2.Sonntag nach Trinitatis

Von | Juni 23, 2024

Pfarrer Johann Hillermann am 9.6.2024

Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott, dem Vater, und von dem HERRN Jesus Christus, dem Sohn des Vaters, in der Wahrheit und in der Liebe, sei mit euch!

11 Darum denkt daran, daß ihr, die ihr von Geburt einst Heiden wart und Unbeschnittene genannt wurdet von denen, die äußerlich beschnitten sind,12 daß ihr zu jener Zeit ohne Christus wart, ausgeschlossen vom Bürgerrecht Israels und Fremde außerhalb des Bundes der Verheißung; daher hattet ihr keine Hoffnung und wart ohne Gott in der Welt. 13 Jetzt aber in Christus Jesus seid ihr, die ihr einst Ferne wart, Nahe geworden durch das Blut Christi. 14 Denn er ist unser Friede, der aus beiden eines gemacht hat und den Zaun abgebrochen hat, der dazwischen war, nämlich die Feindschaft. Durch das Opfer seines Leibes 15 hat er abgetan das Gesetz mit seinen Geboten und Satzungen, damit er in sich selber aus den zweien einen neuen Menschen schaffe und Frieden mache 16 und die beiden versöhne mit Gott in einem Leib durch das Kreuz, indem er die Feindschaft tötete durch sich selbst. 17 Und er ist gekommen und hat im Evangelium Frieden verkündigt euch, die ihr fern wart, und Frieden denen, die nahe waren. 18 Denn durch ihn haben wir alle beide in einem Geist den Zugang zum Vater. 19 So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen, 20 erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist, 21 auf welchem der ganze Bau ineinandergefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn. 22 Durch ihn werdet auch ihr mit erbaut zu einer Wohnung Gottes im Geist.

Epheser 2, 11-22

Gebet: HERR, segne Dein Wort jetzt und hier an uns allen. Amen.

Liebe Gemeinde!

Liebe Gemeinde!
Genauso, wie Christen glauben, daß Gott die Welt geschaffen hat, daß Jesus Christus, der Sohn Gottes, der zugleich völlig Gott ist, den ganzen Fluch, der auf der Menschheit lastet, ganz auf sich genommen hat, und daß Jesus ein vollständiger Neuanfang ist, genau so glauben Christen, daß es eine Kirche gibt.
Der Glaube an Gott den Schöpfer, an Gott den Erlöser und an Gott den Heiligen Geist ist untrennbar eins mit dem Glauben, daß eine Kirche Gottes existiert.
Die Kirche ist eine göttliche Wirklichkeit genauso, wie die Vergebung der Sünden und die Auferstehung des Fleisches.

Im Konfirmandenunterricht müssen die Kinder lernen, daß das Wort „Kirche“ verschiedene Bedeutungen hat.

  1. Das Gotteshaus, das Gebäude. Wir gehen zur Kirche, zum Gottesdienst; in dem Haus versammeln wir uns, um Gott zu begegnen und um Seine Gnade zu empfangen, und gemeinsam mit Gebet und Lied darauf von Herzens Grund zu antworten.
  2. Kirche, das ist auch eine Organisation. Sie hat Regeln, sie hat Finanzen, sie hat Mitglieder. Diese Mitglieder haben Rechte und Pflichten. Wir haben unsere Gemeindeordnung, unsere Gemeindeliste, und sind schlecht und recht eine Organisation.
    Innerhalb dieser Organisation arbeiten wir zusammen, regeln alles, und erleben uns als eine Gemeinschaft. In dieser Gemeinschaft kann man sich kennenlernen, und es kann sogar Freundschaften geben. Gerade unsere Kirche, die SELK, kann man erleben als eine große Vernetzung – durch Verwandtschaft, und gemeinsames Musizieren, durch Freizeiten, durch Zusammenhalt und gegen seitige Unterstützung. Das kann eine sehr tröstliche Erfahrung sein.
  3. Aber was ist die Kirche des Glaubens? Was ist die Kirche, die es nur für den Glauben gibt?
    Davon spricht unser Predigttext. Er deckt die tiefste Realität auf, die uns hier miteinander verbindet.
    Und das muß ganz klar sein: Es geht nur durch den Glauben. Es geht nicht durch eine Freundschaft ohne Glauben. Es geht auch nicht durch ein Engagement ohne Glauben. Es geht nicht durch gemeinsame Erlebnisse ohne Glauben –also Erlebnisse wie Musik, oder wie Freizeiten oder Projekte oder was auch immer.
    Unser Predigttext spricht davon, wie zwei Gruppen in der Kirche zusammenkommen. Diese zwei Gruppen haben menschlich gesprochen überhaupt nichts gemeinsam. Nur Gott allein kann sie zusammenbringen. Sie sind das Getrennteste, was es zwischen Menschen geben kann. Und zwischen diesen beiden Gruppen hilft kein guter Wille, keine Organisation, überhaupt nichts. Nur Gott selbst kann sie miteinander verbinden. Nur der Glaube, den Gott selbst höchstpersönlich mit unendlicher Geduld und Liebe in uns Menschen weckt, hegt und schützt, nur dieser Glaube macht es, daß diese beiden Menschengruppen auch zueinanderfinden und zu einer Gemeinschaft werden.
    Paulus spricht von Juden und Heiden. Diese beiden Gruppen fügt Gott selbst zusammen und diese Zusammenfügung ist Gottes Kirche. Paulus, und mit ihm das gesamte Neue Testament sagen uns für alle Zeiten: Wenn Gott Heiden und Juden zusammenfügen kann, dann kann Gott alle Menschen zusammenfügen. Denn der Unterschied zwischen Juden und Heiden ist der allergrößte Unterschied zwischen Menschen.
    Paulus markiert diesen Unterschied ganz deutlich.
    Er spricht von Beschneidung und Unbeschnittensein. Dieser Unterschied an der persönlichsten körperlichen Stelle war das unzweideutige Zeichen: Man gehört zum Volk Israel, oder eben nicht. Und dieser Unterschied bedeutete einfach alles.
    Die Unbeschnittenen nennt Paulus: Fremde, ausgeschlossen von der Gemeinschaft mit Gott, ohne Gott, ohne Hoffnung, außerhalb des Bundes der Verheißung, sie sind ferne, ohne Rechte. Zusammengefaßt: Ihr wart ohne Gott in der Welt.
    Das sind die Heiden.
    Die Juden hingegen haben das alles. Gott hat mit ihnen gesprochen. Sie haben eine Hoffnung, weil Gott mit ihnen gesprochen hat, weil Gott ihnen Seinen Willen, Seine Gebote, Seine Absichten mitgeteilt und offenbart. Gott hat dem Volk Israel Seinen Plan und Seine Zukunft gezeigt. Das ist die Verheißung. Das Volk Israel hat seine Wurzel darin, daß Gott schon dem Abraham verhieß: Du und deine Frau Sara werdet einen Sohn bekommen und werdet Vorfahren eines riesigen Volkes werden. Abraham hat das gegen alle Vernunft Gott zugetraut. In diesem Glauben des alten Abraham war das ganze Volk Israel schon da vor Gott.
    Das kann von keinem anderen Volk gesagt werden.
    Und das ist der größte Unterschied, den es zwischen Menschen gibt. Diese Offenbarung ändert alles. Mit Gott sein ist etwas ganz und gar anderes, als ohne Gott sein. Da hilft es überhaupt gar nichts, zu sagen: Wir sind doch alle Menschen, und alle Menschen sind gleich. So kann nur sprechen, wer Gott nicht kennt. Wer Gott kennt, muß sofort auch sagen: Ein Mensch der Gott kennt, ist ein völlig anderer, als ein Mensch, der ohne Gott ist. Das liegt nicht am Menschen, sondern an Gott. Gott macht den großen Unterschied. Sonst ist Er nicht Gott.
    Deshalb war der Unterschied zwischen Juden und Heiden der größte Unterschied, den es zwischen Menschen geben konnte.
    Unser Predigttext spricht sogar von Feindschaft. Das – und Ferne, Fremdheit, Unfrieden. Es waren verschiedene Welten.
    Es gab praktisch keine gemeinsame Sprache. Wir können uns das nicht vorstellen.
    Das ganze Neue Testament ist durchdrungen von dieser Grenze.
    Denken wir nur daran, wie eine nichtjüdische Frau Jesus bittet, ihre besessene Tochter zu heilen. Was sagt Jesus? „Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Volks Israel gesandt!“ (Matthäus 15,25). Oder: Als die Hohenpriester Jesus dem Römer Pilatus ausliefern, wird genau darauf geachtet: Die Hohenpriester und die Ältesten „gingen nicht hinein in das Richthaus, auf daß sie nicht unrein würden, sondern das Passafest feiern könnten.“ (Johannes 18, 28). Und so auf Schritt und Tritt!
    Davon spricht Paulus wiederholt in unserem Text. Er spricht von einem Zaun. Von Feindschaft.
    Es war eine Trennung, die so groß und tief war, daß Menschen sie von sich aus nicht überwinden konnten. Auch nicht durch Gesetze oder durch Erziehung oder Propaganda. Die Griechen hatten das versucht. Doch man kann in den Büchern der Makkabäer (in den Apokryphen zwischen dem Alten und dem Neuen Testament) lesen, wie das zu erbitterten Kriegen führte.
    Und das alles, weil in Israel das Bewußtsein herrschte: Den einen Gott kennen macht einen Unterschied. Gott hat sich uns offenbart. Gottes Zukunft ist mit Seinem Volk verknüpft. Wer diesen Unterschied verleugnet, der verleugnet Gott. Menschen können diesen Zaun nicht brechen, diesen Unterschied nicht aufheben, diese Feindschaft nicht beenden.
    Menschen nicht, aber Gott.
    Und jetzt kommt Paulus mit dem Evangelium.
    Was hat Jesus Christus getan – und vor allem: Wie hat Jesus es getan?
    Jetzt werdet ihr besser verstehen, was Paulus meint, wenn er folgendes schreibt:
    „Jetzt aber in Christus Jesus seid ihr, die ihr einst Ferne wart, Nahe geworden durch das Blut Christi.
    Denn er ist unser Friede, der aus beiden eines gemacht hat und den Zaun abgebrochen hat, der dazwischen war, nämlich die Feindschaft. Durch das Opfer seines Leibes hat er abgetan das Gesetz mit seinen Geboten und Satzungen, damit er in sich selber aus den zweien einen neuen Menschen schaffe und Frieden mache und die beiden versöhne mit Gott in einem Leib durch das Kreuz, indem er die Feindschaft tötete durch sich selbst.
    Und er ist gekommen und hat im Evangelium Frieden verkündigt euch, die ihr fern wart, und Frieden denen, die nahe waren.
    Denn durch ihn haben wir alle beide in einem Geist den
    Zugang zum Vater.“
    Zwischen dem Juden und dem Heiden, die bis dahin hilflos einander gegenüberstanden, kommt Jesus Christus.
    Jesus bringt Gottes Nähe zu Juden und Heiden.
    Jesus ist der Friede zwischen Juden und Heiden.
    Jesus hat den Zaun abgebrochen, der zwischen beiden war.
    Er hat das Gesetz Gottes, das beide, Juden und Heiden voneinander trennte, beendet. Wie? War es nicht das Gesetz von Gott selbst?
    Jesus hat das getan, weil Er „seinen Leib geopfert hat“. Er hat am Kreuz beide, die Juden und die Heiden, mit Gott versöhnt.
    Jesus hat den Heiligen Geist über beide Juden und Heiden ausgeteilt, so daß beide, Juden und Heiden durch Jesus den Zugang zu Gott dem Vater haben.
    Alles geschieht ganz und gar durch Jesus Christus, durch Sein Opfer am Kreuz, durch Sein Blut.
    Jesus ist der eine Baustein, der das Gebäude zusammenhält, in dem Juden und Heiden zusammen von Gott selbst eingebaut werden. So hören wir es bei Paulus:
    „So seid ihr (Heiden) nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen,
    erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist, auf welchem der ganze Bau ineinandergefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn. Durch ihn werdet auch ihr mit erbaut zu einer Wohnung Gottes im Geist.“
    Jesus ist Mensch geworden, und hat alles getan, bis hin zu seiner Hingabe als Opfer am Kreuz, daß Juden und Heiden zusammen in einer Kirche sind.
    Dieser Bau existiert nur dort, wo beide Juden und Heiden glauben: Gott hat in Jesus gehandelt. Gott der Vater hat das Opfer von Seinem Sohn Jesus Christus angenommen. Durch Jesus ist alles anders geworden. Und das heißt aber auch: Wer das glaubt, der glaubt auch, daß die Vergebung der Sünden genau das ist, was uns in der Kirche verbindet. Die Vergebung Gottes fügt uns in die Kirche ein. Wer nicht einsieht, daß er ein Sünder ist und dringend Vergebung braucht, der muß sich fragen, was er eigentlich in der Kirche sucht.
    Für jeden Christen ist diese Vergebung eine unsichtbare Umhüllung, die ihn umgibt, trägt, schützt und auch ehrt.
    Durch den Glauben an Jesus nehmen wir ihn bei uns und bei anderen wahr. Diese Vergebung ist das, was uns verbindet und trägt.
    Ohne immer wieder aufs Neue zu Jesus zurückzukehren, ohne immer wieder aufs Neue Sein Opfer für unsere Schuld zu bedenken verschwindet die Kirche. Für eine Zeit werden die äußeren Formen bestehen, aber das Herz fehlt, der Grundstein fehlt. An seine Stelle treten dann andere Dinge, die scheinbar verbinden: Freundschaft, Ideologie, gemeinsame Unternehmungen und Projekte, Pflege von Musik und Gebäuden und Kontakten. Aber das trägt nicht.
    Mit Jesus, mit Seiner Vergebung, können wir das alles auch haben. Aber der Glaube muß an der ersten Stelle stehen.