1. Sonntag nach dem Christfest 2023

Von | Januar 3, 2024
Guido Reni, Josef von Nazaret (1640)

Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus. Amen.

44 Jesus aber rief: Wer an mich glaubt, der glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat.
45 Und wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat.
46 Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht, damit, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe.
47 Und wer meine Worte hört und bewahrt sie nicht, den werde ich nicht richten; denn ich bin nicht gekommen, daß ich die Welt richte, sondern daß ich die Welt rette.
48 Wer mich verachtet und nimmt meine Worte nicht an, der hat schon seinen Richter: Das Wort, das ich geredet habe, das wird ihn richten am Jüngsten Tage.
49 Denn ich habe nicht aus mir selbst geredet, sondern der Vater, der mich gesandt hat, der hat mir ein Gebot gegeben, was ich tun und reden soll.
50 Und ich weiß: sein Gebot ist das ewige Leben. Darum: was ich rede, das rede ich so, wie es mir der Vater gesagt hat.

Johannes 12, 44-50

Lieber HERR, Du ewiges Wort Gottes, das Fleisch geworden ist und unter uns wohnt, zieh ein bei uns, bis ins Herz, damit nichts dazwischen kommt, keine Freude, kein Leiden, und wir ins ewige Leben kommen. Amen.

Liebe Gemeinde!
Wir hören immer wieder zur Weihnachtszeit:

„Das Wort ward Fleisch, und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.“

Johannes 1, 14

Damit ist natürlich Gottes Wort gemeint. Gott ist der Sprecher Seines Wortes, der bleibende Sprecher. Sein Wort geht aus, aber es verwandelt sich nicht in „Schall und Rauch“, anders als bei uns sterblichen Menschen. Unser Wort verläßt unseren Mund und – bis es den Mitmenschen, den Hörer, erreicht, kann es abstürzen, verdreht werden, sich als falsch herausstellen. Wenn es einmal richtig ankommt, und man merkt in der Rückmeldung, daß es auch verstanden wurde, dann ist das Grund, dankbar zu sein.
Doch Gottes Wort ist anders. Es ist selbst Gott.

„Gott war das Wort“

, sagt uns der Evangelist Johannes. Gott spricht, und Er begleitet nicht nur das, was Er sagt, sondern Er ist und bleibt es. Das ist so ganz anders als alle menschlichen Worte.
Es gehört ganz fest und unverhandelbar zum christlichen Glauben, daß Gottes Wort eine größere und festere Wirklichkeit ist, als alles, was wir sehen, hören und erleben.
Jesus ist zu Weihnachten als dieses Wort Fleisch geworden und seit dieser wunderbaren Geburt von der Jungfrau Maria ist eine ganz ganz besondere Zeit. Es ist Gnadenzeit. Die Zeit, in der wir Gott so begegnen, daß wir eine Chance haben. Die Chance. Jesus als Gottes Fleischgewordenes Wort ist DEINE CHANCE. Ohne diese Chance kann die Begegnung mit Gott nur katastrophal enden. Wir können niemals vor Gott beweisen, daß es uns geben muß. Unsere Gedanken, Worte und Werke beweisen eher, daß wir Sünder sind, und uns aus Dummheit an Gottes Stelle setzen wollen. Das wird nicht gutgehen. Im Gegenteil! Wenn wir mit unserer Ursache konfrontiert wären, wenn Gott dir zeigen würde, warum es es dich gibt, da würde soviel aus unserem Leben auf einmal als komplett daneben und als nichtig erscheinen. Das Begehren, das Mißtrauen, die Unehrlichkeit, die Lieblosigkeit, der ganze Schein – das alles würde sofort zerfallen und alle unsere Ausreden ersticken.
Darum ist Jesus als das fleischgewordene Wort Gottes unsere Chance. Eine Chance auf Licht, ohne zu verbrennen, eine Chance auf Leben, ohne verurteilt zu werden.
Unser Predigttext bringt uns das, was Jesus gesagt hat ganz am Ende seines öffentlichen Wirkens in Jerusalem. Danach zieht er sich mit seinen Jüngern zurück, und erscheint erst als zum Tode Verurteilter wieder in der Öffentlichkeit.

„Wer an mich glaubt, der glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat. Wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat.“

Immer wieder macht Jesus klar, daß alles, aber auch wirklich alles an ihm „gesandt“ ist. In allem kommt Gott selbst beim Menschen an.
Wer gesandt ist, der ist nicht das Ergebnis der Situation. Was aus der Situation kommt, das vergeht auch mit der Situation. Was von Gott kommt, das vergeht nicht. Was Jesus bringt, das bleibt. Auch wenn er kurz danach von den Menschen, die es grimmig besser wissen wollen, öffentlich vernichtet, gecancelt, zum Schweigen gebracht wird, er ist als das fleischgewordene Wort Gottes in Seinem Leiden und Sterben

„das Weizenkorn, das in die Erde fällt – es bleibt nicht allein, sondern wenn es erstirbt, bringt es Frucht, immer mehr Leben,“

Johannes 12, 24

wie er kurz davor sagt.
Man sieht es ihm nicht an – er erscheint wie in Sterblicher, und die Mächtigen, die Hohenpriester und Schriftgelehrten werden ihm beweisen, wie sehr sterblich er ist – aber genau das ist unsere Chance. Jesus trägt das ganze Wort Gottes so in sich, daß seine Macht uns nicht als Urteil, sondern als Gnade begegnet, als Chance. Ein Gesandter ist gehorsam, Jesus sagt immer wieder: Ich sage nur das, was ich von meinem Vater gehört habe. Nichts anderes. Nichts Eigenes. Nichts Spontanes, nichts aus der Situation heraus, sondern alles vom Himmel aus.
Das Alte Testament beschreibt diese Treue und Zuverlässigkeit des Wortes Gottes so: Nichts davon fällt auf die Erde, es kommt alles ans Ziel. Da ist kein Abfall dabei.
So lesen wir im Buch Josua:

„Es war nichts dahingefallen von all dem guten Wort, das der Herr dem Hause Israel verkündigt hatte. Es war alles gekommen.“

Josua 21, 45

Oder im Buch der Könige:

„So erkennt denn, daß kein Wort des Herrn auf die Erde gefallen ist, … Der Herr hat getan, wie er geredet hat durch seinen Knecht Elia.“

2. Könige 10, 10

Das kann man nicht sehen – aber darauf, genau darauf kommt es an! Immer wieder.
Jesus als der Gesandter von Gott – und zwar der Gesandte von Ewigkeit her, ist auch der Gesandte, der von Anfang her kommt. Das Wort, das alles geschaffen hat, ist Fleisch geworden, und kommt zu uns.
Für Gottes Anfang, für den Anfang aller Dinge, auch für deinen Anfang steht das LICHT. Das Licht ist die erste Wirklichkeit, die Gott aus dem Nichts schafft.

„Es werde Licht! Und es ward Licht.“


Darum kommt mit dem fleischgewordenen Wort Gottes unbedingt und immer und unaufhörlich das Licht.

„Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht, damit, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe.“

Wir kennen auch Sein Wort:

„Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht im Finstern bleiben, sondern das Licht des Lebens haben.“

Johannes 8, 12

Aber hier ist das Licht eben eine Chance. Ein Licht, das die Finsternis nicht vernichtet, sondern aus der Finsternis herausholt. Und ans Licht bringt. Hier kommt nicht ein bloßstellendes Licht. Ein Licht, das aufdeckt, nur um zu verurteilen.
Jesus sagt uns an anderer Stelle, wie es ist, er beschreibt Seine Erfahrung unter uns Menschen:

„Das Licht ist in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Werke waren böse. Wer Böses tut, der haßt das Licht und kommt nicht an das Licht, auf daß seine Werke nicht gestraft werden. Wer aber die Wahrheit tut, der kommt an das Licht, daß seine Werke offenbar werden; denn sie sind in Gott getan.“

Johannes 3, 19-21


Darum ist es ein dringendes und bleibendes Wort unseres HERRN an alle:

„Es ist das Licht noch eine kleine Zeit bei euch. Wandelt, dieweil ihr das Licht habt, daß euch die Finsternis nicht überfalle. Wer in der Finsternis wandelt, der weiß nicht, wo er hingeht. Glaubet an das Licht, dieweil ihr es habt, auf daß ihr des Lichtes Kinder seid.“

Johannes 12, 35-36

Ein Gesandter kommt in seiner Sendung vom Absender her. Er bringt ja von Absender das her, was der Absender geben will.
Jesus kommt vom Vater, dem allmächtigen Schöpfer her. Er bringt das Licht, das im Anfang war, mit sich, ja, er ist dieses Licht, genauso, wie er auch das Wort ist. Bei Johannes im 1. Kapitel hören wir denn auch von dem Wort, durch das Gott die Welt geschaffen hat:

„Das war das wahrhaftige Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen.“

Johannes 1, 9

Jesus ist kein anderes Licht als das allererste Licht, in das wir alle hineinkommen, „ans Licht“, sozusagen.
Es gibt Worte, die Jesus gesagt hat, die leuchten wie das Licht des Paradieses. Sie bringen das Licht des Anfangs vertreiben die Finsternis, in der wir uns immer wieder vorfinden.
Ich denke zum Beispiel an:

„Sehet die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr, als sie?
Schauet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen: Ich sage euch, das König Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht bekleiden gewesen ist, wie eine von ihnen. Wenn Gott das Gras auf dem Feld so kleidet, das doch heute steht, und morgen in den Ofen geworfen wird, wird Er das nicht vielmehr euch tun?“

Matthäus 6, 26+28

Vögel und Lilien taucht er in das Licht des Paradieses, in das Licht des Anfangs und in diesem Licht, sollen Vögel und Lilien mit uns sprechen und uns die Sorge austreiben. Denn die Sorge ist Finsternis.
Ähnlich ist es das einfache Wort:

„Eure Rede aber sei Ja Ja, Nein Nein; was darüber ist, das ist vom Übel.“

(Matthäus 5, 37).

Jesus holt unsere Sprache wieder in das Licht des Anfangs zurück, in das Licht des Paradieses, wo es kein Mißtrauen gab.
Oder noch direkter spricht er vom Anfang im Paradies:

„Gott, der den Menschen Anfang geschaffen hat, der schuf sie als Mann und Frau.“

Matthäus 19, 4

Diesen Brückenschlag zu Anfang aller Dinge sagt Jesus, als er über seine Gleichnisse sagt:

„Ich will meinen Mund auftun in Gleichnissen und will aussprechen das Verborgene von Anfang der Welt.“

Matthäus 13, 35


Jetzt ist die Zeit der Gnade – die Zeit, in der wir Kinder des Lichts werden können und sollen. Wir sollen auf Jesus hören und ihm nachfolgen. Wir sollen Seine Worte hören und bewahren. Wir sollen ans Licht kommen. Diese Zeit ist nicht unbegrenzt.
Man sieht dem Gesandten nicht an, daß er die höchste und größte Macht im Rücken hat. Wie gesagt, diese Worte spricht Jesus aus, ganz kurz bevor er gefangengenommen und gekreuzigt wird. Er bringt das Wort, er bringt das Licht. Jetzt holt er uns ins Licht – heraus aus der Finsternis des Betrugs, der Sünde, der Zerstörung und des Todes.

„Jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag des Heils!“

2. Korinther 6, 2

Jetzt spricht alles für dich. Jetzt kommt Gottes neuer Anfang zu dir.
Jetzt ist es Zeit, zu glauben und anzunehmen. Jetzt spricht Jesus für dich, jetzt, wo er in Bescheidenheit und ohne Zwang zu dir kommt. Jetzt ist die einzig richtige Reaktion der Glaube.

„Und wer meine Worte hört und bewahrt sie nicht, den werde ich nicht richten; denn ich bin nicht gekommen, daß ich die Welt richte, sondern daß ich die Welt rette.“

Das Licht ist echt! Die Worte Jesu sind echt! Seine Absicht mit dir ist grundehrlich. Sein Ziel ist wirklich Heilung und Trost und neues Leben.
Doch die Zeit der Gnade ist begrenzt. Du kannst sie nicht abrufen, wann du willst. Am Ende wird alles gegen dich zählen, was du von dem Licht der Welt nicht im Glauben angenommen hast:

„Wer mich verachtet und nimmt meine Worte nicht an, der hat schon seinen Richter: Das Wort, das ich geredet habe, das wird ihn richten am Jüngsten Tage.“


Jesus läßt alles mit sich machen. Bis hin zum Kreuz. Doch das Licht ist stärker. Das Wort ist die größere Wirklichkeit. Gott wird am Ende Recht behalten. Dann kannst du nicht gewinnen.
Jetzt ist die Zeit, in der du gewinnen kannst.


Beitragsbild: Guido Reni, Josef von Nazaret (1640)