Erntedankfest – 1.10.2023

Von | Oktober 1, 2023
Erntedankkrone

Pfarrer: Johann Hillermann

Gnade sei mit euch und Friede
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus.
Amen.

15 Jesus sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, daß er viele Güter hat.
16 Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte gut getragen.
17 Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle.
18 Und sprach: Das will ich tun: Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin sammeln all mein Korn und meine Vorräte
19 und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iß, trink und habe guten Mut!
20 Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast?
21 So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.
Gebet: Lieber Gott, bitte mach jetzt Licht an in uns durch das, was Du uns hören läßt. Amen.

Lukas 12, 15-21

Liebe Gemeinde!
Du Idiot! Dir kann ich nicht helfen.
Wenn Jesus das sagt. Tote auferwecken, Blinde sehend machen – kein Problem. Viertausend plus Menschen mit sieben Broten satt machen – laßt es kommen!, sagt Jesus. Auch für Besessene gibt es Hilfe und Hoffnung.
Aber es gibt eben Idioten. Sich vergaloppierende Verrückte, da sieht es ganz so aus, als müßte selbst der Heiland passen.
Du Narr!
Das willst du nicht hören.
Du hörst es jetzt von einem Menschen, damit du es nicht einmal von Gott hören mußt.
Jetzt, wenn es dir eine menschliche Stimme im Namen Jesu sagt, ist die Situation noch offen.
Aber dann, wie bei dem närrischen Kornbauern in der Nacht, wenn Gott selbst es unvermittelt sagt, dann ist es vorbei.
Bist du reich bei Gott? Ja oder Nein?
Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz, sagt Jesus. (Matthäus 6, 21).
Was hülfe es den Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne, und nähme doch Schaden an seiner Seele? (Matthäus 8, 36).
Darum zeigt uns Jesus diesen Narren, den du nicht sein willst.
Es ist ein Anti-Ernte-Undank- Non-Fest.
Ein So-bitte-nicht!-Fest.
Jetzt ist aber ganz wichtig: Du könntest es wirklich sein. Es ist keine Einladung, an andere zu denken hier.
Es ist wie im Flugzeug: Diese Sauerstoffmaske kommt runter für dich – erst, wenn du selbst den Sauerstoff auf die Lunge kriegst, dann guck dich um, wer Hilfe braucht. Also erst selber richtig Erntedank feiern, bevor du überlegst, wer sich diese Worte auch hören soll!
Es fängt gut an, es sieht gut aus.
Der Mann hatte Erfolg. Das Land hatte gut getragen. Die Saat ist aufgegangen, die Arbeit hat sich gelohnt. Die Ernte ist eingebracht worden. Der Kornbauer hatte alles richtig gemacht: Vom Pflügen und Säen an bis hin zum Schneiden und Ernten.
Lebensmittel; Leben. Die Lebensmittel sind in Sicherheit, das Leben ist gesichert.
Er weiß offensichtlich, was er tut.
Was dann kommt, hört sich noch gut an. Im Rückblick ist es aber der Anfang vom Ende. „Er dachte bei sich selbst und sprach.“ Bei sich selbst. Ein Selbstgespräch. Verborgen vor der Welt. Er macht etwas mit sich selbst aus. Es geht niemanden etwas an. Niemand redet ihm drein. – Er dachte bei sich selbst: Da wird es doch keine Mißverständnisse, und deshalb kein Risiko geben! „Ich, meiner, mir mich – wir halten zusammen!“
Ein Narr ist einer, der sich von der Wirklichkeit isoliert. Hier beginnt die Isolation.
Er sieht die Haufen und Haufen an Lebensmittel. Und daneben die Scheunen, die bis jetzt immer groß genug waren, so daß er bis auf den heutigen Tag leben konnte, und sagt: „Ich habe nicht …“ Was passiert da? Er „sieht“ die Scheunen, die er nicht hat. Die Scheunen, die er brauchen würde, um alles für sich sammeln zu können – dieser Mangel wird ihm auf einmal spürbarer, dringender, ja, wirklicher, als die sensationelle Ernte.
Das, was er nicht hat, erfaßt ihn intensiver als das, was er hat. Der Mangel bestimmt ihn.
Liebe Gemeinde, das „Anti-Ernte-Undank- Non-Fest“ geht los. Und machen wir uns nichts vor. Von dem bestimmt sein, was man nicht hat, mehr als von dem, was man hat – das ist sehr sehr sehr verbreitet. Alle Nachbarn sehen mit Staunen, was der reiche Bauer sich angehäuft hat, und er sagt: „Ich habe nicht!“
Und dann kommt eben der scheinbar vernünftige Plan. Es müssen größere Scheunen her, damit der Schatz untergebracht ist. Der Schatz ist ja nicht verwerflich. Aber wo ist die Seele? Wo ist das Herz?
Das Selbstgespräch geht weiter: „Ich will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iß, trink und habe guten Mut!“ Das Leben kann und wird gerade so weitergehen, wenn nicht noch besser, weil Arbeit nicht mehr nötig sein wird! Nur noch konsumieren! „Iß, trink, und habe guten Mut!“ Gottes Wort warnt uns vor dieser Einstellung. Sie klingt sehr bejahend, aber sie ist vom Tod getrieben. Der Prophet Jesaja bringt die Einstellung auf den Punkt: „Laßt uns essen und trinken; wir sterben doch morgen!“ (Jesaja 22,13) – und der Apostel Paulus im Neuen Testament zitiert Jesaja, um zu zeigen, wie Menschen denken, die die Auferstehung der Toten leugnen: „Wenn die Toten nicht auferstehen, dann »laßt uns essen und trinken; denn morgen sind wir tot!«“ (1. Korinther 15, 32).
Der Tod ist der ultimative Mangel. Und wenn der dich treibt, hysterisch zu leben, das Leben zu steigern, dann ist der Tod schon in diesem verzweifelten Essen und Trinken da – und der „gute Mut“ ist eine verzweifelte Selbsttäuschung. Dann hat die Seele nämlich überhaupt keine Ruhe, sondern jagt von einem Rausch zum nächsten und der Mangel wird doch nur größer.
Das ist dann wirklich ein „Anti-Fest“ ! Ein höllisches Fest.

Der Reiche Kornbauer, den Jesus uns hier vorhält, ist kein Du.
Gott kommt in seiner Wirklichkeit nicht vor; auch kein Mensch gibt es in seinem Universum. Er spricht Sprache, aber sie meint keinen, nur sich selbst. Er ist sich selbst ein Du. Aber das ist eine Täuschung. Was soll ich tun? Das will ich tun! Ich will sagen zu meiner Seele … Es ist ein geschlossener Kreislauf.
Es ist ein Kurzschluß.
Dieser Kreis schließt Gott und den Nächsten aus.
Daß Gott die Ernte geschenkt hat durch die Schöpfung, durch gedeihliches Wetter, und Frieden im Land, durch Vertrauen zwischen Menschen innerhalb des Staates und darüber hinaus, ja, daß Gott ihm Verstand und Kraft gegeben hat – das ist ausgeblendet. Damit aber ist 99 % der Wirklichkeit ausgeblendet.
Und: Der Mann wird doch sicher Erntehelfer gehabt haben, die fleißig und zuverlässig mitgearbeitet haben! Die sich haben einplanen lassen, die Verabredungen eingehalten haben! Und was ist mit den Soldaten, die räuberische Horden ferngehalten haben, oder schädliche Tiere? Damit hat der Narr nochmal 99% der Wirklichkeit ausgeblendet.
Zweimal 99%? In einer idiotischen Welt geht das! Immer wieder neue Zahlen hervorzaubern, die den Irrtum bestätigen, kein Problem!
Nicht einmal eine Frau hat er, mit der er den Erfolg teilen könnte! Der Profit wäre 50% weniger! Keine Kinder! Kinder kosten! Jedes Kind nochmal 50% Verlust! Zuviel Risiko!
Er kennt sich nur als ICH und läßt niemanden zu ihm DU sagen. Denn er kann es sich nicht vorstellen, als daß alle so gierig sind, wie er. Jeder, der zu ihm „DU“ sagen würde, der würde doch am Ende nur aus Gier nach seinem Geld „DU“ sagen.
Doch am Ende muß er es dann von Gott selbst hören: „DU!“
„DU!“ Du Narr. Du Idiot. Du hast dich aus allem isoliert, wie ein Astronaut, der ohne Verbindung im All davonschwebt.
Heute Nacht wird man deine Seele von dir fordern.
Deine Seele ist nicht dein Besitz. Du hast sie nicht gemacht. Du hast sie nicht am Leben erhalten.
Liebe Gemeinde: Die Seele ist etwas unglaublich Wunderbares. Ohne die Seele würden wir keine Freude haben. Aber die Seele ist nicht unser Besitz. Das heißt, was wir mit ihr machen, müssen wir vor unserem Schöpfer verantworten. Gott macht uns zu einem Du. Er stellt uns zwischen Menschen. Eine Seele, die kein Du ist, verkümmert.
In der Seele entscheidet es sich, ob wir wirklich reich, nämlich bei Gott reich sind. Das ist, was Jesus dringend empfiehlt. Wer bei Gott reich ist, der ist kein Narr.
Was ist das: Reich sein bei Gott?
Es ist ganz einfach.

  1. Es fängt damit an, mit Gott im Gespräch zu sein. Danke, Gott, daß du mich geschaffen hast. Der Kornbauer hätte danken können für das Land, die Fruchtbarkeit, das Wetter, den Frieden, die Mitarbeiter … Ja, er hätte sogar mit seiner Seele sprechen können, aber mit den Worten des 116. Psalms: „Sei nun wieder zufrieden, meine Seele, denn der HERR tut dir Gutes.“ Es kommt vom Himmel, was du da bist und hast. Danke, Gott! Der Psalm geht weiter: „Denn du hast meine Seele von Tod errettet, mein Auge von den Tränen, meinen Fuß vom Gleiten.“ Gott, du hast so viel Unglück abgewendet! Danke! Doch das Gespräch wird auch die Bitte einschließen. Bitte, lieber Gott, segne mich! Bitte leite mich!
    Dann ist der Kreislauf nicht mehr geschlossen. Dann ist am Ende kein Kurzschluß! Dann ist man reich – aber reich mit Gott und bei Gott.
  2. Doch es geht weiter: Die Epistel von heute (2. Korinther 9, 6-15) hilft uns gegen die Isolation, die in Idiotie endet. Die Epistel handelt von einer Kollekte. Paulus sammelt in Griechenland eine Kollekte für die bedrängte Gemeinde in Jerusalem. Die Christen in Jerusalem wurden boykottiert. Niemand wollte mit ihnen zu tun haben. Darum brauchten sie Hilfe. Und was sagt Paulus dazu? Diese Kollekte ist nicht einfach eine Sache zwischen Menschen. Sie „wirkt darin, daß viele Gott danken.“ Dankt ein Mensch Gott deinetwegen? Vermehrst du den Dank zwischen Menschen und Gott? Reich sein bei Gott bedeutet: Wenn ein Mensch meinetwegen Gott dankt, dann ist das ebenso meine Freude. Sagt jemand: Gott sei Dank, daß es …. gibt? Ist dieser Dank nicht wie Sauerstoff, den man tief einatmet?
    Das ist ein Reichtum, deren Buchhaltung bei Gott im Himmel ist. Manches wird im Verborgenen geschehen. Gott wird es uns am Ende alles zeigen, was wir an Dank bei ihm produziert haben. Aber so idiotisch sind wir nicht, daß wir nicht jetzt schon wissen, wie das aussehen kann.
    Das wird dann ein richtiges Fest!
    „Du warst das! Du hast mir geholfen! Du warst ein Geschenk des Himmels! Danke. Danke für immer!“

Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.