Pfarrer Johann Hillermann
24.12.2023
Die Gnade unseres HERRN Jesus Christus,
und die Liebe Gottes,
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen. Amen.
Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen.
Galater 4, 4-7
Weil ihr nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater! So bist du nun nicht mehr Knecht, sondern Kind; wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott.
Gebet: Lieber Gott, bitte laß diese Worte in uns neues, unvergängliches Leben schaffen. Amen.
Liebe Gemeinde!
Erfüllte Zeit – was kann das sein?
Wir alle erhoffen uns heute „erfüllte Zeit“. Stunden und Tage, denen nichts fehlt. Begegnungen, die erfüllen. Gespräche, die erfüllen. Zeichen der Liebe, die ankommen. Bis hin zu Mahlzeiten, mit Speisen, die nicht nur sättigen und gut schmecken, sondern auch gute Erinnerungen wecken. Zu einer erfüllten Zeit können auch Wünsche gehören, die in Erfüllung gehen.
Erfüllte Zeit: Das wäre eine Zeit, die weder von der Vergangenheit, noch von der Zukunft infrage gestellt werden. Kein Unfriede oder keine Enttäuschung aus der Vergangenheit, keine Schuld soll ihre Schatten über diese besondere Zeit werfen. Aber auch keine Sorge um die Zukunft, ja, auch keine Reue in der Zukunft, die alles wieder in Frage stellt.
Erfüllte Zeit – dazu gehört: Frieden mit der Vergangenheit, und Hoffnung und Dank in der Zukunft.
Darum bereiten wir uns ja so eifrig vor. Einladungen, Mahlzeiten, Weihnachtszimmer mit Schmuck, Geschenke, Musik, es soll alles stimmen, damit es eine erfüllte Zeit wird.
Wird die Zeit, die Weihnachtszeit erfüllt sein? Nicht nur, ob alles klappt, nicht nur, ob alle sich dann auch verstehen, und einander eine erfüllte Zeit gönnen und ermöglichen – werden Vergangenheit und Zukunft wirklich ihre bedrohliche Macht so verlieren, daß wir Stunden erleben, die Licht und Glanz im Dunkeln sind?
Erst eine erfüllte Zeit ist ein wirkliches Fest.
Gottes Wort kennt die erfüllte Zeit; und sagt uns, wo sie zu finden ist, und lädt uns ein, Teil von ihr zu werden.
Jesus wurde geboren, als die Zeit erfüllt war. Geburten sind so. Erst wenn das Menschenkind im Mutterleib ganz ausgereift ist, kommt es zur Welt. Die Monate, die Wochen, die Tage werden gezählt. Es gibt einen Termin. Bis zum Termin wird sich alles entwickelt haben, so daß das kleine Kind selbst atmen und überleben kann.
So war für das Jesuskind die Zeit im Leib seiner Mutter erfüllt. Er wurde wie alle Menschenkinder von einer Frau geboren.
Doch Gottes Wort meint mehr mit „erfüllter Zeit“.
Es ist eine andere, größere und längere Vorbereitungszeit, ja Schwangerschaft.
Seit wann wurde Jesus erwartet? Ab wann ging die Zeit mit dem Sohn Gottes schwanger? Nicht erst, seit der Erzengel Gabriel seiner Mutter erschien und die wunderbare Geburt ankündigte! Nicht erst, seit der Engel Joseph beauftragte, sich zu Maria und dem wunderbaren Kind zu bekennen!
Wir haben es im Krippenspiel gehört: Die Propheten haben diese Geburt angekündigt, Gott hat durch sie den Geborenen verheißen, versprochen, zugesagt, ankündigen lassen.
Das war Jahrhunderte vorher. Das Volk Israel im Alten Testament war der Ort, wo diese Erwartung, diese Hoffnung gepflegt und aufrechterhalten wurde.
Doch die Initialzündung war ganz am Anfang.
Auf der zweiten Seite der Bibel hören wir von einem, der von einer Frau geboren werden soll.
Das war nach dem Sündenfall. Nachdem das erste Menschenpaar die erfüllte Zeit im Paradies, die Zeit des Urvertrauens zu Gott zerbrochen hatte. Verführt durch den Feind Gottes, der auch der neidische Feind aller Menschen ist, durch den Satan.
Gott sagt dazu gegen die Macht des Bösen, der Lüge und der Zerstörung: „Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen; der soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.“ (1. Mose 3, 15) – Der Nachkomme der Frau wird dem Teufel den Kopf zertreten, dabei wird der Teufel diesem Nachkommen den Fuß stechen, also körperlich schaden. Das ist der Anfang der Erwartung. Seit dieser Katastrophe begleitet Gottes Ansage den Weg der Menschheit.
Ein wunderbares Lied – es heißt: „Die Nacht ist vorgedrungen“ wird diese Tatsache besungen: „Die Nacht – also die Zeit der bedrohlichen Finsternis – ist schon im Schwinden, macht euch zum Stalle auf – nämlich dorthin, wo Jesus zu finden ist! – ihr sollt das Heil dort finden, – jetzt kommts: „Das aller Zeiten Lauf von Anfang an verkündet, seit eure Schuld geschah. Seit die Schuld da ist, die es uns unmöglich macht, eine ganz und gar erfüllte Zeit zu haben, seit dem hat die Menschheit einen Stern, der sie begleitet, damit sie nicht vom Dunkel festgehalten wird: Das ist diese Verheißung Gottes: Es wird einer kommen, von einer Frau geboren. Der wird die Macht des Bösen, bis hin zur Macht des Todes, endgültig brechen und euch heilen.
Die Zeit war erfüllt. Es war soweit. Vor 2000plus Jahren. Dieser Nachkomme der Frau, dieser Jesus konnte erscheinen. Die Begegnung, der Kampf konnte stattfinden. Es konnte alles so passieren, daß es der gesamten Menschheit mitgeteilt werden konnte. Das Volk Israel hatte nun Jahrhunderte lang gewartet, und Gottes Worte bewahrt und bedacht, daß die Erfüllung auch erkannt werden konnte. Nicht nur das: Die Erfüllung konnte über die Grenzen Israels hinaus allen Völkern verkündigt werden. Die Zeit war reif.
Doch wir hören weiter: Jesus ist nicht nur von einer Frau geboren, und damit ein wahrer Mensch, sondern auch „unter das Gesetz getan“.
Das Gesetz ist Gottes Wille.
Das Gesetz erinnert uns daran, daß alles, was wir sind und haben, Gottes Gabe ist. Das Leben ist Gottes Geschöpf und Geschenk, darum sollst du nicht töten. Die Ehe ist Gottes Ordnung für uns Menschen, darum sollst du sie nicht brechen. Die Sprache ist ein wunderbares Geschenk Gottes, darum sollst du nicht lügen. Deine Seele gehört dir nicht so, daß du sie zum Beneiden und Begehren mißbrauchen sollst.
Das Gesetz stellt das fest. Das Gesetz macht, daß nichts egal ist. Gottes Gesetz ist dazu da, dich zu schützen, auch vor dir selbst.
Das Gesetz wird dich nicht in Ruhe lassen. Das Gesetz steht zwischen dir und eine erfüllte Zeit.
Deine Fehler, die Fehler anderer – diese Schuld steht zwischen dir und einem gelungenen Fest. Durch Sünde hat unsere Zeit ein Leck. Ein belastetes Gewissen kann Gottes Gaben nicht annehmen, kann sich nicht mit anderen freuen. Ein Gewissen unter Anklage, das an falsche Entscheidungen erinnert, ist erfüllt von Angst und Sorge um die Zukunft. So nagen Vergangenheit und Zukunft die Gegenwart an. Die Zeit bleibt unerfüllt. Und weil wir alles Sünder sind, sind wir alle damit geplagt. Durch unsere Schuld können wir unsere Zukunft nicht ohne Angst von Gott annehmen, und ebenso können wir unseren Nächsten nicht so liebhaben, wie er und ich es brauchen. Das Gesetz stellt diese Diagnose.
Jesus wurde unter das Gesetz getan. Er hat alles dafür getan, daß uns vergeben wird. Daß das Gesetz uns nicht mehr anklagt. Dazu ist er als Mensch zu uns gekommen. Wir werden es später singen: „Welt ging verloren, Christ ward geboren“, und „Christ ist erschienen, uns zu versühnen.“ Das steht nicht deshalb da, weil es sich reimt, sondern das sind die wahrsten Worte, die ihr alle, jeder einzelne, heute über die Lippen bringen werdet.
Deine Vergangenheit soll dich nicht mehr umbringen oder fesseln oder gefangen halten. Deine Zukunft soll dich nicht überwältigen, überfallen oder von Sorgen aufgefressen werden.
Jesus ist die erfüllte Zeit in Person. Er ist mit dem Gesetz klargekommen. Und wer an ihn glaubt, dem schenkt Er eine erfüllte Zeit. Eine Zeit, die geteilt werden kann, und nicht von Angst getrieben ist. Eine Zeit, die nicht von Mangel, sondern von Fülle geprägt ist.
„Damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen.“ Wir sollen wieder Gottes Kinder werden. Das ist das Ziel. Nicht Kinder der vergänglichen Zeit. Nicht Knechte unserer Vergangenheit oder unserer Sorge. Sondern Gottes Kinder. Gottes Kinder sind von Gottes Liebe getragen. Sie kennen Gottes Vergebung. Sie erleben Gottes Schutz. Sie fragen nach Gottes Willen und sind nicht dem Willen von Menschen ausgeliefert, auch nicht dem eigenen Willen.
Der Segen kommt, und der Fluch geht weg.
Das Geschenk aller Geschenke Gottes ist der Heilige Geist – der macht, daß wir Gott bitten können. Bitten ist besser als Sorgen. Und Gott Danken macht stark gegen die Angst.
Jesus bringt eine erfüllte Zeit. Du erkennst Gottes Gaben und bist dankbar. Und wenn etwas fehlt, verlierst du die Ruhe nicht, denn du bittest.
So rundet unser Predigttext seine Botschaft ab:
„Weil ihr nun durch den Glauben an Jesus Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater! So bist du nun nicht mehr Knecht, sondern Kind; wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott.“
Ein Erbe weiß: Das alles wird mir gehören. Es ist nur eine Frage der Zeit. Ich bin kein Verlierer mehr. Ich kann jedem alles gönnen, Tschüß, Neid, es war nicht schön mit dir, aber geh!
Liebe Gemeinde: Weihnachten ist ein beliebtes Fest. So sehr beliebt, daß auch Menschen, die nicht an Jesus glauben wollen, irgendwie mitfeiern wollen. Sie merken: Hier ist erfüllte Zeit. Der Mensch braucht das. Nehmt aber das Original, und nicht weniger. Den Sohn Gottes, geboren von einer Frau, als die Zeit erfüllt war.
Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.