8. SONNTAG NACH TRINITATIS

Von | August 14, 2025
Der Mönch am Meer (Caspar David Friedrich)

10.8.2025
Pfarrer Johann Hillermann

Gott gebe euch viel Gnade und Frieden
durch die Erkenntnis Gottes und Jesu,
unseres Herrn!
Amen

1 Dies ist’s, was Jesaja, der Sohn des Amoz, geschaut hat über Juda und Jerusalem:
2 Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen,
3 und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, laßt uns auf den Berg des HERRN gehen, zum Hause des Gottes Jakobs, daß er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem.
4 Und er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.
5 Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, laßt uns wandeln im Licht des HERRN!

Jesaja 2, 1-5

    Gebet: „Der du allein der Ewge heißt / und Anfang, Ziel und Mitte weißt / im Fluge unserer Zeiten: / bleib du uns gnädig zugewandt / und führe uns an deiner Hand, / damit wir sicher schreiten.“ Amen. (ELKG2, 378, 6).

    Liebe Gemeinde!
    Als Schüler hat mich der Phototropismus beeindruckt. Die Pflanze keimt und strebt und wächst zum Licht hin, zu einer Quelle des Lebens. So konnte eine Pflanze im Topf in eine dunkle Kiste gestellt werden, und zwischen der Pflanze und einer kleinen Öffnung mit Licht sogar mehrere Hindernisse und Öffnungen eingebaut werden – das Pflänzchen wächst auch auf Umwegen dem Licht entgegen.
    Es soll ja Lebensformen geben am tiefen Meeresgrund, die kein Licht brauchen, doch alles Leben, das wir kennen und erleben ist untrennbar mit dem Licht verbunden; nicht zuletzt unser Kater, der sich im Winter ganz selbstverständlich ein Fleckchen Sonne sucht, um sich zu wärmen.
    In seinem ersten Brief schreibt der Apostel und Evangelist Johannes: „Das ist die Botschaft, die wir von Christus gehört haben und euch verkündigen: Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis.“ (1. Johannes 1, 5). Er hat das Licht geschaffen, und darum ist er selber mindestens Licht – also Licht und mehr, als Licht. Wie es in Psalm 36 heißt: „Gott, bei dir ist die Quelle des Lebens, und in deinem Lichte sehen wir das Licht.“
    So, wie die keimende Pflanze nun durch die finstere zum Licht hinwächst, so wachsen Kinder Gottes durch diese Zeit und Welt hindurch zu Gott. Gott ist das Ziel.
    Der Prophet Jesaja spricht von diesem Ziel. „Es wird zur letzten Zeit …“. Sagt er über 500 Jahre vor Christus. Gott hat ihn, Jesaja, sehen lassen, was am Ende nach allem kommt. Was schon zur Zeit des Jesaja schon feststand bei Gott. Das Licht am Ende des Tunnels aller Zeiten.
    Jesaja sagt die Lichtquelle an, die in durch die Öffnung in die dunkle Kiste strahlt, und die Kinder Gottes wachsen an diesem Strahl entlang zur Quelle des Lichts und zur Quelle des Lebens: zu Gott.
    So heißt es denn auch am Ende unseres Predigttextes: „Kommt nun, ihr vom Hause Jakob – ihr von der Familie Gottes – , laßt uns wandeln im Licht des HERRN!“
    Das Licht scheint schon – von Ende her – und Gottes Licht schafft es, daß Gottes Kinder den Weg zum Leben finden.
    Jesaja zeigt das Licht am Ende des Tunnels, denn er hat die Finsternis des Tunnels beschrieben.
    Der Tunnel, den Jesaja beschreibt, sieht sehr dunkel aus.
    So spricht der Prophet im Namen des HERRN über sein Volk:
    (Alles aus Kapitel 1)

    1. „Ihr kapiert weniger als ein Ochse oder Esel!“ (Jesaja 1,3) – die wissen nämlich, wer sie füttert und wo es Futter gibt. Aber ihr kennt euren Gott nicht mehr, ihr lebt dahin, ohne zu fragen, wo das Leben herkommt.
    2. „Ihr seid krank im Kopf! Nichts bringt euch zum Umdenken!“ (1,5).
    3. „Ihr nervt Gott mit eurem Gottesdienst, denn ihr seid stinkend ungewaschen, ihr betet in den Wind, denn tut Unrecht ohne Scheu und Scham! Warum soll Gott sich eigentlich für euch interessieren?“ (1, 11-15).
    4. Weil sie alle ohne Gott sein wollen, wird Gott sie mit ihrem Unrecht und mit den Folgen von Unrecht allein lassen. Buchstäblich klingt das so: „Die Übertreter und Sünder erden allesamt vernichtet werden, und die den HERRN verlassen, werden umkommen.“ (1, 28).
    5. Sie beten fremde Götter an? Sie werden diesen elenden Götzen gleich werden. Sie beten Eichen an – und sollen Eichen mit dürren Blättern werden (1, 28-29). Wer tote Götzen anbetet, der ist schon tot.
    6. „Ihr seid so tollkühn, daß ihr ein brennendes Streichholz in den Benzintank werft und auch noch stolz seid darauf. Euer Tun bringt euch um. “ (1, 31) – Ja, so mußte der Prophet sprechen!
      Wer nicht nach Gottes Willen fragt, der stürzt in die Finsternis, ins Chaos, und hat keinen Schutz und keine Richtung. Und je weniger er es merkt, um so mehr trifft es für ihn zu.
      Der Prophet Jesaja sprach nicht mit irgend jemandem, er sprach mit dem Volk Gottes. Er mußte die Selbstsicherheit, ja die Selbstgerechtigkeit Israels erschüttern. Gottes Wort deckt die Selbsttäuschung schonungslos auf.
      Aber was fängt Gott mit dieser Finsternis an, mit dieser Leere?
      Gott bringt Licht. Wie gesagt: DAS Licht am Ende des Tunnels.
      Dieses Licht hat Gestalt.
      Was hat Gott den Propheten über 500 Jahre vor Christus sehen lassen?
    7. Gott zeigt Jesaja – und damit allen in Israel, die Licht suchen – daß das Kleine groß wird und das Niedrige erhaben wird: „Der Berg, da des HERRN Haus ist, wird fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben.“ Es gab und gibt viel höhere Berge, als der Tempelberg in Jerusalem. Es gab zur Zeit des Jesaja Tempel und Städte und Religionen, die viel bedeutender und angesehener waren, als Jerusalem mit seinem Tempel und dem kleinen Volk Israel. Mit ihren Göttern hatten Babylonien, Ägypten, Phönizien alle viel mehr Glück. Glück im Handel, Glück im Krieg, Glück in der Wirtschaft. Immer wieder mußte sich Israel immer wieder neu orientieren: Wie ist die Weltlage? Mit wem verbündet man sich? Wo könnte Krieg drohen?
      Und nun sagt Gott: Der Berg, auf dem das Haus Gottes steht, wird zum Mittelpunkt der Welt. Schluß mit dem Hin und Her! Schluß mit der Unsicherheit! In der Sprache der damaligen Zeit hieß das: Die Götter der Großmächte verlieren ihre Macht. Gott beweist endlich, daß er der einzige Gott ist, der Himmel und Erde gemacht hat. Für jeden in Israel, der noch wirklich an Gott glaubte, war das wirklich Licht in der Finsternis! Wie ein feststehender Leuchtturm.
    8. Aber wie würde Gott sich denn beweisen? Wie wird der Berg des Hauses Gottes, denn unerschütterlich feststehen? Wird es durch einen militärischen Sieg geschehen? Durch großes Geld? Das wäre doch die übliche Methode? Die Götter werden doch nicht freiwillig auf ihre Macht verzichten! – Aber Jesaja sieht weder Krieg noch großes Geld. Gott zeigt ihm eine Bewegung:
      „Alle Heiden werden herzulaufen, und viele Völker werden hingehen“ – Die Menschen, die Gott nicht kannten, oder anderen Göttern dienten, werden daherströmen, zum Tempel in Jerusalem. Nicht gezwungen, sondern freiwillig. Die Sprache deutet an: Ganz frei fließen, wie Wasser, strömen. Das ist eine andere, neue Macht! Kein Zwang! Aber auch keine Pull-Faktoren, wie Geld oder Bestechung. Sondern frei von innen heraus werden Menschen die ganz weit weg von Gott sind, sich auf den Weg machen. Ja, wie Pflanzen aus eigenem Antrieb zum Licht hinwachsen, so werden Menschen, die vorher nichts miteinander zu tun hatten, losgehen.
    9. Aber wie wäre das zu erklären? Warum machen sie sich auf den Weg? Was motiviert sie? Was suchen sie? Was versprechen alle diese Menschen sich – und verlassen dabei ihre alten Götter? Gott läßt Jesaja folgendes hören: „Sie sagen: Kommt, laßt uns auf den Berg des HERRN gehen, zum Hause des Gottes Jakobs, daß er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen!“ Sie suchen Lehre, sie brauchen einen Weg, sie merken, wie finster es doch alles ist. Mehr als alle Macht, mehr als alles Geld brauchst du es, daß Gott mit dir spricht. Daß Gott ein Wort für dich hat. Das Licht Gottes, das am jetzt schon am Ende des Tunnels feststeht und leuchtet hat diese Gestalt: Es ist Lehre, es ist Wegweisung. Lehre, die verbindlich und zuverlässig mit dir spricht. So erreicht Gott die Seele des Menschen. Und wenn die Seele erreicht ist, dann macht der Leib sich auf den Weg.
    10. „Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem.“ Gott wird einst von Zion – so heißt der Tempelberg – und von Jerusalem aus die ganze Menschheit ansprechen. Ein für alle Mal. Gott wird sich festlegen. Er wird Licht in das Chaos, die die brutale und gnadenlose Finsternis bringen, die ohne Logik oder Gerechtigkeit ist. Jerusalem wird zum Mittelpunkt der Welt, zum Mittelpunkt der Geschichte, zum Mittelpunkt der Menschheit werden. Und wie? Nicht durch Militär, nicht durch Geld, nicht durch Manipulation von blendenden Medien, nicht durch Zwang. Sondern durch Sprache. Durch verbindliches, feststehendes, wahres Wort.
      Das ist die Gestalt von Gottes Licht. Durch Hören kommen wir auf Gottes Weg. Durch Hören wachsen wir durch die dunkle Kiste dieser dem Licht Gottes entgegen.
    11. „Und er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker.“ – Diese Lehre, diese Botschaft wird zu den Völkern hingehen und sie werden umkehren. Sie werden sich von Gott etwas sagen lassen. Gottes Botschaft wird sie auf den Weg des Lebens bringen, und weg von der Spur, die im Nichts endet.
    12. Und dann kommen berühmte Worte: „Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.“ Diese Worte haben in der DDR Geschichte gemacht. Es ging um Abrüstung und ein Ende aller Kriege. Auch in New York gibt es eine Statue vor den Vereinten Nationen. Was für ein Bild! Schwerter zu Pflugscharen. Statt Leben zu töten Leben ernähren! Jesaja sah das kommen. Es steht jetzt schon fest! Nur wie? Für alle, die auf Gottes Wort hören, wie Jesaja es ausspricht, ist es klar: Gottes Wort tut das. Gottes Wort allein. Ähnlich sagt es der Prophet Sacharja: „Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der HERR.“ (Sacharja 4,6). Gottes Geist ist Gottes Atem, der uns in seinen Worten anweht und erreicht. Wo Gott spricht, und wo Gott gehört wird, da hat dieser Friede schon angefangen.
      Diese Worte des Propheten Jesaja hat Jesus ganz und gar erfüllt. Jesus hat in ganz Israel gelehrt und Gottes Weg ein für alle Mal gezeigt und verbindlich ausgesprochen. Er ist das Licht der Welt. Er hat durch sein Wort von Jerusalem aus über die ganze Erde durch die ganze Menschheit hin gewirkt, und zwar auf die Seelen gewirkt. Jesus hat durch die Verkündigung der Apostel Menschen aus allen Völkern auf den Weg zu Gott gebracht. Jesus ist der Leuchtturm Gottes – wer sollte das denn sonst sein? Der Apostel Petrus schreibt schon ganz am Anfang der Christenheit: „Gott hat euch berufen aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht.“ (1. Petrus 2,9).
      Natürlich wird und muß die Frage kommen: Und all die Kriege? Alle das Blutvergießen? Die ständige Weiterentwicklung der Waffen? Die Menschen können es irgendwie nicht lassen, oder?
      Nun, wir sind noch im Tunnel. Aber wir kennen das Licht. Und durch den Glauben wachsen wir zu ihm ihn. Wir wissen, daß dort das Leben ist. Der Friede hat in deinem und meinem Herzen schon angefangen. Das können die Schwerter nicht mehr ändern.

      Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

    Beitragsbild: Der Mönch am Meer (Caspar David Friedrich)