. Aber wer könnte uns hindern,
immer wieder einmal sehr bewusst Freude über
Jesus aufkommen zu lassen und auszukosten, um
ihm – innerlich beglückt – zu danken.

Und die Liebe Gottes, welche höher ist als all
unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und
Sinne in Christus Jesus. Amen