„Marsch für das Leben“

Von | September 16, 2023
Die Predigt zum Nachlesen

Pfarrer: Johann Hillermann
Predigtgottesdienst – „Marsch für das Leben“ – 16.9.2023

Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus.
Amen.

Hat nicht auch ihn erschaffen, der mich im Mutterleibe schuf, hat nicht der Eine uns im Mutterschoß bereitet?

Hiob 31,15


Gebet: Allmächtiger Gott, wirke Du selbst durch Dein Wort in unseren Herzen. Amen.


Liebe Gemeinde!
Hiob fragt einen jeden von uns: Bist du Gott, oder bist du es nicht? Hast du dich selbst gemacht? – Natürlich nicht! Also bist du auch nicht Gott. Du bist nicht Schöpfer, sondern Geschöpf. Als Geschöpf hast du einen Schöpfer.
Gott hat mich im Mutterleib geschaffen, sagt Hiob. Das muß gesagt werden! Der Mutterleib ist die Werkstatt Gottes. Finger weg von der Werkstatt des Schöpfers!
Sofort stellt Hiob dann die rhetorische Frage: Hat derselbe Gott und Schöpfer dann auch „IHN“, den Mitmenschen gleichermaßen erschaffen – im Klartext: „Im Mutterschoß bereitet?“ Der Mutterschoß ist der notwendige Ort, wo der allmächtige Gott sein Ebenbild bereitet.
Gottes Wort ist voll von dieser Aussage. Wir haben sie im Psalm 139 mitgebetet: „Denn du hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe. Es war dir mein Gebein nicht verborgen, als ich im Verborgenen gemacht wurde,
als ich gebildet wurde unten in der Erde.“
Im Verborgenen – unten in der Erde. Das bedeutet: Dem Zugriff von uns Menschen vollkommen entzogen.
Gott, der Schöpfer, ist im Mutterleib mit den Zellenteilungen ganz allein. Der neue Mensch soll ungestört und unbehelligt unter Gottes Hand und Aufsicht entstehen!
Darum: Finger weg von Gottes Werkstatt!
Der Mutterleib, aus dem wir alle geboren werden, steht für alle Zeiten für die große Wahrheit, daß keiner von uns sich selbst geschaffen hat, sondern daß wir einen Schöpfer haben.
Das verbindet uns, und wer unter Gott, seinem Schöpfer lebt, erkennt das in jedem seiner Mitmenschen.
Warum betont Hiob das?
Hiob stellt diese Frage im Blick auf einen Knecht oder eine Magd, also Sklaven. Menschen, über die Hiob alle Macht hat.
Hiob sagt direkt vor unserem Bibelwort: Wenn ich das Recht meines Knechts oder meiner Magd mißachtet habe – was wollte ich tun, wenn Gott sich erhebt? Wie könnte ich antworten, wenn Gott mich zur Verantwortung zieht?
Macht hat Recht. Wer Macht hat, tut Dinge, weil man sie tun KANN. Hiob weiß: Weil ich Macht über Sklaven habe, könnte ich ihnen Unrecht tun.
Aber was, wenn Gott sich erhebt? Was wenn der Schöpfer mich daran erinnert, das Er Gott ist, und ich nicht?
Der Sklave ist von seinem Schöpfer ebenso bereitet – im Mutterleib – wie Hiob selbst.
Was sagt Hiob hier? Er sagt: Der wehrlose, scheinbar rechtlose Mensch ist nicht eine Sache, sondern ein Person.
Sie steht unter Gottes Macht, nicht unter meiner Macht. Diese Wahrheit ist unwiderlegbar, denn was Gott im Mutterleib schafft, ist keine Sache, sondern eine Person.
Das ist das, was uns als geschaffenen Menschen für alle Zeit verborgen sein wird, trotz allem Ultraschall und aller Forschung: Gott schafft in Seiner Werkstatt, dem Mutterleib, Sein Ebenbild, und das heißt eindeutig: Keine Sache, sondern eine Person.
Daß wir Person sind, kommt von Gott. Das ist eine große Tatsache. Wir erleben uns als eine Person, wenn wir angesprochen werden, wenn wir mit Namen angesprochen werden. Gott spricht uns an, das trennt uns ein für allemal von allen Sachen. Gott selbst sagt: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!“ (Jesaja 43, 1).
Liebe Mitchristen, wer heute zu diesem Gottesdienst kommt, wer sich als Gottes Geschöpf unter das Wort seines Schöpfers stellt, und so aus Gottes Wort sein Person-Sein erneut empfängt und erlebt, der kennt diese Aussagen.
Im Mutterleib ist menschliches Leben. Ein Verfügen darüber, eine Machtausübung über dieses wehrlose Leben – weil man es kann – tastet den Schöpfer an, der dort im Verborgenen am Werk ist.
Wer an Gott Vater, Sohn und Heiligen Geist glaubt, muß auch diese Wahrheit bezeugen.
Die Worte aus dem Buch Hiob machen klar: Gott zieht zur Verantwortung, Gott selbst „erhebt sich“ Gott zeigt sich dem Gewissen als der Allmächtige, Heilige und Allwissende, und was will ich antworten, was will ich tun, wenn Gott nachforscht? Wenn Gott fragt: Wo ist diese unersetzliche, einmalige Person, in die ich, Gott, meine ganze Weisheit, Liebe und Macht investiert habe? Wo ist sie? Kannst du, Mensch, sie wieder hergeben oder gar ersetzen? – NEIN! Das kann kein Mensch. Denn jeder ist ebenso im Mutterleib bereitet worden und zur Welt gekommen.
Wie gesagt, liebe Gemeinde, das ist bekannt. Es ist eine Wahrheit die täglich, stündlich von uns Menschen mißachtet wird. Das zeigen die traurigen Zahlen der Statistik. Sie schreien zum Himmel. Und der Himmel hört sie.
Ich möchte noch einen Gedanken vortragen.
Es muß uns nahegehen, daß Gott in seinem Wort den Mutterleib hervorhebt. Im Mutterleib geschieht der Übergang vom Nichts zum Sein. Eine Person, die vorher nicht war, wird und ist. Ein Wunder geschieht. Gott selbst ist am Werk.
Es wird unendlich und wie in einer Zeitschleife gestritten, ab wann das Ergebnis eines biologischen, leiblichen Vorgangs nicht mehr Sache, sondern Person sei. Doch die Antwort auf diese Frage ist „tief in der Erde verborgen“, mit dem Psalm gesprochen. Eine Antwort auf diese Frage ist uns nicht gegeben. Gott behält sie sich vor. Den Übergang von Nicht-Sein zum Sein übersteigt unseren geschöpflichen Verstand. Wie es sein kann, daß ein Leib eine unverwechselbare Seele und Person beherbergen kann, die vor Gott ewige Bedeutung hat, ja Gegenstand göttlicher Liebe ist, wie das sein kann, das müssen wir in Gottes Hände legen.
Der Prediger Salomo sagt dazu: „Gleichwie du nicht weißt, welchen Weg der Wind nimmt und wie die Gebeine im Mutterleibe bereitet werden, so kannst du auch Gottes Tun nicht wissen, der alles wirkt.“ (Prediger 11, 5)
Das bedeutet: Der Mutterleib ist als Gottes Werkstatt Gott näher als uns Menschen. Als solcher ist er unserem Wissen entzogen.
So nahe ich einem Leib auch sein kann – ob in Liebe, Verantwortung, Bewunderung, oder in Machtausübung bis hin zur Mißachtung oder Tötung: Gott ist dem Leib noch näher. Und das wird am Mutterleib am allerdeutlichsten.
Nie war Jesus, der Sohn Gottes, einem Leibe näher, als wie er im Leib der Gottesmutter Maria war. Diese Wahrheit begleitet uns.
Das ist die Konsequenz der Worte: „Gott, Du hast mich im Verborgenen gemacht, Du hast mich gebildet unten in der Erde.“ (Psalm 139). Was verborgen ist, das steht unter Gott. Zwischen dem Verborgenen und dem Offenbaren, steht nur Gott allein, und kein Mensch. Und wenn Gott uns sagt, daß der Mutterleib das Verborgene ist, dann hören wir daraus: Der Mutterleib ist Gott näher, als jedem Menschen.
Wenn wir heute vor Gott bedenken, wie es um das Menschenleben steht – wenn Menschen nach dem greifen, was der Schöpfer sich vorbehalten hat: Das Werden im Mutterleib – aber auch das Ende, das Sterben – dann sind wir alle zur Buße gerufen. Wir sind alle mit derselben Erbsünde infiziert, die eben auch Symptome hat, wie Abtreibung oder die Hilfe zum eigenmächtigen Beenden des eigenen Lebens.
Zur Buße gehört auf jeden Fall: Aufs neue Gott als meinen Schöpfer anerkennen, mein Leben und mein Personsein als Sein Geschenk und Seine Gabe aufs neue empfangen.
Doch ich denke, es gehört darum auch unbedingt dazu, daß wir aus Gottes Wort uns sagen lassen: Der Mutterleib ist Gott näher als uns Menschen.
Das heißt: Wir können nicht ermessen, was im Mutterleib geschieht. Verborgen ist verborgen. Es ist Gottes Werkstatt.
Unsere Gotteserkenntnis wirkt sich direkt darin aus, wie wir zum Mutterleib stehen. Und wie wir zum Mutterleib stehen, das wirkt sich sofort darauf aus, wie wir zu uns selber stehen. Bin ich ein Geschöpf? Bin ich als Person auch ein Geheimnis? Ist meine Person Gott näher, als jedem Menschen, auch mir selbst?
Oder bin ich mir selbst der Nächste? Oder tue ich alles, einfach nur, weil ich es kann? Lasse ich alles mit mir machen, weil ich nur noch das bin, was andere aus mir machen?
Mit der Gotteserkenntnis kommt auch das Anerkennen dieser Verborgenheit. Gott zeigt dir die Unverfügbarkeit, die Ehrfurcht, die Scheu, das Staunen. Wenn ich Gott als den Schöpfer ehre, dann ehre ich auch den Ort, wo Er Personen aus dem Nichts ins Sein ruft.
Gott beruft beide, Männer und Frauen, zu dieser Ehrfurcht. Das ist Teil der Buße.
Unsere Zeit steht unter einem Druck oder Sog, Gottes Werkstatt aus unseren Herzen und Gedanken zu verbannen. Man soll das Geschlecht wechseln können. Menschen ohne Mutterleib wollen verwechselt werden mit jenen, die Gott mit Mutterleib geschaffen hat. Menschen, die Gott mit Mutterleib geschaffen hat, wollen ihn loswerden. Auf den Gebieten, wo Menschen Macht über Menschen ausüben – im Recht und in der Medizin – beobachten wir eine scheinbar unaufhaltsame Entwicklung, den Willen des Schöpfers, daß es Männlich und Weiblich gibt, aufzulösen. Es ist ein Angriff auf unsere Nähe zu Gott.
Gott ruft Männer und Frauen zur Buße. Gott ruft uns, gemeinsam unsere Ehrfurcht vor Seiner Werkstatt zu erneuern.
Die Perspektive einer Frau ist hier himmelweit anders, als die Perspektive eines Mannes. Die Frau trägt dieses Geheimnis in ihrem Leib. Der Mann steht ihm gegenüber. Es ist eine Grenze. Wir Männer und Frauen können nur sehr wenig darüber sagen, was wir eigentlich für einander sind. Gott muß es tun.
Ja, es gibt Wünsche und Bedürfnisse. Auf beiden Seiten.
Nur Gott kennt beides. Nur mit Gottes Hilfe kann diese Buße geschehen. Und die entscheidende Hilfe ist Gottes Wort, die Heilige Schrift.
Letztes Jahr kam eine junge, glücklich verheiratete Frau zu mir. Sie schüttete ihr Herz aus. Sie hatte zwei Fehlgeburten hinter sich. Sie und ihr Mann wünschten sich so sehr ein Kind.
Dann sagte sie etwas, was mir sehr nachging: „Als Mädchen wird einem jahrelang gesagt: Das Schlimmste, was dir passieren kann, ist schwanger werden! Man hat immer Angst. Und dann, wenn man geheiratet hat, dann will man schwanger werden, und es klappt nicht. Die Folgen der jahrelangen Angst gehen nicht einfach weg.“ Als Mann wurde mir bewußt: Diese Frau leidet darunter, daß ihr Leib als weiblicher, zur Mutter geschaffener Leib, nicht so geachtet wurde, wie Gott es will. Wir Männer wissen nicht, oder verdrängen, was wir anrichten!
Es ist Teil der Buße vor Gott, daß Männer ganz und gar zu Herzen nehmen, daß der weibliche Leib diese besondere, verborgene Nähe zu Gott hat. Ja, Gott selbst muß es dem Mann geben, das Verborgene daran zu erkennen, und auch zu erkennen, daß es für ihn selbst heilsam und notwendig ist, daß er das anerkennt.
Was bedeutet die Buße für die Frau? Die Umkehr zu Gott bedeutet auf jeden Fall die Einsicht, daß ihr Leib eine einmalige Nähe zu dem Schöpfer hat. Daß ihr Leib in einmaliger Weise dem Leben dient, und deshalb aller Ehre wert ist.
In dem Gespräch mit der jungen Ehefrau wurden mir diese Wahrheiten in konkreter Weise bewußt, und mit Gottes Hilfe konnte ich diese Wahrheiten auch so aussprechen, daß sie mit Zuversicht ihren Weg ging. Sie ist inzwischen eine glückliche Mutter. Gott segne sie, die Tochter, und den Vater!
Gott segne uns alle mit heilsamer Erkenntnis aus Seinem Wort, und erfülle uns heute mit heiligem Mut, Seine Wahrheit zu bezeugen.
Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.