2. Sonntag nach Trinitatis

Von | August 7, 2022
2. Sonntag nach Trinitatis

Gnade, Barmherzigkeit und Friede
von Gott, dem Vater,
und von Jesus Christus!

1 Und es geschah das Wort des HERRN zum zweiten Mal zu Jona:
2 Mach dich auf, geh in die große Stadt Ninive und predige ihr, was ich dir sage!
3 Da machte sich Jona auf und ging hin nach Ninive, wie der HERR gesagt hatte. Ninive aber war eine große Stadt vor Gott, drei Tagereisen groß.
4 Und als Jona anfing, in die Stadt hineinzugehen, und eine Tagereise weit gekommen war, predigte er und sprach: Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen.
5 Da glaubten die Leute von Ninive an Gott und ließen ein Fasten ausrufen und zogen alle, Groß und Klein, den Sack zur Buße an.
6 Und als das vor den König von Ninive kam, stand er auf von seinem Thron und legte seinen Purpur ab und hüllte sich in den Sack und setzte sich in die Asche
7 und ließ ausrufen und sagen in Ninive als Befehl des Königs und seiner Gewaltigen: Es sollen weder Mensch noch Vieh, weder Rinder noch Schafe Nahrung zu sich nehmen, und man soll sie nicht weiden noch Wasser trinken lassen;
8 und sie sollen sich in den Sack hüllen, Menschen und Vieh, und zu Gott rufen mit Macht. Und ein jeder bekehre sich von seinem bösen Wege und vom Frevel seiner Hände!
9 Wer weiß? Vielleicht läßt Gott es sich gereuen und wendet sich ab von seinem grimmigen Zorn, daß wir nicht verderben.
10 Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat’s nicht.

Jona 3

O Jesus Christus, auch diese Worte müssen Dir dienen und uns helfen. Sortiere jetzt unsere Gedanken, daß wir nichts verpassen, was notwendig ist. Amen.

Liebe Gemeinde,

40 Tage. Mein Bruder und seine Familie wurden einmal mitten in der Nacht von der Polizei besucht; es bestand akute Brandgefahr. Innerhalb von 30 Minuten mußten sie das Haus verlassen, um der Gefahr zu entkommen. Was kann man in 30 Minuten einpacken? – Gott sei Dank kam das Feuer nicht. Aber in dieser halben Stunde mußten er und seine Familie wissen, was zu ihrem Leben gehört, und was nicht.

Zurück zu der Stadt Ninive und dem Propheten und die 40 Tage!

Was für eine Predigt!

Jona der Israelit geht als ganz allein in die fremde Weltstadt – eine Tagereise – das ist tief hinein. Er kann nicht einen Rückzieher machen, er kann sich nicht distanzieren, er ist ganz drin.
Und jetzt kommt’s: „Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen.“ – Da habt ihr’s, jetzt wißt ihr Bescheid.

Eine kurze Predigt. „Mit euch ist’s vorbei, es ist um euch geschehen, das war’s dann!“ – Was ist das? Eine Mut machende Predigt? Manchmal schwärmen Predigthörer und sagen: „Da kann ich etwas mitnehmen für den Alltag!“, oder es gilt als eine besondere Empfehlung: „Die Predigt holt mich ab, da, wo ich bin!“ – Was will man von Jonas Predigt sagen? Sie macht dem Alltag ein Ende! Da nehme ich nichts mit, sondern ich werde mitgenommen. Da werde ich nicht abgeholt, wo ich bin, sondern festgenagelt, wo ich bin.

Noch vierzig Tage – was ist euer Leben? Was könnt ihr mitnehmen? Was gehört zu deinem Leben? Was kann bestehen? Was ist so bei Gott angekommen, daß es bleiben wird?

„Noch 40 Tage, dann wird Ninive untergehen.“

Das Herz des Menschen will Ewigkeit; Ewigkeit für sich und seine Wünsche. Es soll alles weitergehen, oder besser werden. Man wünscht sich Botschaften, die das bestätigen. Jona mußte sagen, was keiner hören wollte. Das war sein Auftrag von Gott. Eine Bußpredigt. Es ist vorbei. Eure Gedanken, Worte und Werke schreien zum Himmel und klagen an. Was tut eine Bußpredigt? Sie legt Gottes Gebote so aus, daß du erkennen mußt: Ich vergehe! Eine Bußpredigt stellt dich vor den allmächtigen, heiligen, allwissenden Gott, der keine Ausreden anerkennt. Eine Bußpredigt macht dir klar: Keine einzige Sünde war nötig. Jede Sünde hättest du mit Gottes Hilfe vermeiden können. Mit jeder Sünde verlierst du mehr, als du meinst, mit ihr zu gewinnen. Mit jeder Sünde handelst du dir mehr Herzeleid ein, als du hofftest, zu vermeiden.

Jona hatte diese schwere Aufgabe, zu sagen: Es ist ganz anders, als du denkst. Die Hütte brennt schon. Deine Sünde ist ein Symptom für das Ende. Jede Lüge, jedes Begehren, von den offenkundigen Sünden ganz zu schweigen, ist ein direkter Angriff auf Gott selbst. Das ist keine Übertreibung. Wenn du belogen wirst, trifft es dich. Eine Lüge, die unnötig war, weil du bereit warst zu helfen, trifft noch tiefer. Wie muß das alles Gott treffen? Und was muß Gott tun, alles wieder zu ordnen und zu heilen, was du durcheinander gebracht hast?

Der Tod ist der Sünde Sold, lehrt Paulus (Römer 6, 23). Und Jona mußte der Stadt Ninive in seiner Predigt so etwas wie den Tod vor dem Tod antun, mit Gottes Gesetz zeigen, wie die Sünde jetzt schon den Tod in sich trägt.

Da glaubten die Leute von Ninive an Gott

Was heißt glauben an Gott? – Hier wird es uns gezeigt. Die Leute von Ninive werfen sich in Gottes Hand. Sie lassen alles hinter sich. Sie suchen keine Ausreden. Sie schicken Jona nicht mit Schimpf und Schande dahin, wo er hergekommen ist. Sie unterbrechen alles. Sie fangen neu an. Sie wollen nichts mehr ohne Gott tun. Aber das alles ist noch nicht der Glaube selbst, sondern das sind Symptome des Glaubens.

Der Glaube, der hinter dem allen steckt, ist erst einmal die Erkenntnis, die Realisation: Gott ist da, er war die ganze Zeit dabei, meine Gedanken, Worte und Werke kommen bei ihm an. Gott hat die Macht, mich zu schaffen, Gott hat mein Leben in der Hand. Er ist größer als alles, was ich fürchte, größer, als alles, was ich liebe …. Gott ist wirklicher alles, auch als ich.

Die Leute von Ninive glaubten an Gott. Das bedeutete: Gott ist die einzige Chance. Dieses intensive Vertrauen brach aus in Ninive.

Was danach kommt, sind Symptome davon: Daß sie fasteten und in Sack und Asche Buße taten. Sogar die Tiere sollen Buße tun!

Die Sache ist: Wenn Gott sich auf einmal mitten im Leben bemerkbar macht, dann ist auf einmal nichts mehr selbstverständlich. Die Seele hat das große Bedürfnis, einen Schnitt zu machen. Das ist heftig.

Auf jeden Fall hat dieses Fasten klar gemacht: So wie bisher, geht es nicht weiter. Das Fasten war dazu da, Abstand zu allem zu gewinnen, auch zu sich selbst – um Gott näher zu kommen.

Was war der Glaube hier? – Die Leute von Ninive gaben Gott recht. Ohne Vorbehalt. Ohne Rücksicht auf sich selbst.

Das ist ein Wunder. Ein notwendiges Wunder. Es muß sein.

Vielleicht?

„Wer weiß? Vielleicht läßt Gott es sich gereuen und wendet sich ab von seinem grimmigen Zorn, daß wir nicht verderben.“ So spricht der König. Das muß ein besonderer König gewesen sein, denn er hat die Stimmung im Volk nicht ausgenutzt, sondern er hat sich selbst auch unter Gott gestellt. Er hat auch Gott recht gegeben. Er hat erkannt, daß Gott ihm seine Macht anvertraut hatte. Dieser König wußte, daß es Fehler gibt, die nur ein König machen kann.

In seinen Worten ist viel vom Glauben ausgesagt. Vor allem der Aspekt: Gott recht geben.

In dem Wort: „Vielleicht“ wird klar gesagt: Wir verdienen das. Wenn es anders kommt, dann ist das Gottes eigene, gnädige Entscheidung. Wir sind in Gottes Hand.

Im Grunde ist es eine unmögliche Möglichkeit. Wie soll Gott etwas bereuen? Das übersteigt unseren Verstand. Wenn Gott wirklich Gott ist, dann ist er perfekt. Wie soll er dann etwas bereuen? Wir müssen bereuen, weil wir nicht perfekt sind. Wir machen Fehler, wir sehen nicht alles kommen, darum kennen wir Momente, in denen wir bereuen. Aber Gott? Wie soll Gott bereuen? Man muß aber sagen, daß diese Reue Gottes die einzige Chance ist. Auch wenn alles dagegen spricht, vor allem unsere Logik, dann muß dann doch hoffen, daß Gott eine Ausnahme macht.

Gottes Reue ist ein menschliches Wort. Gott bereut nicht einen Fehler oder einen Irrtum, sondern Gott beschließt, gnädig zu sein.

Die Leute von Ninive haben Gott so Gott sein lassen, wie Gott eben Gott sein will. Sie haben alles in Gottes Hände gelegt, und darum hält Gott sie mit seinen Händen.

Gottes Einladung

Unser Herr Jesus Christus mochte die Leute von Ninive. Sehr sogar. So sehr, daß wir eifersüchtig werden könnten. Jesus sagte zu den Zuhörern, die gerne Beweise und Wunder sehen wollten: „Die Leute von Ninive werden auftreten am jüngsten Gericht mit diesem Geschlecht und werden es verdammen, die sie taten Buße nach der Predigt des Jonas, und siehe, hier ist mehr, als Jonas.“ (Matthäus 12, 41). Ninive wußte weniger von Gott und seinen Willen, als die Israeliten, die Jesus hörten. Und doch verstanden sie sofort, worauf es ankam.

Mit anderen Worten, Jesus hat der Predigt von Jona recht gegeben. Diese Predigt, die erschrocken hat, die nicht bestätigt hat, sondern verunsichert hat. Jesus hat selber auch zur Buße, zu Gott gerufen. Auch für Jesus ist klar, daß die Sünde im Verderben endet.

Aber eins muß man sagen: Bei Jesus muß man nicht mehr von einem „Vielleicht“ sprechen. Da ist die Gnade, die Vergebung nicht eine unmögliche Möglichkeit, die man sich nicht vorstellen kann. Bei Jesus muß man sich nicht den Kopf darüber zerbrechen, ob Gott etwas bereut oder sowas.

Bei ihm ist die Gnade. Bei ihm ist die Vergebung. Bei ihm ist die Chance. Er ruft ja gerade die zu sich, die merken, daß etwas nicht stimmt, daß es so nicht weitergeht. Da ist der der Spezialist.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum Ewigen Leben. Amen.


Beitragsbild:

Gestaltung: Lioba Fenske