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2. Sonntag nach Trinitatis

Gnade, Barmherzigkeit, Friede
von Gott, dem Vater
und von dem HERRN Jesus Christus
sei mit euch.
Amen.

15 Als aber einer das hörte, der mit zu Tisch saß, sprach er zu Jesus: Selig ist, der das Brot ißt im Reich Gottes!
16 Er aber sprach zu ihm: Es war ein Mensch, der machte ein großes Abendmahl und lud viele dazu ein.
17 Und er sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, den Geladenen zu sagen: Kommt, denn es ist alles bereit!
18 Und sie fingen an alle nacheinander, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muß hinausgehen und ihn besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. 19 Und der zweite sprach: Ich habe fünf Gespanne Ochsen gekauft und ich gehe jetzt hin, sie zu besehen; ich bitte dich, entschuldige mich.
20 Und der dritte sprach: Ich habe eine Frau genommen; darum kann ich nicht kommen.
21 Und der Knecht kam zurück und sagte das seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen, Verkrüppelten, Blinden und Lahmen herein.
22 Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist aber noch Raum da.
23 Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, daß mein Haus voll werde.
24 Denn ich sage euch, daß keiner der Männer, die eingeladen waren, mein Abendmahl schmecken wird.

Lukas 14, 15-24

Gebet: HERR, segne heute Dein Wort an unseren Herzen, laß es große Dinge tun. Amen.

Liebe Gemeinde!
Höflichkeit ist gut, ist aber nicht genug.
Man braucht Umgangsformen, um sich selbst nicht im Weg zu stehen. Zuhören können, Vortritt lassen, gegenseitige Wertschätzung, Rücksicht nehmen – alles Dinge, die ein Mensch lieber früher als später im Leben lernen sollte.
Im heutigen Evangelium haben dreieinhalb Fälle von Höflichkeit. Nicht ganz vier.
Für sich genommen, tun sie nichts Falsches, aber dem Reich Gottes gegenüber ist es nicht genug.
Die erste Höflichkeit ist gleich am Anfang des Textes:
„Einer, der mit zu Tisch saß, sprach zu Jesus: Selig ist, der das Brot ißt im Reich Gottes!“ Das war nämlich gerade Thema gewesen. Es ging um Einladungen, Festessen, welchen Platz man bei Tisch hat – und da fand ein Gast es nun besonders passend, diese Worte zu Jesus zu sagen. Denn Jesus war ja ein Lehrer oder Prophet, da konnte man mit diesen Worten nichts falsch machen: „Selig ist, der das Brot ist im Reich Gottes!“ – Denn: Wer weiß, wann das Reich Gottes kommt, oder wo es ist! Jesus der Lehrer kann sich freuen, daß ich kein Problem mit ihm habe und so etwas Allgemeines sage!
Das ist höflich. Es soll Jesus als Lehrer schmeicheln. Jesus hatte viele Kritiker und Gegner. Hier war mal einer, der mit Jesus kein Problem hatte. Sehr freundlich!
Aber es ist nicht genug. Es ist gut gemeint, aber bekanntlich ist ja das Gegenteil von gut eben: Gut GEMEINT.
Doch Jesus bleibt auch freundlich. Er sagt dem höflichen Zeitgenossen nicht direkt: Du bist dabei, das Reich Gottes in Ewigkeit zu verpassen; deine Höflichkeit ist an dieser Stelle ein Problem! – Das sagt Jesus nicht direkt, sondern in einem Gleichnis.
Es ist die große Einladung zum Fest.
Alle Gäste wissen Bescheid. Es ist eine riesige Ehre eingeladen zu werden. Sie sollen dazugehören. Sie wissen, daß das Fest näherkommt.
Die Vorbereitungen laufen schon. Essen, Trinken, Schmuck, Musik, Unterhaltung, Tische: Alles wird zum Wohl und zur Freude der Gäste zusammengebracht, an nichts wird gespart.
Und dann kommt das Zeichen: Ist es soweit? – Ja, es ist soweit!
Jetzt geht der Knecht los und ruft die Gäste hinein. Kommt, denn es ist alles bereit!
Es hagelt Höflichkeiten:
„Es tut mir so leid! Ich bitte um Verständnis! Ich habe gerade einen Acker gekauft, ich MUß den jetzt besehen. Gerade jetzt! So ein Pech! Also nächstes Mal komme ich dann bestimmt, ja? Das wird bestimmt schön. Ich bitte dich, entschuldige mich!“
Der nächste hat gerade 5 Joch Ochsen gekauft. Dasselbe Problem.
Das sind schon 3 ganze Höflichkeiten.
Dann die eine halbe Höflichkeit:
„Ich habe eine Frau genommen, und kann nicht kommen.“ Keine Entschuldigung. Warum? Das muß man doch nicht erklären! Das wird jeder verstehen. Ich habe eine Frau genommen, das ist jetzt das Allerwichtigste.

Höflichkeit ist: Nichts falsch machen.
Einen Acker, oder 5 Joch Ochsen kaufen ist nichts Böses, eine Frau heiraten schon gar nicht. Gott gibt Seine Gaben. Und wir sollen sie dankbar annehmen.
Es ist gut gemeint, aber jetzt das Gegenteil von gut.

Liebe Gemeinde! Der Mann, der kein Problem mit Jesus hatte, hat ein riesiges Problem, das ist, was Jesus ihm klarmacht.
Denn der höfliche Mann könnte durch seine Höflichkeit das ewige Leben verpassen. Das eine Fest Gottes.

Jesus übertreibt fast immer in seinen Gleichnissen.
Hier hält man die Luft an, weil diese geladenen Gäste sich so selbstgefällig entschuldigen. Sie wußten doch vorher, daß das Fest kommt. Der Acker, oder die Ochsen wären nicht verlorengegangen, wenn ihre höflichen Käufer erst zum Fest gegangen wären. Sie hätten sich mit ihrer ausgewählten Höflichkeit ja auch bei den Geschäftspartnern entschuldigen können! – Und der stolze Bräutigam hätte sicher seine Braut überzeugen können, mitzukommen auf dieses sagenhafte Fest.
Aber nein! Sie lassen das Einmalige links liegen, und halten sich fest an dem, was sie für ihren Alltag organisiert haben.
Das ist die eine Übertreibung im Gleichnis.
Die andere Übertreibung ist der unbändige Wille des Gastgebers zu Feiern. Das Fest MUß stattfinden!
Der Knecht wird zweimal losgeschickt, die unwahrscheinlichsten Gäste einzuladen:
„Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen, Verkrüppelten, Blinden und Lahmen herein.
Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist aber noch Raum da.
Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, daß mein Haus voll werde.“
Der Herr will, daß das Fest gefeiert wird, das Haus soll voll werden. – Mit Leuten, die damit überhaupt nicht gerechnet hatten. „Nötige sie, hereinzukommen!“ – Die werden ja sagen: Moment, also, ich? Ich passe doch nicht! Ich bin doch nicht fein genug! Gerade die Armen, Blinden, Verkrüppelten und Lahmen – was wird das für eine Gesellschaft?
Egal! Glaubt mir, sagt der Knecht, das ist jetzt für euch, so kommt doch!
Und dann wird es ganz ganz ernst. Der Herr sagt: „Ich sage euch, daß keiner der Männer, die eingeladen waren, mein Abendmahl schmecken wird.“
Das haben sie dann von ihrer ausgesuchten Höflichkeit: Sie sind für immer draußen. Sie werden mit ansehen, wie die Letzten die Ersten sind – im Fest, und wie sie, die die Ersten waren, auf einmal die Letzten sind.
Das sagt Jesus dem höflichen Gast, der nichts Falsches sagt, und mit Jesus kein Problem hat.
Du hast ein Problem. Und diese anderen, von denen du meinst, daß sie ein Problem haben, diese Armen, die werden große Freude haben.
Jesus ist freundlich genug, dem Mann ein Gleichnis zu erzählen, damit er von selbst darauf kommen kann: Das Reich Gottes ist nicht irgendwo weit weg, so daß man höflich, aber unverbindlich darüber plaudern kann. Aber nicht nur das: Jesus spricht über sich selbst. Denn er ist der Knecht, der zum Fest ruft.
Und Gott ist der Herr, der ein Fest bereitet hat, und mit Seinem göttlichen Willen absolut nicht zu bremsen ist: Das Fest WIRD gefeiert. Es kann keinen guten Grund geben, diese Einladung abzulehnen. Warum? Weil alles auf dem Fest Gottes größer und mehr ist, als Acker, Ochsen und eigene Hochzeit.
Man muß genauer hinsehen:
Die ursprünglich geladenen Gäste sind das Volk Israel. Die wußten Bescheid, daß das Reich Gottes kommt. Gott hatte Sein Volk schriftlich eingeladen. Durch das Gesetz und die Propheten wußte das Volk Israel: Wir sollen alle anderen Götter ignorieren, alle Gaben von unserem Gott annehmen, und Seine Gebote einhalten. Nichts eigenmächtig tun oder nehmen, sondern immer Gott vor Augen behalten. Denn am Ende ist ein Fest.
Ein Fest ist ja so: Es ist alles für dich: Die Speisen, die Getränke, die Musik, die Unterhaltung: Es ist alles zu deiner Freude bereitgestellt. Mit viel Mühe, vielen Kosten, viel Arbeit. Alle Vorbereitungen haben deine Freude im Blick gehabt, damit du Freude hast mit allen deinen Sinnen. Du als Gast mußt nur deinen Platz einnehmen. Die Zeit abwarten, und dich vom Festordner ordnen lassen: Jetzt eintreten, jetzt setzen, jetzt diese Speise, jetzt diese Musik.
So hat Gott Seinen Willen kundgetan. In Seinen Geboten. Jede Gabe Gottes hat auch ihre Regel, ihre Ordnung. Damit wir sie als GOTTES Gabe empfangen können.
Die Sünde hat das alles zerstört. Falsche Götter zerstören unsere Seele. Falsche Medien ebenso. Respektlosigkeit schadet sich selbst. Gottes Gaben werden verdorben und verwüstet.

Darum hatte Gott Israel verkündigt: Es kommt das Fest der Versöhnung, der Vergebung. Gottes Sohn wird kommen, er wird die Macht der Sünde brechen, und Frieden schaffen. Gerade die Propheten haben Israel darauf vorbereiten müssen.
Dann kam Jesus, der das Fest in Person ist. Er bringt die Vergebung. Er bringt die Freude, die jetzt anfängt, und nicht mehr aufhört. Er bringt die Heilung.
Und mußte die Erfahrung machen: Alle haben ihre Gründe, nicht zu kommen, nicht zu glauben. Viele blieben höflich, aber sie folgten ihm nicht.
Sie schienen nichts Falsches zu tun.
Aber wenn das Richtige bedeutet: Ich folge Gottes Einladung nicht, dann ist das Richtige tödlich.
Vor der großen Einladung mußte der Acker mindestens an den zweiten Platz. Im Angesicht der großen Einladung mußten die Ochsen für einen Moment komplett vergessen werden. Das kleine Hochzeitsfest des Mannes mit der halben Höflichkeit war einfach nichts im Vergleich zu dem Fest mit Gott.
Jesus mußte dem Mann da bei Tisch klarmachen:
Ich hier, ich bin jetzt das Größte, Notwendigste und Wichtigste, denn ich bin gekommen, deine Seele zu retten.
Und was hilft es, wenn du die ganze Welt gewinnst, aber deine Seele schadest?
Trachte am ersten nach dem Reich Gottes, dann wirst nicht nur einen Acker haben, sondern Himmel und Erde erben!
Glaube mir, und du wirst nicht nur 5 Joch Ochsen haben, sondern du wirst genug zu danken haben, daß du mit dem Danken nicht aufhören kannst!
Nimm meine Liebe an, und dann wird deine Liebe zu deiner Frau ein Segen sein!
Wenn deine Seele nicht in Sicherheit ist, dann hilft dir dein Acker nicht, dann helfen auch nicht die Ochsen, und dann hilft leider auch nicht deine Ehe.
Die Seele braucht es dringend, daß Gottes Gaben wieder von Gott kommen, und ich sie mir nicht selber nehme, oder nur von Menschen annehme.
Die Seele braucht Vergebung, sie braucht die Sicherheit: Gott meint es gut mit dir, du hast deinen festen Platz bei Gott.
Auf einem gelungenen Fest ist es ja so: Durch jedes Detail strahlt die Liebe und die Freude: Das ist für Dich! Wie gut, daß du da bist. Mit anderen Worten: Die Seele darf vorkommen, sie kann sich trauen, die Genüsse anzunehmen, denn sie weiß: Ich bin gemeint, das ist mir zugedacht.
Jesus ist gekommen, damit unsere Seelen durch Gnade und Vergebung wieder glauben können: Gott liebt mich, Gott will, daß ich dabei bin, Gott versorgt mich, Gott sichert meine Freude. Ich darf vertrauen, es wird gut sein.
Wer da höflich ablehnt, der weiß einfach nicht, was er tut! Der hat ein riesiges Problem!
Denn Sünde bedeutet: Du verlierst deine Seele. Und das bedeutet: Du verlierst die Freude. Du verlierst die Möglichkeit zu lieben und Liebe anzunehmen. Du verlierst das Vertrauen.
Das kannst Du nicht wollen!
Die Männer im Gleichnis verstecken unter ihrer Höflichkeit das Mißtrauen: Wenn ich jetzt nicht meinen Acker besehe, dann verliere ich ihn.
Wenn ich jetzt Jesus nachfolge, dann könnte ich mein bisheriges Leben verlieren. Wenn ich auf Gott höre, dann wird Gott mir bestimmt alles verbieten! Lieber nicht! So ist das doch.
Gott? Das ist im Moment nicht so meins! Vergebung? Das brauchen andere, ich komme klar! Gemeinde? Das ist doch nur Streß, oder Langeweile!
Man kann sich Gottes Fest nicht vorstellen.
Und verliert seine Seele.
Das darf nicht passieren!
Freuen wir uns lieber mit den Armen, Blinden, Lahmen und Verkrüppelten! Staunen wir lieber mit denen, die Gott aus einem Leben ohne Gott in Sein Reich gerufen hat!

Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Trinitatis

Die Gnade unseres HERRN, Jesus Christus,
und die Liebe Gottes,
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen. Amen.

1 In dem Jahr, als der König Usija starb, sah ich den Herrn sitzen auf einem hohen und erhabenen Thron und sein Saum füllte den Tempel.
2 Serafim standen über ihm; ein jeder hatte sechs Flügel: Mit zweien deckten sie ihr Antlitz, mit zweien deckten sie ihre Füße und mit zweien flogen sie.
3 Und einer rief zum andern und sprach:
Heilig, heilig, heilig ist der HERR Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll!
4 Und die Schwellen bebten von der Stimme ihres Rufens und das Haus ward voll Rauch.
5 Da sprach ich: Weh mir, ich vergehe! Denn ich bin unreiner Lippen und wohne unter einem Volk von unreinen Lippen; denn
ich habe den König, den HERRN Zebaoth, gesehen mit meinen Augen.
6 Da flog einer der Serafim zu mir und hatte eine glühende Kohle in der Hand, die er mit der Zange vom Altar nahm,
7 und rührte meinen Mund an und sprach: Siehe, hiermit sind deine Lippen berührt, daß deine Schuld von dir genommen werde und deine Sünde gesühnt sei.
8 Und ich hörte die Stimme des Herrn, wie er sprach: Wen soll ich senden? Wer will unser Bote sein? Ich aber sprach: Hier bin ich, sende mich!
9 Und er sprach: Geh hin und sprich zu diesem Volk: Höret und verstehet’s nicht; sehet und merket’s nicht!
10 Verstocke das Herz dieses Volks und laß ihre Ohren taub sein und ihre Augen blind, daß sie nicht sehen mit ihren Augen noch hören mit ihren Ohren noch verstehen mit ihrem Herzen und sich nicht bekehren und genesen.
11 Ich aber sprach: Herr, wie lange? Er sprach: Bis die Städte wüst werden, ohne Einwohner, und die Häuser ohne Menschen und das Feld ganz wüst daliegt.
12 Denn der HERR wird die Menschen weit wegtun, sodaß das Land sehr verlassen sein wird.
13 Auch wenn nur der zehnte Teil darin bleibt, so wird es abermals verheert werden, doch wie bei einer Eiche und Linde, von denen beim Fällen noch ein Stumpf bleibt. Ein heiliger Same wird solcher Stumpf sein.

Jesaja 6, 1-13

Gebet: Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist: Öffne unsere Augen, Ohren und Herzen für Deine Herrlichkeit! Amen.

Liebe Gemeinde!
Jeden Sonntag singen Christen auf der Erde zwei Gesänge mit den Engeln im Himmel:
Der erste Gesang ist das „Ehre sei Gott in der Höhe, und Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.“ Das ist der Gesang der himmlischen Heerscharen bei der Geburt unseres HERRN Jesus Christus, der Menschwerdung Gottes in Bethlehem.
Der andere Gesang ist in unserem heutigen Predigttext zum Sonntag Trinitatis: Es ist das „Heilig, heilig, heilig ist Gott der HERR Zebaoth, alle Lande sind Seiner Ehre voll.“
Diese Gesänge der Engel machen klar: Der Ursprung des christlichen Gottesdienstes ist im Himmel. Der Maßstab, das Urbild, die Grundlage und die eigentliche Bedeutung unserer Feier als versammelte Christen kommt nicht aus unseren Gedanken oder Gefühlen, sondern vom Himmel. Der Sinn von allem, von jedem Wort im Gottesdienst kommt aus der größeren Wirklichkeit, die alles trägt, was wir sind und tun. Der Ursprung ist im Himmel. Gottes Überlegenheit.
Das kommt uns unwirklich vor.
Jesaja aber merkt ganz überdeutlich: „Weh mir! Ich vergehe!“
Warum sagt er: „Ich vergehe?“ Weil Jesaja einfach erlebt, daß er einer Wirklichkeit begegnet, die größer, wichtiger, schöner, heiler, ja heiliger ist als er. Unendlich größer, wichtiger, heiler und schöner. „Ich vergehe!“ Jesaja begegnet seinem Schöpfer, Jesaja begegnet seiner eigenen Ursache, den Grund dafür, daß es ihn gibt. Jesaja erlebt sich selbst als unwirklich.
Und das stellt ihn vollständig in Frage. Er fühlt, als könnte er jeden Moment verschwinden – in sich empfindet er keinen Grund dafür, daß es ihn geben muß. Jesaja erlebt die Wahrheit, daß er sich und sein Leben nicht sich selbst verdankt. Er hat sich nicht gemacht. Er hat sein Leben nicht in der Hand.
Und das alles, weil er einen Moment den HERRN auf Seinem Thron sitzen sieht, und einen Moment den ewigen Gottesdienst der unsichtbaren Welt miterlebt.
Er sieht den HERRN auf Seinem Thron. Vom Thron aus wird Macht ausgeübt, regiert, bestimmt, geurteilt, über Sein oder Nichtsein entschieden. Der Thron ist „hoch und erhaben“, also er ist über alles. Über ihn bestimmt nichts. Auch nicht die Zeit, liebe Gemeinde, das ist ganz wichtig!, auch nicht der Strom der Zeit, der für uns alles wegspült, verändert, entwickelt, oder untergehen läßt. Wir sind der Zeit völlig unterworfen. Man kann aus der Zeit einen Götzen machen. Die Zeit soll alles erklären. Warum man heute andere Regeln hat. Warum Gottes Wort nicht mehr gelten soll. Das ist eben „die Zeit“. Dieser Thron ist über den Zeiten und lenkt sie, herrscht über sie, wird nicht durch die Zeit verändert, oder gar beseitigt.
Dann ist interessant, daß Jesaja beschreibt: „Sein Saum füllte den Tempel“. Der Saum ist der Übergang von, sagen wir mal, „Kleid“ und „Nicht-Kleid“. Der Saum ist der Rand, die Grenze. Aber das Kleid steht für die Person, für die Würde und auch das Gegenüber. Durch Kleidung stellt ein Mensch sich mir dar, ich kann mich auf ihn beziehen, ihm begegnen.
Nun sagt Jesaja: Der Rand, die Grenze der Person Gottes, füllt den Tempel aus. Das heißt: Der Tempel ist von Gott erfüllt – der Mensch begegnet im Tempel sofort und nur Gott, und nicht sich selbst, oder anderen Menschen. Nur Gott. Aber was ist im Tempel ist, das ist nur der Rand, nur der Übergang. Im Tempel begegnet Jesaja mehr, als der Tempel überhaupt fassen kann. Die Unendlichkeit legt sich einen Saum an, damit der Mensch überhaupt eine Möglichkeit hat, ihr zu begegnen.
Diese Herrlichkeit ist umgeben von zwei flammenden Engeln, Seraphim, die mit 6 Flügeln ausgestattet das Lob des HERRN singen:
„Heilig, Heilig, Heilig ist Gott der HERR Zebaoth.“ Zebaoth heißt: Die Heerscharen, die Armeen, die Massen der gehorsamen Schöpfung in der unsichtbaren Welt.
Also Jesaja spürt am eigenen Leib:

  1. Er ist eine verschwindende Minderheit. Er wird völlig überstimmt und übertönt. Mit irgendeiner Meinung kommt hier nicht gegenan. Drei Mal heilig. Das steht fest. Der Herr ist heilig. Im Recht. Gerecht. Rein. Wahr. Würdig. Voller Herrlichkeit. Quelle aller guten Gaben. Urheber aller Schönheit. Geber alles, was sinnvoll ist. Unvereinbar mit Lüge, Häßlichkeit, Bosheit.
    Jede christliche Gemeinde, ja alle Christen einer Generation sind eine kleine Minderheit gegen die Engel im Himmel, und im Vergleich zu deren Gesang.
  2. Jesaja spürt aber auch: Ich passe hier nicht hin.
    Gott begegnen ist gefährlich. Weil wir Menschen aus kompletter Dummheit sein wollen wie Gott, oder gar im Wahn uns an Gottes Stelle setzen wollen. Selbst bestimmen wollen, was Gut und Böse ist.
    „Weh mir, denn ich bin unreiner Lippen und wohne unter einem Volk von unreinen Lippen; denn ich habe den König, den HERRN Zebaoth, gesehen mit meinen Augen.“ Jesaja wird überwältigt von der Erkenntnis: Ich habe gelebt, aber nicht vor diesem Heiligen Gott. Meine Worte sind unpassend gewesen. Mein Leben ist geprägt davon, daß es unheilig ist, nicht mit Gott rechnet, Gott nicht ernst nimmt. Mein Leben ist dabei, sich aufzulösen, weil es nichts taugt. Das ist ein Sündenbekenntnis. Jesaja fühlt in seiner Haut: Nur Gott ist wirklich, ich, meine Gedanken Worte und Werke sind unwirklich, haben keinen Bestand. Sie haben keinen Halt in Gott, sie lösen sich auf, wie Wachs im Feuer.
    Dann erlebt Jesaja eine Reinigung. Gott sendet einen Engel, der mit einer feurigen Kohle seine Lippen berührt und ihm die Sünden vergibt. Das kann nur vom Himmel, vom Thron, aus der Überlegenheit Gottes kommen. Und es geschieht.
    Danach wird Jesaja zum Propheten gesandt:
    „Und ich hörte die Stimme des Herrn, wie er sprach: Wen soll ich senden? Wer will unser Bote sein? Ich aber sprach: Hier bin ich, sende mich! Und er sprach: Geh hin und sprich zu diesem Volk“ – eben noch war Jesaja so gut wie tot – und dann gibt der HERR ihm einen Auftrag für das Volk Gottes. Große Dinge passieren in ganz kurzer Zeit, in einer Begegnung.
    Liebe Gemeinde, zu diesem Lobgesang der Engel möchte ich heute zwei weitere Dinge hervorheben:
  3. Der Gesang war schon sehr früh Teil des christlichen Gebetslebens. Seinen festen Platz bekam er im 4. Jahrhundert, um die Dreieinigkeit Gottes, Vater, Sohn und Heiliger Geist, vor Gott und den Menschen zu bekennen und zu preisen. Der Schöpfer, der Jesaja geschaffen hat, und die Engel, Gott der Sohn, der mit Jesaja spricht, und ihm seine Sünden vergibt, und Gott der Heilige Geist, der Jesaja neu schafft, umbaut, und für seinen Beruf als Propheten begabt. Die Christenheit hat von Anfang an Gott als den Dreieinigen bezeugt. Noch besser: Die Christenheit hat von Anfang an bezeugt, daß Gott sich immer schon als der Dreieinige offenbart hat. Das ist nicht ein Ergebnis einer Entwicklung, die der Zeit unterworfen wäre. Diese Wahrheit ist der Zeit überlegen. Das erkennen wir auch daran, daß wir im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes hören : „Und eine jede der vier Gestalten vor Gottes Thron hatte sechs Flügel, und sie waren außen und innen voller Augen, und sie hatten keine Ruhe Tag und Nacht und sprachen: Heilig, heilig, heilig ist Gott der Herr, der Allmächtige, der da war und der da ist und der da kommt.“ (Offenbarung 4,8).
  4. Im Johannesevangelium hören wir, daß Jesaja in dieser Begegnung die Herrlichkeit des Sohnes Gottes gesehen hat:
    „Das hat Jesaja gesagt, weil er seine Herrlichkeit sah und redete von ihm.“ „Seine“: Das ist Jesu Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes Gottes. Jesus ist Gott. Jesus ist heilig. Jesus muß sich nicht ändern, Jesus ist nie unpassend. Wenn er kommt, dann kommt Gott, wenn er spricht, dann spricht Gott, wenn er handelt, dann handelt Gott. Wer zu ihm kommt, der kommt zu Gott. Wer ihn ablehnt, der lehnt Gott Gott ab, wer ihn annimmt, der nimmt Gott an. (Matthäus 10, 40; Johannes 13,20).
    Wo wir beim Neuen Testament sind:
    Der Auftrag, den Jesaja bekommt, ist ja erschreckend. Er soll predigen, aber ohne Aussicht auf Erfolg: „Geh hin und sprich zu diesem Volk: Höret und verstehet’s nicht; sehet und merket’s nicht! Verstocke das Herz dieses Volks und laß ihre Ohren taub sein und ihre Augen blind, daß sie nicht sehen mit ihren Augen noch hören mit ihren Ohren noch verstehen mit ihrem Herzen und sich nicht bekehren und genesen.“
    „Höret, und verstehet’s nicht!“ Diese Worte werden im Matthäusevangelium (Matthäus 13, 14), im Johannesevangelium (Johannes 12, 40) und im Römerbrief (Römer 11, 8) zitiert. Man kommt an ihnen einfach nicht vorbei.
    Es geht um das Geheimnis, daß das Volk Israel, zu dem Gott in seinem Sohn gekommen ist, ihn mehrheitlich ablehnte. Das ist erschütternd und erschreckend. Was ist es mit uns Menschen, daß so etwas passieren kann? Wie deutlich muß Gott denn noch werden?
    Kann das wirklich so gemeint sein? Verstocke das Herz dieses Volkes? Wozu dann predigen? Jesaja fragt dann auch: „HERR, wie lange?“ Und die Antwort ist: Gott wird einen neuen Anfang machen.
    Das heißt: Gott selbst wirkt durch die Predigt des Propheten. Jesaja und alle Prediger sollen nicht versuchen, auf Menschen zu wirken, als Menschen. Sie sollen predigen, und Gott wirken lassen. Das heißt aber auch: Die Hörer sollen nicht dem Prediger zuliebe hören oder eben nicht. Das Wort Gottes stellt sie nicht vor Menschen, die man ignorieren kann, wenn man will, sondern vor den Thron Gottes. Gott der Heilige Geist ist da am Werk, und die Engel begleiten ihn.
    Und das Ziel ist dann nicht mehr: „Weh mir, ich vergehe, denn ich voller Unreinheit!“ sondern. „Wohl mir! Ich werde nicht vergehen, niemals!, denn ich bin dem HERRN begegnet, und er hat mir geholfen.“

Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum ewigen Leben. Amen.


Bild: Der Prophet Jesaja, russische Ikone aus dem 18. Jh

Pfingsten

Pfarrer Johann Hillermann

Die Gnade unseres HERRN Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen. Amen.

12 Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, daß wir wissen können, was uns von Gott geschenkt ist.
13 Und davon reden wir auch nicht mit Worten, wie sie menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen. 14 Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit und er kann es nicht erkennen; denn es muß geistlich beurteilt werden.
15 Der geistliche Mensch aber beurteilt alles und wird doch selber von niemandem beurteilt.
16 Denn »wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer will ihn unterweisen«? Wir aber haben Christi Sinn.

1. Korinther 2, 12-16

Gebet: Komm, Heiliger Geist, erfüll die Herzen deiner Gläubigen, und entzünd in ihnen das Feuer der göttlichen Liebe; der du in Mannigfaltigkeit der Zungen die Völker der ganzen Welt versammelt hast in Einigkeit des Glaubens. Amen.

Liebe Gemeinde!
Im Schwarzwald in Bad Teinach gibt es in der dortigen Dreifaltigkeitskirche ein ganz besonderes Gemälde. Die Lehrtafel der Prinzessin Antonia.
Auf ihr erscheinen unzählige biblische Gestalten und ebenso wimmelt es von Symbolen biblischer und philosophischer Art.
Ganz unten steht mit dem Rücken zum Betrachter eine weibliche Gestalt, und in der Mitte erscheint Christus, umgeben von den Aposteln, und diese Mitte bestimmt das ganze Bild. Alle Figuren und Gestalten sind darauf bezogen. Er ist die Mitte.
Wie es sich für den Glauben gehört!
Mit meiner Baden-Badener Gemeinde hab ich diese Kirche einmal besucht. Im Vorfeld gab es Themenabende zur Vorbereitung, damit man die Absicht des Bildes und seinen Inhalt ein wenig aufnehmen konnte.
Voller Erwartung kamen wir in Bad Teinach an, gingen zur verabredeten Zeit zur Dreifaltigkeitskirche und ein Kunstexperte führte uns zu dem Bild.
Dann kam ein Satz, der den ganzen Ausflug hätte verderben können:
„Für diese Frau ist Jesus der Mittelpunkt auf diesem Bild. Aber jeder kann sich dort seinen eigenen Mittelpunkt denken.“
Ja, was war denn das? Jesus Christus austauschbar?
Ich war dankbar, daß ich mit interessierten Gemeindegliedern wenigsten ein paar der Namen und Geschichten durchgegangen war, und daß wir gemeinsam entdeckt hatten, wie der Sohn Gottes wirklich das ganze Bild zusammenhielt, ja, wie dieses Bild darstellte, daß nicht irgend jemand, sondern Jesus Christus Himmel und Erde, Vergangenheit und Zukunft zusammenhielt.
Denn das ist unser christlicher Glaube.
Aber wie konnte man davor stehen, studiert haben, und gerade das nicht sehen?
Das erinnert mich auch an Musiker, die von Musik begeistert sind, die davon handelt, wie Gott Mensch geworden ist, uns zu gut. Wie das Lamm Gottes die Sünden dieser Welt wegträgt. Wie Gott uns eine feste Hoffnung gegen den Tod schenkt.
Sie singen und spielen mit Begeisterung, aber die Gaben Gottes erkennen sie nicht. Wie Touristen, die staunend durch eine wunderbare Kathedrale aus dem ach so finsteren Mittelalter gehen und nicht verstehen, daß alle diese Formen alle diese Kunst um den Altar herum gebaut ist, auf dem Brot und Wein zu Leib und Blut Christi konsekriert werden, für uns Christen zu essen und zu trinken, zum ewigen Heil. Zur Vergebung der Sünden. Da können Experten noch so viel über die Architektur und die Technik sagen. Über die Harmonie und die Form.
Sie haben das Entscheidende nicht erkannt. Das Bild, die Musik und die Kathedrale sind Zeugen für Gottes Wahrheit. Sie zeigen auf geistliche Dinge, auf Glaubensdinge.
Ein Christ sieht das Bild in Teinach und freut sich, wie ein Künstler vor fast 400 Jahren soviel Gotteswort vor Augen führen kann. Ein Christ hört die Musik und singt und betet im Herzen mit und weiß sich verbunden mit Christen aller Zeiten, ja mit den Engeln im Himmel, die den ewigen Gottesdienst vor dem Lamm Gottes feiern. Ein Christ tritt in die Kirche ein und weiß: Auf diesem Altar kommt der Sohn Gottes zu Seiner Gemeinde und spricht mit ihr, und schenkt sich ihr, und es gibt Gnade.
Das ist so ein himmelweiter Unterschied.
Der Heilige Geist macht den Unterschied. Der Heilige Geist selbst schafft neue Augen, neue Ohren, ein neues Herz – damit in dem allem nicht Kunst von Menschen gesehen oder gehört wird, sondern in der Kunst ein Hinweis auf viel viel größeres, nämlich Gottes Gaben.
„Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, daß wir wissen können, was uns von Gott geschenkt ist.“ Was hat Gott uns geschenkt? Gott hat uns Seine Gnade geschenkt. Gott hat uns Rettung geschenkt. Gott hat uns Seine Liebe geschenkt. Gott schenkt uns, daß keine Schuld unser Leben mehr zerstören kann. Wie und wo hat er uns das geschenkt? Gott schenkt uns Seinen Sohn. Er gibt sich uns zu erkennen in Seinem Wort, in der Heiligen Schrift. Es ist alles ein Wasserfall an Zuwendung an Wohlwollen, an Trost, an Stärkung an Wahrheit, an Sinn. Aber ohne den Heiligen Geist guckt man es an und sagt: Ok. Jeder kann sich dazu selber etwas ausdenken. Ok. Das ist aus dem 17. Jahrhundert. Ok. Gotik hat spitze Bögen, Romanik runde. Bach hat zu merkwürdigen Texten schöne Musik gemacht. Da spricht der Geist der Welt. Der sieht überall nur Welt. Und weiter nichts.
Wir haben NICHT empfangen den Geist der Welt. Der Geist der Welt ist normal. Es ist normal, blind für Gottes Gaben zu sein.
Der Heilige Geist ist notwendig. Und der Heilige Geist ist nicht von dieser Welt.
„Und davon reden wir auch nicht mit Worten, wie sie menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen.“ Der Heilige Geist hat Paulus und die Apostel gelehrt, so über Jesus Christus zu sprechen, daß Glaube entsteht. Und Glaube kommt nicht aus der Welt. Glaube ist der Anfang vom ewigen Leben.
Wie viele Predigten oder Auslegungen mußte ich mir schon über die Leidensgeschichte Jesu anhören. Sie wird rein weltlich, mit menschlicher Weisheit behandelt. Es wird gesagt: Wie ungewöhnlich ist doch dieses Leiden! Jesus leidet wie kein anderer! – Oder es wird beklagt: Was tun Menschen einander nur an! Wie brutal ist das! Und dann wird allgemein über das Leiden und die Ungerechtigkeit gesprochen. Der Heilige Geist zeigt und lehrt: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt! Das ist nicht menschliche Weisheit.
Der Geist der Welt will alle Gaben Gottes in Psychologie, in Politik, in Kunst, in Soziologie oder was im Moment beeindruckend scheint, auflösen. Verräterisch ist die Formulierung: „Nichts als …“ Jesus war nichts als ein jüdischer Wanderprediger, oder gar ein Revolutionär.
Der Heilige Geist sagt: Das ist Gottes Sohn. Da am Kreuz ist er dabei, deinem Tod den giftigen Stachel wegzunehmen.
Da werden geistliche Dinge für geistliche Menschen geistlich gedeutet.
Der Heilige Geist, und das ist ja Gott selbst, ist die Macht, mit dem Evangelium die eine christliche Kirche für alle Zeiten gebaut hat. Christentum entsteht nicht durch Kunstbetrachtung oder Musikgenuß oder politische Diskussion. Der Heilige Geist kommt und macht, daß man dankbar mit allen andern Kindern Gottes vor dem Kreuz niederkniet.
Der Heilige Geist ist Gottes persönliche allmächtige Unruhe, die vergeben will. Der Heilige Geist legt die Bibel so aus, daß Menschen erschrecken, oder sich besinnen, oder vollkommene Ruhe und Furchtlosigkeit bekommen. Er macht, daß du vor Gott stehst und beschenkt wirst.
Der Heilige Geist gibt Worte, die zum ewigen Leben rufen. Aus dieser Welt heraus.
Und es ist unerträglich, wenn in der Christliche Kirche nicht so gesprochen wird, und wenn Christen bereit sind sind alles mögliche anzuhören, und nicht von Gottes Heiliger Unruhe gepackt werden, also vom Heiligen Geist, daß sie endlich von der Vergebung der Sünden und der Auferstehung des eigenen Leibes von den Toten hören und endlich dazu Ja sagen können.
Denn durch dieses JA sind sie neugeboren und in der Kirche, also in Gottes Wartesaal zum ewigen Leben und in Gottes Sprechzimmer für alle Krankheiten und alle Not.
Der Geist der Welt kann mit Vergebung der Sünden und Auferstehung des Fleisches nichts anfangen. Diese Wahrheiten sind für Politik, Wirtschaft, Psychologie, für Unterhaltung um Medien völlig unbrauchbar. Der natürliche Mensch steht davor und faßt sich heimlich an den Kopf und hofft, daß es keiner merkt, oder der sagt wie die Spötter zu Pfingsten: Die sind voll süßen Wein. Das braucht man nicht ernst nehmen.
So sagt Paulus denn auch:
„Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit und er kann es nicht erkennen; denn es muß geistlich beurteilt werden.“
Damit müssen Christen leben. Damit können Christen auch leben.
Die Welt wendet da einen Trick an.
Sie sagt: Jedem das Seine. Das ist für dich so. Du brauchst das. Jeder hat seine Religion. Und alle Religionen sind gleich. Was eben für dich gut ist.
Der Geist der Welt kann nicht anders denken. Denn er hat nichts als die Welt.
Christen dürfen auf diesen Trick nicht reinfallen. Der Heilige Geist ist nicht von dieser Welt. Die Welt kann ihn nicht verstehen. Deshalb kann die Welt auch nichts Gültiges über Gottes Gaben sagen.
Aber dieser Trick des Geistes dieser Welt ist stark: Jedem das Seine – was gut für dich ist … so ist es für dich. Es ist nicht leicht, darauf zu antworten.
Aber der Heilige Geist ist eben doch anders:
„Der geistliche Mensch aber beurteilt alles und wird doch selber von niemandem beurteilt.“
Christen haben einen Vorteil.
Sie kennen den Geist der Welt. Ja, wer glaubt, der kennt auch den Zweifel. Christen kennen die Möglichkeit, ohne Trost zu sein, oder ohne Gottes Leitung, ohne Vergebung. Aber durch den Heiligen Geist weiß er, daß das alles eine Grenze hat, ein Ende haben wird.
Darum kann er Verständnis zeigen für den Geist der Welt –aber der Christ gehört ihm nicht.
Darum kann Paulus sagen: Der geistliche Mensch beurteilt alles – aber wird selbst von niemandem beurteilt – denn er hat Gottes Urteil empfangen. Und Gottes Urteil ist stärker und höher als alle politischen, psychologischen, künstlerischen oder anderen Urteile.
Wir haben Gottes Siegel: Du warst verloren und jetzt aber gefunden. Du warst unterwegs in den Tod, aber jetzt zum Leben bestimmt.
Das kommt nicht aus der Welt. Glaube ist nicht das Ergebnis eines weltlichen Prozesses. Der Heilige Geist ist Gottes neue Kausalität. Er schafft Neues. Er verbindet uns mit Jesus, der nicht im Grab geblieben ist, der vom Himmel aus über alles ist.
Das muß gesagt werden, damit es Kirche und Glauben gibt.

„Wir aber haben Christi Sinn,“ wir haben den Sinn, das Verständnis, wes Jesus hatte und hat und gibt. Der ist für alle das Beste. Da kann man nicht sagen: Das ist gut für einige, aber nicht für alle. Vergebung der Sünden und Auferstehung des Fleisches ist gut und notwendig für alle. Und es gibt einfach nichts Besseres. Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Exaudi

Predigt: Pfarrer Johann Hillermann

Die Gnade unseres HERRN Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen. Amen.

1 Und zu der Zeit, als der Knabe Samuel dem HERRN diente unter Eli, war des HERRN Wort selten, und es gab kaum noch Offenbarung.
2 Und es begab sich zur selben Zeit, daß Eli lag an seinem Ort und seine Augen hatten angefangen, schwach zu werden, sodaß er nicht mehr sehen konnte.
3 Die Lampe Gottes war noch nicht verloschen. Und Samuel hatte sich gelegt im Heiligtum des HERRN, wo die Lade Gottes war.
4 Und der HERR rief Samuel. Er aber antwortete: Siehe, hier bin ich!,
5 und lief zu Eli und sprach: Siehe, hier bin ich! Du hast mich gerufen. Er aber sprach: Ich habe nicht gerufen; geh wieder hin und lege dich schlafen. Und er ging hin und legte sich schlafen.
6 Der HERR rief abermals: Samuel! Und Samuel stand auf und ging zu Eli und sprach: Siehe, hier bin ich! Du hast mich gerufen. Er aber sprach: Ich habe nicht gerufen, mein Sohn; geh wieder hin und lege dich schlafen.
7 Aber Samuel hatte den HERRN noch nicht erkannt, und des HERRN Wort war ihm noch nicht offenbart.
8 Und der HERR rief Samuel wieder, zum dritten Mal. Und er stand auf und ging zu Eli und sprach: Siehe, hier bin ich! Du hast mich gerufen. Da merkte Eli, daß der HERR den Knaben rief,
9 und sprach zu ihm: Geh wieder hin und lege dich schlafen; und wenn du gerufen wirst, so sprich: Rede, HERR, denn dein Knecht hört. Samuel ging hin und legte sich an seinen Ort.
10 Da kam der HERR und trat herzu und rief wie vorher: Samuel, Samuel! Und Samuel sprach: Rede, denn dein Knecht hört.

1. Samuel 3, 1-10

Liebe Gemeinde!
Aus Samuel, der hier noch ein Knabe ist, also ein kleiner Junge, wurde dann der große Prophet, der die Könige Saul und David in Israel salbte. Hier ist der Anfang. Hier wird er von Gott selbst berufen.
Es ist ein kleine Geschichte: Ein Knabe, Samuel, dann ein alter Mann, der Priester Eli – das sind die Personen.
Der Ort ist das Heiligtum Israels, die Stiftshütte, das war damals ein Zelt 5 mal 15 Meter groß. In diesem Zelt fand der Gottesdienst der Priester Israels statt. Zu der Zeit stand das Zelt als Tempel in Silo, etwa 30 km nördlich von Jerusalem
Und die Zeit? Etwa 1070 vor Christus.
Die Zeiten sind für Israel nicht gut. „Das Wort des HERRN war selten, es gab kaum noch Offenbarung“. Das Wort Gottes wurde nicht gelehrt. Es wurde nicht als von Gott selbst gesprochen gehört. Es wurde nicht als entscheidende Wahrheit bezeugt. Es wurde nicht ernstgenommen. Man behandelte das Wort Gottes wie einen Besitz, über den man verfügte. Wie ein wertvolles, interessantes Gemälde, oder eine geerbte Standuhr.
Es gab kaum noch Offenbarung. Das heißt, es passierte kaum noch, daß Menschen vor Gott gebracht wurden durch Gottes Wort. Es wurde nur mehr diskutiert. Es gab nichts mehr als menschliche Meinungen; Meinungen von begabten Einzelnen, oder Meinungen von Mehrheiten, die sich gegenseitig bestätigten.
Das ist für das Volk Gottes keine gute Zeit. In Psalm 74 wird darüber geklagt:
„Unsere Zeichen sehen wir nicht, und kein Prophet predigt mehr, und keiner ist bei uns, der weiß, wie lange.“ (Psalm 74, 9).
Das Problem ist einfach: Wenn Gottes Wort nicht als Gottes Wort da ist, dann wird unweigerlich etwas an seine Stelle kommen, was nicht Gottes Wort ist. Dann kommt Menschenwort. Und Menschenwort ist immer Sünderwort. Und Sünderwort ist ein Wort, das nicht haben will, daß Gott Gott ist. Und wenn Gott nicht Gott ist, dann gehen alle Gaben Gottes mit der Zeit kaputt. Jesus sagt: „Die Liebe erkaltet.“ (Matthäus 24, 12). Diese Zeit ohne Gottes Wort wird von den meisten nicht als Problem empfunden. Doch fängt man an, sich darüber zu wundern, wie Gottes Gaben doch nicht mehr sind, was sie mal waren. Gott selbst schützt mit Seinen Geboten: Die Liebe zwischen Vater, Mutter und Kindern. Gott schützt das Leben. Gott schützt die Ehe zwischen Mann und Frau. Gott schützt das Eigentum. Gott schützt Sprache und Wahrheit.
Ohne Gott und sein Wort kann es noch eine zeitlang gut gehen. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, dann fangen Menschen an, darüber zu verfügen, und die Zerstörung geht los. Ohne Gott ist man bald gegen Gott, und damit auch gegen Gottes Gaben.
Solche Zeiten gab es auch schon vor 3000 Jahren.
Diese kleine Geschichte – wie Gott den Knaben Samuel ruft – zeigt uns, wie Gott einen Anfang macht. Wenn Gott beruft, dann macht er deutlich: Und du bist nicht mehr Teil der Welt ohne mich!
Wie kann das aussehen?

  1. Pflege
    Es gab die Stiftshütte noch. In ihr standen noch die Heiligen Geräte. Vor allem die Bundelade –also ein Kasten, in dem unter anderem die steinernen Tafeln mit den 10 Geboten sich befand. Auch wenn sie nicht mehr gepredigt wurden, sie waren noch da. Der Priester Eli hielt noch die Gottesdienste, es gab noch diese Erinnerung an Gott, und daß Gott gedient werden sollte. Der Knabe Samuel war in diesem Tempel zuhause, er kannte sich aus. Das Wissen war vorhanden. Auch wenn der Rest des Volkes es kaum noch ernst nahm. Samuel hatte die Aufgabe, den siebenarmigen Leuchter zu pflegen: täglich zu reinigen, mit Öl zu versehen, und dafür zu sorgen, daß die Lampen leuchteten. Und das zu festen Zeiten, jeden Tag. Das war Routine. Und doch zeigte diese Routine auf Gottes Wahrheit und Gottes Handeln. Es kamen auch immer noch Israeliten nach Silo zum Gottesdienst. Es wurde gepflegt.
    Liebe Gemeinde! Wir bitten um den Heiligen Geist. Der Heilige Geist soll uns Gott zeigen, er soll in uns Glauben wecken, der Heilige Geist soll in uns Früchte schaffen, und den Samenkorn des Ewigen Lebens in uns legen.
    Zum Wirken des Heiligen Geistes gehört auch diese Routine. Der alte Eli und der junge Samuel pflegten diese Routine, diese Übung. Eli gab weiter und lehrte, und Samuel empfing und lernte. Eli lebte vor und Samuel guckte ab und folgte nach.
    Das ist heilig. Das ist ein unverzichtbarer Teil von Gottes Wahrheit und Gottes Wirken.
    Man nennt es Tradition. Das ist es auch. Man sagt gerne, daß Tradition mechanisch sei, oder ohne innere Beteiligung – eine Antwort auf Fragen, die wir vergessen haben.
    Gott will, daß wir sein Wort und sein Handeln und seine Gaben nicht vergessen. Das geht nur, wenn sie gepflegt werden.
    Diese Pflege bringt zum Ausdruck: Das hier kann ich nur empfangen. Das kann ich mir nicht selber sagen. Gott muß es mir sagen. Denn Gottesdienst kann sich kein Mensch ausdenken. Wir sind Empfangende. Gottes Gaben kommen nicht einfach, weil wir sie fordern, oder sie sind auch nicht einfach so, wie wir sie uns jetzt gerne vorstellen. Sie sind so, wie Gott sie gibt, und wie wir sie empfangen.
    Ohne Pflege werden wir nie zu Empfangenden von Gottes Gaben.
  2. Gehorsam
    Samuel wird dreimal gerufen. Zweimal steht er sofort vom Schlaf auf, und geht zu dem Alten Eli. Das konnte nur passieren, weil es zwischen Eli und Samuel so war. Samuel hörte auf Eli. Eli hat mit Geduld und Strenge erreicht, daß Samuel auf ihn hörte. Samuel war offen und geübt, diszipliniert. Der Knabe war darin geübt, seine Bequemlichkeit zu überwinden. Samuel liebte seine Aufgabe mehr als den Schlaf. Und zweimal nacheinander schien es ja ein Mißverständnis zu sein. Samuel hätte ja auch denken können: Der alte Eli spinnt. Samuel hätte genervt sein können. Doch er bleibt ruhig. Er hat Geduld, er hat innere Kraft.
    Samuel hatte in sich aufgenommen, seine Seele hatte es erkannt: Dies alles ist größer als ich. Das Gotteshaus, die Pflege, vom Haus, von den Geräten, die Bedeutung von alle dem, die Erinnerung an die 10 Gebote, die Gegenstände für den Gottesdienst, das Wissen von dem Alten Eli – das alles ist größer als ich. Ich soll hier dienen. Pflegen. Nicht so, wie ich es mir ausdenke, sondern wie es gemeint ist. Wie es von Gott gemeint ist.
    Diese Haltung ist ohne Gehorsam nicht möglich. Ohne Gehorsam wird es nie etwas Größeres in deinem Leben geben.
    Pflege und Gehorsam gehören zum Wirken des Heiligen Geistes.
  3. Auf eine Besonderheit dieser kleinen Berufungsgeschichte möchte ich noch hinweisen:
    Die beiden Fehlstarts sind für Samuel und Eli gleich wichtig.
    Beide müssen auf ihre Weise merken: Hier passiert etwas. Das hier ist nicht nur etwas zwischen Menschen.
    Samuel ist nicht mit einer Erfahrung allein – zu der er dann nachher sagt: Ja, da hat Gott mich berufen, das müßt ihr mir glauben! – Das wäre eine Überforderung für Samuel gewesen. Es wäre aber auch eine Zumutung für Israel gewesen.
    Die Berufung des Samuel ist nicht rein subjektiv. Samuel muß dem Volk Israel nicht seine eigene innere Erfahrung aufzwingen. Sondern die Berufung wird von außen bestätigt.
    Das ist für das Wirken des Heiligen Geistes entscheidend.
    Paulus der Apostel ist dem Auferstandenen Herrn Jesus selbst begegnet. Jesus hat ihn direkt berufen. Und doch gab es den schlichten Christen Ananias in Damaskus, der zu Paulus kam und sagte: Lieber Bruder Saul, Jesus schickt mich zu dir. Da hatte Paulus von außen die Bestätigung. Er war nicht gezwungen, seine rein persönliche Erfahrung der Christenheit aufzunötigen. Und die Christenheit mußte nicht etwas glauben, was im Herzen eines Menschen sich abgespielt hatte.
    Die Wahrheit kommt aus mehr Quellen als einer Person.
    Aber auch für Eli waren diese Fehlstarts bedeutsam. Ihm wurde klar, daß jetzt etwas in Samuel begann, was größer war. Obwohl Samuel ein Knabe war, der Eli gehorchte, so war doch Gott selbst zwischen Eli und Samuel. Samuel stand Eli nicht einfach zur Verfügung. Beide dienten Gott in seinem Tempel.
    Und noch etwas. Die erste Prophezeiung des Samuel für Eli war eine schreckliche. Samuel mußte Eli im Auftrag Gottes sagen, daß Eli bald seine Söhne durch Blutvergießen verlieren würde.
    Da war es gut, daß Eli vorher wußte, Gott hat Samuel berufen. Es war nichts Persönliches. So konnte Eli diese schwere Botschaft von dem Knaben annehmen.
    Im Reich Gottes haben Menschen es nie direkt und unvermittelt miteinander zu tun. Gott ist dazwischen.
    Das zeigt sich auch bei uns in der christlichen Gemeinde. Wir beziehen uns gemeinsam auf Gottes Wort, auf den Versammlungsort, auf das Kirchenjahr, auf unsere Lieder und Gebete. Das pflegen wir, und helfen einander, auf Gott zu hören.
    Wir bitten um den Heiligen Geist. Er leitet uns an, zu pflegen, zu gehorchen, Hörende zu werden.

Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Bild: Eli und der junge Samuel (1780)

Christi Himmelfahrt

Die Gnade unseres HERRN Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen. Amen.

44 Jesus sprach aber zu den Jüngern: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war:
Es muß alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen.
45 Da öffnete er ihnen das Verständnis, sodaß sie die Schrift verstanden,
46 und sprach zu ihnen: So steht’s geschrieben, daß Christus leiden wird und auferstehen von den Toten am dritten Tage;
47 und daß gepredigt wird in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern. Fangt an in Jerusalem
48 und seid dafür Zeugen.
49 Und siehe, ich will auf euch herabsenden, was mein Vater verheißen hat. Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr ausgerüstet werdet mit Kraft aus der Höhe.
50 Er führte sie aber hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie.
51 Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.
52 Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude
53 und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.

Lukas 24, 44-53

Liebe Gemeinde!
Je wichtiger der Himmel, desto wichtiger die Himmelfahrt.
Leider ist der Himmel den Menschen eher gleichgültig oder beliebig, und deshalb sagt Himmelfahrt leider auch den meisten Christen wenig bis fast nichts.
Wir das wird sich erst ändern, wenn wir einsehen, daß der Himmel wirklicher ist, als die Erde.
Vielleicht hilft es, wenn man versucht, sich vorzustellen, daß der Himmel die Hauptstadt der Erde ist: So wie eine Hauptstadt Dinge entscheidet und Fakten schafft für den Rest des Landes, so schafft der Himmel Fakten für die Erde und entscheidet er Dinge, die hier unten auf der Erde bei uns passieren.
Denn was ist der Himmel? –Er ist der Ort Gottes, da, wo Gott sich selbst ist. – „Unser Gott ist im Himmel, er kann schaffen, was er will.“ (Psalm 115, 3) Er ist der Ort, das Wo – von wo aus Gott aus dem Nichts alles geschaffen hat. Auch dich und mich. Himmel ist der Ort, von wo aus Gottes Wille, Gaben, Wort, auf uns zu kommen. Von wo aus Gottes Liebe Anlauf nimmt, bei den Menschen an zu kommen. Er Gottes Machtzentrale –Gottes Überlegenheit über die Weltgeschichte -Wir kennen die Redensart (hoffentlich!) „Sie schickt der Himmel“ – Sie zeigt uns: Da kommt eine Begegnung zwischen Menschen auf der Erde von einem unverfügbaren Ort, von einem Ort, an den ich nicht heranreiche, aber der an mich heranreicht; über den ich nicht verfüge, der aber über mich verfügt.
Der Himmel ist ein wunderbarer Ort – Seine Weisheit, Liebe, Allmacht, Allwissenheit – Dort sind sie vollkommen offenbar. – Vom Himmel aus hat alles seinen Sinn. Vom Himmel aus spricht Gott Sein Wort. Der Himmel ist also die Perspektive unter der Gott Sein Wort spricht. Aber auch ein gefährlicher Ort – Segen und Fluch gehen von ihm aus.
Gottes Wille geschieht wie im Himmel, so auf Erden.
Der Himmel hat eine größere Wirklichkeit.
Wir Menschen sind unter dem Himmel, er ist uns unzugänglich, weil wir Geschöpfe sind, aber vor allem, weil wir Sünder sind. Und doch ist der Himmel uns überlegen, wir sind ihm ausgeliefert.
Himmelfahrt heißt also, daß Jesus in diese Überlegenheit eintritt, von der aus Gott die Welt verflucht und segnet.
Himmelfahrt ist ein Machtantritt. Im Matthäusevangelium sagt Jesus ja zu seinen Jüngern: „Mir ist gegeben alle Gewalt“ – also: Alles Walten, alle Macht, alle Autorität – „im Himmel“ – zuerst im Himmel! – „und auf Erden.“
Nun müssen wir genau darauf achten, welches Bild Jesus Seinen Jüngern gibt, als letzten, bleibenden Eindruck. Als welcher scheidet Jesus von den Jüngern aus der Sichtbarkeit in die Unsichtbarkeit? Aus der Einschränkung in Raum und Zeit in die Entschränkung und Überlegenheit über Raum und Zeit?
Das heutige Evangelium aus Lukas zeichnet uns ein klares Bild.
Er öffnet die Schrift.
Er setzt Zeugen ein.
Er verheißt Kraft aus der Höhe.
Er segnet.
So wird er zuletzt gesehen. Als ein solcher begibt er sich in die Hauptstadt, wo alles über uns entschieden wird. So kommt er auf uns zu.

  1. Er öffnet die Schrift
    „Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muß alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen.
    Da öffnete er ihnen das Verständnis, sodaß sie die Schrift verstanden, und sprach zu ihnen: So steht’s geschrieben, daß Christus leiden wird und auferstehen von den Toten am dritten Tage; und daß gepredigt wird in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern.“
    Jesus Christus, der Sohn Gottes, der alle Macht bekommen hat, „öffnet die Schrift“ – er zeigt die Perspektive, aus der Gott im Alten Testament gesprochen hat. Die Schriften sprechen von Ihm, die Worte meinen Ihn.
    Es ist bemerkenswert, daß für das das Neue Testament dies ein zentraler Teil der Machtausübung Gottes ist: Daß Gott spricht, und über die Wahrheit Seines Wortes wacht.
    Mehr als einmal nach Ostern – in den 40 Tagen – hat der Auferstandene den Aposteln klar gemacht: Das ganze Alte Testament ist MEIN TEXT. Die Bücher Mose, die Propheten, die Psalmen – alle diese Worte sprechen von mir. Sie sprechen von der Notwendigkeit, daß Jesus leiden und sterben mußte – und von der Unausweichlichkeit Seiner Auferstehung.
    Liebe Gemeinde, das bedeutet: Wann und wo die Heilige Schrift in diesem Sinne ausgelegt und gepredigt wird, dort übt Jesus Seine Macht aus. Das ist keine gute oder nicht gute Unterhaltung. Das ist auch kein Angebot für eine Meinung. Sondern der Sohn Gottes, der alle Schuld auf sich genommen hat, um sie aus der Welt zu schaffen, der persönlich mit dem Tod gekämpft hat, der den Teufel besiegt hat – der übt seine Macht aus, wo die Heilige Schrift geöffnet wird. Das Ziel dabei ist: Gottes Vergebung für alle Menschen. Dazu wird eingeladen. Wer Gottes Macht am eigenen Leibe erfahren will, der soll sie in der Vergebung erfahren. Das ist das Mächtigste, was Gott tut: Vergeben. Das heißt aber auch: Die Macht der Sünde ist so ungeheuerlich, daß nur Gott diese Macht brechen kann.
    Du suchst Gott? Du willst Gottes Macht erfahren und kennenlernen? Gott selbst als Gott der Sohn ist am Werk, wenn im Sinne der Bibel über ihn gesprochen wird, wenn die Bibel in Seinem Sinne gelesen, gehört und bezeugt wird.
  2. Jesus der Erhöhte setzt Zeugen ein.
    Er sagt: „Fangt an in Jerusalem und seid dafür Zeugen.“
    Ein Zeuge sagt feierlich und verbindlich aus, was er gesehen und gehört hat. Er setzt seine eigene Person ein für die Wahrheit. Wo ein Zeuge ist, da soll auch Wahrheit sein. Ein Zeuge dient seinen Hörern, indem er der Wahrheit verbunden ist und der Wahrheit dient. Ein Zeuge bietet nicht ein Wunschkonzert an. Zeugen sagen, was nur Zeugen sagen können.
    Das ist auch eine bemerkenswerte Machtausübung: Zeugen einsetzen. Jesus übt Seine Macht aus, indem er die Apostel für sich sprechen läßt. „Wer euch hört, der hört mich“, sagt er an einer anderen Stelle (Lukas 10,16). Und in seinem großen Gebet sagt er zu seinem himmlischen Vater: „Ich bete nicht nur für die Apostel, daß sie in der Wahrheit bleiben, sondern auf für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden.“ (Johannes 17, 20).
    Die Apostel haben ihn gesehen und gehört. Sie haben vor allem sehen müssen, wie er unschuldig leiden und sterben mußte. Und dann hat Jesus sie zu Zeugen Seiner Auferstehung von den Toten gemacht. Gegen alle Zweifel hat Er sich ihnen gezeigt als der Lebendige.
    Sie sollen anfangen in Jerusalem. Also dort, wo Jesus vor der Weltöffentlichkeit gekreuzigt wurde, genau da sollen sie bezeugen: Er ist auferstanden! Der, den ihr ausgeliefert habt in den Tod, der lebt. Gott hat ihn auferweckt. Gott hat ihm Recht gegeben, und nicht euch.
    Die Apostel mußten also ausgerechnet gerade dort Zeugnis ablegen, wo es am gefährlichsten war, das zu tun. Als wehrlose Minderheit, ganz ohne weltliche Macht. Die einzige Macht, die sie hatten, war die Wahrheit. Die Wahrheit, die sie aus der Heiligen Schrift begründen konnten.
    Natürlich kamen sie vor Gericht deswegen – das Gericht ist DER Ort, wo Zeugen hingehören. Und einmal sagen sie vor Gericht:
    „Wir können’s ja nicht lassen, daß wir nicht reden sollten, was wir gesehen und gehört haben.“ Das sind Zeugen.
    Durch sie übt Jesus seine Macht aus. Bis heute. Hinter jedem Wort der Apostel steckt himmlische Macht. Die Worte sind nicht einfach ein Dokument, oder Literatur, sondern eine Waffe, mit der erhöhte Jesus Christus vom Himmel aus hier auf der Erde Seine Macht ausübt. Das ist eine Folge von Seiner Himmelfahrt.
    Merkt ihr, wie entscheidend und notwendig, aber auch wie herrlich und erfreulich Himmelfahrt für Christen ist?
  3. Er verheißt Kraft aus der Höhe
    Zu den letzten Dingen, die Jesus vor der Himmelfahrt den Aposteln einprägt, ist die Verheißung:
    „Und siehe, ich will auf euch herabsenden, was mein Vater verheißen hat. Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr ausgerüstet werdet mit Kraft aus der Höhe.“
    Jesus verheißt die Kraft, die die Apostel zu richtigen Zeugen machen wird. Das ist der Tröster, der Heilige Geist. Der Fürsprecher, der Anwalt. Der Atem, mit dem Gott die Welt geschaffen hat – so heißt es in Psalm 104: „Du lässest aus deinen Atem, so werden sie geschaffen, und du erneuest die Gestalt der Erde.“ (Ps. 104, 30). Das ist auch der Atem, mit dem Gott die Heilige Schrift gesprochen hat. Jesus ist der HERR über diese Kraft, über den Heiligen Geist. Auch im Johannesevangelium hören wir deutlich, daß Seine Jünger diesen Fürsprecher bekommen werden:
    „Ich will den Vater bitten, und er soll euch einen andern Tröster geben, daß er bei euch bleibe ewiglich: den Geist der Wahrheit, welchen die Welt nicht kann empfangen; denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht. Ihr aber kennet ihn; denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.“ (Johannes 14, 16-17).
    Das passiert im Himmel, damit es auf der Erde geschieht.
    Der Heilige Geist hat die Apostel so sprechen lassen, daß in Jerusalem – an dem Ort, wo Jesus gekreuzigt wurde – Glauben genau an diesen Jesus entstand. Glauben aus dem Nichts. Mit dem Heiligen Geist kommt Gottes Überlegenheit zu uns.
    Vor allem Gottes Überlegenheit über unseren Unglauben.
  4. Er segnet.
    Das ist das allerletzte Bild. Als der segnende scheidet er von ihnen. Als den segnenden haben die Apostel, die Zeugen, Jesus bis an ihr eigenes Ende vor Augen. Segen kann nur vom Himmel kommen. Auch wenn wir Menschen alles richtig gemacht haben sollten – ohne Segen wird das nichts. Segen offenbart, daß Gott von Anfang an alles tut. Segen kommt vom Himmel und kann an allen Widerständen vorbei, gerade auch an den Fehlern von Menschen vorbei Gottes guten Gaben ankommen lassen. Segen kommt aus dieser Überlegenheit.
    Und so segnet der erhöhte Christus vom Himmel aus die Apostel, die Kirche. Er ist es, der sie erhält, und immer wieder durch seine Worte Glauben schafft.
    Wir alle sind ein Beweis für diesen Segen. Wir sind ein Beweis für die Macht Jesu, wir sind auf der Erde ein Beweis für den Himmel.
    Der Friede Gottes, der höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Bild: Christus in der Mandorla, von Engeln getragen. Tempera auf Holz von Andrea Mantegna (um 1461)

Konfirmation (Kantate)

Der HERR ist auferstanden –
er ist wahrhaftig auferstanden.

Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott unserem Vater
und dem HERRN, Jesus Christus. Amen.

13 Jesus spricht zu seinen Jüngern: Geht hinein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und viele sind’s, die auf ihm hineingehen.
14 Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind’s, die ihn finden!
15 Seht euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe.
16 An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.

Matthäus 7, 13-16

Gebet – HERR, Dein Wort sei uns ein helles Licht alle Tage unseres Lebens. Amen.

Liebe Konfirmanden, liebe Helene, lieber Jakob, liebe Josephine, liebe Magdalena, liebe Maria, lieber Simon und lieber Simon!
In den letzten drei Jahren habt ihr etwas getan, was nicht alle tun. Ihr seid zum Konfirmandenunterricht gegangen. Und das bedeutet, ihr habt über Gottes Willen gehört und gelernt. Ihr habt gehört und gelernt, wer Gott ist, und was Gott tut. Gott hat dein Leben gemacht, das ist Gott der Vater. Gott hat alles getan, daß du nicht verlorengehst, das ist Jesus, Gott der Sohn. Und Gott macht in dir, daß das alles für dich wichtig und groß ist, und er verbindet dich mit anderen Menschen, denen es wichtig und groß ist. Das ist Gott, der Heilige Geist.
Aus eigener Vernunft und Kraft kommt kein Mensch darauf.
Ihr habt davon gehört, weil Gott zu uns gekommen ist, weil Gott zu uns geredet hat, weil Er uns Sein Wort gegeben hat.
Ohne Gottes Wort, ohne Jesus kann ein Mensch diese Dinge nicht wissen. Es ist nicht normal. Es ist das, was Menschen allgemein einfach so wissen und tun.
Im Unterricht habt ihr manchmal davon erzählt, wie es ist, wenn die anderen merken, daß man ein Christ ist. Zum Beispiel wenn man sagt, daß Gott alles geschaffen hat. Da steht man plötzlich alleine da. Da gehört man nicht zu den vielen, die einfach das sagen, was alle sagen. Meistens möchte man nicht so auffallen. Meistens möchte man dazugehören. Doch Jesus sagt uns heute: Wer auf Gott hört, wer mich hört, der gehört nicht mehr überall dazu. Und das ist gut so.
Jesus spricht von zwei, nein drei, Gegensätzen:
Von einem breiten Weg, und einer weiten Pforte – im Gegensatz zum schmalen Weg und zur engen Pforte.
Das ist der erste Gegensatz.
Der zweite ist: Auf dem breiten Weg gehen viele – den schmalen Weg finden wenige.
Und dann noch der dritte Gegensatz: Der breite Weg, den die Vielen gehen, endet nicht gut, er führt in die Verdammnis. Hingegen führt der schmale Weg, den wenige finden, im Leben, im ewigen Leben.
Das ergibt einen ganz einfachen Satz – wer das ewige Leben haben will, der kann nicht einfach tun, was alle tun. Ein Leben mit Gott kommt nicht einfach von selbst, es ergibt sich nicht einfach zufällig.
Damit habt ihr längst angefangen, denn, wie ich sagte, ihr habt eine lange Zeit über Gott gehört und gelernt. Das tut nicht jeder, das ist in den Augen der Welt nicht normal.
Wenn ein Weg breit und eine Pforte weit ist, dann merkt man nicht so richtig, daß man auf einem Weg irgendwohin ist. Wenn man durch eine weite Pforte gegangen ist, dann kann es sein, daß man aus Versehen ohne nachzudenken, unbewußt dadurch gegangen ist. Ein südafrikanischer Freund von mir war mal in Deutschland unterwegs, und fand die Landschaft schön, ging einfach weiter, und dann sah er auf einmal französische Straßenschilder. Da war kein Grenzzaun, keine Kontrollen, und die Grenze war so weit offen, daß er auf einmal in ein anderes Land gekommen war, ohne es zu merken. Zum Glück war das kein Problem! Anders wäre es gewesen, wenn da ein klarer Übergang gewesen wäre: Wenn du hier durch gehst, dann verläßt du Deutschland – dann bist du in Frankreich. Das wäre dann eine enge Pforte, ein schmaler Weg.
Das zeigt uns: Wer ins ewige Leben kommt, der kommt nicht zufällig da rein, so wie mein Freund plötzlich aus Versehen in Frankreich war. Die enge Pforte, der schmale Weg, muß gefunden werden.
Gott hat euch gerufen und gefunden. Bei der Taufe hat Gott gesagt: „Ich will diesen Menschen für immer bei mir haben. Ich will ihm ein ganzes, gutes Leben geben, voller Liebe, voller Freude, voller Wahrheit, voll vom Guten. Dieser Mensch soll nicht verlorengehen. Der Tod soll ihn nicht wegnehmen, die Lüge soll ihn nicht betrügen, aber auch seine eigene Dummheit soll ihn nicht kaputtmachen. Ich will ihm vergeben, ich will ihn heilen.“ Das hat Gott bei eurer Taufe zu euch gesagt.
Damit hat Gott euch durch die enge Pforte geholt und euch auf den Weg getan, der zum Leben führt.
Wer Gott über alle Dinge fürchtet, liebt und vertraut, wer immer wieder ZUERST an Gott denkt, und daran denkt, was Gott getan hat – das ist ein Wunder, das kommt nicht von selbst.
Wer immer wieder Gott bittet, anruft in der Not, und Gott dankt – gerade auch vor Menschen sagt: Gott sei Dank! Das hat Gott mir gegeben! Gott hat mich geschützt! – Der tut nicht, was alle tun. Das ist ein Zeichen, daß du auf dem Weg zum Leben bist.
Wer sich von Gott etwas sagen läßt, wer alles liegen läßt, und auf Gottes Wort hört – – mit anderen Worten, wer den Feiertag heiligt – – der ist durch die enge Pforte gegangen, von der Jesus spricht. Denn es ist eng, unangenehm, anstrengend, am Sonntag sich aufzumachen. Ein Teil von uns möchte oft lieber tun, was alle tun.
Wer Vater und Mutter ehrt – wer die Menschen, die für uns da sind, wo wir es nicht können, aber brauchen, wer merkt, daß es von Gott kommt, daß Vater und Mutter ihren eigenen Egoismus überwinden, um für mich dazusein, und wer deshalb die Eltern für ganz kostbar hält, und annimmt, was sie sagen, der ist auf dem schmalen Weg zum guten Ziel mit Gott.
So ist es mit allen Geboten.
Aber nicht nur das, liebe Konfirmanden!
Jedes Hauptstück in unserem Katechismus ist ein Ruf Gottes: Hier ist der Weg! Komm durch diesen Eingang! Hör auf mich, und guck nicht nur auf das, was alle tun! Da ist Gott nicht dabei.
Der Glaube zeigt mir: Gott hat mich geschaffen und alles gegeben. Nicht nur das, sondern Gott ist der Vater – Gott will, daß es mich gibt. Ich bin Gottes Idee – das habt ihr in eurem Lied gesungen. Der Glaube zeigt dir: Jesus hat alles getan, daß deine Sünden, deine Fehler, deine Dummheiten, dich nicht kaputtmachen müssen. Der Heilige Geist fügt dich ein in die Kirche, in die Gemeinde, da hast du deinen festen Platz, da gehörst du dazu. Da wird Gott dir Seine Liebe noch einmal ganz neu zeigen, und dir auch zeigen, wie du für andere da sein kannst. Das tun nicht alle, aber das haben auch nicht alle.
So ruft auch das Abendmahl und sagt: Hier ist der richtige Eingang zum Leben mit Gott! So bleibst du auf dem Weg zum Leben. Im Abendmahl ist Jesus selbst ganz da. Was Er gesagt und getan hat, das kommt zu dir. Es ist eine enge Pforte, daran erinnert zu werden: Mein lieber Freund, du bist ein Sünder, du brauchst Vergebung. Komm zurück zu Gott, komm zurück auf den Weg! – – – Das haben nicht alle. Aber ihr gehört zu den wenigen, die diesen Weg gefunden haben. Ihr habt schon längst Übung darin, auf diesem Weg zu sein! Denkt an die Kerze, die in jedem Unterricht dabei war. Diese Begleitung soll weitergehen, und kann weitergehen.
Geht immer wieder den nächsten Schritt; Gott ruft euch. Die Taufe ruft euch, Gottes Wort in der Bibel und im Gottesdienst ruft euch, das Abendmahl und die Beichte rufen euch. Hier ist die Tür, hier ist der Weg zum Leben.
Ihr werdet diesen Ruf oft hören durch die Stimme des Pastors. Er hat die Aufgabe, die Gebote und den Glauben immer wieder so zu sagen, daß ihr – und wir alle – den breiten Weg verlassen und die enge Pforte finden.
Hier stellt Jesus auch wieder eine Warnung auf: Es gibt falsche Propheten oder Lehrer – oder Pastoren – vor denen Christen sich hüten sollen. Er sagt: „Hütet euch vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“ Was für ein Bild. Ein Wolf, der sich als Schaf verkleidet, um so zu den Schafen zu kommen, damit er sie reißen kann. Die Schafe denken: Er ist einer von uns. Aber er ist es nicht.
Was passiert da? Ein Wolf will Schafe fressen. Schafe wollen nicht gefressen werden, also muß der Wolf sich verkleiden. Als Schaf.
Was bedeutet das? Ein Prophet, der der Gemeinde nur zeigen will: Ich bin einer von euch, und weiter nichts. Ein Prediger, der alle auf dem breiten Weg gehen läßt, der nie von der engen Pforte spricht, der hofft, daß er bei den Menschen ankommt, der hofft, daß man ihn mögen wird, weil er nur das bestätigt, was alle sagen. Dann denken die Schafe: Das ist schon Gottes Wille. Ich bin in Sicherheit. Aber sie sind auf dem Weg ohne Gott. Das hat kein gutes Ende. Darum nennt Jesus sie reißende Wölfe. Sie zeigen nicht den Weg, der zum Leben führt, wie Gott ihn vorgegeben hat.
An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Rufen sie zu der engen Pforte? Sprechen sie über die Gebote, über Gottes Wort aus der Bibel? Zielen sie auf den Glauben an Gott, oder bringen sie etwas anderes, was interessant, oder lustig, oder angenehm erscheint, aber zum breiten Weg gehört?
Liebe Konfirmanden! Ihr bekommt heute Gottes Segen. Dieser Segen wird euch helfen, immer wieder auf Gottes Stimme zu hören, und auf dem Weg zu bleiben.
Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum ewigen Leben. Amen.


Foto: Michael Liebers

Jubilate

Der HERR ist auferstanden –
Er ist wahrhaftig auferstanden!
Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus. Amen.

16 Jesus sprach zu seinen Jüngern: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen.
17 Da sprachen einige seiner Jünger untereinander: Was bedeutet das, was er zu uns sagt: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen; und: Ich gehe zum Vater?
18 Da sprachen sie: Was bedeutet das, was er sagt: Noch eine kleine Weile? Wir wissen nicht, was er redet.
19 Da merkte Jesus, daß sie ihn fragen wollten, und sprach zu ihnen: Danach fragt ihr euch untereinander, daß ich gesagt habe: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen?
20 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden.
21 Eine Frau, wenn sie gebiert, so hat sie Schmerzen, denn ihre Stunde ist gekommen. Wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, daß ein Mensch zur Welt gekommen ist.
22 Und auch ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.
23 An dem Tag werdet ihr mich nichts fragen.
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch:
Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er’s euch geben.
24 Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, so werdet ihr nehmen, daß eure Freude vollkommen sei.

Johannes 16, 16-25

Gebet: HERR, segne Dein Wort an uns, Dein Wort ist die Wahrheit. Amen.

Liebe Gemeinde!
In Baden-Württemberg kann man oft am Telefon eine freundliche Stimme hören die sagt: „Ein kleiner Moment bitte!“
Ich konnte mich nicht an die falsche Grammatik gewöhnen, aber in der Region konnte man sich darauf verlassen, daß der Moment wirklich ein kleiner war.
Im Original heißt es bei Luther: „Über ein Kleines, so werdet ihr mich nicht sehen, und aber über ein Kleines, so werdet ihr mich sehen.“ Ein „Kleines“ ist auf jeden Fall kürzer, als eine „kleine Weile“.
Eltern sagen das auch zu ihren Kindern: „Nicht mehr lange! Nur noch einmal schlafen!“ Eine kurze, überschaubare Zeit, dann ist es vorbei, oder dann ist es soweit. Das hältst du durch!

Jesus spricht mit seinen Jüngern am letzten Abend vor seiner Kreuzigung. Ein Donnerstagabend.
Eine kleine Weile werdet ihr mich nicht sehen – das klingt fast wie ein harmloses Versteckspiel. – Und dann werdet ihr mich wieder sehen. – Fast, als wäre nichts gewesen!

Diese Kleine Weile sieht aber so aus:
Sie werden Jesus, ihren Jesus nicht wiedererkennen, wie er sich gefangennehmen läßt, wie Haß und Feigheit, Lüge und Gier in Grausamkeit münden, der kleine Moment wird ganz ganz finster und gottverlassen. Am Freitagnachmittag wird er sterben. Er wird begraben werden. „Ihr werdet mich nicht sehen.“ Das ist schon eine krasse Untertreibung! – „Ihr werdet zusehen, wie ich nicht mehr sein werde. Ihr werdet mein Ende überdeutlich mit allen Sinnen eingebrannt bekommen.
Zu dieser kleinen Weile gehört dann auch der ganze Tag im Grab. Das war der große Sabbat der Grabesruhe. Der Sonnabend.
Und „aber über ein Kleines“ – „abermals eine Kleine Weile“ – noch ein kleiner Moment – noch einmal schlafen, liebe Jünger – dann „werdet ich mich sehen!“
Das war dann am Sonntag. Da haben ihn die traumatisierten Jünger wieder gesehen. Das war kein Wiedersehen, wie nach einem Versteckspiel, oder wie nach einer kurzen Reise.
Als Jesus ihnen dann sein Hände und seine Seite zeigte,
„da wurden die Jünger froh, daß sie den HERRN S A H E N,“ berichtet Johannes am Ostertag (Johannes 20, 20).
Liebe Gemeinde – das war das Wiedersehen aller Wiedersehen. Das war ein Wiedersehen, das ist größer als das Leben selbst. Es war ein Wiedersehen mit dem Leben.

Natürlich begriffen die Jünger nichts. Sie konnten nichts begreifen. Aber die Worte ihres HERRN, die nahmen sie mit in diesen kleinen Moment. Jünger Jesu bewahren die Worte Gottes, ob sie sie in dem Moment verstehen oder nicht, bis diese Worte ihren Moment bekommen und ihre Wahrheit aufgeht.
„Wir wissen nicht, was er sagt, was ist das: Eine kleine Weile?“ Nicht wissen, fragen. Das ist eine Grenze. Eine Grenze, die unerträglich werden kann. Eine Grenze, die einem zeigt, wie wenig man weiß, wie wenig Macht man eigentlich hat.
Jesus bestätigt das auch noch: „Da merkte Jesus, daß sie ihn fragen wollten, und sprach zu ihnen: Danach fragt ihr euch untereinander, daß ich gesagt habe: Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen?“
Damit macht Jesus klar: Ich kenne deine Frage. Ich trage deine quälende Frage mit. Ich weiß, daß du dringend eine Antwort suchst. Die Frage kann eine zermürbende Last werden. Jesus trägt diese Last schon jetzt mit.
Doch diese Frage ist nicht nur ein persönliches Problem der Jünger. Denn Jesus sagt weiter:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen.“ Amen, Amen. Bei Gott, dies ist unfehlbar wahr: Ihr werdet verzweifeln fern der Freude. Aber die Welt wird triumphieren und sich bestätigt und im Recht glauben.
Das ist eine Steigerung. Das rätselhafte Wort wird zu einer Hölle.
Als die Jünger Jesus „nicht sahen“, in dieser kleinen Weile vom Karfreitag zum Ostermorgen, da wurde Jesus ja vor ihren Augen widerlegt, negiert, vernichtet, verflucht und verdammt. Seine Predigten, die Gottes Wort wieder so nahe brachten, wie zuletzt im Paradies, so daß die Seele dem Himmel nahe war. Dieser Ruf, der die Sünde so ekelhaft machte, daß ein Mensch einfach umkehren MUSSTE. Dann die Zuwendung zu den aufgegebenen und verlorenen Menschen. Gott hatte die verkrochenen, verkümmerten ans Licht geholt. Die Besessenen befreit. Die Gnade gebracht. Die Hungrigen gespeist. Das Gebet erneuert.
Liebe Gemeinde, das war ein Sonnenaufgang, ein Frühling, eine Neuschöpfung …. das hatten die Jünger mit ihren eigenen Augen gesehen. Und an diesem finsteren, schwarzen, schweren Hammerschlag von Tag – da sahen sie es nicht mehr.
Die Welt rieb sich die Hände. Dieser Sonnenaufgang, dieser Frühling war ein Irrtum. Es war keine Neuschöpfung. Jesus brauchte man nicht ernstnehmen. Die Hoffnung war eine Illusion, der Glaube hatte keinen Grund. Das Aufatmen war nichts. Die Welt konnte zurück zur Tagesordnung. Das Böse siegt immer.
Liebe Gemeinde! Die Seele traut sich nicht mehr, zu glauben und zu vertrauen. Dabei ist das ihr Leben. Die Seele scheint in dieser Welt keinen Platz zu haben. Die Jünger hatten es erlebt, wie es ist, wenn die Seele da sein darf. Sie wußten, wie es ist, die Wahrheit von Gott zu hören, die stärker ist, als Lüge und Manipulation.
Und das sahen sie nicht mehr.
Die Hohenpriester und Pharisäer versiegelten das Grab, in dem Jesus endgültig unsichtbar gemacht werden sollte. Hinter einem großen, schweren Stein. Das war die Freude der Welt. Glaube, Liebe und Hoffnung – die sind nicht entscheidend. An diesem Grab kann man es genau studieren, dieser stumme, schwere, unerbittliche Stein ist der Beweis. Das ist die Freude der Welt.
Und das war das Weinen und Klagen der Jünger.
„Ihr werdet traurig sein,“ sagt Jesus, „doch eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden.“ Die Traurigkeit ist eine Realität. Aber die Traurigkeit, die ihr meinetwegen habt, die wird verwandelt werden. Das Schwere, das Dunkle, das Rätselhafte, das Unverständliche, das Unbegreifliche, das wegen Jesus bei dir ist, das wird er höchstpersönlich verwandeln. „Gott wird abwischen alle Tränen.“ (Offenbarung 21, 4). Diese Tränen werden das kostbarste sein, was du aus diesem Leben in die Ewigkeit mitnimmst, denn diese Tränen beweisen, daß du nicht von dieser Welt bist. Jakobus sagt uns: „Wißt ihr nicht, daß Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott ist? Wer der Welt Freund sein will, der wird Gottes Feind sein.“ (Jakobus 4,4).
Jesus erklärt diese Traurigkeit, die die Jünger Seinetwegen haben, zu Geburtswehen. Sie führen nicht zum Tod, sondern zu neuem Leben. Sie enden nicht in Verzweiflung, sondern in neuer Schöpfung. Die ganz real gespürten Leiden im Glauben nimmt Gott und verwandelt sie in neues Leben.
Traurigkeit um Jesu willen. Das ist Traurigkeit darüber, wie sehr du doch Teil dieser Welt bist, die Glaube, Liebe und Hoffnung nicht für voll nehmen kann. Traurigkeit darüber, wie sehr du mitlügst, mitstiehlst, mitehebrichst, wie sehr du mit der Welt nicht wahrhaben willst, daß das, was du vor Gott bist, größer, wichtiger, schöner und stärker ist, als das, was du vor den Menschen, oder vor dir selbst bist.
Die Freude der Welt ist: Stehlen funktioniert! Ehebrechen funktioniert! Gottes Wort mit Füßen treten funktioniert!
Die Welt freut sich, wenn Gott verdrängt wird, sie freut sich, wenn sie ihr eigener Gott sein kann, und die Kinder Gottes unbedeutend und verschüchtert dastehen.
Das ist zum Klagen und Weinen. Diese Tränen sammelt Gott ein. Und noch eine kleine Weile, dann wird Er sie uns als Teil eines neuen Lebens wieder geben.
Dieses Leiden wird der Punkt sein, an dem Gott dich zur Freude abholt. Im Namen Jesu, des Gekreuzigten und Auferstandenen. Nur noch einmal schlafen!
Das größte Wort für mich heute ist die Verheißung: „An dem Tage werdet ihr mich nichts fragen.“ In einer Ostergeschichte heißt es dann auch: „Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wußten, daß es der Herr war.“ (Johannes 21, 12). Die Antwort, Gottes Antwort war jetzt da, für immer. Das hebräische Wort für Totenreich, oder Hölle, heißt „sche‘ol“, und das hebräische Wort für „fragen“ ist „scha’al“. Die Hölle ist der Ort ohne Antworten. Der Auferstandene Jesus ist die Antwort. Aber er ist die Antwort, die alle Fragen, auch den Ort der schrecklichsten Fragen, die Hölle, durchlitten hat, auf sich genommen hat. Jesus ist die Antwort des Lebens auf die Antwortlosigkeit des Todes. Der schwere, stumme, harte, teilnahmslose und endgültige Stein war WEG vom Grab.
Noch einmal schlafen, und die Antwort ist da. Die Lösung, die Erklärung von Gott für dein Leben.
Es geht noch weiter. Jesus sagt: Ihr werdet an dem Tage nichts fragen, aber was werdet ihr tun? Ihr werdet bitten in meinem Namen. „Lieber Gott, im Namen Jesu, der schon jetzt Deine Antwort ist, und an den ich glaube, in Seinem Namen bitte ich dich.“ – Das ist groß. Wo Gottes Antwort ist, da ist die Hölle der Fragen ohne Antworten beendet.
Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Quasimodogeniti

Der HERR ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden!
Gnade sei mit euch und Friede,
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus.
Amen.

23 Jakob stand auf in der Nacht und nahm seine beiden Frauen und die beiden Mägde und seine elf Söhne und zog an die Furt des Jabbok,
24 nahm sie und führte sie über das Wasser, sodaß hinüberkam, was er hatte,
25 und blieb allein zurück.
Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte anbrach.
26 Und als er sah, daß er ihn nicht übermochte, schlug er ihn auf das Gelenk seiner Hüfte, und das Gelenk der Hüfte Jakobs wurde über dem Ringen mit ihm verrenkt.
27 Und er sprach: Laß mich gehen, denn die Morgenröte bricht an. Aber Jakob antwortete: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.
28 Er sprach: Wie heißt du? Er antwortete: Jakob.
29 Er sprach: Du sollst nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel; denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und hast gewonnen.
30 Und Jakob fragte ihn und sprach: Sage doch, wie heißt du? Er aber sprach: Warum fragst du, wie ich heiße? Und er segnete ihn daselbst.
31 Und Jakob nannte die Stätte Pnuël; denn, sprach er, ich habe Gott von Angesicht gesehen, und doch wurde mein Leben gerettet.
32 Und als er an Pnuël vorüberkam, ging ihm die Sonne auf; und er hinkte an seiner Hüfte.

1. Mose 32, 23-32

HERR, segne Dein Wort an uns, Dein Wort ist die Wahrheit. Amen.

Liebe Gemeinde!
Wie soll da Ostern drin sein?
Das hab ich mich ehrlich gefragt.
Heute, am Sonntag Quasimodogeniti- also: „Nach der Weise der neugebornen Kinder“ – daß wir Christen das Evangelium einsaugen, begierig aufnehmen sollen, wie die neugebornen Kinder die Muttermilch (1. Petrus 2,2).
An dem Sonntag vom Ungläubigen Thomas, der gläubig wurde, und zu dem Jesus sagte: „Selig sind, die nicht sehen, und doch glauben!“ (Johannes 20,29) – – sollen wir tief ins Alte Testament zurückgehen, zu Jakob. Ein unheimlicher Kampf in der Nacht. Ein Sonnenaufgang, ein Segen, ein Hinken.
Was hat das mit Ostern zu tun?
Jakob steht vor einer schweren Begegnung mit seinem Bruder Esau. Jakob hatte als der jüngere Zwillingsbruder Esau mit List um das Erstgeburtsrecht und den Segen gebracht. Das ist Jahre her. Nun werden sie einander begegnen. Beide sind reich geworden. Esau hat sogar so etwas wie eine private Armee.
Kein Wunder, daß Jakob in Sorge ist!
Wie wird Gottes Segen sich bemerkbar machen?
Wir hören, daß Jakob seine Familie und seinen Besitz als erstes über einen Fluß befördert. Er bleibt allein zurück.
Er wird gebetet haben. Und dann der Kampf mit einem „Mann“. Ein Ringen im Ernst. Jakob kämpft um sein Leben.
Man hat viel über diesen Kampf nachgedacht. Wer ist dieser unheimliche Feind, der sich an dieser kritischen Stelle in Jakobs Leben ihm in den Weg stellt? Der plötzlich alles in Frage stellt, was Jakob bis dahin mit Gott erlebt hatte? War es der Teufel? War es ein Flußgott? War es Jakobs schlechtes Gewissen seinem Bruder gegenüber? Ein schlechtes Gewissen kann wirklich ein sehr sehr mächtiger Feind sein in den dunklen, einsamen stillen Stunden der Nacht! – Jakob selbst weiß es: Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen.
Gott selbst hat sich ihm in den Weg gestellt. Gott selbst wollte Jakob seine Kraft und die Grenzen seiner Kraft spüren lassen.
Lutherische Ausleger sehen in diesem geheimnisvollen Mann, der wirklich als ein leiblicher Mann mit Jakob kämpfte den ewigen Sohn Gottes, der im Alten Testament die Kinder der Verheißung begleitet hat, und ihnen von Zeit zu Zeit erschienen ist.
Normalerweise ist es ja so: Wenn Gott dich deine Grenzen deiner Kraft erfahren läßt, dann bedeutet das: Du kannst weniger, als du denkst, du verdankst Gott mehr, als du meinst. Doch hier ist es anders. Jakob kämpft, was das Zeug hält, und er besiegt den Mann. Er hält ihn, als er gehen will, weil der Morgen anbricht.
Es ist ein merkwürdiges Gespräch.
„Er sprach: Laß mich gehen, denn die Morgenröte bricht an. Aber Jakob antwortete: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ Warum will er nicht bei Tageslicht gesehen werden? Ich weiß es nicht. Es ist einfach nicht die Zeit, Jakob soll nicht mehr sehen oder erkennen.
Jakob kämpft um den Segen. Er hat im Kampf, in der Nacht gemerkt, daß er möglicherweise alles verlieren kann. „Wer mir alles wegnehmen kann, der kann mir auch alles geben!“ Darum kämpft er mit Worten weiter: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!“ Diese Worte schallen und klingen seitdem als Motto für Gebete, für verzweifelte, mutige Gebete durch das Volk Gottes. Wenn du nehmen kannst, dann kannst du auch geben!! –
Hier läßt Gott den Jakob seine eigene, also Jakobs, Kraft erfahren. Hier heißt es nicht: Überschätze dich nicht! , sondern: Unterschätze dich nicht! Gott läßt sich überwinden!
Jakob hatte ja Gottes Segen schon erfahren. Ja, Jakob stand in der Linie: Abraham, Isaak und …. Jakob. Das war die Segenslinie Gottes für die gesamte Menschheit. Also hat Jakob hier nicht nur für sich selbst gekämpft im Gebet, im Ringen mit Gott, sondern für alle, die Gottes Segen ererben sollten, da gehören wir dazu!
Ist Jakob jetzt etwa stärker als Gott? Was macht Jakob so stark? Es ist der Glaube. Aber nicht der Glaube an sich selbst, sondern der Glaube an Gottes Verheißung. Gott hatte sich festgelegt. Er hat sein Wort gegeben. Er hat Abraham versprochen, daß durch seinen Nachkommen die Menschheit gesegnet werden soll. Diesen Segen wollte Jakob in der Krise noch einmal zugesichert bekommen. Er nahm, ja, er ergriff Gott bei Seinem Wort.
Jesus ist die Erfüllung dieser Verheißung. Wer an ihn glaubt, der ist Vollerbe des Segens Abrahams. Darum liegen die alten Lutherischen Ausleger nicht daneben, wenn sie sagen, daß der Sohn Gottes, das Wort, das Fleisch werden würde, daß diese Person in der Gestalt eines Mannes mit Jakob gekämpft hat. Gekämpft mit dem Ziel, daß Jakob erlebt: Durch den Glauben an die Verheißung, durch das Trotzen auf den Segen, läßt Gott sich überwinden.
Jakob nimmt zwei Dinge mit aus diesem Kampf:

  1. einen Neuen Namen: Israel: „Du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und hast gewonnen“. Ein weltgeschichtlicher Name geht aus dieser Nacht hervor. Ein Mensch, der mit Gott kämpft um Gottes Wort und Verheißung, der ist ein Israelit.
  2. eine Verletzung. Jakob hinkt. Das scheint kein Vorteil zu sein. Es ist eher eine Schwäche, ein Leiden, ein Hindernis, aber ein Segen? – – – Nun. Diese Verletzung wird ihn an diesen Kampf erinnern. Jeder Schritt, den er geht, wird ihn daran erinnern: „Ich habe gegen Gott gekämpft und gewonnen.“ Jeder Schritt, gerade, wenn er beschwerlich ist, wird ihm sagen: „Du bist Israel, Gott segnet dich!“
    Davon können Christen auch sprechen. Es gibt Leiden, es gibt Verzichte, es gibt schwere Zeiten, die auch Spuren hinterlassen. Aber sie stärken den Glauben und führen zu Gott und die Erinnerung ist dann nicht eine Erinnerung an einen Verlust, sondern an den Segen der Begegnung mit Gott.

Liebe Gemeinde! Was hat diese Geschichte mit Ostern zu tun?
Ich tue mich immer noch schwer mit dieser Frage.
Jakob kam in diese Krise in der Nacht aus zwei Gründen.
Einmal, weil er Träger der Verheißung Gottes war. Gott hatte ihn berufen und gesegnet. Ohne dies hätte Jakob nicht diesen Kampf gehabt.
Zweitens, Jakob war schuldig geworden. Er hatte Grund, sich vor der Begegnung mit seinem Bruder Esau zu fürchten.
Was würde stärker sein: Die Verheißung oder die Schuld?
Durch seinen Glauben war Jakob so stark wie die Verheißung.
Darum war die Verheißung stärker als die Schuld.
Das hat Jakob erlebt. Darum hat Gott ihm den neuen Namen gegeben.
Bei Jesus spitzt sich das zu: Die Schuld der ganzen Menschheit versammelt sich über ihn und zeigt ihre ganze Wucht, die große Last, die Nacht der Bosheit fällt über ihn her, und stellt alles in Frage, was er gesagt und getan hat, alle Heilung, alle Gnade, alle Liebe, alle Hilfe, alle Wahrheit.
Aber Jesus vergibt und betet bis zuletzt. Und wird erhört. Die Verheißung ist stärker als das Böse.
Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Bild: Initiale E, Egerton 1066 (13. Jahrhundert)

Ostermontag

Der HERR ist auferstanden –
er ist wahrhaftig auferstanden!
Gnade sei mit euch und Friede
von Gott, unserem Vater,
und dem HERRN, Jesus Christus.
Amen.

13 Und siehe, zwei von ihnen gingen an demselben Tage in ein Dorf, das war von Jerusalem etwa zwei Wegstunden entfernt; dessen Name ist Emmaus.
14 Und sie redeten miteinander von allen diesen Geschichten.
15 Und es geschah, als sie so redeten und sich miteinander besprachen, da nahte sich Jesus selbst und ging mit ihnen.
16 Aber ihre Augen wurden gehalten, dass sie ihn nicht erkannten.
17 Er sprach aber zu ihnen: Was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt unterwegs? Da blieben sie traurig stehen.
18 Und der eine, mit Namen Kleopas, antwortete und sprach zu ihm: Bist du der Einzige unter den Fremden in Jerusalem, der nicht weiß, was in diesen Tagen dort geschehen ist?
19 Und er sprach zu ihnen: Was denn? Sie aber sprachen zu ihm: Das mit Jesus von Nazareth, der ein Prophet war, mächtig in Taten und Worten vor Gott und allem Volk;20 wie ihn unsre Hohenpriester und Oberen zur Todesstrafe überantwortet und gekreuzigt haben.
21 Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Und über das alles ist heute der dritte Tag, dass dies geschehen ist.
22 Auch haben uns erschreckt einige Frauen aus unserer Mitte, die sind früh bei dem Grab gewesen,
23 haben seinen Leib nicht gefunden, kommen und sagen, sie haben eine Erscheinung von Engeln gesehen, die sagen, er lebe.
24 Und einige von uns gingen hin zum Grab und fanden’s so, wie die Frauen sagten; aber ihn sahen sie nicht.
25 Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben!
26 Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?
27 Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war.
28 Und sie kamen nahe an das Dorf, wo sie hingingen. Und er stellte sich, als wollte er weitergehen.
29 Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben.
30 Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach’s und gab’s ihnen.
31 Da wurden ihre Augen geöffnet und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen.
32 Und sie sprachen untereinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete?
33 Und sie standen auf zu derselben Stunde, kehrten zurück nach Jerusalem und fanden die Elf versammelt und die bei ihnen waren;
34 die sprachen: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und Simon erschienen.
35 Und sie erzählten ihnen, was auf dem Wege geschehen war und wie er von ihnen erkannt wurde, als er das Brot brach.

Lukas 24, 13-35

Gebet: Lieber Gott, bitte sei Du selbst dabei, wenn wir Dein Wort hören und zu Herzen nehmen. Amen.

Liebe Gemeinde!
Diese wunderbare Ostergeschichte hat Modellcharakter. Das heißt, man kann unendlich viel daraus erkennen und lernen. Sie spricht, und hört nicht auf, zu sprechen, sie zeigt, und das tut sie ohne Aufhören. Diese Eigenschaften allein weisen darauf hin, daß sie von einer neuen Wirklichkeit berichtet; einer Wirklichkeit, die neu bleibt, und nicht veraltet.
Was hören und sehen wir in der Geschichte von den Emmaus-Jüngern?

  1. Diese Jünger folgern aus dem Kreuz und Tod Jesu, daß es mit ihm aus ist. Sie verlassen Jerusalem und kehren in ihr früheres Leben zurück. Was sie gesehen haben, das haben sie gesehen: Jesus gefangen, verurteilt, hingerichtet, begraben. Das war’s. So war es bei allen Jüngern, auch bei den Frauen, die noch den Toten salben wollten.
    Hier war keine Stimmung, von „Jetzt erst recht!“. Sie hatten keinen Wunsch in sich, daß Jesus doch noch irgendwie „Da sein“ muß. Zu allen Zeiten wird den Jüngern unterstellt, daß sie von dem Schock der Kreuzigung so traumatisiert waren, daß sie sich die Auferstehung Jesu einfach zum Trost einredeten und also an einen Wunschtraum glaubten. – Diese Theorie ist ein Wunschtraum. Denn keine Ostergeschichte beweist das. Alle hatten mit Jesus abgeschlossen. Es gab Trauer über einen, den sie geliebt und verehrt hatten, der aber nicht mehr da war.
  2. Diese Trauer wird gesteigert durch eine Erwartung, die Jesus nie bedient hatte: „Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde.“ Also die Hoffnung, daß der Messias Israels ein politischer Messias sein würde: Die römischen Besatzer des Heiligen Landes würde dieser bekämpfen und besiegen, und die Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs zu einer neuen Macht zu führen. Mit politischem, wirtschaftlichem und sozialem Erfolg. Davon träumten sie immer noch, obwohl Jesus sich für diesen Traum niemals zur Verfügung gestellt hatte. – Die Jünger hatten nicht nur abgeschlossen; sie hatten auch nicht dazugelernt, sondern hielten an einem verfehlten Wunschtraum fest.
  3. Weiter qualifizierten sie sich nicht, indem sie vergaßen, daß Jesus ihnen mehrfach vorhergesagt hatte, daß er leiden, sterben und auferstehen würde. Nicht einmal das hatten sie abgespeichert. Und wenn sie es abgespeichert hatten, dann waren das für sie unwirkliche Worte, die ihnen nichts zu sagen hatten.
  4. Zu allen Zeiten werden Christen die Zeugen der Auferstehung beneiden: „Hatten die es gut! Sie haben ihn wirklich gesehen!“ – Wer das sagt, muß unbedingt mitbedenken, daß die Augen nichts halfen. Jesus steht vor den Jüngern – wie auch vor Maria von Magdala – und sie erkennen ihn nicht. Die Emmaus – Jünger gehen mit dem Auferstandenen eine gute Strecke, und ihre Augen helfen ihnen gar nicht zum Glauben. Darum brauchen wir sie nicht zu beneiden. Der Glaube kommt von woanders.
  5. Der Glaube entsteht erstens dadurch, daß Jesus, der Auferstandene – sich selbst ihnen naht. Er kommt zu ihnen. Es ist sein Wille. Was ihre Herzen erfüllt an Trauer, Sorge, Angst, Enttäuschung zieht ihn nicht herbei. Im Gegenteil, was ihre Herzen erfüllt, macht sie blind für ihren Herrn. Sie erkennen ihn nicht. Auch unser Glaube beginnt damit, daß Jesus sich uns zuwendet, für uns entscheidet, ja, uns unerkannt begleitet.
  6. Jesus hat ein Ohr für alle Zweifel: „Er sprach aber zu ihnen: Was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt unterwegs?“ fragt er. „Da blieben sie traurig stehen.“ Sie schütten ihr Herz aus. Sprechen alles aus, was sie bekümmert. Das wird Jesus nicht zuviel. – Auch das gehört zu unserem Glauben, daß das Herz nicht verstummen soll. Kein Kummer ist zu groß, zu klein, zu lächerlich, wie auch immer. Es darf alles vorkommen.
  7. Aber es bleibt nicht dabei. Jesus der Auferstandene sagt dazu ein großes: „O!“ – Da hätte ich gerne mal den Ton gehört, der da die Musik gemacht hat! Die ganze Verzweiflung, der ganze Jammer war raus, und lag da. Und die Antwort darauf: „ O!“- Jesus kann das alles verkraften und vertragen, es ist ihm niemals zu kompliziert. Aber das jetzt geht es erst richtig los! „Ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben!“ – Ihr Toren! Ihr denkt, ihr seid am Ende! Ach nein. – Wir Menschen mögen es nicht, wenn unser Kummer und unsere Zweifel beleidigt werden. Aber wie sollen sie denn ihre Macht verlieren über uns, wenn nicht einer kommt, und sie beleidigt? In der Depression erscheint dem Menschen sein Leid und seine Last wie eine unausweichliche Notwendigkeit: „Es muß so sein, es kann nicht anders sein und wird niemals anders werden, und nichts kann das ändern.“ Jesus hört sich das alles liebevoll und geduldig an. Um es hinweg zu tragen. Darum darf er das beleidigen.
  8. Er spricht von einer anderen Notwendigkeit. „Mußte nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?“ – Das ist notwendig. Das Kreuz war kein Unglück, keine Widerlegung Jesu. Es mußte sein. So ist Christus in seine Herrlichkeit eingegangen. Er hat Verrat, Verschwörung, Versagen, Verleugnung, Demütigung, und alles andere auf sich genommen, um es zu überwinden und zu entmachten.
  9. Die Lösung sieht anders aus, als das Problem. Jesus erzählt Geschichten. Er liefert keine Argumente mit Logik und Beweisen, sondern erzählt das Alte Testament. Das ist eine Beleidigung für die menschliche Vernunft. – Aber war denn die Vernunft nicht gerade an ihr Ende gekommen in Trauer und Verzweiflung? – Sie soll jetzt keine Vorschriften machen, sondern einfach zuhören. Nicht Sehen, sondern Hören macht den Glauben.
  10. Der Auferstandene wird nicht ohne Heilige Schrift erkannt. Wer die Auferstehung sucht, wer die Überwindung des Todes kennenlernen will, kommt an der Heiligen Schrift nicht vorbei. Hier ist das Wort, das Himmel und Erde geschaffen hat, hier ist das Wort, das uns zu Gott bringt und alles tut, was Gott an uns tun will. Es ist das Wort, das die Geschichte in Gang gebracht hat, die zu Jesus führte. Im Alten Testament werden die Koordinaten und Weichenstellungen gegeben, die Kreuz und Auferstehung verständlich und fruchtbar machen. Man kann nicht die Auferstehung suchen, und gleichzeitig das Alte Testament ignorieren. Hier finden wir die Worte, die in Jesus ans Ziel kommen, sie sind der Anfang der Ostergeschichte.
  11. Die Emmaus Jünger sagen: Daß ihnen das Herz brannte, als Jesus ihnen die Schrift öffnete. Das Herz wird von der alten Notwendigkeit der Depression gelöst, während es die Worte der Schrift hört. Eine neue Notwendigkeit tut sich auf: Jesus mußte kommen und alles tun und sagen und tun, was er gesagt und getan hat. – Ja, das mußte sein! So, und nicht anders! – Jede Predigt zielt darauf, diese neue Notwendigkeit dem Herzen nahe zu bringen, und mit der Hilfe des Heiligen Geistes geschieht das auch.
  12. Die Jünger werden wie Kinder, die ihre Eltern anbetteln, nicht mit dem Vorlesen aufzuhören, weil es so spannend ist: „Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneiget.“ Hier ist Licht, hier ist Tag. Wenn diese Erzählung aufhören sollte, kommt die Nacht zurück. Nein! Diese Geschichte ist jetzt notwendig! Bleibe bei uns!
  13. „Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben.“ – Da zeigt er sich. Im Brotbrechen. Im Sakrament. Ohne das Abendmahl darf nicht über die Auferstehung gesprochen werden. Das hat der Auferstandene selbst so festgelegt. Wir dürfen das nicht eigenmächtig voneinander trennen. Der Glaube an die Auferstehung ist nicht nur eine Erkenntnis neben anderen Ideen oder Gedanken, die man haben kann, oder nicht. Dieser Glaube ist der Anfang der Neuen Schöpfung, und dazu gehört auch die Gemeinschaft mit dem Auferstandenen. Eine leibliche Gemeinschaft.
  14. Dann sehen sie ihn – für nicht mal einen Moment. Aber es reicht: „Da wurden ihre Augen geöffnet und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen.“ – Er verschwand – aber er blieb. Nun trauerten sie ihm nicht mehr nach. Im Gegenteil!
  15. Jesus hat sie umgeschaffen. – Alle Ostergeschichten beginnen mit dem Zweifel, der Trauer, und enden damit, daß die Zeugen sich aufmachen, und es den anderen erzählen. Die Osterwirklichkeit breitet sich aus. Es gibt kein Zurück mehr. – Von Emmaus bis Berlin, oder wo ihr auch seid, die mit den Emmausjüngern aufatmen. Für immer aufatmen.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der regiere und bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Bild: Fritz von Uhde-Der Gang nach Emmaus (1891)

Heiliges Osterfest

Der HERR ist auferstanden – Er ist wahrhaftig auferstanden!

Die Gnade unseres HERRN Jesus Christus,
und die Liebe Gottes,
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen. Amen.

1 Ich erinnere euch aber, liebe Brüder, an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch fest steht,
2 durch das ihr auch selig werdet, wenn ihr’s festhaltet in der Gestalt, in der ich es euch verkündigt habe; es sei denn, daß ihr umsonst gläubig geworden wärt.
3 Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Daß Christus gestorben ist für unsre Sünden
nach der Schrift;
4 und daß er begraben worden ist; und daß er auferstanden ist am dritten Tage nach der Schrift;
5 und daß er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen.
6 Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen.
7 Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln.
8 Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden.
9 Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, daß ich ein Apostel heiße, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe.
10 Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. Und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist.
11 Es sei nun ich oder jene: so predigen wir und so habt ihr geglaubt.

1. Korinther 15, 1-11

Gebet: HERR, segne Dein Wort an unser aller Herzen. Amen.

Liebe Gemeinde!
Die Auferstehung ist kein Gerücht.
Kein Faktenchecker kann sie aus der Welt schaffen.
Ostern ist nicht ein eben mal umgebautes Frühlingsfest, sondern die Feier einer Tatsache, die nicht aus der Welt zu schaffen ist. Unzählige Menschen überall auf der Welt – Reich oder arm, gebildet oder ungebildet, krank oder gesund – legen Zeugnis für ein Geschehen, das doch ganz unerklärlich und einmalig ist. Nicht nur das. Sondern sie und wir halten uns an der Auferstehung fest. Sie ist das Fundament von Glauben, Trost und Hoffnung. Ohne Einschränkung. Denn es ist nicht nur eine interessante Geschichte. Daß der Tod einmal den Kampf verloren hat, das muß jeden Menschen aufhorchen lassen. Das kann man nicht mehr vergessen.
Natürlich wird es die geben, für die der Tod doch das stärkste ist. Die versuchen die Auferstehung anders zu erklären. Es soll eine Halluzination gewesen sein. Oder ein Symbol für etwas anderes. Oder gar ein Trick. Oder: vor 2000 Jahren glaubten die Menschen halt noch an so unmögliche Dinge.
Alle diese Anwürfe, dieses energische, schmunzelnde oder grinsende Kopfschütteln gab es natürlich auch schon vor 2000 Jahren.
Also auch die Zweifler von heute tun etwas, was die scheinbar primitiven oder gutgläubigen Menschen vor 2000 Jahren schon taten.
Trotzdem!
So wird gepredigt, und so wird geglaubt!
Der HERR ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden!
Warum ist das nicht aus der Welt zu kriegen? Wie kann es sein, daß Ostern nicht irgendwann unter dem Motto: „Als Poesie gut!“ an Bedeutung verlor und schließlich wenn schon nicht auf dem Müllhaufen der Geschichte, so doch als schöner Versuch in ein Album der Kuriositäten landete?
Mal abgesehen davon, daß Jesus Christus, der Auferstandene selbst, Seine Macht persönlich, einfach da ist und auf Menschen wirkt, ist noch etwas anderes ein Teil dieses großen Mysteriums.
Dieser einmalige Inhalt hat eine bestimmte Form. Die Botschaft von Ostern kommt zu uns in einer ganz bestimmten Gestalt.
So schreibt Paulus höchstens 30 Jahre nach Ostern:
„Ich erinnere euch aber, liebe Brüder, an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch fest steht, durch das ihr auch selig werdet, wenn ihr’s festhaltet in der Gestalt, in der ich es euch verkündigt habe; es sei denn, daß ihr umsonst gläubig geworden wärt.“
Wenn ihr’s festhaltet in der Gestalt, in der ich es euch verkündigt habe.“
Gestalt, das heißt: Eine Struktur ist Teil der Botschaft, eine Form. Paulus und die anderen Apostel und Zeugen haben nicht einfach irgendwie über die Auferstehung gesprochen, geschwärmt oder gestammelt. Im Grunde kann kein Mensch auch nur ein Wort über eine nie dagewesene Realität sprechen. Eine Wirklichkeit, die gegen alle Erfahrung ist – muß man da nicht verstummen?
Nein. Der Heilige Geist, Gott selbst hat nicht nur Jesus von den Toten auferweckt, sondern Er hat auch Worte und Formen gegeben. Denn dieser Inhalt ist viel zu wichtig!
Wie sieht denn diese Gestalt, Form und Struktur aus?

  1. „Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Daß Christus gestorben ist für unsre Sünden
    nach der Schrift;“
    Zum gültigen und wirksamen Bericht über die Auferstehung gehört der Tod Jesu. Es war ein öffentlicher Tod. Das will ich jetzt nicht vertiefen. Aber die höchsten Instanzen: Die Hohenpriester und der römische Statthalter Pilatus haben diesen Tod beschlossen und vor den Augen einer Stadt mit Weltpublikum gekreuzigt. Ja, in drei Weltsprachen wurde klargemacht: Hier stirbt Jesus von Nazareth, der Juden König. Ein Mißverständnis ist ausgeschlossen.
    Ostern heißt: Ein ganz bestimmter öffentlich bekannter Mensch ist unter maximaler Öffentlichkeit erst einmal gestorben. Keine Tricks. Ein wirklicher Tod wird überwunden.
  2. Christus ist gestorben für unsere Sünden.
    Der Bericht über Jesu Tod schließt in sich den Grund. Jesus hat sich nicht gewehrt oder verteidigt. Die Hohenpriester schafften es nicht, eine schlüssige Anklage auf zu stellen. Und Pilatus sagte dreimal: Ich finde keine Schuld an ihm. Und doch wurde er wie ein Schwerstverbrecher und Hochverräter hingerichtet.
    Jesus selbst liefert den Grund: Er hat seinen Tod selbst so verstanden, daß er ein Opfer ist für Sünden. Das ist historisch. So hat Jesus selbst über seinen Tod, in den er bewußt ging, gesprochen. Vor Zeugen. Er büßt nicht eine eigene Schuld, sondern eine fremde Schuld.
    Es ist nicht irgendein Tod, der überwunden wird. Nicht Krankheit, Unfall oder Verbrechen. Es ist der Tod als Strafe und als Fluch, der heute für uns überwunden ist.

3.
Nach der Schrift.
Das ist das Alte Testament. Das Alte Testament ist randvoller Opfer für Sünden. Das ist historisch. Die ganze Menschheit hat geopfert. Nicht nur Tiere, sondern außerhalb von Israel leider auch Menschen, ja auch Kinder. Das Gesetz des Mose schrieb vor, welches Opfer für welche Sünden gemacht werden mußten. Aber die Heilige Schrift kündigte auch zwei Dinge an: 1. Das Opfer ihre Grenzen haben. Gott will den Glauben haben. und 2. im Alten Testament wurde auch ein Gottesknecht angekündigt, der die Strafe Gottes auf sich nehmen würde, sich selbst opfern würde.
Im Kreuz Jesu kam das alles zusammen: Opfer für Sünde und dieser Gottesknecht, der sich opfert.
Das waren keine eigenen Ideen, sondern es war über Jahrhunderte dokumentiert. Man konnte darüber sprechen und es nachvollziehen.
Zur Form der Osterbotschaft gehört das unbedingt zur Struktur dazu: Ohne das Alte Testament kann über Auferstehung nicht so gesprochen werden, wie Gott es will, und daß es bei Menschen Glauben schafft.

  1. Und ist begraben worden
    Das ist wichtig. Gekreuzigte wurden normalerweise nicht begraben. Es sollte keine Gedenkstätte geben. Aber wenn Jesus nicht begraben worden wäre, dann hätten sich alle Faktenchecker mit Triumphgesang darauf gestürzt: Seine Leiche wurde versteckt oder vernichtet – kein Mensch kann wissen, wo er hingekommen ist.
    Aber es kam anders: Mit allerhöchster offizieller Erlaubnis der Pilatus wurde unter polizeilicher Aufsicht Jesus in ein neues, sauberes Grab gelegt. Jünger waren da und legten ihn ins Grab. Frauen beobachteten das. Und schließlich setzten auch noch seine erbitterten Feinde, die Hohenpriester und Pharisäer, ihr eigenes Siegel auf den Stein, der das Grab verschloß, und ließen Wachen davor aufstellen. Freund und Feind und die Weltöffentlichkeit wußte: Genau hier in diesem Grab liegt der gekreuzigte Jesus. Tricks sind unmöglich.
  2. Und am dritten Tage auferstanden nach der Schrift.
    Wieder die Schrift.
    Das Alte Testament ist sehr realistisch – es kennt den Tod, und es kennt aber auch Gottes Macht.
    Nur ein Beispiel, wie das Alte Testament die Hoffnung auf Auferstehung geweckt und eingepflanzt hat:
    So schreibt der Prophet Hosea: „Kommt, wir wollen wieder zum HERRN; denn er hat uns zerrissen, er wird uns auch heilen; er hat uns geschlagen, er wird uns auch verbinden. Er macht uns lebendig nach zwei Tagen; er wird uns am dritten Tag aufrichten, daß wir vor ihm leben werden.“ (Hosea 6, 1-2).
    Auch Jesus selbst sagt, daß er selbst drei Tage in der Erde sein wird, wie der Prophet Jona im Bauch des Fisches war (Matthäus 12, 40).

Wichtig ist aber auch: Die Auferstehung selbst wird nicht dramatisch beschrieben. Ein Erdbeben. Das ist alles. Keine Details. Denn darauf kommt es nicht an. Um als Poesie oder Vision zu überzeugen, hätte man alles spektakulär ausschmücken müssen. Und da hätte man mit Recht die Berichte anfechten können und die Phantasie entlarven.
Die Form der Osterbotschaft sieht das aber nicht vor. Dadurch hat sich die Botschaft stabil gehalten bis heute.

  1. und wurde gesehen
    Es gibt Augenzeugen. Auch das ist nicht aus der Welt zu schaffen.
    Erstmal haben Freund und Feind Jesu das leere Grab gesehen. Und Freunde und Feinde Jesu geraten deshalb in Panik. Die Frauen und die Jünger laufen erschrocken rum und suchen den Lebendigen bei den Toten. Die Soldaten melden es verschämt den Hohenpriestern, und diese machen Geld locker und versuchen, eine Gegendarstellung in die Welt zu setzen. Das tun sie nur deshalb, weil jeder feststellen konnte: Das Grab ist leer.
    Aber Jesus wurde auch als der Lebendige gesehen.
    Nicht nur von einem, nicht nur ein Mal. Sondern verschiedene, und mehrmals. Männer und Frauen. Nicht abgesprochen, und vor allem unerwartet! Jesus muß sich ihnen aktiv zeigen. Denn mit sehenden Augen sehen sie ihn nicht. Da ist keine Halluzination und kein Wunschdenken. Jesus selbst muß den Unglauben in ihnen überwinden. Das zeigen alle Osterberichte.
    Auch das gehört zur Form der Auferstehung: Sie zu glauben ist keine Möglichkeit von uns Menschen, sondern eine Gabe es Auferstandenen selbst. Das ist bis heute so.
    Das macht Paulus an sich selbst überdeutlich:
    „Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden. Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, daß ich ein Apostel heiße, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe.“
    Paulus war ein aktiver Feind Jesu und ein Feind der Auferstehung. Bei ihm gab es nicht den geringsten Wunsch nach einer Begegnung mit Jesus. Jesus selbst hat sich ihm in den Weg gestellt. Jesus, und kein Mensch, hat Paulus zum Zeugen und Apostel gemacht. Aus dem größten Feind wurde der größte Zeuge. – Auch das war öffentlich und dokumentiert. Es ist nicht aus der Welt zu schaffen.
    Diese Gestalt sollen wir festhalten. Die ganze Osterbotschaft, wie Jesus sie den Augenzeugen geschenkt hat. Dann begegnen wir nicht menschlichen Ideen und Phantasien, sondern Ihm selbst.
    Amen.
    Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.