Darstellung des Herrn

Von | Februar 15, 2024
Darbringung im Tempel (Meister der Pollinger Tafeln, 1444)

4.2.2024

Pfarrer Johann Hillermann

Die Gnade unseres HERRN Jesus Christus,
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen.
Amen.


1 Und der Herr redete mit Mose und sprach:
2 Heilige mir alle Erstgeburt bei den Israeliten; alles, was zuerst
den Mutterschoß durchbricht bei Mensch und Vieh, das ist
mein.

13 Die Erstgeburt vom Esel sollst du auslösen mit einem Schaf;
wenn du sie aber nicht auslöst, so brich ihr das Genick. Beim
Menschen aber sollst du alle Erstgeburt unter deinen Söhnen
auslösen.
14 Und wenn dich heute oder morgen dein Sohn fragen wird:
Was bedeutet das?, sollst du ihm sagen: Der Herr hat uns mit
mächtiger Hand aus Ägypten, aus der Knechtschaft, geführt.
15 Denn als der Pharao hartnäckig war und uns nicht ziehen
ließ, erschlug der Herr alle Erstgeburt in Ägyptenland, von der
Erstgeburt des Menschen bis zur Erstgeburt des Viehs. Darum
opfere ich dem Herrn alles Männliche, das zuerst den
Mutterschoß durchbricht, aber die Erstgeburt meiner Söhne
löse ich aus.
16 Und das soll dir wie ein Zeichen auf deiner Hand sein und wie
ein Merkzeichen zwischen deinen Augen; denn der Herr hat uns
mit mächtiger Hand aus Ägypten geführt.

2. Mose 13, 1-2. 13-16

Gebet: HERR, segne Dein Wort an uns. Amen.

Liebe Gemeinde!
Wir sehen in unserem Gesangbuch die Überschrift:
„Marientage“. Weiß die Gemeinde denn, welche Marientage in
unserem Lutherischen Kirchenjahr sind?
Es sind drei:
Am 2. Februar: Darstellung des HERRN – 40 Tage nach der
Geburt bringen Maria und Joseph das Jesus-Kind in den Tempel
nach Jerusalem, darüber werden wir noch weiter hören.
Am 25. März: Verkündigung des HERRN – 9 Monate vor der
Geburt Jesu verkündigt der Erzengel Gabriel der Jungfrau Maria,
daß sie den Sohn Gottes, den Messias Israels, zur Welt bringen
wird.
Und am 2. Juli: Tag des Besuchs der Maria bei Elisabeth, auch
bekannt als Mariä Heimsuchung – weil Maria ihre Verwandte
Elisabeth „daheim besucht“.
Unsere lutherische Kirche hat diese drei Marientage
beibehalten, weil sie biblisch sind. Über Jahrhunderte hat man
sie lutherisch gefeiert. Der lutherische Komponist Johann
Sebastian Bach hat für diese Feiertage herrliche Musik zur Ehre
Gottes und zur Stärkung des Glaubens komponiert.
In ihrem Lobgesang sagt Maria: Von nun an werden mich selig
preisen alle Kindeskinder. (Lukas 1, 48).
Das heißt: Es gehört zum Christlichen Glauben, sich mit Maria zu
freuen. Bis dahin, daß wir uns mit ihr freuen, daß Gott Seine
Verheißung an ihrem Leib in einmaliger Weise wahrgemacht
hat. Bis dahin, daß wir uns mit Maria freuen, daß in ihrem Leib
die Erfüllung der Sehnsucht der gesamten Menschheit endlich
zur Erde kommt.
Im Tedeum singen wir denn auch:
„Der Jungfrau Leib nicht hast verschmäht,
zu erlösen das menschlich Geschlecht.“ (ELKG2, 182, S. 565).
Wir sind allesamt, Männer und Frauen, Jung und Alt,
Verheiratet und Unverheiratet – alle sind wird von Gott selbst
dazu berufen, die Freude Marias zu teilen. Es ist die Freude
einer Jungfrau. Es ist die Freude über Gottes Treue, es ist die
Freude an einem ganz großen Wunder und Geheimnis.
Das Kind ist 40 Tage alt, da fordert das Gesetz einen
Tempelbesuch. So legt Gott durch Mose für sein Volk Israel festt
in 3. Mose 12, 6-8:
„6 Und wenn die Tage ihrer Reinigung für den Sohn oder für die
Tochter um sind, soll sie dem Priester ein einjähriges Schaf
bringen zum Brandopfer und eine Taube oder Turteltaube zum
Sündopfer vor die Tür der Stiftshütte.
7 Der soll es opfern vor dem Herrn und sie entsühnen, so wird
sie rein … . Das ist das Gesetz für die Frau, die einen Knaben
oder ein Mädchen gebiert. 8 Vermag sie aber nicht ein Schaf
aufzubringen, so nehme sie zwei Turteltauben oder zwei andere
Tauben, eine zum Brandopfer, die andere zum Sündopfer; so
soll sie der Priester entsühnen, daß sie rein werde.“
Wenn es ein Junge war: nach 40 Tagen; wenn es ein Mädchen
war, nach 80 Tagen.
Vom ersten Moment an macht Gott einen Unterschied: Junge
und Mädchen. In dem Volk in dem Gott Mensch wurde, hat
Gott selbst über 1000 Jahre lang darüber gewacht, daß vom
ersten Tag an es von allergrößter Bedeutung war, ob ein
Mensch als männlich oder als weiblich geboren wurde. Ohne
diese Unterscheidung war das Heil der Menschheit nicht
möglich. Wenn diese Unterscheidung angefochten wird, dann
können wir gewiß davon ausgehen, daß das nicht von Gott ist.
Die Geburt eines Menschen ist eine riesige Tatsache vor Gott.
Deshalb gab Gott Gesetze, wie diese. Vater und Mutter waren
mit ihrem Kind niemals allein, sondern immer vor Gott.
Dieses Gesetz schrieb den Zeitpunkt vor: 40 Tage nach der
Geburt.
Wir erfahren noch etwas: Es heißt ja: Wenn sie nicht ein Schaf
opfern kann, dann sollen es zwei Turteltauben sein. Joseph und
Maria konnten sich das Schaf nicht leisten. Es wurden zwei
Turteltauben dargebracht (Lukas 2, 24). Es war eine arme
Familie.
Zugleich mußten Maria und Joseph ein anderes Gesetz erfüllen.
Das Gesetz über die männliche Erstgeburt. Das ist unser
Predigttext aus 2. Mose 13. Wenn eine Frau als erstes Kind
einen Jungen gebiert, dann gehört das Kind Gott. Es soll dem
Herrn geheiligt sein. Obwohl sie es unter ihrem Herzen getragen
hat, und es mit ihrem eigenen Leib nährt und am Leben erhält,
gehört das Kind Gott.
Die Menschheit kannte das. Doch das führte dann zu dem
furchtbaren Opfer von Kindern. Man wollte die
unberechenbare Gottheit friedlich stimmen mit dem höchsten
Opfer, das denkbar war: Das Opfer des eigenen Kindes.
Wir sehen das an dem Esel, der soll auch Gott gehören –
entweder wird für den Esel ein Schaf geopfert, oder sonst wird
dem Esel das Genick gebrochen.
Uns ist das alles fremd.
Gott will kein Menschenopfer. Das ganze Alte Testament
kämpft gegen das Menschenopfer.
Doch auch hier stellt das Gesetz Israel vor Gott.
Dieses Opfer erinnert an die letzte Ägyptische Plage.
Als das Volk Israel aus der Knechtschaft, der Sklaverei, in
Ägypten befreit werden sollte, verweigerte sich der Pharaoh
von Ägypten. Gott ließ 9 Plagen kommen. Nichts passierte.
Dann kam die zehnte Plage. Die Erstgeburten der Ägypter –
Mensch und Tier – wurden in einer Nacht getötet. Die
Erstgeburten von Israel aber nicht – aber nur, wenn die
Israeliten nach Gottes Befehl ein einjähriges Lamm geschlachtet
hatten, und mit dem Blut dieses Lammes die Türrahmen
bestrichen hatten. Dieses Blut war ein Bekenntnis zu Gott, daß
Er Sein Volk aus dieser völlig aussichtlosen Lage befreien würde.
Gott hat die Erstgeburten Israels verschont. Das durfte nicht
vergessen werden.
Das muß man sich einmal vorstellen.
Ein Ereignis, das Jahrhunderte zurücklag, bestimmte, was mit
einem neugeborenen Kind geschehen mußte.
Gott will, daß Seine Taten nicht vergessen werden!
Im Alten Testament ist es das Gesetz, daß mit großer Strenge
und Härte das arme Volk Israel zwang, sich immer wieder zu
erinnern: Wie wir aus Mose gehört haben: „Und wenn dich
heute oder morgen dein Sohn fragen wird: Was bedeutet das?,
sollst du ihm sagen: Der Herr hat uns mit mächtiger Hand aus
Ägypten, aus der Knechtschaft, geführt. Denn als der Pharao
hartnäckig war und uns nicht ziehen ließ, erschlug der Herr alle
Erstgeburt in Ägyptenland, von der Erstgeburt des Menschen bis
zur Erstgeburt des Viehs. Darum opfere ich dem Herrn alles
Männliche, das zuerst den Mutterschoß durchbricht, aber die
Erstgeburt meiner Söhne löse ich aus.“
Gott will, daß Seine Taten nicht vergessen werden! Doch gerade
diese Erinnerung ist entscheidend. Wenn Gott etwas tut, dann
hat das unendliche und ewige Bedeutung.
Darum, „liebe Seele, vergiß nicht, was Er dir Gutes getan hat!“
(Psalm 103, 2). Das Vergessen von Gottes Taten ist ein Teil der
Sünde, die uns ins Verderben stürzt.
Wie gut, daß Gott im Neuen Testament uns vor allem
auffordert, daß wir uns mit Maria freuen – und nicht ständig an
die Tötung der Erstgeburten in Ägypten erinnern müssen! Jesus
ist die eine Erstgeburt aus Israel, die sich freiwillig selbst
dahingegeben hat, damit alle Menschen aus der Knechtschaft
des Todes herauskommen.
Das waren zwei Gründe, weshalb wir diesen Tag feiern:

  1. Wir freuen uns mit Maria.
  2. Wir vergessen Gottes Tagen nicht.
    Nun noch kurz 3.:
    Am 3. Februar 1945 gab es wieder einen verheerenden
    Bombenangriff auf Berlin. Die Stadt um uns herum wurde in
    Schutt und Asche gelegt. Ein Gemeindesaal im Hof wurde
    zerstört. Doch das Gotteshaus, das Pfarrhaus und das
    Lehrerhaus blieben stehen. Eine Brandbombe hatte unseren
    Altarraum getroffen. Der damalige Pfarrer Johannes Stier und
    zwei seiner Söhne kamen und löschten. Der Pfarrer war damals
    schon über 70 Jahre alt. Ein Sohn stürzte ab und starb nach zwei
    Tagen.
    Es war eine schreckliche Zeit. Die Vernichtung hätte ebenso
    auch unsere Kirche treffen können – wie zum Beispiel die Kirche
    der Augustana-Gemeinde im Wedding. Doch Gott hat dieses
    Haus bewahrt. Das dürfen wir nicht vergessen. Diese Erinnerung
    soll dazu dienen, daß wir dieses Haus nicht ohne Gottes
    schützende Hand denken. Er hat sie bewahrt, damit sie weiter
    ihren Zweck erfüllt. Der Zweck ist die Freude an Seinem Sohn
    Jesus Christus. Zur Freude an Jesus Christus gehört die Freude
    an der Gnade und der Vergebung, die Freude am Wort Gottes.
    Die Freude am Gebet. Die Freude an der christlichen
    Gemeinschaft, daß wir uns als Brüder und Schwestern nicht aus
    den Augen verlieren.

    Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der
    bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.