Vierter Advent

Von | Dezember 22, 2020
Der Herr bei Abraham in Mamre

Gnade sie mit euch und Friede
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus. Amen.

Und der HERR erschien ihm im Hain Mamre, während er an der Tür seines Zeltes saß, als der Tag am heißesten war. Und als er seine Augen aufhob und sah, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Und als er sie sah, lief er ihnen entgegen von der Tür seines Zeltes und neigte sich zur Erde und sprach: Herr, hab ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so geh nicht an deinem Knecht vorüber. Man soll euch ein wenig Wasser bringen, eure Füße zu waschen, und lasst euch nieder unter dem Baum. Und ich will euch einen Bissen Brot bringen, dass ihr euer Herz labt; danach mögt ihr weiterziehen. Denn darum seid ihr bei eurem Knecht vorübergekommen. Sie sprachen: Tu, wie du gesagt hast. Abraham eilte in das Zelt zu Sara und sprach: Eile und menge drei Maß feinstes Mehl, knete und backe Kuchen. Er aber lief zu den Rindern und holte ein zartes, gutes Kalb und gab’s dem Knechte; der eilte und bereitete es zu. Und er trug Butter und Milch auf und von dem Kalbe, das er zubereitet hatte, und setzte es ihnen vor und blieb stehen vor ihnen unter dem Baum und sie aßen. Da sprachen sie zu ihm: Wo ist Sara, deine Frau? Er antwortete: Drinnen im Zelt. Da sprach er: Ich will wieder zu dir kommen übers Jahr; siehe, dann soll Sara, deine Frau, einen Sohn haben. Das hörte Sara hinter ihm, hinter der Tür des Zeltes. Und sie waren beide, Abraham und Sara, alt und hochbetagt, sodass es Sara nicht mehr ging nach der Frauen Weise. Darum lachte sie bei sich selbst und sprach: Nun ich alt bin, soll ich noch der Liebe pflegen, und mein Herr ist auch alt! Da sprach der HERR zu Abraham: Warum lacht Sara und spricht: Meinst du, dass es wahr sei, dass ich noch gebären werde, die ich doch alt bin? Sollte dem HERRN etwas unmöglich sein? Um diese Zeit will ich wieder zu dir kommen übers Jahr; dann soll Sara einen Sohn haben. Da leugnete Sara und sprach: Ich habe nicht gelacht –, denn sie fürchtete sich. Aber er sprach: Es ist nicht so, du hast gelacht.

Mose 18, 1-15

HERR, segne dein Wort an uns, Dein Wort ist die Wahrheit. Amen.

Liebe Gemeinde!
Ohne Abraham und Sara ist Jesus nicht zu erfassen oder zu begreifen.
Das Neue Testament fängt an mit dem Satz: „Dies ist das Buch der Geburt Jesu Christi, der da ist ein Sohn Davids, des Sohns Abrahams.“ (Matthäus 1,1).
Gott wird Mensch. Dazu gehört, daß Jesus, wahrer Gott vom Vater in Ewigkeit geboren, als wahrer Mensch in eine Generationenfolge, in eine Familie hineingeboren wird.
Diese wunderbare Geschichte in unserem Predigttext ist denkbar schlicht und doch voller Geheimnisse. Und die Geheimnisse werden nicht weniger, wenn wir sie mit der Geschichte vergleichen, wie der Erzengel Gabriel der Jungfrau Maria die Geburt des Sohnes Gottes verkündigt.

  1. Dieser Vergleich ist berechtigt, denn beide Geschichten drehen sich um den Satz: „Bei Gott ist kein Ding unmöglich.“
    Im Alten Testament, bei Abraham und Sara, spricht der HERR: „Sollte dem HERRN etwas unmöglich sein?“ – Eine Frage. Der Erzengel Gabriel sagt zu Maria: „Bei Gott ist kein Ding unmöglich.“ (Lukas 1, 37). – Im Neuen Testament ist es keine Frage mehr, sondern eine feststehende Aussage, eine Wahrheit.

Was soll denn unmöglich sein? Daß ein Kind kommt!

  1. Bei Abraham und Sara spricht das Alter dagegen. 89 und 99 Jahre. Da ist der Zug eindeutig abgefahren. Die leiblichen Voraussetzungen sind nicht mehr gegeben.
    Bei der Jungfrau Maria ist es unmöglich, „weil sie von keinem Manne weiß“. – Da kann kein Kind kommen. Das wäre über die Natur.
  2. Sara spricht es aus: „Nun ich alt bin, soll ich noch der Liebe pflegen, und mein Herr ist auch alt!“ Es ist also bewußt, und kann ausgesprochen werden.
    Maria spricht es ebenso aus: „Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Manne weiß.“ – Beide Frauen sind sich der Zusammenhänge, der Biologie bewußt. Und sie sprechen sie vor Gott aus. Es sind Grenzen des Lebens, die die Menschheit kennt und unzählige Male ganz verschiedentlich und doch persönlich erlebt. Beide Sara und Maria sind nicht willenlose unvernünftige Werkzeuge, sondern Persönlichkeiten vor Gott.
  3. Sara jedoch ist verborgen. Sie verbirgt sich im Zelt. Sie wird also nicht direkt angesprochen. Der HERR spricht mit ihrem Mann, Abraham. Gott hatte Abraham berufen. Und ihm versprochen: Du wirst großes Volk hervorbringen, und daraus wird Segen für die Menschheit entstehen. Da war Sara indirekt mitgemeint. Doch sie wird nicht direkt angesprochen. Abraham ringt mit Gott: Wann und wie? – Und bei diesem wundersamen Besuch in der Mittagshitze wird Abraham angesprochen. „Wo ist deine Frau Sara?“ – „Im Zelt“. „In einem Jahr komme ich wieder, und Sara wird einen Sohn haben.“ – Sara hört nur mit. Aber es ist klar: Es betrifft sie auch.
    Maria wird direkt angesprochen, und sie ist allein. Das war für eine junge Frau, besser: ein Mädchen, der damaligen Zeit ein große Zumutung. Es war ein Tabu, daß ein Mann es wagte, eine Frau direkt anzusprechen. Ob sie allein war oder nicht, ob sie verheiratet war oder nicht. Maria hört nicht mit, sie kann sich nicht dabei ihre Gedanken im Verborgenen machen, wie Sara, sondern der Erzengel Gabriel spricht sie an: „Gegrüßt seist Du, Begnadete, der Herr ist mit dir!“ – Es kein Mann da, der sich vor sie stellt. Ihre ganze Person, Leib und Seele, wird in das Geschehen hineingenommen. Nur von ihr kann eine Antwort kommen.
  4. Sara hatte schon Jahrzehnte mit ihrem Mann Abraham darauf gewartet, daß Gott endlich sein Wort wahr macht. Jahrzehnte ist sie Abraham durch dick und dünn gefolgt.
    Maria wird völlig aus heiterem Himmel überrascht: „Was für ein Gruß ist das?“ fragt sie. Sie wird sozusagen von Gott selbst angehimmelt – aber das schmeichelt ihrer Eitelkeit nicht. Sie erschrickt und verlangt Klarheit: Warum sprichst Du so mit mir?
  5. Der HERR, der geheimnisvoll zu Dritt zu Abraham kommt, stellt sich nicht vor. Doch wenn er über das verheißene Kind spricht, dann ist völlig klar: Hier spricht Gott. Aber es ist indirekt, verborgen. Zuerst wird ü b e r Sara gesprochen, und nicht m i t ihr.
    Der Erzengel Gabriel kommt allein zu Maria, das Gegenüber ist klar und deutlich. Er spricht sie mit Namen an: „Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden.“ Es ist ganz direkt.
  6. Bei Abraham und Sara wird nicht mehr gesagt, als daß sie einen Sohn bekommen werden, daraus ergibt sich alles Weitere. Eine Geschichte soll beginnen.
    Maria hört alles ganz genau: „Maria, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, des Namen sollst du Jesus heißen. Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Er wird den Thron des Königs David erben und ewig an der Macht sein.“ Was bei Sara anfängt, kommt hier bei Maria ans Ziel, und wird nicht überholt werden.
  7. Sara lacht. Sie lacht ungläubig. Sie ist von ihrem Wissen und ihrer Erfahrung überzeugt. Das wird nichts mehr. Sie kennt sich und ihren Körper nur zu gut. Wie Frauen oft, spricht erschreckend streng, ja verächtlich über ihren Körper: Wo unsere Bibel „alt“ sagt, heißt es im hebräischen: „Ich bin zermorscht.“
    Interessant ist, daß Abraham auch gelacht hat. Im Kapitel vorher spricht Gott mit Abraham und malt ihm auch aus, wie sein Sohn Erbe sein wird, und seine Nachkommen das Heilige Land besitzen werden. „Da fiel Abraham auf sein Angesicht und lachte und sprach in seinem Herzen: Soll mir ein Kind geboren werden und soll Sara, neunzig Jahre alt, gebären?“. (1. Mose 17, 17) Abraham lacht staunend, sich wundernd, fragend – aber nicht zweifelnd oder spottend.
    Sara lacht – und welche Frau hätte das nicht? Und was sollen wir Männer dazu sagen?
    Maria glaubt. „Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast.“ Kein fassungsloses, fragendes, oder zweifelndes, spottendes Lachen. Ja und Amen. Es soll geschehen, was mir gesagt worden ist.
  8. Das Kind, das Abraham und Sara dann auch bekommen, heißt „Isaak“ – und das ist hebräisch für: – Was sonst? – für „Lachen“. Es war unmöglich. Und dann doch wirklich. Wir haben gehofft, gezweifelt, gestaunt … Der Name Isaak, und dieser Sohn faßt die Ratlosigkeit, die Fassungslosigkeit, den Zweifel, das Wundern – dieses ganze Gemisch zusammen. „Sollte das dem HERRN unmöglich sein ….. ?“ Es kommt anders, als wir Menschen denken. An unseren Grenzen fängt Gott erst richtig an.
    Das Kind der Jungfrau Maria heißt „Jesus“, „Der HERR rettet“. Hier wird die Grenze nicht durch ein mehrdeutiges Lachen markiert, sondern Gott selbst kommt, wird Mensch und überwindet die Grenze.
  9. Mit Abraham und Sara können wir uns freuen, und wundern. Doch: Ist es nicht i h r Kind, und zuerst ihre Freude? Gott hat das für sie getan. Aber was wird er für m i c h tun? – Bin ich der Richtige für ein Wunder?
    Bei Maria ist es keine Frage mehr. Wer sich mit Maria freut, der freut sich an das eine Wunder, das allen Menschen gilt. Da ist es keine Frage mehr, ob ich der Richtige bin. Wenn ich das Evangelium höre, dann weiß ich, daß ich der Richtige für alle Wunder Gottes bin.

Liebe Gemeinde, Gott will, daß wir diese Geschichten ins Herz schließen. Wir sind, was wir sind, durch Geschichten. Mit Gotteskindern ist das nicht anders.
Diese Geschichten helfen uns, Gottes Kinder zu sein.

A. Die Worte: Sollte dem HERRN etwas unmöglich sein? – Bei Gott ist kein Ding unmöglich. – erinnern uns an der erste Gebot: Ich bin das HERR, dein Gott, du sollst nicht andere Götter haben neben mir. Mit Abraham, Sara und Maria sollen wir an erster Stelle und immer wieder aufs Neue Gott alles zutrauen. Ihn über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen. Bevor wir über die jetzige Pandemie, ihre gesundheitlichen, sozialen, politischen Dimensionen nachdenken – laßt uns bitte mit Gott anfangen. Er hat alles in Seinen Händen. Im Großen, wie im Kleinen. Er muß unter allen Umständen unser Gott sein, und will es auch. Ich soll Gott mehr fürchten als jede Gefahr, und ihn lieben mehr als meine Gesundheit – denn er hat jede Gefahr und der Hand, und er ist der Geber der Gesundheit.

B. Mit Abraham, Sara und Maria soll ich mit Gott reden. Auf Sein Wort an mich antworten. Und meine ganze Situation vor ihn bringen. Das ist Beten. Danken. Das ist das zweite Gebot. Die ganze Pandemie soll das Beten nicht verhindern, sondern aus uns herauspressen. Zuerst, und vor allem anderen sollen wir mit Gott sprechen. Ihn bitten, ihm klagen, ihm danken. Ich bin mir ganz sicher, daß viele Worte entweder zuviel, oder zuwenig sind, weil wir unser Gebet vernachlässigen.

C. Mit Abraham, Sara und Maria sollen wir unseren Kopf frei halten für Gottes Wort. Abraham und Sara haben die Verheißungen Gottes im Herzen getragen, sie haben die Worte selbst immer wieder bedacht: Wie hat Gott es denn gemeint? – Maria hat sich vom Engel genau angehört, was Gott dem Jakob und dem König David versprochen hat, und auf sich wirken lassen. Das ist das dritte Gebot. Du sollst den Feiertag heiligen. Gott hören, und sonst erst mal nichts. Wir sollen Gott durch sein Wort auf uns wirken lassen. So wie er es will und eingesetzt hat: Im Gottesdienst, in der versammelten Gemeinde mit leiblich, mündlich hörbarem Wort aus der Heiligen Schrift. Das muß feststehen, so wie der Glaube und das Gebet. Und zwar bevor wir uns umschauen, und uns einen Kopf machen, wie wir denn alle Verordnungen und Maßnahmen erfüllen. Wenn unsere Gedanken bei Corona anfangen, dann werden sie nie bei Gott ankommen. Das liegt nicht an Corona, sondern an uns, wenn die Reihenfolge nicht stimmt. Wer bei Gott ankommen will, muß mit Ihm anfangen. Als erstes. Wenn wir nicht bei Gott anfangen, dann wird alles andere für uns zu groß. Wer bei Corona anfängt, für den wird Corona unendlich groß, allgegenwärtig, allumfassend und bestimmend. – Da fragt man dann: Wo paßt Gott denn noch hier rein? – Erstes Gebot zuerst!! Dann Gebet. Dann Gottes Wort.

D. Und dann noch das 4. Gebot. Mit Abraham und Sara, mit Maria sollen wir ohne Einschränkung und Vorbehalt Gottes Ordnung von Vater und Mutter anerkennen und würdigen. „Du sollst Vater und Mutter ehren.“ Bei dir, und bei allen. Du sollst diese Tatsache so hochhalten, wie Gott selbst. Gerade die beiden Geschichten von heute, die ganz an die Grenze von Vater- und Mutterschaft führen, erheben sich an keiner Stelle über das 4. Gebot. – Gott will, daß er selbst zwischen Eltern und Kindern ist. Und sonst lange lange erstmal niemand. Gerade auch in Zeiten von Einschränkung und Isolation müssen wir bei Gott anfangen, zu ihm beten, sein Wort hören und mit Seiner Hilfe erkennen, was er zwischen Eltern und Kindern haben will und segnet.
Dann, ja dann, kommt das 5. Gebot: Du sollst nicht töten. Dann können und sollen wir über die Pandemie nachdenken und uns einen Kopf machen, so gut wir können. Aber wir sollen das tun als Menschen, die 1. einen Gott haben, als Menschen, die 2. mit ihm reden, und 3. auf ihn hören, und 4. Gott dort ehren, wo Er uns das Leben geschenkt hat: Bei Vater und Mutter. Dann sind wir mit Abraham, Sara, Maria, ja und Joseph eine Familie Gottes.
Das soll keine Pandemie ändern.
Unsere erste Panik, oder Sorge soll sein: Bin ich mit Gott verbunden?
Die zweite Panik, oder besser Sorge soll sein: Bete ich?
Die dritte: Höre ich, was Gott mir sagt?
Die vierte: Bin ich für Vater und Mutter da, honoriere ich die, die für mich da sind, bin ich für die da, die Gott mir anvertraut hat?
Wenn wir dann noch Panik übrig haben, dann können wir uns auch wegen allem Möglichen einen Kopf machen, so gut wir können. Die Reihenfolge muß aber um Gottes willen klar sein.

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.