2. Adventsandacht

Von | Dezember 13, 2023
2. Advent

Pfarrer Johann Hillermann

Gnade sei mit euch und Friede
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus.
Amen.

1 Siehe, das ist mein Knecht – ich halte ihn – und mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat. Ich habe ihm meinen Geist gegeben; er wird das Recht unter die Heiden bringen.
2 Er wird nicht schreien noch rufen, und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen.
3 Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. In Treue trägt er das Recht hinaus.
4 Er selbst wird nicht verlöschen und nicht zerbrechen, bis er auf Erden das Recht aufrichte; und die Inseln warten auf seine Weisung.

Jesaja 42, 1-4

Gebet: HERR, segne Dein Wort an uns, Dein Wort ist die Wahrheit. Amen.

Liebe Gemeinde!
Unser HERR Jesus Christus kommt im Volk Israel als der Angekündigte und der Erwartete an. Gott hat ihn ankündigen lassen, und Israel hat ihn erwartet. Das ist die entscheidende Wahrheit über Jesus. Er erfüllt, was Gott verheißen hat.
Und das bedeutet zweierlei:

  1. Jesus ist nicht als eine Persönlichkeit zu verstehen. Er ist nicht das Ergebnis von Entwicklungen. Jesus läßt sich nicht aus der Geschichte erklären. Er ist nicht das Ergebnis von verschiedenen Einflüssen und Faktoren.
  2. Jesus hat sich als Mensch nicht selbst erfunden. Er hat sich nicht wie ein Genie inszeniert und originelle Ideen entwickelt.
    Der Apostel Paulus sagt: „Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn.“ (Galater 4,4). Jesus ist unser Helfer, weil er uns gegenüber steht. Er steht uns gegenüber, weil Gott ihn zu unserem Gegenüber macht.
    Das bedeutet: Jesus begegnet uns nicht als eine vergangene Persönlichkeit der Geschichte. Er sickert sozusagen nicht aus der Vergangenheit irgendwie in unsere Gegenwart hinein, sondern Er kommt auf uns zu, wir kommen in Seine Gegenwart.
    Das alles steckt in dem ersten Wort unseres Predigttextes: „Siehe!“ – Gott sagt das. „Siehe, das ist mein Knecht!“ Mit dem Befehl – Imperativ „Siehe!“ nimmt Gott dich unter Seine Macht. Deine Augen, dein Bewußtsein, deine Seele soll ausgefüllt sein von dem, was Gott jetzt sagt und worauf er zeigt. Wenn Gott zu uns sagt: „Siehe!“, dann ist das, was Er zeigt, mehr göttlich, als menschlich, mehr göttlich, als weltlich. Es ist von Gott bestimmt und definiert, und nicht von irgend etwas anderem. Es ist auch nicht von deinen eigenen Gedanken oder Sichtweisen bestimmt.
    So ist über allem, was Jesus gesagt und getan hat, auch vor allem Sein Leiden und Sterben, und dann Seine wunderbare Auferstehung – hinter und über dem allem ist das göttliche „Siehe!“
    Dieser Befehl fordert und schafft unsere komplette Zuwendung. Gottes Aufforderung verlangt und bewirkt, daß ein Mensch alles hinter sich läßt und ganz und gar bei dem ist worauf Gott zeigt. Wer Gottes „Siehe!“ vernimmt, der ist nicht mehr bei sich.
    Dieses Wort ist eine Zusammenfassung der ganzen Verheißung der Alten Testaments. Durch Seine Propheten ruft Gott die ganze, ungeteilte Aufmerksamkeit und Erwartung des Volkes Israel auf Seine Zukunft.
    So hören wir denn:
    „Siehe, das ist mein Knecht – ich halte ihn – und mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat.“
    Wir sollen mit unserer ganzen Aufmerksamkeit bei einer Person, bei einer Gestalt sein. Ein Knecht Gottes. Einer, der ganz und ungeteilt unter Gottes Willen steht. Gott hält ihn. Gott schützt ihn. Gott ist bei ihm. –Er ist der Auserwählte, an dem Gott Wohlgefallen hat. So sprach die Stimme vom Himmel herab bei der Taufe Jesu: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe!“ (Matthäus 3, 17). Gott hat sich für ihn entschieden, Gott hat sich an diese Person gebunden. Wir sollen auf ihn schauen.
    In dem Windschatten dieser Worte ist Jesus erschienen. Jesus hat sich nicht selbst entschieden, kein Mensch hat ihn überredet, er hat es sich nicht selbst eingeredet, sondern er hat gehorcht als ein Knecht.
    Wir sollen auf Jesus schauen. So sieht es aus, wenn Gottes Wille geschieht. So i s t Gottes Wille. Wende dich ihm zu, Siehe!
    „Ich habe ihm meinen Geist gegeben; er wird das Recht unter die Heiden bringen.“ Das ist der ganz große Schritt. Im Alten Testament war es unvorstellbar, daß Heiden, also Nicht-Israeliten auch nur annähernd mit Gottes Willen in Berührung kommen könnten. Das Volk Israel war so sehr mit dem Gesetz überfordert, daß es sich nicht vorstellen konnte, wie Heiden den Willen Gottes erfüllen könnten. Es gibt so viele Mißverständnisse. Und: Heiden sind Menschen, die unter falschen Göttern leben, die also von Irrtümern geprägt sind. Wie sollen solche Menschen jemals Gottes Willen erkennen? Sie sind mit Finsternis bedeckt. Ihr ganzes Leben ist eine Finsternis.
    „Siehe!“ , sagt Gott, das ist mein Knecht. Ich gebe ihm meinen Geist, und er wird meinen Willen unter die Menschen bringen. Guck hin! So wird es geschehen? Du kannst es dir nicht vorstellen? Macht nichts! Sorge nicht, schau nur hin!
    Jesus kommt als der, der Gottes Willen so unter die Menschen bringt, daß es Gottes Wille bleibt. Jesus hat den Geist Gottes, das heißt, er hat Gottes Gedanken. Jesus lehrt so, und er lebt so, daß alle Menschen ihm Recht geben müssen. Ohne Zwang. Er ist Gottes Knecht, und nicht der Menschen Knecht. Er dient keiner menschlichen Macht, sondern nur Gottes Macht. Der Geist Gottes leitet ihn, daß er niemals Kompromisse macht. Nicht, wie bei Koalitionsverhandlungen, wo das ursprüngliche Programm nicht mehr erkannt wird!
    Das ist auch geschehen! Jesus hat Seine Apostel ausgesandt in alle Welt, zu lehren alle Heiden, und in allen Völkern ist Gottes Wille und Recht angekommen.
    Wir hören weiter und werden vor den Knecht Gottes gestellt. Wie ist er?
    „Er wird nicht schreien noch rufen, und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen.
    Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. In Treue trägt er das Recht hinaus.“
    Er wirkt nicht durch Überwältigung. Nicht durch Zwang, nicht durch Gewalt. Er wird keinen Lärm machen. Seine Macht wird Zuwendung sein. Er sagt nur das, was wir hören sollen. Er schreit nicht rum, um auf sich aufmerksam zu machen. Er wird nicht rufen, um andere zu übertönen. Dieses Schreien und Rufen ist ja kein Wort an dich und mich, sondern eine Gewalt. Jesus, der Knecht Gottes wirkt und dient durch Treue – also Zuverlässigkeit in Seinem Wort. In Beständigkeit. In Eindeutigkeit. In Klarheit. Er ist nur Inhalt, ohne Lärm.
    Und deshalb ist er sanftmütig. Er erbarmt sich über das geknickte Rohr, er bricht es nicht vollends ab. Er erbarmt sich über den glimmenden Docht und löscht ihn nicht ganz aus.
    Er ist der Knecht, der nicht aufgibt. Es ist Gottes Wille, daß kein Mensch aufgegeben wird. Der Knecht Gottes kann das. Warum? Weil er den Geist Gottes hat. Warum hilft das? Weil Er durch Gottes Geist Gottes Werk im geknickten Rohr erkennen kann. Er sieht Gottes Werk im Glimmen des Dochtes. Er erkennt, was bleiben soll, und was geheilt werden muß.
    Im Glauben begeben wir uns unter diesen Knecht, wir begeben uns in Gottes Behandlung. Denn wir alle sind geknickt, wir sind mehr als als an, und wissen nicht einmal, ob wir noch glimmen.
    So kommt Gottes Wille zu Dir. Der Knecht Gottes bringt ihn.
    „Siehe!“
    „Er selbst wird nicht verlöschen und nicht zerbrechen, bis er auf Erden das Recht aufrichte; und die Inseln warten auf seine Weisung.“ Es wird so scheinen, als ob er verlöscht und zerbricht. Das ist Sein Leiden. Er nimmt unsere Schuld auf sich. Seht hin. Laßt alles hinter euch und seht hin: Er nimmt Lasten auf sich. Er nimmt die Blindheit der Jünger, der Priester, der Soldaten und aller auf sich. Er weicht nicht aus. Es sieht so aus, als ob er verlöschen muß, und zerbrechen wird. Aber es wird nicht so kommen. In Seinem Leiden baut Er ein Recht für die Verlorenen auf. Er tut alles, damit der Sünder Vergebung bekommt. Er richtet ein Recht auf für dich. Und dieses Recht meint alle Menschen. Auch die Inseln, ganz weit weg, die man jetzt noch nicht kennt, denen gilt dieselbe Botschaft.
    Das kann kein Mensch sich ausdenken. Wir sollen hinsehen, und uns von Gott hineinnehmen lassen.

Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.