Gnade sei mit euch und Friede
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus.
Amen.
7 Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Freudenboten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen, die da sagen zu Zion: Dein Gott ist König!
Jesaja 52, 7-10
8 Deine Wächter rufen mit lauter Stimme und rühmen miteinander; denn alle Augen werden es sehen, wenn der HERR nach Zion zurückkehrt.
9 Seid fröhlich und rühmt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der HERR hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst.
10 Der HERR hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, daß aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.
Liebe Gemeinde!
„Alle Jahre wieder …“ machen wir uns viel Mühe, viele Gedanken, wie wir Weihnachten feiern wollen, oder vielleicht nicht feiern wollen. Wen laden wir ein, was wird gegessen?
Wir vergessen dabei nur zu leicht und schnell, daß wir uns
dieses Fest niemals selbst bereiten. Wenn auch alle Dekoration, alle Musik, alle Speisen fertig sind: Was Weihnachten zu Weihnachten macht, ist etwas, was von außen, oder von oben – vom Himmel zu uns kommt.
Gott läßt es uns durch den Propheten Jesaja wissen:
Göttliche Freude, ein Fest mit Gott, entsteht, wenn Boten im Spiel sind:
„Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Freudenboten“ – Sie sind im Auftrag des HERRN unterwegs. Es ist offiziell.
Wir kennen es doch: Wer überbringt nicht gern eine gute Botschaft: „Du hast bestanden!“ – „Ihre Bewerbung war erfolgreich!“ Stabile Freude ist Freude, die mir mitgeteilt wird, die ich mir selbst nicht sagen kann. Freude von Gott ist immer so. Er läßt sie verkündigen. Bei Geburten wird das besonders deutlich. Da warten wir auf eine Nachricht. Jemand muß uns sagen, daß es passiert ist, daß das Kind nun da ist!
Darum wird Weihnachten niemals Weihnachten sein, wenn wir nicht Gottes Boten zu Wort kommen lassen. Gottes Wort zu Weihnachten hören aus dem Alten und Neuen Testament. Und gute Weihnachtslieder leben davon, daß erstmal aus Gottes Wort gehört wird!
Diese Boten Gottes kommen nicht mit eigenen Ideen, sondern mit Gottes Ideen. Und wenn Gott seine Ideen nicht hätte aufschreiben lassen, dann würden wir sie nicht kennen. Und Teil von Gottes Idee ist: Beauftragte Boten, Engel, Prediger, sollen sich zu dir auf den Weg machen, damit
Du weißt: Gott meint mich!
Auf den Bergen: Also vom Horizont her, von der Grenze von dem, was ich sehen oder verstehen kann. Da beruft Gott Boten extra für Dich, und ihre ganze Energie sollen sie dafür einsetzen, daß die Botschaft Dich erreicht.
Die Boten sprechen mit Zion.
Ein Prediger sieht nicht persönliche Freunde, oder Familie, oder Unbekannte vor sich, sondern Zion.
Zion, das sind die, die auf Gott warten, auch wenn sie es scheinbar vergessen haben, die sich auf Gott verlassen, auch wenn sie es scheinbar aufgegeben haben. Zion nimmt Gott beim Wort und wartet darauf, daß Gott es wahr macht. Zion ist deine Seele, die erst zur Ruhe kommt, wenn Gott selbst mit ihr spricht. Nur Gott selbst hat sie im Blick.
Gottes Freude, Freude mit Gott kommt also auf – 1. wenn Gott einen Boten losschickt, mit Gottes Ideen beauftragt, und 2. wenn diese Boten mich so sehen, wie Gott mich sieht, und nicht so wie ich mich selber sehe, oder irgend ein Mensch.
Die Botschaft der Boten an Zion lautet:
„Dein Gott ist König!“
Kein Götze ist König. Geld hat nicht das letzte Wort. Waffen entscheiden nicht über Leben und Tod. Angst ist nicht die Herrscherin der Seelen. Auch nicht der Schein. Heute bekommt man immer mehr den Eindruck, daß die eigentlichen Mächtigen unbekannt sind. Die bekannten Namen und Gesichter sind nicht die wirklichen Entscheider.
Ihr habt richtig gehört:
„Darum jauchzet, ihr Trümmer Jerusalems“.
Das sind Neutestamentliche Worte mitten im Alten Testament.
Das sind Worte der Neuen Schöpfung mitten in der Alten Schöpfung.
Das sind Worte an der Stelle, wo das Licht in die Finsternis hineinleuchtet.
„Jauchzet, ihr Trümmer.“
Da liegen sie, die Trümmer. Um unsere Kirche herum lagen jahrzehntelang Trümmer. Man erzählt von dem Geräusch einer Maschine, die die Trümmerstücke zermahlte.
Das war nicht ein Jauchzen. Eher das Gegenteil.
Wie sollen Trümmer Jauchzen?
Können sie überhaupt hören?
Als Jesus von dem Grab des Lazarus stand und rief: „Lazarus, komm heraus!“ – wie konnte er ihn hören?
Ein anderer Prophet, Hesekiel, bekam von Gott den Auftrag, vor einem Feld von Totengebeinen zu predigen. Daß sie aufstehen sollen, und wieder leben sollen. Wie sollten diese Totengebeine überhaupt hören – so ganz und gar ohne Ohren?
Im Neuen Testament sagt Jesus manchmal: „Wer Ohren hat zu hören, der höre!“ – Mit diesen Worten schafft er bei den Hörern die Ohren, die hören. Jesus ist den Grenzen seiner Hörer nicht unterworfen. Er ist nicht am Ende, wenn sie ihn nicht verstehen. Gott ist gegen die Grenzen der Menschen nicht machtlos. Unsere Grenzen sind nicht seine Grenzen. Gott ist nicht vom guten Willen seiner Hörer abhängig. Trümmer sind für ihn kein Problem; so wenig, wie das Tohowabohu Gott am Anfang daran gehindert hat, zu sagen: „Es werde Licht!“ – Und es ward Licht.
So ist es bei Gott völlig sinnvoll, ja normal, zu sagen: „Jauchzet, ihr Trümmer!“
Es ist das Gegenteil von uns Menschen, wenn wir das sagen würden, wäre das ein Spott: „Ihr Trümmer, jauchzen? Ach gebt‘s doch auf!“
Maria weiß davon, wenn sie in ihrem Lobgesang sagt: „Denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen.“ In Psalm 113 heißt es: „Wer ist wie der HERR unser Gott im Himmel und auf Erden? Der oben thront in der Höhe, der herniederschaut in die Tiefe – DER DEN GERINGEN AUFRICHTET AUS DEM STAUBE.“
Oben sein, herniederschauen – ja, das halten wir für göttlich. Aber Gott fängt erst an, Gott zu sein, wenn er den Geringen aus dem Staube erhebt.
Gott zeigt dem Propheten Jesaja dieses Bild – und läßt es ihn mit seinem ganzen Wesen miterleben:
Da liegen die Trümmer Jerusalem. Vernichtet, ohne Leben, ohne Freude, ohne Stimme, ohne Bewegung, ohne Kraft, ohne Motivation, ohne Willen. Ein Nichts.
Und ein Teil der Nichtigkeit war: Wir wollten es ja. Einen Weg ohne unseren Gott. Ohne sein Gebot. Das muß man mit sehen in diesen Trümmern. Den erschreckenden Willen, ohne Gott zu sein. Ihn nicht zu lieben, und den Mitmenschen nicht, wie sich selbst.
Trümmer: Tempel: Begegnung mit Gott nicht mehr möglich. Kein Bitten und kein Danken mehr. – zB Stehlen: Ich nehme etwas; ich habe nicht darum gebeten, dafür kann ich nicht danken. Gott ist da raus. Und die Seele wüst und leer.
zB Lügen, Begehren, Ehebrechen, Töten.
Jerusalem hat erfahren, was es bedeutet, wenn Gott einen gehenläßt. Trümmer. Ohne Leben, ohne Freude, ohne Hoffnung, ohne Sprache. Fremde Könige beuten es aus, gehen über es hinweg, als würde es nicht existieren.
Das ist ein Bild von dem Menschen ohne Gott. Andere Götter machen sich über ihn her. Götter, die nicht nach ihm fragen, und im Ernstfall allein lassen.
Und dann:
Schritte, die nicht vorbeigehen, oder darüber hinweg, sondern gezielt dorthin. Eilige zielstrebige Schritte, aufgeregte Schritte. Sie sind schon unterwegs. Du bist gemeint!
Mit dem Wort des Lebens.
Wir hören heute von der wunderbaren Geburt des Sohnes Gottes. Verbindlicher kann eine Botschaft nicht sein. Gott verbindet sich mit einem einmaligen Menschenleben. In diesem einen Menschenleben soll alles geschehen, alles gesagt werden, was für dich geschehen muß, was du hören mußt. Gottes Antwort ist nicht mehr ein dickes Buch mit zu hohen Gedanken. Gottes Antwort ist auch nicht mehr ein forderndes Gesetz, vor dem jeder kapitulieren muß.
Gottes Antwort fängt mit dieser Geburt an. Halte dich an diese Person. Alles, was diese Person tut, meint dich. Wenn man mit Ärzten, Therapeuten, mit Freunden, Helfern und anderen Menschen zu tun hat, dann wird es immer Bereiche geben, da kommt keiner ran. Trümmer. Knoten. Wunden.
Gott will, daß Du diese Person, die heute geboren wurde, in dein Leben aufnimmst. Wirken läßt. Dazu ist sie gekommen. Jede Wirkung auf dich, die von Jesus ausgeht, ist gottgewollt. Das beschließen nicht wir, das beschließt Gott. Du kannst nicht mehr sagen, daß Du Gott nicht erfährst. Du denkst vielleicht: Ich reagiere doch nur auf ein niedliches Baby. Ich habe doch nur Sehnsucht nach einem friedlichen Stall mit Vater, Mutter und Kind. Ich habe doch nur Sehnsucht nach einem schlichten Neuanfang, wie eine Geburt. Ich freue mich doch nur ein bißchen mit den Hirten, die alles hinter sich lassen und sich begeistern über das, was sie von den Engeln gehört haben. Ich möchte nur unauffällig mit den Weisen aus dem Morgenland einem Stern folgen, die Mächtigen links liegenlassen und mich vor einem Baby verneigen.
Das ist niemals „Nur“! Es ist immer vor Gott. Gott hat sich mit diesem Menschen verbunden. Gott ist jetzt in diesem Kind drin, und alles, was wir dem Kind bringen, das nimmt Gott selbst persönlich.
Bei einem Kind kann sich jeder trauen. Ich hab einmal von einem afrikanischen Medizinmann gehört; der sagte: Wer depressiv ist, soll Tierbabies anschauen. Sie sind nicht bedrohlich, sie leben und freuen sich des Lebens. Das hilft.
Gott ruft alle niedergeschlagenen Seelen her, das Kind in der Krippe anzuschauen. Gott selbst will in dieser Begegnung da sein und trösten.
Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Beitragsbild:
Luther mit seiner Familie am Christabend 1536 zu Wittenberg (Stahlstich aus einem Luther-Zyklus von Carl August Schwerdgeburth, 19. Jahrhundert)